Offener Brief an Teodor Currentzis

Lieber Teodor Currentzis,

Werbung

Also langsam geht es nicht mehr so weiter. Was Sie im Moment veranstalten, ist wie ein pervertierter Trapezakt, so als ob man mit mehreren Champagnergläsern jongliert, dabei über einen Abgrund auf einem Seil balanciert und die deutsche und russische Nationalhymne gleichzeitig zum Besten gibt (fragen Sie mich nicht wie, aber es soll Künstler geben, die das können).

Es ist wie ein tragischer Trapezakt eines ratlosen (oder eher rastlosen) Artisten in der Zirkuskuppel. Wie lange kann das noch gut gehen? Wie lange kann man noch wie Sie auf allen Hochzeiten tanzen, den Kriegsschergen die Hände schütteln und sich irgendwelche Ehrenorden umhängen lassen, die man dann angeblich nachher gar nicht bekommen hat, mit Musikern unterwegs sein, die die Ausrottung der „ukrainischen Nazis“ fordern oder die Zerstörung der Deutschen Wirtschaft befördern wollen…und gleichzeitig mit gutem Gewissen in zum Beispiel der Hamburger Elbphilharmonie Britten‘s „War Requiem“ oder Schostakowitsch 13. Symphonie dirigieren, letzteres mit einem Solisten, der stramm direkt nach der Zerstörung des Mariupoltheaters russische Flaggen postete, was eigentlich ziemlich unmissverständlich ist und so ziemlich allem widerspricht, was Schostakowitsch und Britten mit ihrer Musik ausdrücken wollten?

Wie lange geht das noch gut, Teodor Currentzis? Reicht es wirklich weiterhin, anstatt mal Tacheles zu reden mystisch in die Kamera zu blicken und irgendwelche salbadernden und zutiefst lächerlichen Allgemeinplätze über die mystische Kraft klassischer Musik zum Besten zu geben, die dann gierig von ihren sich gerne blenden lassenden Fans aufgesogen wird? Wie lange kann man noch zwischen Russland und Westeuropa hin- und herjetten, sich von Geldgebern finanzieren lassen, die wir mit gutem Grund sanktionieren? Und dabei ihre wenigen verbliebenen getreuen Arbeitgeber wie die Elbphilharmonie, die Salzburger Festspiele und vor allem den SWR zu einer Art Lachnummer zu machen?

Als die oben erwähnten Konzerte in Hamburg veröffentlicht wurden, schrieb mich quasi der gesamte Landesverband Hamburg des DKV an, fassungslos, dass das anscheinend weiterhin möglich ist, ohne dass sie endlich Mal den Mund aufmachen und irgendwas, EINFACH NUR IRGENDWAS zu diesem verschissenen Krieg sagen, auf dessen Seite Sie sich durch ihre Handlungen und persönlichen Finanzierungs- wie Lebensmodelle immer wieder schlagen. „Da muss man doch irgendwas machen“ war die allgemeine Meinung meiner Kolleginnen und Kollegen. Man müsste doch die Veranstalter anschreiben und sich beschweren.

Nach einigem Nachdenken habe ich mich dagegen entschlossen. Ich schreibe lieber Ihnen selbst. Warum soll ich die Intendanz der Elbphilharmonie deswegen düpieren? Ich kann mir eh schon vorstellen, dass denen die ganze Sache unangenehm ist. Klassische Konzerte werden oft Jahre im Voraus geplant, da war noch nix von Krieg und sie waren ein unangetasteter Star mit einem etwas ominösen und unsympathischen Starkult, aber nun denn, jedi das seine. Denkt sich der gute Christoph Lieben-Seutter jetzt: Augen zu und durch? Dass da hoffentlich keiner merkt, dass ein Dirigent uns angeblich mit Antikriegswerken betroffen machen will, während trotz immer wieder neuer mysteriöser Umbesetzungen immer wieder Leute mitspielen, die diesen Krieg ganz offen ganz toll finden?

