Das Prickelnde der Freien Szene vs. das Zwickende der musica viva
Letzten Freitag, musica viva in München. Bernhard Langs Uraufführung mit dem BRSO und dem Dirigenten David Robertson versprach „GAME 18 Radio Loops“ für großes Orchester und Live-Elektronik nach Pausenzeichen aus den ARD Archiven. Nichts an Pausenzeichen war großflächiger zu hören, außer ganz einsam der BR „Alte Peter“ ganz am Ende. Natürlich waren die Loops gut ausgearbeitet. Befremdlich allerdings die Live-Elektronik, die am Ende der Phrasen ohne fade-out immer abrupt abriß. Fehlten da Brückenmomente via Pausenzeichen? Auch wurde das Abreißen nicht als Prinzip anfangs z.B. mit einer Stimme etabliert – es blieb unvermittelt. Ganz am Ende eine sehr schöne Geigenlinie, wie beim Abstieg in der Alpensinfonie, allerdings ohne Gipfel und Gewitter oder Kipferl zuvor. Die Linie hätte es auch getan.
Anders Unsuk Chins Violinkonzert. Von Leonidas Kavakos wunderschön gespielt, auch interessante Instrumentationsmomente im richtigen dramaturgischen Moment. Dennoch fehlte es an „Dringlichkeit“, ein „besonderer Moment“, wenn man schon „Violinkonzert“ dazu sagt, fehlte, abgesehen von viel Kunstfertigkeit.
Am Ende dann Anticipations von Philippe Manoury, mit z.T. im Raum verteilten Bläsern, bis sie ins Orchester zurückkehrten. Sehr routiniert wie immer bei Manoury. Doch Rituel von Boulez oder Murail und Grisey wollten nicht so recht grüßen. Viel Aufwand um wenig Tiefe.
Da fragt man sich: sollen in Zukunft wirklich solche Werke urheberrechtlich wertiger sein, als großartige Kammermusik von Trio Coriolis über dergelbeklang bis z.B. NKM im Schwere Reiter? Da war es 2024 meist viel spannender und kontroverser und diverser als im gediegenem Herkulessaal. NKM goes Lametta hatte eindeutig mehr Spaß gemacht. Oder Kompositionsklassen der HMTM im Brainlab oder in der Reaktorhalle. Oder kostenlose Programme bei Tonkünstler München oder in der BADSK. Alles prickelnder als gestern im Herkulessaal.
Komponist*in