Macht alle mit beim „Kein Geld“ – Song!

Gerade eben hat das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ einen „Song Contest“ gestartet zum Thema „DEIN Song für EINE Welt“. In der Ausschreibung heißt es: „Der Song Contest „Dein Song für EINE WELT!“ ruft Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 10 bis 25 Jahren dazu auf, sich musikalisch mit Themen der EINE WELT auseinanderzusetzen und eigene Songs zur diesen Themen zu schreiben und zu komponieren.“

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So weit so schön. Ja, wir stellen uns gerne vor, wie Jugendliche, Kinder und sogar 21-25-jährige Erwachsene sich hinsetzen und tolle Songs schreiben, die „max. 3:50 Minuten lang sein dürfen“, was schon Mal die erwiesenermaßen richtig geilen Songs „Bohemian Rhapsody“ oder „Good Vibrations“ ausschließen würde, aber egal, denn „Eine instrumentale Begleitung ist keine Voraussetzung, eine eingesungene Melodie reicht für die Teilnahme aus“.

Das heißt, man darf auch mitmachen, wenn man keine Noten lesen kann oder die Eltern oder man selber (es könnte ja gut sein, dass man mit 18-25 Jahren schon nicht mehr bei Mama und Papa wohnt und Geld verdienen muss) sich keinen Musikunterricht leisten können, auch das ist natürlich völlig ok im Sinne der Gleichbehandlung!

„Der Song muss sich inhaltlich mit globalen Themen befassen“, heißt es weiter, und als mögliche Themen werden „beispielsweise soziale Gerechtigkeit, Frieden, Klimaschutz oder die Frage, wie wir toleranter und fair miteinander umgehen können“ vorgeschlagen. Da sind wir gerne dabei! Wir alle wollen doch, dass es tolerant, fair und gerecht zugeht, nicht wahr? Supi!

Doch dann kommt der Klopper, en passant in einem kleinen Satz versteckt: „Außerdem solltest du keine GEMA-Mitgliedschaft haben.“ WHAT??? Moment Mal, gerade eben war von Fairness die Rede, ist nicht die GEMA eine Organisation, die sich für diese Fairness intensiv einsetzt, indem sie die Kreativen bei ihrer Arbeit unterstützt und finanzielles Überleben als Musiker/in überhaupt erst möglich macht?

Aber es kommt noch dicker: unter der Frage „Kann ich am Song Contest teilnehmen, wenn ich bei der GEMA angemeldet bin?“ steht geschrieben: „Wenn du einen Vertrag bei der GEMA unterzeichnet hast, kannst du nur am Song Contest teilnehmen, wenn du bis zum Einsendeschluss eine Ausnahmegenehmigung der GEMA für deinen Song vorlegen kannst“. Das heißt im Klartext: Du Dummerchen, bist Du doch tatsächlich bei der GEMA und bekommst faire Vergütungen für Deine Musik? Tsts, was können wir da nur machen…Da bleibt nur eines: Wir machen Dir ein Angebot, dass Du nicht ausschlagen darfst (hier Musik-Cue „Der Pate“): Wenn Du bei uns mitmachen willst, musst Du auf jeden Fall der nervigen GEMA sagen, dass Du für uns auf diese Vergütungen verzichtest, dann ist alles gut. Weil wir sind das geile Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und haben die dickeren Hosen an. Wir sind legit, Baby!“

Liebes „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“, was zur Hölle habt ihr euch bei dieser Aktion gedacht? Ihr wollt also, dass gaaaaanz viele junge Musikerinnen und Musiker mitmachen bei eurem Wettbewerb und ein Loblied auf mehr Gerechtigkeit und Kreativität in der Welt singen, gleichzeitig müssen sie aber die Ungerechtigkeit akzeptieren, für ihre Kreativität auf keinen Fall etwas bekommen zu können? Denn wo kämen wir denn da hin, wenn Urheberleistungen plötzlich etwas wert wären? Ganz sicherlich nicht zum „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“…

Euch ist schon bewusst, dass man zwar mit 10 Jahren höchstwahrscheinlich noch kein GEMA-Mitglied ist, mit 20 Jahren aber eher schon, wenn man mal von seiner Mucke leben will, oder? Und dass ein Alter von 25 Jahren für ein GEMA-Mitgliedschaft eigentlich schon fast zu spät ist, wenn man das Ganze als Beruf betreiben will?

