Ausstieg Neue Musik e.V.

Über die Neugründung einer Organisation für Menschen, die mit der Neuen-Musik-Szene nichts mehr zu tun haben wollen.

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Mir wurde zugetragen, dass sich nach der öden Sommerpause, in der rein gar nichts passiert, die Hilfsorganisation „ANM“ – genauer: „Ausstieg Neue Musik“ – gründen wird.

Die Nachfrage nach Hilfe in einer schweren, dissonanten Situation – gerade in den phonosozialen Brennpunkten Darmstadt, Donaueschingen und Witten – ist offenbar so groß, dass die testweise freigeschalteten Sorgentelefonleitungen zu den Mitarbeitern, die selbst einst Kratzgeräusch-am-Steg-Erfahrungen machen mussten, nach wenigen Minuten zusammenbrachen.

Eine Webseite von ANM soll demnächst online gehen.
Hier vorab einige Auszüge:

„ÜBER UNS“

Ausstieg Neue Musik e.V. ist eine Initiative, die Menschen hilft, die mit dem ewiggleichen furztrockenen oder peinlich pathosgeschwängerten „Neue-Musik-Klang“ brechen und sich ein neues Leben aufbauen wollen.

Zugleich setzen wir uns mit der Vorstellungswelt und dem Verhalten von Neue-Musik-Funktionären-, Mitläufern und Ja-Sagern auseinander – und helfen auch jenen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, durchaus eine Meinung und kreatives Potential haben, sich aber vor dem Einfluss von kritikresistenten, spaßbefreiten und lediglich auf „große Namen“ schielenden Mächtigen fürchten – und lieber die Klappe halten.

Wir unterstützen Personen, die der Neue-Musik-Szene den Rücken kehren wollen und helfen ihnen beim Ausstieg. Wir grenzen nicht aus, sind aber konsequent und weisen verbissenes und feiges Denken und Handeln zurück.

„DER AUSSTIEG“

Wir führen persönliche Gespräche und besuchen Ausstiegswillige auch, sofern möglich, in ihren Studios, in ihren abgeranzten Wohnungen oder direkt dort, wo sie zu Tätern und Opfern werden können, so z. B. in der Orangerie in Darmstadt.

Bei Problemen der Sicherheit helfen wir nach unseren Möglichkeiten, z. B. wenn feige Angriffe oder Verfolgungen aus der Neue-Musik-Szene drohen oder vorliegen.

Wir arbeiten mit den Aussteigenden an der Überwindung der Ängstlichkeit vor einflussreichen Neue-Musik-Funktionären, zeigen Wege auf, wie Streichquartette einfach nicht mehr nach „Neue Musik“, aber auch nicht nach neotonaler Seichtheit klingen können – und unterstützen die Ausstiegswilligen nach Möglichkeit bei der psychosozialen Aufarbeitung vergangener Neue-Musik-Werke.

„Früher habe ich alles getan, damit ich mal einen Neue-Musik-Wettbewerb gewinne, habe sogar für Laien-Blasorchester komponiert, einfach nur, um mal zu gewinnen, damit ich mal in diesen Festival-Kreisel reinkomme, wo jetzt dieser Johannes C. drinne ist! So wollte ich auch sein! Heute weiß ich, dass es nichts bringt, Partituren zu schreiben, an denen ich am Computer viel Zeit verbracht habe, die aber klingen wie die oft gehörten Geräusche von Oma Lehmanns Hund Fifi bei einer gesunden Zwischenmahlzeit mit viel Obst und Gemüse. Aber jetzt gibt es ja ANM e.V. – und ich möchte gerne an diesem Wettbew…, äh, tschuldigung, an diesem Ausstiegsprojekt teilnehmen. Wer ist denn in der Jury?“ (Stephan P.)

Dabei geht es uns darum, dass die Freiheit, Würde und Kreativität jedes Menschen in den Mittelpunkt gestellt und ein menschliches Verhältnis der Gleichwertigkeit und des Respekts zu jederman hergestellt wird. Karrieristische Ideologien, die diese Vorstellung verwerfen, unterziehen wir einer konsequenten Kritik.

Wir helfen bei der Entwicklung persönlicher Kompetenzen und Einsichten, indem wir verstärken, was voranbringt und helfen, nicht Gelungenes zu erkennen und abzubauen.

Wir geben Hinweise und zeigen Möglichkeiten, aber auch Grenzen auf.

„Ich bewerbe mich hiermit um die Teilnahme bei ANM e.V., weil ich es einfach nicht mehr aushalte. Auf die Musik, die ich komponiere, kommt es mir schon seit Jahren nicht mehr an. Aber ich muss ja meine Familie irgendwie durchbringen! Deshalb habe ich schon mehrere Vereine in der Szene gegründet, damit diese mich wenigstens auf ihren trostlosen Festivals vor ihren Gesinnungsgenossen spielen. Schließlich bin ich in all diesen Vereinen Vorstandsmitglied! :-)“ (Thomas W.)

