Offener Brief an Rebecca Grotjahn und Susanne Wosnitzka – oder: Was sagen eigentlich die Komponistinnen selbst zu meinem Komponistinnen-Buch?

Liebe Frau Prof. Grotjahn, liebe Frau Wosnitzka,

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jetzt ist es schon einige Monate her, dass mein Buch 250 Komponistinnen. Frauen schreiben Musikgeschichte bei Die Andere Bibliothek erschienen ist.

Elke Heidenreich (auf Spiegel Online) und zahlreiche weitere Rezensenten und Rezensentinnen waren begeistert von meinem Buch. Darüber habe ich mich gefreut. Natürlich. Denn es steckt ja viel Liebe und Arbeit drin (und auch einige Fehler, die mich richtig geärgert, aber in meinem Freundeskreis schon zu Running Gags geführt haben, die sich bis heute halten. Beispiel: »Oder, wie Arno sagen würde, Schumanns Träumerei aus dem Album für die Jugend.« Ja, ich habe das Album für die Jugend mit den Kinderszenen verwechselt!)

Kritik ist extrem wichtig – und ich bin selber recht gut darin gewesen, ab und zu mal andere zu kritisieren. Dabei bin ich aber bei den Tatsachen geblieben. Sie aber, Frau Prof. Grotjahn und Frau Wosnitzka, wurden und werden nicht müde, mein Buch mit Dreck und Lügen zu bewerfen. Nun ja, das ist wohl unsere (traurige) Zeit irgendwie … Aber ich werde nie kapieren, warum. Ich werde immer noch oft auf diese eine »Rezension« – andere sagen: Hass-Attacke – von Ihnen, Frau Prof. Grotjahn, angesprochen. Von Kolleginnen und Kollegen aus der Musikwissenschaft, die wirklich sehr verwundert waren/sind.

Ein zentraler Satz in Ihrer »Rezension« ist: »Warum hat nicht eine von uns die aktuelle Komponistinnen-Konjunktur genutzt, um die Marktlücke mit einem seriösen Buch zu füllen?« Ich habe auch nicht kapiert, wer »uns« eigentlich sein soll. Man könnte Ihnen jedenfalls vorwerfen, dass Sie es sind, die Geschlechterklischees vergrößert und damit zu einem absoluten Rückfall im Diskurs beiträgt.

Außerdem haben Sie sich mit einer Kachel zitieren lassen, die mir Worte in den Mund legen, die ich so oder so ähnlich nie gesagt habe. Ist das denn seriöse Musikwissenschaft? Und Sie, liebe Frau Wosnitzka, werden bis heute nicht müde, auf der Inzwischen-Rechtspopulismus-Plattform »x«, auf der Sie merkwürdigerweise immer noch angemeldet sind und posten, falsche Dinge über mein Buch zu verbreiten.

Unter anderem werfen Sie, Frau Prof. Grotjahn, mir vor, ich würde teilweise völlig neue Wortschöpfungen erfinden, wie beispielsweise »Götterdämmerungsverzweiflungsmusik«. Das stimmt. Das Wort »Götterdämmerungsverzweiflungsmusik« entstand aus einem ganz bestimmten Grund. Nämlich, weil ich für die Musik der betreffenden Komponistin, die ich so noch nie gehört hatte, eben neue Worte erst (er)finden musste.

Erst vor ein paar Tagen war ich bei einem Konzert des Orchesters der TU Braunschweig. In der Pause wollte mich der Dirigent des Orchesters – Markus Lüdke – sprechen. Denn, so erzählte er mir, habe ihn mein Buch derart angeregt, dass er erst überhaupt auf die Idee gekommen sei, ein reines Komponistinnen-Programm mit seinem Orchester zu erarbeiten und in drei vom Publikum sehr zahlreich angenommenen Konzerten zu präsentieren. Überhaupt sei sein Eindruck, dass mein Buch sehr viel für die Akzeptanz von Komponistinnen im Musikleben getan habe. Darüber habe ich mich natürlich auch sehr gefreut.

Außerdem habe ich ein paar lebende Komponistinnen, deren Musik in 250 Komponistinnen zur Sprache kommt, gefragt, ob sie nicht etwas zu meinem Buch schreiben möchten. Das haben einige getan und ich wollte das mit Ihnen teilen. Eine dieser Komponistinnen, Viera Janárceková, die ich auch persönlich in Bamberg kennenlernen durfte, ist leider im Mai 2023 gestorben. Ihre Zeilen, die sie mir wenige Monate vor ihrem Tod per Mail schickte, haben mich wirklich berührt.

Unten finden Sie also ein paar Statements von Komponistinnen zu 250 Komponistinnen. Frauen schreiben Musikgeschichte.

Ich fände es schön, wenn wir in Sachen Komponistinnen alle zusammenarbeiten würden. Alles andere schadet der Rezeption von Komponistinnen-Musik doch nur.

Herzliche Grüße

Ihr:

Arno Lücker

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

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