Es hätte viele Momente für Sie gegeben, da hätten Sie das Ruder locker herumreißen können, Teodor Currentzis. Sie haben genug Fans hier, genug Musiker, die Ihre Kunst bewundern. Es ist nun wirklich nicht so, dass Sie hungernd auf der Straße geendet wären, wenn Ihnen einfach nur ein einziges Mal irgendein Wort zu diesem Krieg über die Lippen gekommen wäre.

Aber so langsam ist dieser Moment überschritten, weil einfach immer mehr Menschen merken, dass Sie hier eine Art trauriges Schauspiel aufführen, bei dem immer offensichtlicher wird, dass es Ihnen eigentlich komplett am Arsch vorbeigeht, was andere Menschen (zum Beispiel die vielen vorm Krieg oder seinen Konsequenzen geflohenen Ukrainer:innen und Russ:innen in unserm Land) bei Ihren Konzerten denken, Hauptsache Sie selbst stehen im Mittelpunkt und können Ihren Orchestermusikerinnen einen Bussi geben.

Aber so leid es mir tut, das reicht nicht mehr. It doesn’t cut the cake, wie man auf Englisch sagt. Ihnen ist schon jetzt gelungen, Ihre Freunde vom SWR zum Schwitzen zu bringen. Die sind so eingeschüchtert von den Fragen, die sich zu Ihrer Person immer dringender stellen, dass sie sich schon gar nicht mehr trauen, zu antworten. Und was Markus Hinterhäuser wegen Ihnen erleiden muss, geht inzwischen schon auf keine Kuhhaut mehr (obwohl Hinterhäusers unerklärlicher Dickkopf da vielleicht auch eine nicht ganz unbeträchtliche Rolle spielt).

„Cancel Culture“? Gar nichts will ich canceln. Ich bin nicht gegen die Auftritte in der Elbphilharmonie. Wenn Sie, Currentzis, es wollen, dürfen und sollen Sie überall in Deutschland auftreten, ganze Fußballstadien dirigieren und sich von Ihren Fans die Füße küssen lassen. Aber ich darf Ihnen hier und jetzt ins Gesicht sagen, dass ich Ihr Schweigen und Herumlavieren zum Kotzen finde. Das ist genauso mein Recht wie es das Recht von Menschen sein wird, vor Ihren Konzerten zu demonstrieren, Ihre unsägliche Bigotterie zu kritisieren oder einfach still ihre Karten zurückgeben. Das tun immer mehr, und ich verstehe sie.

Mein geschätzter Kollege Bernhard Lang hat jetzt auch einmal einfach die Faxen dick gehabt und Ihnen (aktuell gerade in Wien) nicht erlaubt, ein Stück von sich zu spielen. Das ist kein Canceln. Er hatte einfach nur die Eier, einfach mal zu sagen: „nee, will ich nicht“. Musik findet in einem sozialen Kontinuum statt. Es muss nicht jeder mit jedem können. Man muss sich nicht aus lauter kriecherischem Opportunismus überall anbiedern, überall mitmachen. Man kann auch Mal „nein“ sagen. Und das hat Bernhard Lang gemacht, Hut ab. Vielleicht sagt auch mein ebenso geschätzter Kollege Marko Nikodijevic für Hamburg „nein“, aber das muss natürlich er entscheiden.

Und bitte, werte Putintrolle und AFDler – kommt jetzt nicht mit eurem Lieblingsargument „Gesinnung“. Das, um was es hier geht, hat nicht im Geringsten etwas mit Gesinnung zu tun. Stellt euch vor, euer Kumpel wird vor euren Augen von ein paar Typen verprügelt. Geht ihr dann mit genau diesen Typen in die Kneipe und lasst euch einen ausgeben? Klopft ihr denen auf die Schulter?