Wir arbeiten mit den Aussteigenden an der Neugestaltung der persönlichen Beziehungen und der Neuorientierung im Alltag. Wir vermitteln Projekte zu jenen Kreativen, denen es egal ist, ob Sie bereits von „großen Interpreten“ gespielt worden sind oder in Darmstadt einen Preis gewonnen haben. Momentan bauen wir ein weitreichendes Netzwerk auf zu den durchaus einflussreichen Menschen im Musikbetrieb, denen es selber schwer gemacht wurde, weil sie ihre Klappe nicht halten konnten – und die umso gespannter auf Ihre Partituren warten, je unbekannter, unbefangener und aufregender Sie sind! (Sie können jetzt bereits Ihre Partituren senden an: ausstieg-neue-musik@gmx.de. Wir kümmern uns drum!)

„FAMILIENHILFE“

Wir reagieren auf Hilferufe von Familien. Wir helfen Müttern und Vätern, Geschwistern und Großeltern, wenn sie Sorge haben, dass ihre Söhne, Töchter, Brüder oder Enkel in die langweilige Neue-Musik-Szene abgleiten, sich dort verstricken oder gar anfällig für plötzliche und unmotiviert hingeschleuderte Fortissimo-Akkordo über die ganze Klaviatur werden.

„Gott sei Dank gibt es ab demnächst ANM e.V.! Schließlich bin ich schon über 40 Jahre alt – und darf an Kompositionswettbewerben eh nicht mehr teilnehmen. Ich muss mir einfach überlegen, wohin ich will. Und das ist ganz bestimmt nicht Donaueschingen oder Darmstadt!“ (Erich I.)

Wir analysieren kritisch Situationen und arbeiten an Szenarien, um Möglichkeiten des Handelns zu erschließen, Ohnmacht, Angst und musikalische Langeweile zu überwinden. Ebenso helfen wir Familien, wenn es darum geht, Familienangehörige aus der Szene heraus zu lösen.

Wir vermitteln und begleiten Kontakte ehemaliger Neue-Musik-Szene-Angehöriger mit komplexistisch veranlagten Jugendlichen, um sie zu motivieren, die Szene zu meiden oder zu verlassen.

„KONTAKT“

Eine Kontaktaufnahme ist möglich über Telefon, e-Mail (ausstieg-neue-musik@gmx.de), SMS, Briefe und Trommelzeichen (möglich sind derzeit Conga, Bongos und diverse, total abgefahren aussehende aber immer gleich klingende nordkoreanische Klanghölzer).

Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

8 Antworten

  1. strieder sagt:

    Das ist der grosse Unterschied zwischen Neuer Musik-Szene und anderen Szenen:

    In Letzteren steht man zu dem Zeug, das man macht. Egal, wie dissonant, atonal, rhythmisch vertrackt, geräuschhaft, spieltechnisch kompliziert usw. usf. es ist. Ja im Gegenteil, es wird angeführt als etwas besonders tolles!

    Drei aktuelle Beispiele aus dem Metal-Bereich [weil ich mich dort am Besten auskenne]:

    1. „They execute these atonal and dissonant monstrosities, which pose an ultimate technical challenge with a seeming ease that is simply jaw-dropping.“ [Pressetext zur Band „Dodecahedron“]

    2. „Atonality is the new black!“ [facebook-Eintrag der Band „War From A Harlots Mouth“]

    3. Der Name der Band „The Schoenberg Automaton“, welcher sich von – dreimal dürft ihr raten – ableitet.

    In der Neuen Musik-Szene hingegen wird sich ohne Ende entschuldigt für das, was man tut, herumgejammert und gegenseitig nieder gemacht. Diese Selbstzerfleischung geht mir unendlich auf den Keks. Neuester „Höhepunkt“: Ein Artikel Namens „Ausstieg Neue Musik e.V.“ im BadBlog.

  2. Joseph D. sagt:

    John Strieder: oh mann, du hast echt nichts begriffen!

  3. strieder sagt:

    @Joseph D.: Selber. Was hast DU verstanden? Ich hatte allerdings so einen Comment schon erwartet. Der Artikel ist zwar Satire, benutzt aber die Satire um eine Botschaft zu transportieren, bzw. im Kern ernst gemeinte Behauptungen aufzustellen.

  4. wechselstrom sagt:

    btw, John Strieder:
    spielt die Metal-Scene nicht obligatorisch auf der Strom-Gitarre? ;-)

  5. Erik Janson sagt:

    Ich meine dazu: gerade wer aus der Szene, der Neuen Musik aussteigen will, sich absetzen will, befördert diese und misst ihr mehr Bedeutung bei als er selbst zugeben will. Machen wir einfach MUSIK.

  6. strieder sagt:

    @wechselstrom: Das ist eine andere Diskussion ;) Doch à propos, auch gutes Beispiel. Viel Spass mit „Geräuschen“ von dem weltbekannten Künstler Merzbow (eine halbe Million klicks auf youtube):

  1. 9. September 2012

    […] Arno Lücker schon die Initiative “Ausstieg Neue Musik e.V.” gegründet hat (anscheinend quillt das Postfach schon über mit Enitrittsgesuchen) und es […]