Seid doch mal ehrlich – alle, die sich in der Materie ein bisschen auskennen, wissen ja ganz genau, was ihr eigentlich wollt. Na, soll ich es aussprechen? Ihr wollt gerne, dass die Gewinnerinnen und Gewinner eures Songs keinerlei Rechte an ihren Werken wahrnehmen können, weil ihr dann ganz frei damit verfahren könnt, wie es euch beliebt. Ihr müsst dann keine nervigen GEMA-Gebühren bezahlen, wenn ihr zum Beispiel die Siegersongs „professionell im Studio“ für ein „EINE WELT-Album“ aufnehmt und streamt und vertreibt und damit vielleicht sogar Kohle macht. Auch können die „passenden Coachings und Workshops“, die den „Gewinnerinnen und Gewinnern“ vermittelt werden, ohne GEMA-Präsenz ganz frei mit den Songs der jungen Siegerinnen und Sieger umgehen, ja sie vielleicht überall aufführen, streamen und verwenden ohne auch nur einen Cent dafür zu zahlen. Solltet ihr dann euren Wettbewerb nicht besser „UNSER Song“ nennen anstatt „DEIN Song“? Wäre irgendwie ehrlicher. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja noch eine Zwangsinverlagnahme gratis dazu? Würde passen.

Klar, das ist richtig praktisch gedacht – effizient und sparsam. Aber es ist halt auch so richtig, richtig Scheiße.

Und passt das wirklich zum „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“? Sollten bei euch nicht eher die Interessen und Rechte der jungen Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt stehen, die einmal diese „wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ mit ihrer Kreativität und ihren Ideen befeuern werden? Sollte man nicht eher eine GEMA-Mitgliedschaft allen Teilnehmenden ganz dringend empfehlen? Damit ihnen auch die Tantiemen zukommen, die sie mit ihren hoffentlich erfolgreichen Songs verdient haben?

Und das sage jetzt nicht nur ich, sondern alle meine vielen Kolleginnen und Kollegen, die wissen, wie wichtig es ist, den Nachwuchs in unserem Land nicht auszubeuten, sondern fair zu behandeln. Fairness ist etwas, das man von Kindesbeinen an lernt. Und da wäre es doch schön, wenn gerade das „Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung“ mit gutem Beispiel vorangeht, nicht wahr?

Moritz Eggert, Deutscher Komponistinnen und Komponistenverband

 

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6 Antworten

  1. Krass! Danke für den Artikel! Bin gespannt ob es da nicht einen kleinen Shitstorm gibt… ;)

  2. Ralf Merten sagt:

    Danke Moritz! Treffend auf den Punkt!
    Eine angeforderte Stellungnahme der Contest Veranstalter ( in meiner Rolle als besorgter Vater, nicht als Gema Mitglied ) hab ich bisher natürlich nicht bekommen…
    VG, Ralf

  3. grabenassel sagt:

    Habe heute morgen an alle Organisatoren und Unterstützer geschrieben und um Aufklärung gebeten. Bis jetzt hat lediglich der VDM (Verband deutscher Musikschulen) geantwortet: „ich habe Ihr Anliegen an die Organisator*innen des Song Contest weitergeleitet mit der Bitte, auf Ihre Nachfrage einzugehen.
    Da wir nicht mit den Hintergründen der Teilnahmebedingungen bis ins Detail vertraut sind, kann Ihnen am besten von dieser Seite eine Auskunft zu den Gründen dieser Vorgehensweise erteilt werden.“ Mal schauen, ob sonst noch was kommt. Achja, habe auch alle Paten/Patinnen aus den Reihen der Musikerzukunft öffentlich auf Facebook angesprochen – Reaktionen bis jetzt: Null.

  4. Grabenassel sagt:

    Update: Folgende Antwort erreicht mich soeben auf meine gestrige Anfrage:

    vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihr Interesse am Song Contest „Dein Song für EINE WELT!“.

    Der Song Contest hat zum Ziel, Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen entwicklungspolitische Themen näherzubringen und die kreative Auseinandersetzung mit dem Lernbereich Globale Entwicklung auch über den schulischen Kontext hinaus zu stärken. Der Wettbewerb richtet sich daher an alle jungen Menschen und nicht speziell an professionelle Musikerinnen und Musiker. Das Engagement der Kinder und Jugendlichen, die in den meisten Fällen zum ersten Mal einen Musikbeitrag zu einem gesellschaftspolitischen Thema erstellen, soll gewürdigt werden und die von ihnen formulierten entwicklungspolitischen Botschaften sollen verbreitet werden.

    Hinsichtlich der für den Wettbewerb eingereichten Beiträge räumen alle Teilnehmenden Engagement Global zunächst ein einfaches Nutzungsrecht ein, damit Engagement Global die Songs auf den Kanälen des Song Contests präsentieren und damit eine Öffentlichkeit für die Botschaften der jungen Menschen herstellen kann, was wiederum Sinn und Zweck des Wettbewerbs ist. Teilnehmende, die bereits ihre Beiträge bei einer Verwertungsgesellschaft angemeldet haben, können jedoch die Nutzungsrechte ihrer Werke nicht beliebig an Dritte übertragen. Dies gilt auch für Teilnehmende, die bereits mit der GEMA einen sogenannten Berechtigungsvertrag abgeschlossen haben. Aufgrund dieser bereits bestehenden Bindung können die Wettbewerbsongs nicht uneingeschränkt auf den Song Contest-Kanälen (Website, Soundcloud, YouTube) ausgespielt werden. In den Teilnahmebedingungen des Wettbewerbs wurde daher formuliert, dass Teilnehmende, die bereits Mitglied einer Verwertungsgesellschaft sind, eine entsprechende Ausnahmegenehmigung für den am Wettbewerb teilnehmenden Beitrag dieser Gesellschaft vorlegen müssen. Wird diese vorgelegt, ist selbstverständlich eine Teilnahme möglich.

