Vordruck für Monarchen

In der letzten Zeit geistern immer wieder Pressemeldungen durch die Gegend, in denen sich über die Kandidatenentscheidung für wichtige kulturelle Posten mokiert wird. So zum Beispiel über die Ernennung von Bernard Blistène (Spitzname „Kim Jong-Il“) als neuen Leiter des Centre Pompidou in Paris, eine eigenmächtige Entscheidung der Kultusministerin gegen den ausdrücklichen Rat der Auswahlkommission, nachzulesen hier.

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In Wien sorgte eine ähnlich monarchische Entscheidung für Aufregung – der ehemalige Museumsdirektor Franz Patay übernimmt nach dubioser und vollkommen unsichtbarer Stellenausschreibung an verstecktem Ort (unter bewusster Vermeidung der üblichen Medien, an denen so etwas bekannt gegeben wird) die Leitung des Musikkonservatoriums Wien, das bisher – scheinbar zur allgemeinen Zufriedenheit – von einer künstlerisch/kaufmännischen Doppelspitze geleitet wurde (Ranko Markovic und Dr. Gottfried Eisl). Auch hier eine Entscheidung unter Umgehung eines Auswahlgremiums oder einer demokratischen Entscheidung.

Auch in München herrschte jüngst eine große Verwirrung, ob die Biennale-Nachfolge nun ausgeschrieben ist, oder einfach allein vom Kulturreferat entschieden werden wird, unter kompletter Ignorierung aller Bewerber und dem Rat des scheidenden Intendanten, Peter Ruzicka. Da natürlich letzteres passierte, müssen sich die neuen und sehr engagierten Intendanten Daniel Ott und Manos Tsangaris nun erst das Vertrauen aufbauen, das ein demokratischerer Prozess vielleicht erzeugt hätte.

In akademischen Kreisen ist es bekanntermaßen ohnehin üblich, Kommissionsentscheidungen zu ignorieren, ein Veto einzulegen, oder selbstständig eigene Kandidaten ohne jegliche Abstimmung zu installieren. Manchmal fragt man sich, warum man sich überhaupt noch die Mühe macht, Kommissionen tagelang mit solchen Entscheidungen zu beschäftigen, wenn diese Arbeit dann eh nur „pro forma“ und letztlich sinnlos ist.

Natürlich ist das alles diskussionswürdig – nicht jede eigenmächtige Entscheidung muss schlecht sein. Manchmal ist es sogar gut, wenn jemand mit Kompetenz schnell und direkt über einen solchen Posten entscheidet. Das Problem ist nur: Gerade die Inkompetentesten halten sich meist für besonders kompetent.Und wenn es keinerlei demokratisches Regulativ gibt, kann man auch nicht die üblichen Gschafteleien verhindern. Es ist allen klar, dass nicht immer die wahre Befähigung eines Kandidaten eine Rolle spielt, sondern eben sehr oft das, was sich derjenige, der den Kandidaten durchbringt, persönlich davon erhofft.

Am besten fände ich aber hierbei: Ehrlichkeit. Wenn eine Entscheidung nicht demkoratisch sondern eigenmächtig ist, sollte die Person die diese Entscheidung trifft, auch dazu stehen und dies öffentlich bekannt machen und nicht taktisch verheimlichen. Man kann es ja so sehen: war die Entscheidung gut, gebührt der Person auch der Ruhm, war sie es nicht, muss sie dafür aber auch gerade stehen.

Daher empfehle ich allen zukünftigen Entscheidungsträgern in solchen Fällen das Ausfüllen und mutige Verlesen dieses einfachen Formbriefes:

Sehr geehrte Damen und Herren von der Presse,

Ich möchte hiermit bekannt geben, dass ich die Entscheidung über die Besetzung des Postens ________________________________________________ vollkommen eigenmächtig und wider jeglichen anderslautenden Rat getroffen habe. Die Meinung der Entscheidungskommission war für mich nicht im geringsten relevant, ebenso auch nicht die öffentliche Meinung oder die Meinung der Personen, die in Zukunft mit oder unter _______________________________ arbeiten werden.

Kurzum: all dies ging mir komplett am Arsch vorbei.

Grund für meine Entscheidung war der Wunsch nach

a) einer qualitativ hochwertigen Neubesetzung, an die ich dezidiert glaube und für die ich komplett einstehe
b) der ewigen Dankbarkeit des Kandidaten, die sich für mich in naher Zukunft auszahlen wird
c) der Einlösung einer alten Schuld, da mir der Kandidat bei einer anderen mir wichtigen Sache ziemlich behilflich gewesen ist.

(zutreffendes bitte ankreuzen)

Ich bitte Sie, dies zur Kenntnis zu nehmen und so auch in ihren Pressemedien zu verbreiten.

Vielen Dank,
unterzeichnet: _________________________________-

Würde die Sache doch sehr vereinfachen, meint ihr nicht?

Moritz Eggert

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3 Antworten

  1. cardillac sagt:

    Warum sich über Normalität aufregen?
    Und…das DEMOS kann ja sowieso nicht mitreden bei solchen Besetzungen….

  2. @cardillac:
    Seltsame Argumentation: sich nicht über Ausbeutung aufregen, weil die ja „normal“ ist?
    Sich nicht über Vergewaltigungen, Diebstähle und andere Verbrechen aufregen, weil es ja „normal“ ist, dass sowas passiert?
    Nur weil etwas gang und gäbe ist, heißt es nicht, dass es auch gut ist, oder?
    wundert sich
    Der Bad Boy…