Söders Un-Musik
Am 8.2.24 schrieb die GEW Bayern über die Pläne Markus Söders, CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident Bayerns, in bayerischen Grundschulen mehr Stunden für Deutsch und Mathematik zu Lasten von anderen Fächern zu schaffen, unter anderem zu Lasten der musisch-kreativen Fächer. Tatsächlich ist es nun seit 27.2.24 amtlich, dass Musik, Kunst und Werken zu einem Fach fusioniert werden sollen. Die für die Schulen zuständige Ministerin Anna Stolz von den Freien Wählern wollte drei Stunden Religionsunterricht dagegen auf zwei kürzen, wogegen die Kirchenchefs aber Sturm liefen. Daher Söder: „Punkt. Fusion!“
Es gibt nun eine Petition, die innerhalb von zwei Tagen fast die 100.000er Marke übersprang, bitte teilen und unterschreiben. Bravo für diese Initiative und die Unterschriften! BR-Klassik brachte einen starken Text von Bernhard Neuhoff. Der Deutsche und der Bayerische Musikrat, der Bayerische Tonkünstlerverband, Chor-Amateurverbände (bereits am 1.2.24) u.v.m. haben sich geäußert. Die wichtigsten Dachverbände der Musik.
In der Süddeutschen Zeitung erschien ein eigenartiger Artikel, wo ein Schulleiter die „Reform“ begrüßt. Es mag ja sein, dass manche Grundschulen überhaupt keine Musiklehrenden manches Schuljahr im Kollegium haben. Oder in Kunst oder in Werken. Da kann dann eine PISA-Studie der Motor sein, zu geringe Lehramtsabsolvierende für diese Fächer an Grundschulen und dessen politisches und universitäres Verschlafen mit einer Drei-Fächer-Fusion zu kaschieren, bevor man im Dreieck springt. Doch hier springt bald niemand mehr zu Musik und Tanz. Der Schulleiter in der SZ spricht von musischer Bildung und Kreativität in anderen Fächern, um damit Musik, Kunst und Werken als Einzelfächer in eigener Schulzuständigkeit zu kompensieren. Das mag für manche Grundschule vielleicht mehr Musikunterricht bedeuten, dann dafür kaum Kunst und Werken in diesem Fächer-Verbund.
Das mag vielleicht für Gymnasien im Wettstreit um die Schüler:innen interessant sein, eigene Streicher-, Bläserklassen anzubieten, doch eher auf Kunst und eigene Ausstellungen zu setzen. Doch Grundschulen sind für die Grundversorgung da! Und jede Schule muss dort erst einmal gleiche Fächer und Stunden dazu haben und anbieten. Jedes Kind muss in allen drei Fächern angemessen Wochenunterricht erhalten. Denn diese Fächer fördern Kompetenzen der Kreativität und der Zusammenarbeit, der positiven Eigenwahrnehmung u.v.m., die unerlässlich für eine erfindungsreiche und offene Gesellschaft sind. Es ist zwar kaum abzustreiten, dass es z.B. in Städten Grundschulen gibt, wo viele Kinder erst Deutsch in dieser Schule überhaupt zu sprechen lernen. Doch auch hier sind Musik, Kunst und Werken Fächer, die mit weniger Leistungsdruck als die Hauptfächer Positives vermitteln und die Kinder mit allen Hintergründen nicht allein, sondern gemeinsam ihre Individualitäten entfalten lassen.
Man hat den Eindruck, dass Söder hier wieder einen Versuchsballon wie mit der Halbierungsidee für Rundfunk-Klangkörper und der Fusion der drei Sender arte, 3sat und phoenix die Gesellschaft anreizen möchte, ob ausser aus der Nische der beruflich Betroffenen weiterer Widerspruch von Nutzer:innen, Eltern oder anderen kommt. Daher ist diese o.g. Petition wichtig und eindrucksvoll. Daher ist vor allem auch der Protest des BLLV, des Bayerischen Lehrerinnen und Lehrerverbandes, so hilfreich. Es muss daher auch die GEW bitte nochmals nachlegen. Daher müssen auch die Amateur-Blasmusikverbände ran. Mit ihren Bläserklassen sind sie ganz nah an den Kindern und wissen, wie schlecht es jetzt schon um die musische Bildung bestellt sein kann. Sir haben mächtige Funktionäre, die CSU-Abgeordnete sind, die auch in der Corona-Zeit noch vor Berufsverbänden 2020 Öffnungen im Amateurbereich bewirkten. Die Verbände, die nahezu Hunderttausende vertreten, die müssen ins Boot bzw. in die Pflicht genommen werden. Die Dach-Berufsverbände der Musik in Bayern haben sich geäußert, die Blasmusikverbände der Amateure, so wichtig und mächtig, wenn es darauf ankommt, fehlen noch. Bitte ändern!
Wie Axel Brüggemann feststellt, müssen wir Profi-Musiker:innen bzw. unsere Prominentesten an vorderster Front, das Positive unserer Arbeit und Existenz neben allen wichtigen Statements und existentiellen Abgründen noch mehr fokussieren. Allerdings tun das Viele von uns schon, allerdings eben in unserer Bubble. Bei der Youtube-Klage der GEMA gingen gerade die Prominentesten aller Genres in Deutschland im Gegensatz zum angelsächsischen Raum bei Konflikten mit kulturpolitischen Gegnern in Deckung. Dabei müssten die wichtigsten Klassik- und Pop- und Volksmusik-Künstler:innen Bayerns Söder einheizen. Denn wenn nur noch ganz wenige Kinder in der Grundschule regelmäßig ausreichend zusammen singen, dann singt auch niemand mehr mit Söder beim Fasching in Veitshöchheim, wenn er dort mit 75 Jahren noch dabei sein kann.
Es bleibt zu hoffen und zu beten, dass die Petition vielleicht sogar die 500.000er Marke reißt und dass auch Simon Rattle, Anne-Sophie Mutter, Serge Dorny, Diana Damrau, Florian Silbereisen, Jonas Kaufmann, Nicki, Maxi Schafroth und Co. sich gegen Söders Fusion äußern werden.
Komponist*in