Bomben auf das Opernhaus Charkiw, Bombenabschied von Netrebko

Screenshots von Bomben am Freiheitsplatz und vom Feuer des Opernhaus Charkiw und von Netrebkos Insta-Profil vor Privatschaltung

Im Internet kursieren momentan Bilder, die Feuerwehrmänner in einem nach oben durch Bombardement offenen Gang oder Treppenhaus zeigen. Darunter Untertitel, die das auf das Opernhaus Charkiv beziehen. Es scheinen allerdings eher Bilder vom Inneren des Verwaltungsgebäudes am Freiheitsplatz zu sein. Definitiv berichten läßt sich über den Twitter-Auftritt die Werochna Rada, das ukrainische Parlament, dass ein Feuer gelöscht wurde. Russisches Militär hat das Opernhaus, die musikalische Schatztruhe der zweitgrößten Millionenstadt der Ukraine auf alle Fälle zerstörerisch beschossen. Derweil streiten sich immer noch Fans, ob die Ausladungen der Musik-Juwelen Anna Netrebko und Valery Gergiev als Putin-Anhänger gerechtfertigt seien.

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Screenshot des Berichts zum Brand des Opernhauses Charkiw auf der Twitter-Seite des ukrainischen Parlaments

Das Kleinklein um Künstler:innen, die Putin und z.B. seine Krim-Annexion unterstützten, und die Absagen, Kündigungen ihrer Auftritte kann man sich derzeit sparen: Russland ist auf den Export seiner Spitzenkünstler:innen immens stolz und schlägt daraus auch Kapital vielfacher Natur in seinen Tourismusschwerpunkten. Im „Westen“ werden diesen bei Auftritten Höchstgagen aus Steuermitteln gezahlt. Bisher ein wunderbares Geben und Nehmen mit vielen Einnahmen. Daher schaute man auch bisher so gerne weg, was diese Persönlichkeiten eigentlich so politisch von sich gaben oder mit wem sie sich problematisch zeigten.

Jetzt bringt Putin mit seiner Invasion in die Ukraine Soldat:innen, Zivilist:innen ums Leben, läßt Infrastruktur, militärische Einrichtungen, aber eben auch zivile Wohnstätten, Funktionsgebäude oder Denkmäler und Staatssymbole wegbomben. Und dabei fallen dem auch Kulturstätten in den wichtigsten Städten zum Opfer. Vor der Oper Odessa stehen bereits Sandsäcke und Panzersperren. In Charkiw soll zudem auch das Konzerthaus beschädigt worden sein. In der Oper Charkiw, auf ihrem Dach brannte es wohl.

Twitter-Screenshot, Opernhaus Odessa 1914 und 2022 mit Sandsäcken und Panzersperren

Solange Putin Opernhäuser in der von ihm als Bruderstaat bezeichneten Ukraine beschädigt, quasi anzündet, muss man sich um Absagen an seine Opernstars keine Sorgen machen. Bis nicht die letzte Schraube an den Opernhäusern und anderen Kulturstätten und Kulturdenkmälern ersetzt ist, sollte man vor allem jene, die Putin unterstützten oder sich nur frostig von dessen Ukraine-Überfall distanzierten, nicht mehr einladen.

In den persönlichen Statements werden oft nicht Putin und die Ukraine direkt benannt. Wenn Evgeny Kissin allerdings von Nürnberger Prozess, Galgen, Den Haager Jugoslawien-Prozessen spricht, will er wohl seine politische Führung ähnlich aburteilen und bestrafen lassen. Also doch sehr deutliche Worte. Anna Netrebko postete in einer Instagram-Story zuletzt, dass ihre Kritiker mit „human shit“ in Ruhe lassen sollten, trotz ihres lauen Friedensstatement. Dazu zeigte sie ein Applaus-Foto von ihr mit Gergiev in Siegespose, der gestern etliche Jobs im Westen final verlor. Nun hat sie ihr Instagram-Profil auf privat gestellt, schizophren mit 700.000 Followern.

Screenshot vom Instgram-Profil Anna Netrebkos mit Gergiev in Siegespose vor dem Umstellen auf privat

Bemerkenswert ist übrigens die Ausladung des Convent Garden Opera House in London des Bolschoi-Balletts. Immerhin unterschrieb der Intendant des Bolschoi in Moskau, damit die Konkurrenz-Institution zu Gergievs Mariinsky, Vladimir Urin einen Aufruf gegen den Einmarsch der Putin-Truppen in die Ukraine. Derweil Gergiev immer noch schweigt. Damit könnte Urin bzw. das Bolschoi mit Repressalien rechnen. So es möglich ist, sollte man ihn oder sein Haus dann vielleicht nicht komplett im „Westen“ ausladen, sondern erst Recht vor der Sankt Petersburger Kultur-Putin-Kamarilla fördern.

Doch wenn explizit ukrainische Theater in Grund und Boden gebombt werden oder werden sollen oder auch nur beschädigt werden oder sich mit Sandsäcken und Panzersperren schützen müssen, sollte man guten Gewissens russische Kunstschaffende, die sich nur durch seichtes Lavieren auszeichnen, daheim lassen, den anderen, die sich gegenüber dem Regime riskant positionieren, den Vorrang einräumen oder gleich auf ukrainische Kolleg:innen setzen, die für sich und ihr Land momentan jeden Euro benötigen, um die russischen Zerstörungen und die eigenen Traumata an Leib und Leben sowie mobilen wie immoblien Sachen zu lindern, zu ersetzen. Erst wenn das großflächig erstattet und geheilt ist, kann man sich wieder um die künstlerische Karriere der russischen Putin-Fans unter den dortigen Künstler:innen kümmern.

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