Die Abschaffung des Kulturradios – Folge 11 Martina Zöllner (rbb): „Wir haben erfahren, dass der Begriff ›Kultur‹ abschreckend wirkt.“

Das ist tatsächlich das mehr oder weniger einzige (und völlig unbrauchbare) Foto, das ich in meiner Zeit beim rbb gemacht habe. Es stammt vom 30. September 2008.
Das ist tatsächlich das mehr oder weniger einzige (und völlig unbrauchbare) Foto, das ich in meiner Zeit beim rbb gemacht habe. Es stammt vom 30. September 2008.

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Offener Brief an Dorothee Hackenberg (rbb)

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Am 17. Februar 2024 ging es in dem offenen Brief an Dorothee Hackenberg um ein Interview der besagten Leiterin der Radioprogramme rbbKultur und radioeins vom Rundfunk Berlin-Brandenburg. Essenz: Ab dem 2. April 2024 wird auf dem neuen Kultursender des rbb (radio3) zwischen 6 und 10 Uhr wochentags keine E-Musik mehr zu hören sein. Sinngemäße Begründung: Die Hörerinnen und Hörer eines Kultursenders sind ja bestimmt auch offen für etwas anderes. Meine (ernstgemeinte, aber bisher nicht vom rbb kommentierte) Forderung: Stattdessen möge dann auf radioeins (dem Pop-Sender des rbb) dafür Klassik laufen. Im Sinne vielfältigen Kulturaustauschs.

Viele Emails und Anrufe haben mich seitdem erreicht.

Heute habe ich dann – nach dem Hinweis eines Kollegen – das Medienmagazin des rbb vom 17. Februar 2024 gehört. Dort wurde unter anderem die rbb-Programmdirektorin Martina Zöllner zu dem Namenswechsel von rbbKultur zu radio3 befragt.

Der Moderator fragt (bei Minute 34.46): »[…] warum eine Namensänderung – weg vom selbsterklärenden Namenbestandteil ›Kultur‹? Es gab ›Radio Kultur‹ in der Geschichte von ORB und SFB, es gab dann die Fusion zu ›Kulturradio‹ – und jetzt dann der Schritt zu ›rbbKultur‹ und wieder zurück zur ›radio3‹? Der Namenszusatz ›Kultur‹ wird in der ARD auch oft verwendet und ist dann doch eigentlich selbsterklärend? Bei ›radio3‹ muss man doch immer wieder erklären, dass es das Kulturprogramm des rbb ist, oder?«

Martina Zöllner antwortet: »Na ja, wir haben immer wieder auch erfahren, dass der Begriff ›Kultur‹ durchaus auch abschreckend wirkt, nicht? Also: ›Oh je, Kultur: Das ist schwierig, das ist hermetisch, das ist elitär, das trauen wir uns gar nicht zu!‹ Und wir wollen nicht seicht werden, ausdrücklich genau nicht. Wir wollen vertiefend sein, ausführlich eingehen auf die Themen aus Kultur und Wissenschaft. Radio3 soll ein Ort sein für Komplexität und Anspruch. Aber eben trotzdem, und das ist die journalistische Aufgabe, verständlich, nicht? Also: Die Komplexität der Welt – auch der Kultur, aber auch der Welt insgesamt, in der wir leben – … die verständlich zu machen ist die Absicht. Und eine wichtige Rolle darüber hinaus bei der Namensentscheidung hat auch gespielt, dass wir mit radioeins ja in gewisser Weise im rbb auch einen Kultursender haben, nicht? Der ist ganz anders als radio3 sein wird. Der ist schnell, urban, eher popkulturell ausgerichtet, nicht Mainstream, eigensinnig, und trotzdem – glücklicherweise – sehr erfolgreich. Und wir fanden, es ist ein schönes Zeichen, dass wir mir radio3 eine zweite Säule danebenstellen. Zwei sehr verschiedene, von einander unterschiedene Kulturangebote wollen wir machen. Das fanden wir in der Aussage überzeugend.«

Wenn also radioeins laut Zöllner (die im Sommer den rbb verlässt … kein Kommentar … #verbrannteerde) für »[…] schnell, urban, eher popkulturell […]« steht, dann kann doch radio3 (oder wie häufig Sie das auch noch karrieristisch motiviert, zwecks Marginalisierung und Unsichtbarkeit von Kulturinhalten, die schlichtweg etwas – gar nicht elitär gemeint – mit Bildung – ! – zu tun haben, umbenennen wollen!) für »entschleunigt , regional, eher bildungsbürgerlich […]« stehen, nicht wahr?

Und genau das wünschen wir uns.

Die nächsten Schritte folgen. Nur können die (Noch-)Verantwortlichen im rbb sicher sein: So einfach nehmen wir das nicht hin. Und wir lassen uns auch durch Marketingsprache nicht einlullen.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

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