Die 24 Tonarten und ihre bekanntesten Werke – Folge 17: As-Dur

Ich hatte mal die Idee, wie man – natürlich auf recht einfache, populäre, aber irgendwie lustige Weise – Johann Sebastian Bachs beiden Bänden des „Wohltemperierten Claviers“ „nacheifern“ könnte. Nämlich mit einer Playlist, die das jeweils bekannteste Stück jeder einzelnen Tonart abbildet. Also im Quintenzirkel „vorne“ angefangen von C-Dur bis nach „hinten“ (h-Moll). „Bekanntheit“ ist natürlich kein wirklich wissenschaftlicher Begriff. Mit „Bekanntheit“ meine ich – in Bezug auf Werke klassischer Musik – mehr ein „Gefühl“. Ist zum Beispiel ein Stück in einem Film einer/eines berühmten Regisseurin/Regisseurs sehr prominent verwendet worden, dann rückt dieses Werk jeweils natürlich gefühlt „nach oben“ im Ranking. Den ersten Satz von Beethovens Fünfter beispielsweise habe ich schon in Filmen iranischer Regisseur:innen verarbeitet gesehen/gehört (besonders eindrücklich in dem Film „Die Stille“ von Mohsen Makhmalbaf aus dem Jahr 1998). „Welthaftigkeit“ geht also als Überlegung hinsichtlich der „wirklichen“ („globalen“) Bekanntheit mit in die jeweilige Entscheidung ein. Meine Artikel-Serie zu den Tonarten ist insbesondere eine Einladung zum Mitdiskutieren! (Jeder „endgültigen“ Entscheidung füge ich einen Link und eine entsprechende Interpretation des jeweiligen Tonarten-Stückes bei. Auch hierbei darf in den Kommentaren gerne – freundlich – interveniert werden.)

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Die bisherigen Folgen: C-Dur, c-Moll, Des-Dur, cis-Moll, D-Dur, d-Moll, Es-Dur, es-Moll, E-Dur, e-Moll, F-Dur, f-Moll, Ges-Dur, fis-Moll, G-Dur, g-Moll.

As-Dur ist eine meiner Lieblingstonarten. Warm und dennoch edel, wohlklingend und marmorfarben heroisch (wenn nötig). Chopins große Polonaise As-Dur op. 53 trappelt herrlich dahin. Eine wahre Klaviertonart! Kaum eine ernstzunehmende Sinfonie tönet in As-Dur! Meine Entscheidung fiel also einigermaßen leicht…

Das für Arno Lücker bekannteste Werk in As-Dur:
Franz Liszt (1811-1886)
Liebestraum Nr. 3 As-Dur. Poco Allegro, con affetto (1850)
Arthur Rubinstein (Klavier)

Andere über As-Dur…

As dur, der Gräberton. Tod, Grab, Verwesung, Gericht, Ewigkeit liegen in seinem Umfange.

(Christian Friedrich Daniel Schubart: Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, Wien 1806, S. 378)

As dur ist die Tonart, bei welcher die Seele für ein Ueberirdisches aufgeht, und Ahndungen eines Jenseits oder einer höheren Beglückung faßt. Daher schwebt sie über den Gräbern, wie in Neukomms Kanon im Ostermorgen, zeichnet den frommen, Frieden Gottes athmenden Sinn und erhebt zur Unendlichkeit eines seligen Gefühls, Jessonda klagt in Spohrs Oper über die Trennung von den Geliebten in G moll, sie geht zu dem Gefühl, welches ‚des Herzens Schwingen zu des Friedens goldnem Land erhebt‘, in G dur über; da verklärt ihr Gedanke sich in der Ahndung ewiger Seligkeit: ‚bald bin ich ein Geist geworden‘ in as. Das Duett: Schönes Mädchen u.s.w. konnte nur in der Tonart as gegeben werden. Nimmt man die Töne an sich, so könnte man die Gedanken an irdische Freude und Befreiung unterlegen; die Tonart aber erweckt eine Ahndung der Unendlichkeit, welche über der Erde weilt, und in dem ‚dahin, dahin laß uns fliehn‘ denkt Niemand an Europa, sondern an ein Paradies beglückter Liebe. Es kann aber die bedeutungsvolle Sehnsucht auch eine dunklere Farbe annehmen oder mit Schwermuth wechseln; daher der Uebergang aus oder in F moll als zu der dunkeln Schwermuth, oder in Des dur zu der ernsten Trauer. Milder Trost spricht im Adagio der Sonate pathétique von Beethoven Op. 13, unendliche Beseligung der gleichsam verschwebenden Seele im Adagio der ersten Sonate Op. 10, welches Berey recht geschickt in ein Agnus dei verwandelt hat. Als Muster nennen wir auch das Benedictus hin Häsers Requiem Op. 34. Als Gis dur, dessen ganze Kraft durch die Temperatur wesentlich gemindert wird, indem die Erhöhung um das Komma oder die Diesis dem As, die Erniedrigung dem Gis abgeht, verändert die Tonart auch den Charakter. Beethoven läßt im Fidelio dem Rocca in Gis dur den Befehl ertheilen, den Gefangenen zu ermorden und Pizarro mit verruchtem Sinne selbst nach dem Dolche greifen. Die Schwierigkeit der Ausführung (nach der Vorzeichnung von acht Kreuzen) hindert die Anwendung für ein ganzes Tonstück.

(Ferdinand Gotthelf Hand: Aesthetik der Tonkunst, Erster Theil, Leipzig 1837, S. 224 f.)

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.