Mein Musiklehrer – Teil I

Mein Gymnasium. (Inzwischen offenbar abgerissen)
Mein Gymnasium. (Inzwischen offenbar abgerissen)

Ich komme aus einer höchst mittelmäßigen – hässlichen, aber nicht armen – Stadt in Norddeutschland. Alles ist dort mittelmäßig – eher unterdurchschnittlich. Es ist nicht einmal „richtig Norddeutschland“. Man spricht dort weder einen ausgeprägten Dialekt – noch akzeptieren uns Menschen aus Hamburg oder gar Kiel als „Norddeutsche“. Für Bayer:innen sind wir trotzdem – völlig zu Recht – „Saupreiß’n“ und für Österreicher:innen – aus gutem Grund – „Piefke“.

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Am Rande dieser Stadt bin ich aufgewachsen. Eigentlich sogar auf einem Dorf. Aber so ein richtiges Dorf war das auch nicht. Der nächste Bauernhof war etwa 900 Meter weit weg. Und wir haben nicht etwa regelmäßig dort frische Eier geholt oder dergleichen. (Denn dann dürfte ich vielleicht um einige Prozentpunkte berechtigter – und übrigens voller Stolz – sagen: „Ich bin ein Dorfkind.“) Also weder Stadt noch Dorf noch unsagbar hässlich noch ein bisschen schön. Wir hatten eine Mühle. Ja. Die war ungefähr zwei Kilometer weit weg. Und einen nicht ungroßen Flughafen. Etwa vier Kilometer entfernt. Der neuntgrößte Flughafen Deutschlands! Ein Moor! Wir hatten ein Moor! Aber wer brüstet sich schon damit? (Das Moor hat seine Schuldigkeit getan. Es war ein guter Ort für bestimmte Dinge.)

Das Gymnasium, auf dem ich mich – außer an Musik, Deutsch, Sport und Gemeinschaftskunde (und auch nur wegen des tollen Lehrers: Werner Knabe) völlig uninteressiert – zum (sogar recht guten) Abitur mogelte, bestand zu 99 Prozent der Schülerschaft aus Vollproleten, deren Lebensziele und Ideale im unmittelbaren Zusammenhang zu ihrem etwaigen Alkoholpegel (ich habe bis zu meinem 22. Lebensjahr keinen Tropfen Alkohol getrunken) formuliert wurden.

Mein Gymnasium. (Inzwischen offenbar abgerissen)

Mein Gymnasium. (Inzwischen offenbar abgerissen)

Doch an diesem Gymnasium, dessen Schulleiter stets behauptete, es gäbe hier weder Gewalt noch Mobbing (=Lüge; von sexueller Belästigung ganz zu schweigen… Ein Chemielehrer belästigte in jeder Unterrichtsstunde 14-jährige Schülerinnen, indem er ihnen von hinten den BH öffnete), unterrichte ein Musiklehrer von Format, großer Persönlichkeit, Humor, gelassener Toleranz und wahrer Leidenschaft.

Seinen Namen möchte ich hier noch nicht nennen, zu hässlich die beschriebenen Umstände, zu mittelmäßig seine Kolleg:innen (wie gesagt: außer Herr Knabe).

Dafür soll Platz in einer weiteren Folge sein. Denn: Ehre seinem Namen!

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

Eine Antwort

  1. Sonia G.Y. sagt:

    Ein interessantes Thema! Der kommende Beitrag wird, hoffentlich, etwas ausführlicher(^_~)