Dies nicht zu tun, hat nicht im Geringsten etwas mit Gesinnung zu tun, sondern mit ganz grundsätzlicher Moral, auf die wir uns schon irgendwie einigen müssen, wenn wir nicht wollen, dass unsere Gesellschaft komplett verroht. Es ist unsere Pflicht, auf der Seite der Schwachen zu sein. Ihr AFD-Trolle habt leider so lange von der DDR- Politik eine Moral aufgezwungen bekommen, dass ihr gar nicht mehr wisst, dass es eine ganz natürliche menschliche Moral gibt, die ganz eigenständig und unabhängig von politischer Indoktrination erkennen kann, was gut and was schlecht ist. Jemanden Schwachen zu verprügeln: Scheiße. Jemanden, der den Schwachen geprügelt hat, untertänig zu dienen: Auch scheiße. Nicht den Mund aufmachen, wenn ein Schwacher vor einem verprügelt wird? Ganz besonders Scheiße.

Aber immerhin wisst ihr eines, AFD-Trollgomolle: bei all eurer Liebe zu Putin und seinem angeblich so freien und chancenreichen Russland, lassen sich nur die Wenigsten von euch dazu bewegen, tatsächlich nach Russland auszuwandern. Dass es da momentan nicht so geil ist, ist selbst euch offensichtlich. Denn sonst hätte dieses Land nicht den momentan dramatischsten Talentschwund in seiner Geschichte. Hoffen wirklich Menschen, dass diese Kulturvernichtung siegen wird? Dass das „the way“ ist, wie es in „The Mandalorian” heißt? Glaubt wirklich irgendjemand ernsthaft, dass diese ganze Putinscharade, das ganze Morden und zum Schweigen bringen, die anhaltende Volksverdummung, das Schüren von Hass und das Schwingen von nationalen Parolen die Zukunft ist und dauerhaft Bestand haben wird? Wollen Sie wirklich auf dieses marodeste aller Pferde setzen, in der Hoffnung auf eine schöne Datscha am Schwarzen Meer, Teodor Currentzis? Wenn das alles so toll und wunderbar ist, warum wollen Sie dann überhaupt noch in Europa auftreten? Warum interessiert Sie das Geld oder der Applaus unserer Konzertbesucher? Wir sind doch alle „dekadent“ und „am Ende“ und sollen – wenn es nach dem russischen Staatsfernsehen geht, nuklear ausgelöscht werden. Während genau die Russen, die dies fordern, mit ihren Yachten im Mittelmeer herumgondeln, weil es da vielleicht doch ein bisschen netter und entspannter ist als daheim.

Es war vermutlich selten so leicht in der Geschichte der Menschheit eindeutig zu entscheiden, welche grundsätzliche moralische Position man bei einem Krieg haben muss. Dieser Krieg ist ein völkerrechtliches Verbrechen, ein unprovozierter Überfall, ein Massenmord ohnegleichen. Jeder und jede die auch nur einen Funken Anstand im Hirn hat, wird dies verstehen. Man kann sich über Alles Mögliche streiten – über das Ausmaß von Waffenlieferungen und Friedensstrategien. Das ist ok. Aber man kann nicht allen Ernstes gemeinsame Sache mit denen machen, die diesen Krieg angefangen haben und dann ätherisch in die Kamera grinsen und irgendeinen Scheiß von der „Kraft der Musik“ faseln. Fuck it.

Gegen diesen Krieg zu sein ist nicht „antirussisch“. Es ist antirussisch FÜR diesen Krieg zu sein. Es ist antirussisch, mit genau denjenigen einen Champagner zu trinken, die gerade den ukrainischen Kumpel auf der Straße verprügelt haben. Es widerspricht allem Großen und Schönen, was die russische und ukrainische Kultur hervorgebracht haben, und das wissen alle Russen und Ukrainer, die sich auf die eine oder andere Weise weigern, hier opportunistisch mitzumachen, zum Teil unendlich tapfer und unter großen persönlichen Opfern.

Zu diesem Krieg zu schweigen, ist ein Tritt in die Fresse von Schostakowitsch, Herr Currentzis. Zu diesem Krieg zu schweigen ist so, als ob man auf das Grab von Britten pisst.

Und kommen Sie mir jetzt nicht mit der „grundsätzlichen Neutralität der Kunst“. Kommen Sie mir nicht damit, dass Sie sich für ein Genie halten. Mir ist es vollkommen egal, wie gut oder wie schlecht Sie dirigieren, das ist hier nicht das Thema.

