Dr. Mauser will 90.000 Euro vom Freistaat Bayern

Nächste und übernächste Woche wird Dr. Siegfried Mauser vor dem Verwaltungsgericht stehen. Diesmal klagt er: zuerst gegen zwei Rückforderungsbescheide der Musikhochschule für – nach Meinung der Hochschule – ein widerrechtlich erhaltenes, sich selbst erteiltes Lehrbeauftragtenhonorar und eine genauso sich selbst erteilte Leistungsprämie in Höhe von zusammen ca. 46.000 Euro. Über dies und das folgende berichten Bild („Sexprofessor kämpft um seine Pension“, 30.1.19, München-Ausgabe) und Süddeutsche Zeitung („Ex-Präsident der Hochschule für Musik klagt gegen Freistaat„, 30.1.19, München-Teil). So wird am 13.2.19 seine Klage gegen die Weigerung der Musikhochschule verhandelt, seinen Sonderurlaub, den er von 2014 bis 2018 für seine Rektorenstelle in Salzburg genommen hatte, ab Juli 2016 vorzeitig zu beenden, nachdem er seinen Job in Salzburg im Zuge des ersten Urteils abgeben musste: er möchte von Juli 2016 bis September 2018 laut Bild insgesamt ca. 90.000 Euro nach seiner Ansicht ihm entgangenen Beamtensold von der Musikhochschule nachgezahlt bekommen. Hier eine Zusammenfassung, damit auch Nicht-Bayern davon Kenntnis nehmen können.

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Bild sagte er, er möchte keinenfalls mehr an der Musikhochschule unterrichten, es ginge nur um das Geld, um seine beamtenrechtlichen Pensionsansprüche. Zur Erinnerung: im ersten Prozess er nach Scheitern der Revision zu 9 Monaten auf Bewährung wegen sexueller Nötigung von Prof. Christine Schornsheim verurteilt, im Falle der ihn beschuldigenden Gitarristin freigesprochen. Wird ein Beamter wie Dr. Mauser zu einer Freiheitsstrafe von weniger als 12 Monaten verurteilt, bleiben die Ansprüche aus dem Dienst- und Treueverhältnis zwischen Staat und Beamte unberührt. Ab 12 Monate endet das Beamtenverhältnis automatisch. Käme zum o.g. Rückforderungsbescheid ein verwaltungsrechtlicher Strafbefehl wegen Verletzung von Amtspflichten, könnte mutmasslich zu den bisherigen 9 Monaten auf Bewährung weitere aus diesem anderen Verfahren hinzukommen und es würde ab 12 Monate Gesamtstrafe das Beamtenverhältnis enden. Oder die Hochschule klagt mutmasslich auf Entfernung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund des nicht unerheblichen finanziellen Schadens. Das bleibt abzuwarten und juristisch zu klären.

Der Freistaat ist der Ansicht, dass Mauser sich ohne verfahrenstechnische Beschlüsse der Hochschulleitung – Präsident mit Vizepräsidenten und Kanzler – ein Lehrauftragsalär in Höhe von 39.930 Euro genehmigte. Daneben soll er sich eine Leistungsprämie für besondere Leistungen in der Lehre gegönnt haben, wo die Hochschulleitung zwar eingebunden gewesen sei, aber das Staatsministerium die Genehmigung hätte aussprechen müssen. Wenn ein Professor in Vollzeit Präsident ist, fragt man sich zudem seitens des Freistaats, wie bei gleichzeitiger Befreiung vom Lehrdienst in eben diesem besondere Leistungen vollbracht werden könnten.

