„Medaillenspiegel“ der Darmstädter Ferienkurse 2012

Die 30. Olympischen Spiele in London haben bisher die deutschen Erwartungen ans Siegertreppchen enttäuscht. Berichterstatter mit finsteren Mienen und Berichterstatterinnen mit noch düsteren Gesichtsausdrücken beschwören das anfängliche Menetekel des Nicht-Gewinns und sind schier entgeistert, wenn eine deutsche Schwimmerin „Dabei-Sein-Ist-Alles“-Freude bekundet. Wie wunderbar, dass sich das Ende der diesjährigen 46. Darmstädter Ferienkurse kongenial mit dem Olympia-Opening überschnitt. Würde die deutsche Berichterstattung überhaupt jenseits von Fachmagazinen und gut aufgestellten Feuilletons aus der südhessischen Stadt Notiz nehmen, wäre grosses Staunen angesagt. Denn bevor hier nun der Ferienkurse Medaillenspiegel hier weiter unten einsehbar ist, kann man sich jetzt schon auf ein überdurchschnittlich hervorragendes Abschneiden Deutschlands freuen.

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Der Hauptgewinn, der Kranichsteiner Musikpreis, ging mit Johannes Kreidler an Deutschland. Natürlich muss zugegeben werden, dass es sich per se bei Preisen und Ehrungen sowie weiteren Auswahlen im Neue-Musikbetrieb immer nur um persönliche Leistungen oder Lehrerseilschaften handelt. Das werden besonders die bestätigen, die gerne über Benachteiligungen im Musikbetrieb ätzen und die Olympischen Spiele mit Verachtung strafen. Dennoch könnte es die Mienen all derer aufhellen, die in London derzeit Trauer tragen werden, wenn dort nicht bald mindestens eine germanische Bronzeepiphanie einsetzen wird. Immerhin sind die Ferienkurse dank des nun seit vielen Jahren durchgezogenen Zweijahresrhythmus selbst eine kleine Olympiade geworden. Man will ja nicht unken: Verdanken sie diese biennale Existenz Sparzwängen, könnten weitere Einsparungen stracks zu einem olympischen Rhythmus führen.

Die grösste Erkenntnis des diesjährigen Medaillenspiegels: Kann man in Olympia in der Regel nur in einer Sportart teilnehmen, sind in Darmstadt nicht zu wenige Komponisten doppelt gekürt worden. Es sei zudem angemerkt, dass sich der hier veröffentlichte Medaillenspiegel nicht auf den Musikpreis oder die Kompositionsstipendien beschränkt. Bewusst wurden Kategorien wie einfache Auswahlen zu Workshops oder Call of Scores genauso mitaufgenommen wie die Gewinner der Staubach Honoraria. So betrachtet dauern relevanten Gewinnsparten der Ferienkurse erheblich länger als die Olympischen Spiele, begann doch die Gewinnstrecke mit letztgenannten Preis bereits im November 2011! Bleibt nur noch anzumerken, dass das Geschlechterverhältnis immer noch mehr als unausgewogen ist:  von knapp 50 Gewinnern sind nur ca. 10 Frauen sind, also sich im Verhältnis 1:4 die Geschlechter zu Ungunsten der Frauen verteilen. Besonders eklatant im Falle Deutschlands, das mit acht Gewinnern nach den USA Platz 2 im Medaillenspiegel einnimmt, ist das Geschlechterverhältnis mit 1:7 weit schlechter als im Gesamtverhältnis. Nationen mit machistischer Tradition wie Italien und Spanien trumpfen nur mit Männern auf. Daneben ist auffällig, wie wenig Ostasiaten diesmal vertreten waren. Nur ein Hongkong-Chinese, zwei Japanerinnen, ein Südkoreaner. Gerade aufgrund des Engagements von Ensembles und Stiftungen sowie Festivals in China hätte man da mehr erwarten können. Ausserdem sind die beiden europäischen Länder Frankreich und Niederlande mit ihrer grossartigen Neuen Musik Förderung und Tradition gar nicht vertreten, ebenfalls ging Russland leer aus. Umso mehr räumen Russland und China ja höchstwahrscheinlich in London während der Olympischen Spiele ab! Einzig die Führung der USA dort wie hier untermauert deren Elitegeist. Kein Wunder, wenn es immer mehr unserer interessanteren Komponisten als Stundenten und spätere Dozenten dorthin zieht. Man denke an Hans Thomalla, auch in Darmstadt 2012 Dozent, oder z.B. an Karola Obermüller, um hier das gender-mainstreaming zu wahren!