Sie haben einen Beruf gewählt, in dem Ihre grundsätzliche Arbeit darin besteht, zu kommunizieren. Das ist das, was ein Dirigent tut. Sie müssen mit Musikern reden, ihnen Visionen vermitteln, sie auf Ihre Seite bringen. Tun Sie doch nicht so, als seien Sie ein stummer Fisch, das ist eine Farce, eine Verhöhnung. Sie sind sehr wohl in der Lage, etwas zu sagen, Sie wollen es nur nicht. Und wenn es irgendwelche tragischen Gründe für Ihr Schweigen gäbe, glauben Sie mir, das wüsste man längst, und ich würde jetzt hier nichts schreiben. Wenn man tatsächlich Ihre griechische Großmutter in einem Gulag gefangen hält und mit Helene-Fischer-Platten quält…man wüsste es. Stattdessen sieht man aufgespritzte Instagram-Models an Ihrer Seite, die keineswegs so wirken, als würden Sie dazu gezwungen, mit Ihnen irgendwelche Bonzenparties zu feiern und dabei Kaviar zu essen.

Also, nochmal: Es ist Ihr f****** Job, zu reden. Sie können das nicht verweigern, wenn Sie in einem Land auftreten, dass Sie dafür bezahlt, einen vermittelnd kommunikativen Beruf auszuüben. Sie können nicht sagen „Ich bin ein Genie, ich muss das nicht“. Das funktioniert nicht. Es ist Teil Ihres Berufs, Fragen beantworten zu müssen.

Wenn Sie ein Bratscher fragt: „Wie wollen Sie die Dynamik in Takt 351, Maestro?“ sagen Sie ganz sicherlich nicht „ich muss Ihnen das nicht sagen, ich bin ein Genie“.  Sie sind eine Person des öffentlichen Lebens, Sie können nicht außerhalb der Bühne so tun, als hätten Sie keinerlei Verantwortung oder keinerlei Vorbildfunktion.

REDEN SIE! Sagen Sie, was Sache ist. Hopp oder Topp. Und wenn Sie es aus irgendwelchen ominösen Gründen nicht können (außer dem, Ihre Pfründe möglichst lange zu wahren), dann sagen Sie es heimlich. Aber so überzeugend kann das bisher nicht gewesen sein, sonst gäbe es wesentlich mehr Menschen, die es machen wie der SWR. Gergiev hat es vorgemacht. Der hat zwar nichts gesagt, aber eindeutig gehandelt, da weiß man wenigstens, was gebacken ist.

Aber dieses ständige Lavieren, dieses unwürdige Betroffenheitsschauspiel, bei dem man die gute Musik von Schostakowitsch und Britten benutzt, um sich selbst zu absolvieren, das ist – mit Verlaub – das Allerallerletzte, Herr Currentzis. Ersparen Sie uns das.

Moritz Eggert

Präsident des Deutschen Komponist:innenverbandes

Liste(n) auswählen:
Unsere Newsletter informieren Sie über Neuigkeiten im Badblog Of Musick. Informationen zum Anmeldeverfahren, Versanddienstleister, statistischer Auswertung und Widerruf finden Sie in unserer Datenschutzbestimmungen.

13 Antworten

  1. k. sagt:

    Die Elbphilharmonie hat zur Thematik auch schon geäußert: https://www.ndr.de/kultur/elbphilharmonie/Elbphilharmonie-und-Laeiszhalle-So-wird-die-neue-Spielzeit-,neuesaison222.html

    Ja, Currentzis‘ Dirigat hat Suchtcharakter, und es gibt noch Fans und Musiker, die ihn deshalb blind lieben und alles andere ausblenden. Das ist aber auch – wenn man das zu Ende denkt – eine Täuschung und Vertrauensbruch an Fans.

