Schon wieder: Musicaeterna Chor tritt am 14.10.22 auf Gazprom-Festival in St. Petersburg auf

Machen wir es kurz: man kann Teodor Currentzis und den Aussagen seiner Ensembles oder Managements zu garantierter Nicht-Förderung durch russische Sponsoren für Westeuropa trauen? Am 10.10.22 wurde erst bekannt, dass die Tristan & Isolde Auftritte von Musicaeterna Chor und Orchester in Verdi-Requiem-Auftritte transformiert wurden, im Festspielhaus Baden-Baden (17. & 20.11.22) und im Konzerthaus Dortmund (25.11.22) – mit dem Auftritt zuvor am 9.11.22 in Moskau dann wieder mit Vorbereitungsproben von Chor und Orchester unter dem Sponsoring der sanktionierten VTB-Bank im St. Petersburger Dom Radio, also als Abfallprodukt des Moskauer Auftritts auch für Deutschland. Der Hammer ist aber mal wieder: Gazprom fördert das Festival St. Petersburg Friends, wo für den 14.10.22 der nun ach so mit dem Verdi-Requiem programmatisch für Deutschland aufgewertete Musicaeterna Chor mit einem anderen Programm auftreten wird.

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Gazprom St. Petersburg Friends Festival

Musicaeterna Chor auf dem Gazprom St. Petersburg Friends Festival

Die Musicaeterna Webseite verbirgt, man will sagen verhehlt, diesen Auftritt, Stand 10.10.22. Man kündigt nur ein Film-Event sowie einen Auftritt in Yerewan an. Die Teilnahme des Chores an dem Gazprom-Event, die Gasfirma wird auch als Veranstalter genannt, war auch bis heute nicht z.B. auf Musicaeternas VKontakte zu finden.

Musicaeterna Webseite ohne Gazprom-Termin am 14.10.22

Wenn die Konzert-Direktion Adler nun auch dem Tagesspiegel erzählt, dass z.B. das Utopia-Orchester garantiert nicht von russischen Sponsoren gefördert würde, kann man dem nur halb Glauben schenken, wenn man wiederholt sieht, wie Currentzis‘ Musicaeterna einen Auftritt unter dem Gazprom-Logo verborgen hält. Natürlich ist das aktuell ein problematischer Förderer, der uns willentlich Anfang September den Gashahn sowie zuvor schon vielen weitern EU-Partnerländern abdrehte. Öffentlich nennt Currentzis nur die Privatstiftung von Red-Bull-Mateschitz als Utopia-Orchester Sponsor, die anderen werden ebenso nicht öffentlich bekanntgegeben, es gibt keine Webseite des Orchesters, Adresse und PR-Abteilung sind auch nicht aufzufinden. Transparent ist das nicht. Und wenn nun mal wieder ein für Westeuropa toxischer verschwiegen wird, kann man da überhaupt irgendwelchen Verlautbarungen und Versicherungen noch vertrauen?

Abgesehen davon, dass das Festspielhaus Baden-Baden und das Konzerthaus Dortmund sich nicht schämen, folgendes zu verlautbaren, womit man auf ukrainische Belange in der Sache überhaupt keine Rücksicht nimmt, den Krieg aber als Anlass apostrophiert, das Verdi-Requiem anstelle von Tristan zu geben und daraus auch noch Anti-Kriegs-Statement zimmert und Russ:innen öffentlich pro Ukraine ummünzt, was regelmäßig auf Widerspruch offizieller ukrainischer Stellen stößt: „Wir haben daraufhin mit Teodor Currentzis und seinem Ensemble sowie einem weiteren Veranstalter nach einer gleichwertigen Alternative gesucht und sind dabei angesichts der aktuellen Situation in der Ukraine gemeinsam zu der Überzeugung gelangt, keine andere Oper, sondern ein zur Situation passenderes Stück auszuwählen“, sagt Intendant Benedikt Stampa. „Das Verdi-Requiem – eine ‚Oper im liturgischen Gewand‘ – ist ein herausragendes großes Werk der Musikgeschichte, das in meinen Augen angesichts der aktuellen Lage als Statement verstanden werden darf.“

War nicht auch die Absage von Torsten Kerl mitunter ein Grund, die Voraufführung des Tristan in Moskau abzusagen. Kerl gab ganz klar zu bedenken, dass es für ihn mit seinen familiären Bindungen nach der Ukraine und Russland nach der Teilmobilmachung unmöglich sei in Moskau aufzutreten. Bis dahin plante man geraderaus den Tristan. Man vermutete sogar anhand der Vorverlegung der Moskau-Aufführung, dass nun ganz transparent Chor und Orchester in Deutschland mit den westlichen Solist:innen aussschliesslich proben würden. Nun bekommen wir bis auf westliche Solisten auch russische Solisten samt Chor und Orchester zu 100% unter dem VTB-Bank-Sponsoring in St. Petersburg für Moskau und am Ende Baden-Baden und Dortmund vorbereitet. Obendrein den verschwiegenen Gazprom-Auftritt des Chores,

Nochmals geraderaus: solch einen Chor benötigen wir in der EU aus Russland derzeit eigentlich gar nicht. Dazu das apostrophierte Statement gegen den Krieg. Wäre es ein wirkliches Freie Szene Ensemble mit ganz schlechten finanziellen Bedingungen und irgendwelchen Provinzförderern aus Mittelsibirien, das unglaublich gut singt, könnte man das vielleicht in extremis so auslegen. So aber kassiert man Gazpromkohle und Westgeld. Eigentlich wäre das ein Grund, den Konzerthäusern noch genauer auf die Finger zu sehen und die von Wiener Zeitung („Drei der vier Häuser, an denen die erste Utopia-Tour Station macht, werden von Österreichern geleitet, das heißt, man kennt sich lange und gut.“ ) wie anderen gelobte Besetzung mit etlichen österreichischen Männern zwischen Wien und Südwest- wie Norddeutschland ganz fürchterlich kritisch zu hinterfragen. So aber ist das alles nur eine nette Märchenstunde, ein falsches Auftrumpfen mit Pseudo-Statements und dem Verschweigen von Sponsoren im Allgemeinen des Utopia-Orchesters sowie des Gazprom-Auftrittes des Musicaeterna Chores im Besonderen. Apropos: Mehr als 10 Musiker:innen des Utopia-Orchesters sind übrigens Musicaeterna-Orchester-Mitglieder, womit ca. 10% an wichtigen Positionen in Streicher- und Bläserpartien doch wieder viel ausmachen – ein vollkommen neuer Klangkörper ist es also auch nur zu 90%.

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