Verschlagwortet: Münchener Biennale
Gestern war es soweit. Die Welt lebt weiter, wie zuvor. Keiner hat es realisiert. Wie hektisch ging es am 11.11.11 noch zu, wurde geheiratet und wurden Kaiserschnitte vollzogen, als wolle man ein „ES“ oder einen „IHN empfangen oder verhindern. Hätten die Verzückten das Datum richtig ausgeschrieben, nicht der sechsstelligen Langeweile...
…so schrieb Reinhard Brembeck am 4.10. in der SZ anlässlich seines Kniefalls vor Pierre Boulez und dessen Konzert in der „musica viva“. Er meinte natürlich: München. München, diese angeblich armselige, verlauste Provinzstadt, in der ja nun wirklich gar nichts los ist, außer es kommt der Meister Boulez und erweckt uns aus unserem Dornröschenschlaf.
Sandeep Bhagwati – ein von mir hochgeschätzter Kollege und Freund, mit dem ich vor vielen, vielen Jahren, als noch Säbelzahntiger die germanischen Steppen durchstrichen, gemeinsam bei Wilhelm Killmayer studiert habe – war erst sehr widerstrebend, meine Fragen für eine Reihe mit Porträts deutscher Komponisten im Ausland zu beantworten. Das liegt daran, dass Sandeep sich nicht wirklich als Deutscher fühlt: Als Sohn eines indischen Vaters und einer Deutschen Mutter, aufgewachsen in Bombay (heute Mumbai) war er schon früh notgedrungenermaßen „heimatlos“ und stets und mit Leidenschaft „in der Fremde“.
Ich konnte nicht ahnen, dass mein kleiner Artikel von vor drei Tagen solche Stürme in der Zitherwelt auslösen würde (was die vielen Kommentare beweisen). Anscheinend haben wir hier den Finger auf eine Wunde gelegt, zumindest was die Kommunikation der verschiedenen Positionen der Zithermusik untereinander angeht.
Die Zither ist ein wunderschönes Instrument, das es einst sogar mit dem Klavier an Popularität aufnehmen konnte, heute aber eher ein Exotendasein in der Musik führt. Dennoch haben sich gerade in der letzten Zeit immer wieder hervorragende Komponisten und Interpreten um dieses Instrument bemüht: z.B. Alexander Strauch, Leopold Hurt, Rudi Spring, Fredrik Schwenk, Graham Lack, Martin Mallaun und Georg Glasl, um nur ein paar Namen zu nennen, die im Bad Blog bekannt sein dürften.
Meine Freunde Toffo und Cledson wollen unbedingt, dass ich ein echtes deutsches Restaurant in Brasilien ausprobiere, um ihnen zu sagen ob es „authentisch“ ist. Wie viele „Paulistas“ (Bewohner von Sao Paulo) sind sie von Essen besessen. „Wir haben keine tollen Strände wie in Rio, und das Wetter ist auch schlechter, daher kümmern wir uns mehr um die guten Dinge des Lebens“ sagt Toffo.
Jetzt muss man schon differenzieren: Neueste Recherchen bei Brasilianern haben ergeben, dass das Applausverhalten sich hier doch sehr von dem in Europa unterscheidet. Der durchschnittliche Brasilianer besucht zum Beispiel gleich mehrere Kulturveranstaltungen pro Abend, daher klatscht er nie lang, denn er muss ja noch woandershin. Auch die Standing Ovation ist hier häufig verbreitet – man steht möglichst gleich nach Ende eines Stückes auf, um den Künstlern die nötige Reverenz zu erweisen. Dies will man dann aber auch schnell hinter sich bringen. Buhrufe gibt es nie, egal wie gräßlich etwas ist. Auch in Darmstadt sind sie ja inzwischen aus der Mode (siehe Patricks letzten Blogeintrag).
Das Leibgericht aller Brasilianer ist Feijoada, eine Art Bohneneintopf in den so ziemlich alles reingeschnetzelt wird, was 4 Beine hat. Natürlich vor allem diverse Teile vom Rind, dem Lieblingsspeisetier hier. Mit Christiane Riedel vom ZKM und Joachim Bernauer vom Goethe-Institut sitze ich in einem kleinen Restaurant und verspeise dieses köstliche Gericht, während unablässig laute Autos vorbeibrausen. Wir besprechen den gestrigen Abend, der doch leicht überraschend verlief:
In Brasilien sind sogenannte „brasilianische Barbecue“-Restaurants sehr beliebt. Die Idee ist simpel: man setzt sich an einen Tisch, bekommt einen Teller und kann sich so viel man will von einem reichhaltigen Buffet nehmen. Auf dem Tisch hat man eine kleine Scheibe – diese kann man auf zwei Seiten drehen: Rot heißt „Nein Danke“, Grün allerdings heißt, dass alle 2 Minuten ein Herr vorbeikommt und einem einen gigantischen und triefenden Fleischsspieß über den Teller hält. Auf diesem Spieß kann sich alles mögliche befinden: Nackenfleisch, Bauchfleisch, Roastbeef, gigantische Würste die sich um den Spieß kringeln, aber auch zum Beispiel 20 Hühnerherzen, eine besonders beliebte Delikatesse. Der Kellner schneidet einem dann ein großzügiges Stück ab, das man mittels einer kleinen Zange vom Spieß ablöst.
Einer der Gründe für mich beim „Amazonas“-Projekt mitzumachen war, meinen langjährigen Emailfreund Claudio Toffoli (kurz Toffo) endlich einmal „in the flesh“ kennenzulernen, denn er lebt und arbeitet hier in Sao Paulo. Seit 8 Jahren tauschen wir regelmäßig Gedanken über Musik aus – Toffo ist ein profunder Kenner brasilianischer Musik, von Brega (dem brasilianischen Wort für „Schlager“ – hier sehr abfällig gebraucht) bis zu klassischer Musik.