    • Alexander Strauch sagt:

      Man sagt (noch) nichts zu der Sache Alexey Tikhomirov und seinen Russlandfahnen im Profil nach Mariupol und dem Bombardement des Theaters. Jetzt hat er das gelöscht und ein Boris Gondunov Szenenfoto dahin gesetzt. Fakt ist: er tat ersteres und tritt auch mal mit St. Georgsband in Bühnenshows in der prominentesten Konzerthalle fußläufig zum Kreml auf. Dazu sagte die Elphie noch nichts. Und das o.g. Statement ist an Indifferenz nicht zu übertreffen bzw. sagt: der Mann macht „money“, daher egal und Augen zu. Was der Intendant denkt, ist doch unerheblich. Was Currentzis denkt, das zählt. Solange er Geld von „warmongers“ nimmt, solange er Z-Propagandisten bzw. Nationalisten im Ensemble belässt, solange er für Gazprom, für Rosatom auftritt, solange selbst Stipendiaten seines Dom Radios wie ein zypriotischer Komponist den Westen schuldig am russischen Angriffskrieg sehen, so fällt das alles auf seine Füße, wenn er das duldet. Bzw. scheinen ihn Propagandisten wichtiger als Kritik zu sein. Erst die Tage erschien in MEDUZA ein Text über Andrey Polosin, der ihn für Rosatom im Winter nach Sibirien holte. Der Mann war zuständig für das Rosatom-Kulturprogramm, mit dem PR für das Regime gemacht werden soll. Selbst soll er nun Studierende anleiten, der Kreml-Propaganda nicht zu kritisch zu begegnen, da v.a. junge Leute am ehesten das Regime kritisch sehen. Mit so jemand kooperiert Currentzis. Oder er trat beim Putin-Fan Bashmet auf. Bei uns gibt er den nonverbalen Widerständler, dort den neutralen Systemtragenden. Bzw. scheint er jedem das zu erzählen o. nicht zu sagen, was eben die Gegenseite unbedingt hören will. Erst heut schrieb der Tagesspiegel wieder das „Arbeitsplätze“-Argument: 250 Musicaeterna-Mitglieder gäbe es. Zählt man Orchester, Chor, Tanz inkl. Currentzis selbst, findet man 141 Personen ohne Verwaltung. Zöge man die Westler im Ensemble ab, wären es wohl nur 130. Die Leute spielen auch so immer noch woanders extern mit. Und es sind Nationalisten drunter: um denen den Job zu retten, kann man nichts sagen? Für diese jenes Schweigen? Das kann es eigentlich nicht sein.

      • k. sagt:

        Ja. Was Moritz Eggert über „Gesinnung“ und „Moral“ schreibt, ist absolut richtig (Danke dafür!).

        Allerdings:

        Im Text: „Stellt euch vor, euer Kumpel wird vor euren Augen von ein paar Typen verprügelt. Geht ihr dann mit genau diesen Typen in die Kneipe und lasst euch einen ausgeben? Klopft ihr denen auf die Schulter?“

        Stellt Euch vor, wenn nicht „der Kumpel wird von Typen verprügelt“ wird sondern „die Kollegin vom Kollegen missbraucht“, da sieht die Reaktion schon ganz anders aus. Dutoit, Gatti, Domingo, alles kein Problem, auch andere offene Geheimnisse, die noch nicht in Zeitungen stehen. Oder es ist vielleicht einem doch unangenehm, man ist ja selber gegen Missbrauch, aber es scheint bestimmte Themenbereiche zu geben, wo man gerne argumentiert, dass man in der Kunst nicht auf Moral ankommen lassen kann. Und in dem Moment, wo die Künstler programmiert werden, werden sie nach Außen Richtung Publikum vorteilhaft präsentiert.

        So läuft das Geschäft, so lief das Geschäft schon immer. Die Frage ist: wollen wir, dass das Geschäft so weiter laufen wird? Können und wollen wir uns das in Zukunft leisten?

  2. Uhlmann Thomas sagt:

    Danke, Herr Eggert, für diese klaren Worte! Ich finde diesen geltungsbedürftigen Opportunisten, dem Massenmord und Kriegsverbrechen offensichtlich vollkommen wurscht sind, absolut unerträglich. Hoffentlich kommen wenigstens seine paar Unterstützer hier im Westen zur Vernunft, wenn schon nicht Currentzis selbst.