USA

Ashley Rose Fure (Staubach Honoraria, Kompositionsstipendium)

Jen Wang (Staubach Honoraria)

Evan Johnson (Kompositionsstipendium)

Patricia Alessandrini (Kompositionsstipendium)

Anthony Vine (READING SESSIONS 2012)

Christopher Fisher-Lochead (READING SESSIONS 2012)

Santiago Diez-Fischer (READING SESSIONS 2012)

Charles Underriner (Call of Scores „boost“)

Christopher Trebue Moore (Call of Scores „boost“)

Kristina Wolfe (Call of Scores „boost“)

Deutschland

Niklas Seidl (Staubach Honoraria, Workshop Cello & Komposition))

Johannes Kreidler (Kranichsteiner Musikpreis)

Tobias Schick (Workshop Cello & Komposition)

Adrian Nagel (Workshop Cello & Komposition)

Markus Muschenich (Workshop Cello & Komposition, Call of Scores „boost“)

Stefan Beyer (Call of Scores „boost“)

Saskia Bladt (Call of Scores „boost“)

Florian Mattil (Call of Scores „boost“)

Brasilien

Januibe Tejera (Staubach Honoraria)

Daniel Puig (Call of Scores „boost“)

Felipe de Almeida Ribeiro (READING SESSIONS 2012)

Polen

Jagoda Szmytka (Staubach Honoraria, Kompositionsstipendium)

Wojciech Blecharz (Kompositionsstipendium)

Joanna Wozny (READING SESSIONS 2012)

Spanien

Joan Arnau Pàmies (Workshop Cello & Komposition, READING SESSIONS 2012)

Joan Magrané (Call of Scores „boost“)

Oliver Rappoport (Call of Scores „boost“)

Großbritannien

Mic Spencer (Workshop Cello & Komposition)

Martin Iddon (Workshop Cello & Komposition, Call of Scores „boost“)

Italien

Edoardo Micheli (Workshop Cello & Komposition)

Giuliano Bracci (READING SESSIONS 2012)

Japan

Yukiko Watanabe (Workshop Cello & Komposition)

Yuko Ohara (READING SESSIONS 2012)

Mexiko

Maurizio Meza (READING SESSIONS 2012)

Marisol Jimenez (Call of Scores „boost“, Call of Scores „boost“)

Norwegen

Oyvind Maeland (Workshop Cello & Komposition)

Eric Skytterholm Egan (READING SESSIONS 2012)

Australien

Alex Pozniak (READING SESSIONS 2012)

Belgien

Frederik Neyrinck (Workshop Cello & Komposition, Call of Scores „boost“)

Chile

Pedro Alvarez (READING SESSIONS 2012)

Dänemark

Christian Winther Christensen (Call of Scores „boost“)

Finnland

Lauri Mäntysaari (Call of Scores „boost“)

Griechenland

Ioannis Angelakis (Call of Scores „boost“)

Hongkong

Stephen Yip (READING SESSIONS 2012, Call of Scores „boost“)

Irland

Anne Cleare (READING SESSIONS 2012)

Israel

Sivan Cohen-Elias (Call of Scores „boost“)

Kanada

Samuel Andreyev (Workshop Cello & Komposition, Call of Scores „boost“)

Kolumbien

Camilo Mendez (READING SESSIONS 2012)

Schweden

Ansgar Beste (Call of Scores „boost“)

Südkorea

SukJu Na (READING SESSIONS 2012)

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2 Antworten

  1. Erik Janson sagt:

    Danke, Alexander, für die Auflistung. Aber was entspricht nun GOLD, was ist als SILBER, was „nur“ als BRONZE und was von den aufgelisteten Auszeichnungen gar (im Nachhinein vielleicht) nur als „undankbare Blechmedaille“ zu bewerten oder als Jodeldiplom (z.B. die Reading-Sessions…?) Da müsstest Du noch eine Gewichtung vornehmen. Also z.B. hat Kreidler (Germany) nun die Goldmedaille (Kranichsteinpreis)?

    Da lass uns weiter granteln, Ausstieg aus Neue Musik e.V. oder Vereine wie „Donaueschingen Zaungäste e.V.“ o.ä. gründen und nix wie rein ins Sesselsport-Olympia ;-) Schönen Tag allerseits, Erik

  2. Alexander Strauch sagt:

    Ob Gold, Silber o. Bronze. Egal. Das sei Eurer Fantasie ueberlassen. Nicht die Anfuehrungsstriche im Titel ueberlesen….