Kultur ist kein Luxus. Werdet Mitglied im DKV.
Wie manche vielleicht mitbekommen haben, bin ich seit kurzem zum Präsidenten des Deutschen Komponistenverbandes berufen werden. Welche Herausforderungen auf uns zukommen werden und was unsere Chancen sein könnten, habe ich versucht in einem Text zu formulieren, der verbandsintern als Newsletter verschickt wurde, den ich hier aber auch gerne veröffentlichen möchte. Ich mache es kurz: der DKV freut sich über neue Mitglieder, denn je größer der Verband ist desto mächtiger kann unsere Stimme sein. Anmeldeinformationen sind hier zu finden, für Studentinnen nur 30,-EUR pro Jahr, Schülerinnen 10,-EUR pro Jahr. Seit kurzem haben wir auch eine Arbeitsgruppe „Generation Zukunft“, die sich speziell an junge Kolleginnen und Kollegen richtet, und von der wir auch hier hoffentlich bald hören werden.
Kultur ist kein Luxus – ein Auftakt von Moritz Eggert |
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Ich spreche hiermit zum ersten Mal zu euch als „der neue Präsi“ – immer noch ein ungewohntes Gefühl. Ich muss ehrlich sein: ich habe mir lange überlegt, ob ich diese Herausforderung annehmen soll. Wie sich einige von euch erinnern war ich schon einmal Mitglied des Vorstands, und hatte damals irgendwann das Gefühl, dass der Spagat aus Verantwortung für den Verband, eigenem kompositorischen Schaffen und Familie nicht immer zufriedenstellend geschafft werden konnte, zumindest nicht an dem Punkt an dem ich mich damals befand. Nun sind einige Jahre ins Land gegangen, die eigene Erfahrung wurde größer, und damit auch eine gewisse Gelassenheit den Dingen gegenüber, einer der Vorteile des Älterwerdens. Meine Leidenschaft für die Sache der Musik ist in diesen Jahren gleichgeblieben, aber mein Zeitmanagement wurde etwas besser (oder zumindest die Fähigkeit, immer mehr zu erkennen, was wichtig und was unwichtig ist). Als ich nun erneut gebeten wurde, dem Vorstand beizutreten und nun auch das Präsidentenamt zu übernehmen, konnte ich zumindest feststellen, dass mir die Idee nicht mehr ganz so unmöglich schien wie vor über 10 Jahren. Und jetzt schaue ich in den Spiegel, kneife mich und frage mich, ob ich mich als Präsident irgendwie anders fühle. Und die Antwort ist: nein. Gottseidank! Wer mich kennt weiß, dass mir Authentizität und tatsächliches Handeln tausend Mal mehr imponieren als Ämter und Titel. Daher verstehe ich das Präsidentenamt auch nicht als irgendeine Form von „Chef“-Amt, sondern als das, was es eigentlich bedeutet: Repräsentation des Verbandes. Eine solche Aufgabe nehme ich sehr ernst, ohne mir irgendetwas darauf einzubilden. In den nächsten Jahren kommen – und dazu muss man kein Hellseher sein – keine einfachen Zeiten auf uns zu. Meine Vermutung ist, dass sich in der nach wie vor terminlich unbestimmten Zeit „nach“ Corona eher größere Probleme auftun werden, als schon jetzt (wo der Staat versucht, mit Hilfsmaßnahmen aufzufangen, manchmal mehr, manchmal weniger erfolgreich). Auch die sinkenden GEMA-Einnahmen werden uns beschäftigen – ohne Livekonzerte können keine Tantiemen fließen, was auch die Wertung beeinflussen wird. Ich fürchte auch, dass der Druck auf die öffentlich-rechtlichen Sender eher wieder wachsen wird, was Sparmaßnahmen angeht. Es kann gut sein, dass wir die Kulturszene in drei, vier Jahren kaum noch wiedererkennen werden. Es ist ein manchmal allzu frommer