  3. Lieber Moritz Eggert ,
    tausend mal Dank für diesen überfälligen Brief. Wir alle müssen uns hier und jetzt entscheiden auf welcher Seite wir in diesem Krieg stehen. Auch für alle die in Russland leben , und sich nicht mehr trauen pipes zu sagen, weil sie mit Blume in der Hand , oder einem Foto von Nawalny oder einem durchgestrichenen Z sofort im Knast landen . Diese unsägliche Anbieterung eines Chefdirigenten eines großen westlichen Spitzenorchesters ist unerträglich und bedarf einer sehr raschen Klärung durch alle Verantwortlichen , z.B.des Intendanten des SWR Herrn Kai Gniffke oder seiner übergeordneten Gremien . Schande über alle die sich noch nicht darüber im Klaren sind auf welcher Seite sie sich befinden.
    Reinhold Friedrich

  4. Danke, Herr Eggert! Ich bin selbst Komponist und seit 25 Jahren in Deutschland, aber bin gebürtiger Moskauer und lebte bis zu meinem 38 Geburtstag in Moskau. Im Jahr 2014, als die Krim annektiert wurde, besuchte ich meine Heimatstadt und sah eine Schar patriotisch gesinnter Menschen. Ich dachte nicht, dass ich jemals verstehen würde, wie das 1933 mit Deutschland passieren konnte, aber ich habe es mit eigenen Augen gesehen! Freundschaften und Familien zerbrachen an diesem Wahn.
    All die Jahre hatte ich das Gefühl, dass Russland untergeht, dass es aber noch viele weitere Länder und Menschenleben mit sich in den Abgrund reißen würde. Dieser Krieg ist ungeheuerlich. Aber meine größte Enttäuschung sind meine Musikerkollegen, die plötzlich völlig taub und gefühllos geworden sind. Sie imitieren eine unglaubliche künstlerische Exaltiertheit, sie sind beeindruckend virtuos und vergeistigt. Aber was ist Kunst wert, wenn sie nicht vom größten menschlichem Leid spricht, und was sind Musiker wert, die in ihrer narzisstischen Selbstverblendung nur nach Applaus und einem größeren und dickeren Stück Kuchen suchen und völlig vergessen haben, in was für einer schrecklichen Zeit sie leben und vergessen haben, dass das Urteil der Geschichte unbarmherzig wird?

  5. Luke Niederer sagt:

    Danke für diese klaren Worte! Es ist schon längst überfällig, dass Konsequenzen gezogen werden sollten.

  6. Martin Falk sagt:

    Die Zeit ist reif für die Wende in „Event“- Zeiten.
    ME for president – klare Kanten-Kommunikation können Sie!

  7. Konstantin sagt:

    Respekt!!!

  8. Erik Daumann-Hettenbach sagt:

    Danke für die deutlichen Worte, die der SWR jetzt als polemisch bezeichnet und herunterzuspielen versucht. Wenn der Sender ernsthaft daran interessiert ist, nicht weiter als Lachnummer zu gelten, sollte er sich schleunigst nach einem neuen Chefdirigenten umsehen. Currentzis‘ beredtes Schweigen wiegt überdies mehr als seine musikalischen Scharlatanerien.

  9. Ich bin echt fasziniert von deiner Art zu schreiben – deine Artikel sind so mitreißend, dass man sich kaum davon losreißen kann. Klasse Arbeit!

    MfG
    Moritz

  1. 13. Juni 2023

    […] Kommentar Offener Brief an Teodor Currentzis https://blogs.nmz.de/badblog/2023/06/11/offener-brief-an-teodor-currentzis/ […]

  2. 5. Februar 2024

    […] Moritz Eggert in einem persönlichen Gespräch (das wir nie geführt haben) versichert, dass sein Offener Brief nicht polemisch ist und tatsächlich einen wertvollen Beitrag zu dieser gar nicht so komplexen […]