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op. 111 – Eine Analyse in 335 Teilen – Takt 137

Im Dezember 2015 begann Arno Lücker die längste Bad-Blog-Serie aller Zeiten. Er analysiert jeden einzelnen Takt von Ludwig van Beethovens letzter Klaviersonate c-Moll op. 111 aus dem Jahr 1822. Das sind 335 Takte, also 335 einzelne Folgen. Der Autor verspricht, die Serie bis zum Beginn des Beethoven-Jahres 2020 abzuschließen – sofern er oder der Bad Blog of Musick nicht vorher jämmerlich verenden.

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Die bisherigen Folgen:
Takt 1 Takt 2 Takt 3 Takt 4 Takt 5 Takt 6 Takt 7 Takt 8 Takt 9 Takt 10 Takt 11 Takt 12 Takt 13 Takt 14 Takt 15 Takt 16 Takt 17 Takt 18 Takt 19 Takt 20 Takt 21 Takt 22 Takt 23 Takt 24 Takt 25 Takt 26 Takt 27 Takt 28 Takt 29 Takt 30 Takt 31 Takt 32 Takt 33 Takt 34 Takt 35 Takt 36 Takt 37 Takt 38 Takt 39 Takt 40 Takt 41 Takt 42 Takt 43 Takt 44 Takt 45 Takt 46 Takt 47 Takt 48 Takt 49 Takt 50 Takt 51 Takt 52 Takt 53 Takt 54 Takt 55 Takt 56 Takt 57 Takt 58 Takt 59 Takt 60 Takt 61 Takt 62 Takt 63 Takt 64 Takt 65 Takt 66 Takt 67 Takt 68 Takt 69 Takt 70 Takt 71 Takt 72 Takt 73 Takt 74 Takt 75 Takt 76 Takt 77 Takt 78 Takt 79 Takt 80 Takt 81 Takt 82 Takt 83 Takt 84 Takt 85 Takt 86 Takt 87 Takt 88 Takt 89 Takt 90 Takt 91 Takt 92 Takt 93 Takt 94 Takt 95 Takt 96 Takt 97 Takt 98 Takt 99 Takt 100 Takt 101 Takt 102 Takt 103 Takt 104 Takt 105 Takt 106 Takt 107 Takt 108 Takt 109 Takt 110 Takt 111 Takt 112 Takt 113 Takt 114 Takt 115 Takt 116 Takt 117 Takt 118 Takt 119 Takt 120 Takt 121 Takt 122 Takt 123 Takt 124 Takt 125 Takt 126 Takt 127 Takt 128 Takt 129 Takt 130 Takt 131 Takt 132 Takt 133 Takt 134 Takt 135 Takt 136

Takt 137 hat sein Vorbild in Takt 60. Unser Takt ist nur eine modulierte Variante davon. Ritterlich geht es dort zu, mit mächtigen Oktaven im Bass – die beiden letzten sogar in punktierter Paarung…

Dieses ewig Männliche… Als ich jung war, da habe ich immer nach „Schwächen“ von meinen Vorbildern (Dieter Hallervorden, Ludwig van Beethoven, Richard Wagner, David Hasselhoff und Boris Becker) gesucht. Ich weiß nicht, warum. Wahrscheinlich, weil ich mir meiner eigenen Unvollkommenheit schon immer bewusst war. (Ist natürlich ein Witz. Ich bin perfekt.) Bei Boris Becker ging es nicht ohne Schwäche. Schwäche bedeutete bei ihm Kampf; und Kampf war sein Spiel, seine Philosophie. Deshalb liebte ich Boris Becker so. Ich würde ihn gerne einmal kennen lernen. (Einmal war ich kurz davor. Einer meiner besten Freunde war Gast in einer ZDF-Rateshow, die Boris Becker als Experten im Bereich „Sport“ angeheuert hatte. Ich war der „Freund des Kandidaten im Publikum“, der auch eingeblendet wurde. Als ich dann in der S-Bahn nach Adlershof saß, da kam die Nachricht, Boris Becker fiele aus. Dafür sei Waldemar Hartmann am Start. Mein guter Freund wurde zudem aus der Show rausgeschnitten, weil es zu viel Material gab. Aber er hatte sich wacker geschlagen. Ich habe nur sehr sehr intelligente Freunde.)

Bei Beethoven wusste ich immer nicht weiter, wenn es um „Schwäche“ ging. Ich las alles, was es über „Beethovens Kampf mit der Fugen-Form“ gab (siehe Takt 81) – und strickte die Theorie, die – wie ich dann feststellte – wohl gar nicht von mir war, dass Beethoven früh die Ambition aufgegeben hatte, ein großer Melodiker zu sein. Haydn brachte den Witz und das Hinterfragen der Form, Mozart den Witz und die schönsten Melodien aller Zeiten. Und Beethoven brachte die Power, die Größe, das Mächtige. Er sah sich ja, wie alle Quatschköppe nach ihm, in der Pflicht, Neues zu generieren. Irgendwie.

Das Männliche! Und das erschien mir dann als Schwäche. Beethoven ist nie jämmerlich, nie wirklich zerknirscht. (Okay, im „Largo e mesto“ der D-Dur-Sonate op. 10 Nr. 3 – und, ja, mein Gott, auch an anderen Stellen. Aber halt nur an „Stellen“!). Immer muß er Stärke beweisen, mit seinen chauvinistischen Sforzati, seinen Fortissimo-Ballereien. Ja, dieses männliche Aufbegehren! Ganz großes Tennis!

Das war aber auch mit das Einzige, was ich an Beethoven nicht zu mögen vorgab. Und irgendwie ist unser heutiger Takt so eine typische „Ritter-Stelle“. Da trappeln die Pferde, da klappern die Rüstungen – und die Schwerter (selbstredend aus valyrischem Stahl, haha) scheppern – Funken gleichsam sprühend – aufeinander ein. Dazu gibt es in der Musik Fortissimo und Punktierungen. „Männlich“ halt.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.