Laut Süddeutscher sagt Mausers Rechtsanwalt für Beamtenrecht, ein anderer als die drei der Sexualstrafrechtsverfahren, die Hochschulleitung habe per Blickkontakt und/oder Schweigen ihre Zustimmung erteilt. Und bezüglich der Leistungsprämie hätte der Kanzler gemeint, als man über solche Prämien für Untergebene entschied, wobei das Zitat der Süddeutschen Bände sprechen könnte, denkt man an die bayerischen Spezlnnetzwerke in Lion Feuchtwangers Roman „Erfolg“: „Du hast ja noch nie etwas bekommen.“

Wie es mit der Weigerung der Musikhochschule aussieht, den Sonderurlaub frühzeitig zu beenden, sei dahingestellt. Vielleicht impliziert man mutmasslich ihr gegenüber eine Fürsorgepflicht für den freigestellten Beamten, der aufgrund der Folgen des Urteils wegen sexueller Nötigung seinen Job verlor? Nachdem das Urteil aufgrund Mausers sexueller Belästigung einer Kollegin zur Dienstzeit in Räumen der Hochschule erfolgte, könnte diese Musikhochschule ein berechtigtes Interesse haben, wenn überhaupt, den Sonderurlaub aus Gründen des Vertrauensverlustes gegenüber dem Verurteilten erst nach erfolgter letztinstanzlicher Klärung vorzeitig zu beenden. Das ist natürlich auch reine Mutmassung. Bedenkt man allerdings, dass bereits vor dem neuen Sexualstrafrecht sehr wohl Arbeitgeber und Dienstherren Angestellte und Beamte bei Vorfällen sexueller Belästigung abmahnen, versetzen oder gar entlassen konnten, wenn das Vertrauen zerrüttet wurde, ja, ein einfacher Bühnenarbeiter der Musikhochschule sang- und klanglos aus dem Dienst entfernt worden wäre, gewinnt die Mutmassung potentiell mögliche Kontur.

Oder ist es viel simpler? Ich hatte einmal bei einem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber unbezahlten Sonderurlaub, den ich einen Monat vorzeitig beenden wollte. Das wurde schlichtweg als nicht möglich abgeschmettert. Wenn es laut Bild Mauser sowieso nur um das Geld geht, nicht um das ehrenhafte Unterrichten, also 90.000 Euro netto für ca. 2 Jahre entgangene Bezüge, mag er im Falle des Unterliegens der Musikhochschule juristisch richtig liegen – in Salzburg bezog er laut dem Standard vom 11.11.17 in „Salzburger Mozarteum: Disput um 250.000 Euro für Rektorin beendet“ jährlich ca. 190.000 Euro, was seine Geldsorgen auch erklären könnte. Aber wären die von ihm verlangten 90.000 nicht viel besser in der Bildung angelegt? Man könnte damit einige schöne Hochschulproduktionen investieren, wovon viel mehr Studierende hoch profitieren könnten als im intimen Liedgestaltungsunterricht oder Promotionsberatungen, was wohl Mausers Lehraufgaben gewesen wären, die er laut Bild gar nicht nachholen möchte. Ist der pädagogische Ethos wirklich so verfolgen? Bleibt zu hoffen, dass Bild ihn falsch verstand.

Zuletzt fragt man sich, was denn das überhaupt Alles soll: klar, letztinstanzliche Verfahren sind teuer, drei statt einen Anwalt in den Sexualstrafprozessen mit Promifaktor zu beschäftigen, ist höchstwahrscheinlich keine kostenfreie Angelegenheit. Da wären 90.000 Euro Sold-Nachzahlung gerade richtig und abgeschmetterte Rückzahlungen von knapp 46.000 Euro wundervoll. Gemäß Bild ist zudem die Revision im zweiten Prozess noch offen, wo Dr. Mauser zu 2 Jahren und 9 Monaten Freiheitsentzug ohne Bewährung wegen dreifacher sexueller Nötigung mit Gewaltanwendung im Mai 2018 noch nicht rechtskräftig vom Landgericht verurteilt wurde. Man hört im Szene-Gossip, dass man hier sagt, „man ginge nach Karlsruhe“, was schwer nach Bundesverfassungsgericht und Einklagen von Menschenrechten klingt. Vielleicht ist das wirklich in Planung, was auch einiges kosten dürfte. Vorerst aber bedeutet bei Revision „nach Karlsruhe gehen“, dass nach Urteilen des Landgerichts der Bundesgerichtshof in Karlsruhe oder an einer seiner Dependancen in anderen Städten über den Revisionsantrag zu entscheiden hat.