    Warum lässt sich Engagement Global ein räumlich und zeitlich nicht befristetes Nutzungsrecht an den professionell produzierten Gewinnersongs einräumen?

    Die 23 Gewinnerinnen und Gewinner des Wettbewerbs erhalten eine professionelle Aufnahme ihres Songs im Tonstudio mit vorausgehendem Coaching. Zusätzlich gibt es Geldpreise und musikalische Workshops zu gewinnen. Die produzierten Gewinnersongs werden auf einem Album veröffentlicht, mit dem die Musikerinnen und Musiker ihren Song bewerben können. Vor allem jedoch wird der Tonträger in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit eingesetzt, beispielsweise in Schulen und anderen Bildungseinrichtungen.

    Nur für diese mit hohem Aufwand und öffentlichen Geldern von Engagement Global produzierten Songs vergeben die Teilnehmenden an Engagement Global die räumlich, zeitlich und inhaltlich unbeschränkten, ausschließlichen, unentgeltlichen Nutzungsrechte. Das Urheberrecht an den eingereichten Beiträgen verbleibt selbstverständlich bei den Teilnehmenden.

    Der Wettbewerb nutzt die Gewinnersongs rein gemeinnützig. Die Alben stehen den Teilnehmenden und der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung. Engagement Global erzielt keine Gewinne aus der Verbreitung der Songs.

    Engagement Global ist eine aus Steuermitteln finanzierte Organisation und damit an haushaltsrechtliche Vorgaben gebunden. Nicht kalkulierbare Ausgaben wie eine langfristige monetäre Verpflichtung durch die Abgabe von Gebühren für die Veröffentlichung der Gewinnersongs widersprechen der zweckbestimmten Nutzung öffentlicher Gelder, wozu Engagement Global gegenüber dem Bundesministerium verpflichtet ist. Die einfachen Nutzungsrechte an den produzierten Songs werden den Gewinnerinnen und Gewinnern nach Veröffentlichung des EINE WELT Albums wieder zurück übertragen. Diese können also die Songs auch für ihre eigenen Kanäle und zur eigenen Veröffentlichung nutzen oder auch an weiteren Wettbewerben teilnehmen.

    Zur Frage der Einräumung von Nutzungsrechten wurde im Zuge der ersten Runde des Song Contests die GEMA kontaktiert und daraufhin die Teilnahmebedingungen entsprechend formuliert. Da es aber auch aktuell GEMA-Mitgliedern nicht gestattet ist, ohne Zustimmung der GEMA die Nutzungsrechte an ihren Werken z.B. zur Teilnahme an einem Wettbewerb an Dritte zu übertragen, weisen wir in den Teilnahmebedingungen deutlich darauf hin, nur Werke für den Wettbewerb anzunehmen, deren Nutzungsrechte frei übertragen werden können. Bei der rechtlichen Gestaltung der Teilnahmebedingungen lässt sich Engagement Global von anwaltlicher Seite beraten. Mit der GEMA steht Engagement Global auch anlässlich des aktuellen Wettbewerbs im Austausch.

    Mit dem Wettbewerb „Dein Song für EINE WELT!“ möchten wir das Engagement der Teilnehmenden im bestmöglichen Sinne würdigen und die kreative Arbeit der Jugendlichen durch die breit angelegte Veröffentlichung der Songs auf den uns zugänglichen Kanälen fördern. Die Erfahrung aus den Wettbewerben der vergangenen Jahre, das offene Feedback aller bislang Teilnehmenden, die Freude der Gewinnerinnen und Gewinner, die tolle Unterstützung der Schulen und das große Engagement der Partnerorganisationen sowie Patinnen und Paten bestätigen uns, mit dem Wettbewerb dieses gemeinsame Ziel auch in diesem Jahr erfolgreich zu verwirklichen.

    Mit freundlichen Grüßen,

    Das Song Contest Team
    Abteilung Schulische Bildung

    …..hätte man vielleicht im Vorfeld besser kommunizieren sollen….

  5. Wolfgang Nicklaus sagt:

    An das Song-Contest-Team:
    Ihr solltet Euch in Grund und Boden schämen mit diesem unterschwellig kriminellen Angebot der GEMA-freien Anmeldung. Man sollte Euch ein Strafverfahren an den Hals hängen, daß Euch Hören und Sehen vergeht. Unverschämt und einfach ekelhaft menschenverachtend!

  1. 17. März 2021

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