Die Abschaffung des Kulturradios – Folge 13 Der große Regionalitäts-Test 2 (Auswertung für den 2. bis 8. März 2024)

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Offener Brief an Dorothee Hackenberg (rbb)
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Stimmt es, was Dorothee Hackenberg (Leiterin von rbbKultur und radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg, rbb) über »Regionalität« im künftigen radio3 (noch: rbbKultur) sagt?

Hackenberg (am 14. Februar 2024) im »Tagesspiegel«: »Wir setzen bei unserer Reform des Morgenprogramms vor allem auf das Wort. Wir werden ein regionales, weltoffenes Radiofeuilleton anbieten und hoffen, damit zusätzlich zu unseren aktuellen Hörer:innen neue Zielgruppen anzusprechen. Denn wir wollen die Relevanz und die Reichweite des Senders erhöhen.«

Hackenberg (am 17. Februar 2024) im rbb: »Zusammen bilden Berlin und Brandenburg eine der vielfältigsten Kulturlandschaften, die wir in Deutschland haben. Diesen Reichtum soll die Kulturwelle des rbb zum Ausdruck bringen. […] In unserer neuen Morgensendung [bei radio3 / ehemals rbbKultur] wird es weiterhin Rezensionen, Kritiken und Berichte über unsere Kulturregion geben, zugleich planen wir deutlich mehr vertiefende Gespräche über kulturelle und gesellschaftliche Entwicklungen.«

All das impliziert, dass man uns rbb-führungsseitig vermitteln will, dass es mehr regionale Kultur bei radio3 geben wird. Und genau das bezweifle ich. Dazu muss ich sagen, dass ich einfach ein großer Freund von Regionalität bin – vor allem im Zeichen von Kultur. Regionen (auch und vor allem die vom Westen nach der Wende besonders verarschten; entschuldigen Sie die Wortwahl) brauchen Kultur – und sie brauchen auch die Berichterstattung über »stattfindende« Kultur. So docken die Menschen vor Ort (in den Regionen) im guten Sinne identitätsmäßig an das an, was vor ihren Haustüren liegt (und stattfindet, zum Beispiel ein einfaches Orgelkonzert in einer brandenburgischen Kirche mit einer Orgel aus der Bach-Zeit, um mal ein hochkulturelles Beispiel zu wählen).

Vom 2. bis 9. März 2024 vergleiche ich deshalb die Wort- und Musik-Anteile im gesamten rbbKultur-Programm, die mit Regionalität zu tun haben, mit den entsprechenden Ergebnissen vom 2. April bis 9. April 2024 (dann, nach der Senderreform: radio3).

Jetzt sind die sieben Tage vom 2. bis 8. März 2024 Vergangenheit. Ich habe also die Minuten gezählt. »Regionale Wortanteile« sind dabei für mich Wortbeiträge (Interviews und so weiter), die direkt mit Berlin und/oder Brandenburg zu tun haben. Beispiel für ausdrückliche Nicht-Regionalität: Wie es um die deutschen »Oscar«-Chancen bestellt ist.

»Regionale Musik« bedeutete für mich in diesem Kontext, dass beispielsweise Werke von Berliner oder Brandenburgischen Klangkörpern – etwa Aufnahmen von der Kammerakademie Potsdam – gespielt werden.

Besonders erstaunt war ich über den für mich viel zu geringen Anteil an regionalen Wort-Beiträgen im Morgenprogramm von 6 bis 10 Uhr. Genau in dieser Zeitschiene soll es angeblich ab dem 2. April 2024 mehr Wort-Beiträge geben. Ob die dann auch entsprechend regional gefärbt sein werden? Weiß ich nicht. In jedem Fall wird (siehe die Beiträge der letzten Wochen) zwischen diesen Wort-Beiträgen ab 2. April Popmusik gespielt werden, keine E-Musik mehr. Wenn also ab 2. April tatsächlich mal von einem Orgelkonzert in Brandenburg berichtet werden sollte (was ich ebenfalls bezweifle), dann können wir erstens einen »schnoddrigen« (aber ahnungslosen) Kommentar von Jörg Thadeusz (der das Ganze als »großer Name« wohl nur zum »Anlaufen« bringen soll, um sich dann wieder zu verabschieden) erwarten und zweitens, dass davor oder danach irgendein Song von Sting (aber nicht von seinem Dowland-Album …) laufen wird. Und Sting ist noch das Beste, was wir in diesem Kontext erwarten können.

Wie ich auch höre, liegt es nun wirklich nicht an den Redakteurinnen und Redakteuren von rbbKultur. Die haben sich halb auf den Kopf gestellt, um der rbb-Führung immer wieder Vorschläge zu machen, wie man das Ganze »retten« könnte. Aber »retten« ist in diesem Kontext auch der falsche Begriff. Denn aus einer Position der Angst heraus ist im Zeichen der Kultur selten Großes erwachsen. Sondern eben: Ängstliches.

Es müsste jetzt einfach ein Gegenprogramm geben. Eine Art Piratensender. Denn man könnte so tolle Sachen machen …

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

Eine Antwort

  1. Rainer Glaap sagt:

    Danke für die Mühen der Erfassung und die Statistik. Solche Daten bräuchten wir viel mehr, auch in anderen Bereichen. Eigentlich kaum glaublich, dass die Sender das nicht selbst erfassen.

    Ich höre nur selten Radio. Als ich früher noch vertrieblich mit dem Auto unterwegs war, war mein Dauersender Deutschlandradio Kultur. Dort wurde dann der Musikstil von Klassik auf Pop umgestellt. Einige haben sich beschwert, ich auch. War aber natürlich egal. Da mir die Pop-Mischung nicht gefiel (eigentlich gefällt mir NIE eine Popmischung), habe ich fortan einfach kein Deutschlandradio Kultur mehr gehört, und wenn doch, nach dem Wortbeitrag gleich weggedrückt oder auf meine CD mit Bachs Cello-Suiten umgestellt, das war eh viel hilfreicher für meinen Gemütszustand als alles andere.

    Heute höre ich gelegentlich Podcasts auf Spaziergängen, da ist dann auch mal DR Kultur dabei, aber auch viel anderes.

    Als Hörer der Welle bin ich auf Dauer verlorengegangen.

    Wenn ich mal auf Mitarbeiter:innen des Senders bei Veranstaltungen traf, haben die meine Meinung entgegengenommen, waren aber natürlich wenig beeindruckt und genutzt hat auch das nicht.

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