Selbst wenn die Haftstrafe auf unter 2 Jahre reduziert würde und demnach zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, wäre sie vielleicht immer noch nicht unter 12 Monate gedrückt, wozu möglicherweise ein Zusammenzug mit den 9 Monaten Haftstrafe des ersten Prozesses eintreten könnte. Sprich, der beamtenrechtliche Automatismus der Beendigung des Beamtenverhältnisses könnte nach hoher Wahrscheinlichkeit so oder so eintreten und die Kosten des jetzigen verwaltungsgerichtlichen Verfahrens hätte man sich sparen können, ausser es laufen irgendwelche Fristen, die auf die Revision im zweiten Prozess keine Rücksicht nähmen und die Fälligkeit der Rückzahlung dessen ungeachtet Bestandskraft entfalten würde.

Komponist*in

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2 Antworten

  1. k. sagt:

    Ein etwas kabarettistisch anmutender aber durchaus auch ernst gemeinter Vorschlag: mit der Summe könnte man in der JVA eine schallisolierte Übezelle mit Klavier einrichten.

    (Dass es Einwände gegen eigene Musikinstrumente in Gefängnissen gibt, weil man z.B. einzelne Saiten der Gitarre als Waffe missbrauchen könnte, ist mir bekannt, siehe Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes vom 15.11.2010, 2 BvR 1183/09. Es gibt aber auch Gefängnisse mit Musiziermöglichkeiten zu Resozialisierungs- und Therapiezwecken.)

    Ich bin bei den ganzen #metoo Diskussion etwas verwundert, dass immer wieder gesagt wird, dass die Existenz des Beschuldigten vernichtet werden würde. Dabei geht es aber immer um zwifelslos wichtige materielle Dinge wie Geld, Pension, Stelle, Aufträge.

    Ich würde mir aber – wenn ich selber 2 jahre ins Gefängnis müsste oder wenn ich gegen einen Musikerkollegen aussagen müsste, wohlwissend dass er aufgrund meiner Aussage für 2 Jahre ins Gefängnis kommen könnte – spontan als Erstes über Übemöglichkeit Gedanken machen.

    Was ist schlimmer: 2 Jahre Freizeitentzug oder 2 Jahre Übe/Musizierverbot?

    (Im Übrigen wird es in der Diskussion auch kaum thematisiert, dass es manchen Opfern so ergeht, dass sie aus gesundheitlichen, emotionellen, finanziellen Gründen nicht mehr in der Lage sind, regelmäßig zu üben können, und dass ihre Existenz auch auf diese Weise auch vernichtet werden kann.)

    Ich weiß nicht, wie das in der Praxis gehandhabt wird.

    Man kann natürlich auch den Standpunkt vertreten, dass auch andere – gänzlich unschuldige – Musiker mal aufgrund einer Sehnenscheideentzündung o.ä. für 2 Jahre pausieren müssen, und dass sie dann mitunter reifer auf die Bühne zurückkehren, also dass eine 2 jährige Übepause kein Weltuntergang ist. Und dass wenn einem wegen eines Gewaltverbrechens verurteilter Musiker aufgrund des Freiheitsentzuges auch die Übemöglichkeit genommen wird, ist er selber schuld.

    Auf der andere Seite könnte ich mir vorstellen, dass man eine 2 jährige „Rückzugphase“ unter geeigneten Bedingungen ganz gut künstlerisch produktiv nutzen könnte. Ob diese Bedingungen in einer JVA gegeben ist, weiß ich allerdings nicht.

  2. Die ersten Urteile sind raus:
    https://www.sueddeutsche.de/muenchen/mauser-musikhochschule-freistaat-zurueckzahlen-1.4319353
    So wie ich es verstehe kann sich wohl keine der beiden Seiten als „Gewinner“ sehen: Das Gericht sagt, ja, Mauser hat unterrichtet und sollte dafür bezahlt werden, aber nein, nicht zu diesem Stundensatz. Und die Prämie über 6.000 € war wohl auch unrechtmäßig. Oder sehe ich das falsch?