Spruch, dass Krisen auch „Chancen“ bieten. Wenn man sich aber von vornherein aufgibt, gibt es ganz sicher überhaupt keine Chance. Es wird also unser aller Aufgabe sein, trotz einer sich dynamisch wandelnden und momentan noch unberechenbaren Situation mit geeinter Stimme zu sprechen und die unaufhaltsamen Prozesse der Veränderung so aktiv mitzugestalten und in positive Bahnen zu lenken, dass es wieder Chancen für die Musik und unsere Rolle als Kreative gibt. Ich bin sehr hoffnungsvoll, dass dies möglich ist. Aber wir müssen taktisch klug sein und unsere Stimme dosiert und im besten Moment einsetzen. So frustrierend es auch im Moment beim momentanen Lockdown für uns alle ist – gerade in diesem Moment werden grundsätzliche Aufschreie und Petitionen zum Erhalt der Kultur eher verpuffen, weil die Politik vor allem damit beschäftigt ist, diese schwierige Zeit irgendwie zu überstehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendein Minister gerne Konzertsäle und Clubs schließt. Umgekehrt entsteht stets großer Druck, dass Lockerungen eher zu früh als zu spät eingeführt werden. In dieser für alle stressigen Gemengelage geht vieles wichtiges unter, wenn es nicht im richtigen Moment gesagt wird. Es sollte daher jetzt die dringlichste Aufgabe sein, die Gerechtigkeit der Verteilung von Hilfsgeldern zu unterstützen, damit sie überall dort, wo sie nötig sind, auch ankommen. Die Stimme für die Kultur zu erheben wird wiederum dann wichtig sei, wenn überhaupt Kultur wie wir sie kennen wieder möglich ist. Wir sind mitten in der Gesellschaft, wir stehen nicht außen davor und betteln um Almosen. Unsere kreative Arbeit belebt die Innenstädte, macht Filme sehenswert, vermittelt außergewöhnliche Erlebnisse und Emotionen. Und ganze Branchen profitieren von dem, was wir liefern: u.a. Restaurants, Bars, Hotels, Agenturen, Reiseveranstalter etc. Wir müssen uns immer wieder klar machen, dass alles sich in gegenseitiger Abhängigkeit befindet und wir ein wichtiger Teil dieses Netzwerks sind. An all diesen Themen möchte ich gemeinsam mit euch arbeiten, und ich weiß, dass ich mich auf meinen geschätzten und hocherfahrenen Vizepräsidenten, Ralf Weigand, sowie auf einen vielseitig aufgestellten und engagierten Vorstand verlassen kann. Diese Expertise – und natürlich auch eure – wird mir sehr wichtig sein. Ich freue mich schon jetzt auf die Zusammenarbeit, und hoffe, dass ich mit meinen eigenen Kontakten zur Musikwelt und einer sicherlich eher nicht als „leise“ empfundenen und mitunter auch kritischen Stimme meinen Teil dazu beitragen kann. Ästhetische Grabenkämpfe oder Diskussionen über „bessere“ oder „schlechtere“ Musik werden uns auf jeden Fall nicht weiterbringen, daher möchte ich diese aus dem Verbandsgeschehen heraushalten. Wir sitzen alle in einem Boot. In die Fußstapfen von Enjott Schneider zu treten ist eine große Herausforderung, denn wir haben unserem lieben scheidenden Präsidenten sehr viel zu verdanken. Aber ich respektiere natürlich auch seine Entscheidung, weil ich mir wünsche, dass Enjott noch viele seiner Traumprojekte realisieren kann und dazu muss seine Gesundheit Priorität haben. Ich weiß aber auch, dass ich ihn jederzeit um Rat fragen kann, das wird er sich gefallen lassen müssen. In diesem Sinne also: Bleibt gesund und bis bald! Euer „Präsi“, |
Komponist
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