Bin ich ein »Plagiatsschwein«?

Neulich hatte ich an dieser Stelle einen Beitrag veröffentlicht, der auch eine Reaktion zu meinem Buch »250 Komponistinnen. Frauen schreiben Musikgeschichte« betraf. Den habe ich wieder gelöscht. Ich wollte nicht, dass sich jemand verletzt fühlt. Wobei ich die betreffenden Namen nicht genannt und auch mitnichten einen verletzenden Ton angeschlagen habe. (Das hat trotzdem offenbar dazu geführt, dass – nicht zum ersten Mal, mehrere Anzeigen liefen/laufen – ich Opfer von Identitätsklau wurde. Auf einer Social-Media-Plattform hat jemand ein vermeintlich täuschend ähnliches Profil angelegt und Leute anonym beleidigt, denen ich in der Tat einmal in Teilen kritisch gegenüber eingestellt war. Weitere Diskussionen darum habe ich nicht verfolgt. Ich versuche, mich von solchen Dingen fernzuhalten.)

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In zwei gesprochenen Beiträgen (einer von einem öffentlich-rechtlichen Kultursender, der andere ist ein Podcast) wurde mir dann erstens vorgeworfen, ich würde die Quellen in meinem Buch zu wenig kennzeichnen, ich würde des Weiteren damit die Arbeit von Forscherinnen unsichtbar machen. (Die Quellen gebe ich hier nicht an, weil ich keinen »Shitstorm« in der Weise möchte, dass die Verantwortlichen dafür angegriffen und erneut beleidigt werden. Die Quellen liegen mir aber vor und ich kann sie jeder/jedem per Link senden.) Jemand hat mich dann in Schutz genommen und auf eine andere – vielleicht nicht so geglückte – Arbeit derjenigen Person hingewiesen, die den Beitrag in dem öffentlich-rechtlichen Sender erstellt hat. Das fand ich nicht gut, denn das klang wie Applaus von der falschen Seite. Ich schätze die Person, die den Radio-Beitrag erstellt hat, weiterhin, wenngleich ich der Meinung bin, dass hier eine bessere Recherche – etwa das ausschnitthafte Lesen des Buches – oder auch die Kontaktaufnahme zu mir hätte erfolgen können.

Auch wird in dem Beitrag des öffentlich-rechtlichen Senders erwähnt, ich würde »stattlich« für Vorträge und Diskussion bezahlt werden. Damit soll wohl das – fraglos sehr wichtige – Thema Gender-Pay-Gap im Hintergrund mit seine Wirkung tun. Die Wahrheit ist: Ich wurde teilweise überhaupt nicht für Vorträge und Diskussionen bezahlt, lediglich wurden Anfahrtskosten (Deutsche Bahn, 2. Klasse, BahnCard 50) und Übernachtungskosten übernommen. Ich möchte mich aber auch nicht beschweren. Die tatsächlich gezahlten Honorare kann ich, falls dies wirklich gewünscht wird, offenlegen (man nehme dafür Kontakt zu mir auf).

Das Problem bei unwahren Behauptungen im Kontext aktueller gesellschaftlicher, politischer Diskussionen ist, dass oft diejenigen dadurch einen Nachteil haben, die eigentlich explizit nicht Gegenstand der Kritik sind, sondern die vielmehr vermeintlich verteidigt werden sollen. Denn geschehen solche Fehler, kann es zu Radikalisierungen von Personen kommen, die beispielsweise ohnehin »gegen das Gendern!« sind und aus denen regelmäßig Stumpfsinn herausramentert wie »Man weiß ja heute gar nicht mehr, ob der/die/das jetzt männlich, weiblich oder was-weiß-ich ist!«. Das wiederum ist aber ein Resultat entsprechend patriarchal gefärbter »Kommunikationsarten« und damit können Menschen, die sich nicht als männlich definieren, nicht im Umkehrschluss verantwortlich gemacht werden. Man darf dem noch fehlerhaften System nicht auf den Leim gehen.

Grundsätzlich ist es freilich schon bedenklich, dass jemand, der für einen öffentlich-rechtlichen Sender tätig ist, so ungenau arbeitet, Hören-Sagen Glauben schenkt und damit schlichtweg Unwahrheiten legitimiert.

In dem gemeinten Beitrag wird zuerst in wenigen Zeilen fünfmal mein Name genannt. Dann tut die Person, die dafür verantwortlich ist, so, als sei das Beispiel eines Mannes, der nicht richtig zitiert und so weiter, hier fiktiv, um dann den nächsten Absatz mit folgenden Worten zu beginnen: »Zurück zum Fall ‚250 Komponistinnen’«. Ein Trick, der unredlich und unjournalistisch ist. Denn der Zusammenhang ist völlig klar. Und die vermeintliche Vorsicht der verantwortlichen Person kann man wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass hier doch ein Rest Unsicherheit (vielleicht auch resultierend aus der zu kurzen Zeit, die für Recherche aufgewandt wurde) am Werke war; oder etwa die Befürchtung, die Sache könnte juristische Konsequenzen haben (hat sie – von meiner Seite – in diesem Fall nicht).

In einem daraufhin aufgenommenen Podcast (auch hier nenne ich die Urheber*innen nicht) erwähnte eine Person den betreffenden Radio-Beitrag sowie den Titel meines Buches und verwendete in diesem Kontext den Begriff »Plagiatsschwein[e]«.

Ich finde es sehr schade und traurig, dass man unter Kolleg*innen so miteinander umgeht. Und, ich muss das sagen, alle hier aufgezählten Unterstellungen sind schlichtweg unwahr.

Von der besagten einen Stelle warf man mir also vor, ich würde meine Quellen nicht nennen. Ich wiederhole mich: Mein Buch hat nachweislich 28 Seiten Quellenverzeichnis.

Des Weiteren hieß es sinngemäß, ich würde ausschließlich Internetlinks als Quellen verwenden. Wahr ist: Ich verwende tatsächlich viele Internetlinks im Quellenverzeichnis des Buches. Denn das ist weder eine Dissertation noch eine Habilitation. Wenn ich aber Kolleginnen im Buch selber zitiert habe, dann finden sich die Namen auch im Text selber. Es folgen ein paar Screenshots der pdf-Version des Buches, die das Ausgeführte deutlich aufzeigen. Dazu sei gesagt, dass die Fußnoten-Zahlen jeweils kapitelweise vergeben wurden. Steht also beispielsweise auf Seite 212 eine mit »2« bezifferte Fußnote, so bezieht sich diese »2« auf die zweite Fußnote des jeweiligen Kapitels. Das wurde aus Übersichts- und Ästhetikgründen so gemacht, denn sonst hätte man bald vierstellige Fußnoten im Text gehabt. Und das sieht bei einem Buch, das in der bibliophilen Reihe »Die Andere Bibliothek« erschienen ist, eben nicht so schön aus. Die Verweise sind aber jedesmal völlig klar – und im Grunde sogar übersichtlicher angeordnet und mithin besser zu finden als in vielen ähnlich episch dicken Büchern.

Ich kann abschließend nur hoffen, dass man sich vielleicht mal zusammensetzt, um mal zu sprechen (vielleicht auch öffentlich; ich biete von Herzen gerne an, entsprechende Beteiligte auf die Roundtable-Bühnen bei den angedachten und schon fest geplanten Symposien etc. zu holen, die Planung also diesbezüglich zu ändern/zu modifizieren; selbstverständlich finanziell honoriert). Dann entstehen auch weniger Verdächtigungen und Unwahrheiten. Dann ist das Leben viel schöner.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

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