Die Abschaffung des Kulturradios – Folge 7 (Was rbbKultur erreicht hat)
Über ein Jahr ist diese Serie nicht fortgesetzt worden. Warum auch? Die Programm-Macher:innen (zum Beispiel – eher natürlich ein „Erfüllungsgehilfe“ – ein offenbar besonders frustrierter und aggressiver festangestellter Redakteur, der genau schaute, wer meine Beiträge auf Social Media mit „Gefällt mir“ markierte – und daraufhin alle entsprechenden Kolleg:innen per Email anschrieb, vermutlich warnte oder Ähnliches) haben ihr „Ziel“ erreicht. Klassische Musik hat noch einmal an Relevanz verloren. Natürlich nur im Kleinen. rbbKultur war auch vorher nicht sonderlich relevant. Aber immerhin ein öffentlich-rechtlicher Klassiksender für Berlin und Brandenburg! Aber zu dieser verlorengegangenen Relevanz, mit der man letztlich Nazi-Parteien fördert (ich glaube da fest dran: Da, wo anywhere in Brandenburg keine Orgel mehr bespielt und beispielsweise bei rbbKultur – wie auch immer – „abgebildet“ wird, da siegt auch die AfD bei Wahlen zukünftig), hat auch rbbKultur beigetragen.
Es ist ja immer so: Erst regen sich Leute auf. Auf den verschiedenen Seiten ihrer jeweiligen Position. Diejenigen, die das Programm im rbb machen (müssen), haben die (wie wir alle wissen: hohle, lächerliche, peinliche) Programmreform von September 2020 aggressiv verteidigt (es handelt sich dabei aber nur um ganz wenige Personen). Die anderen haben die Programmreform kritisiert. Und auch in dem „Dazwischen“ spielte sich eine Menge ab: Ich habe viele Mails von freien Redakteur:innen/Moderator:innen bekommen, die mich alle bestätigten – und bis heute bei rbbKultur und anderswo arbeiten.
Und am Ende glauben diejenigen, die Mist gebaut haben (nämlich die Einaudi-und-Max-Richter-Verteidiger:innen), „gewonnen“ zu haben. Einfach nur, weil niemand mehr etwas sagt. Denn die, die Bock auf bunt, entdeckerisch, aufgeschlossen und niveauvoll haben: Die sind halt gar nicht mehr dabei. So war das auch hier im Bad Blog of Musick. Zu Beginn (2009) hat vor allem ein in NRW beheimateter Autor unzählige (sehr sehr lange, nein: sehr sehr sehr sehr sehr lange) „Kommentare“ zu unseren Artikeln verzapft. Irgendwann hatten wir keine Lust mehr, diesem frustrierten, einsamen Menschen (der uns von Herzen leid tut/tat) zu antworten. Denn es war schlichtweg keine Diskussion möglich – beziehungsweise: Letztlich ging es dieser Person immer nur darum, auf sich selbst zu verweisen (und auf teilweise sehr merkwürdige „Meinungen“ und Vorbehalte gegenüber dem „Betrieb“). Irgendwann kam noch einmal ein hämischer Kommentar dieses Herrn, warum denn in der Kommentarspalte des Blogs nichts mehr los sei (haha). Das würde ja nur zeigen, dass wir versagt hätten – und so weiter.
Und vermutlich triumphieren die paar Leut‘, die tatsächlich Einaudi für Musik halten jetzt. Und denken: „Hat sich doch durchgesetzt die Programmreform!“ Gerne auch variiert durch: „Funktioniert echt prima!“ Oder schlichtweg vorgelogen: „Wir haben viele neue Zuhörer hinzugewonnen!“
Am Ende bleibt eine Art von Kultur-Abschaffung, zu der die Macher:innen von rbbKultur beitragen. Eine bittere Wahrheit. (Und besonders bitter: Der Herr, der damals alle „Gefällt-mir“-Klicker:innen per Email wüst anschrieb, hasst Einaudi genauso, wie es angemessen ist. Aber er kann es nicht zugeben. Schade, eigentlich sogar sehr schade, denn dahinter steckt ja kein schlechter Mensch. Also, hinter diesem Redakteur. Deshalb: Gib es doch zu, dass das sehr frustrierend war, Max Richter einzuplanen und das als „frisch“ zu bezeichnen. Und heb‘ die peinliche Blockierung auf allen Social-Media-Portalen doch mal auf. Die wird es eh nicht mehr lange geben. Und so lange kann man auch befreundet sein, nicht?).
Zu der Verstummung der (einfach abschaltenden) Kritiker:innen kam natürlich im Sommer 2022 die Affäre um die damalige rbb-Intendantin Patricia Schlesinger hinzu. Die Zerknirschtheit im Sender ist bei denen aus dem (gefühlten) „Team Schlesinger“ wohl immer noch ziemlich groß, wie man hört. Und das macht die fehlende Lautstärke (denn Kultur muss/darf manchmal auch laut sein, darf Position beziehen) von rbbKultur noch eklatanter, „noch abgeschaffter“.
Bei rbbKultur ist es wie bei der „Musik“ von Ludovico Einaudi: Es plätschert im affirmativen, alle kritischen Stimmen „ausgeschaltet“ habenden, Dur- an Dur-Harmonie reihenden Einerlei dahin. Niemand interessiert sich mehr für irgendetwas. Und so bestätigt man sich, am inneren Casio-Keyboard in der einsamen Wohnung sitzend, fort und fort selbst. Man hat ja sein „Bestes“ gegeben und so weiter. Und jetzt will man halt nur noch Bestätigung und heilende Salbung für das ewig narzisstisch gekränkte Ich.
Och Gott, ja. Nochmal: Schade eigentlich.
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.