Die Liste der ewig gestrigen Opernhäuser, Teil 3 (Lübeck bis Zürich)

 

Wir sind beim dritten Teil meiner dreiteiligen Opernstatistik angekommen, die sich vor allem die Frage stellt: Wie alt ist eigentlich die durchschnittliche Oper, die an einem deutschsprachigen Opernhaus eine Premiere erlebt? Betrachtet wurden Opernhäuser in Deutschland, Österreich und der deutschsprachigen Schweiz.

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Ich bin den Spielplan 2017/2018 durchgegangen und habe das Alter (gerechnet von der Uraufführung) aller Opern ausgerechnet, die in dieser Spielzeit Premiere hatten. In die Rechnung gingen – um die Arbeit nicht ausufern zu lassen –  nur szenische Opern/Musiktheater ein, keine Operetten/Musicals oder Kinderopern, falls in gesonderter „Off“-Sparte laufend. Kollagen oder Revues habe ich nur berücksichtigt, falls es in ihnen einen gesonderten Opernteil gab, der für die szenische Aufführung gedacht ist (so werden kürzere Opern wie „Die glückliche Hand“ von Schönberg oder „Blaubarts Burg“ von Bartok heutzutage gerne mit konzertanten Musiken kombiniert). Auch szenisch realisierte Oratorien habe ich nicht gezählt (da es sich hier meistens um Händel oder Bach handelt, hat dies den Altersdurchschnitt sogar erhöht!).

Uraufführungen zählte ich als „Null Jahre alt“, „Zähljahr“ war das Jahr 2017 (nicht 2018), da ich die Arbeit an dieser Statistik schon im letzten Jahr begonnen habe.

Der Durchschnitt wurde errechnet wie folgt: Alter aller berücksichtigten Opern geteilt durch die Menge der Premieren. Das jeweils „jüngste“ Stück eines Hauses wurde jeweils gesondert vermerkt.

Ziel meiner Recherche ist es aufzuzeigen, wie groß die Differenz der „durchschnittlichen“ Opernpremiere zum „Jetzt“ ist, eine Differenz die weit über der Differenz beim Sprechtheater liegt, und noch viel weiter über dem was in Kinos oder Museen zu sehen ist, oder in einem Buchladen zu finden ist.

Wenn sich nichts ändert, wird diese Differenz jedes Jahr anwachsen.

Sicherlich werden mir sehr gründliche Leser den einen oder anderen Rechenfehler nachweisen können. Ich bin weder professioneller Statistiker noch habe ich die Zeit für monatelange Rechenarbeit und deren detaillierte Kontrolle. Manchmal ist das „Alter“ einer Oper auch schwer zu bestimmen, vor allem wenn wie manchmal viele Jahre zwischen der Niederschrift der Partitur und der Uraufführung vergingen.

 

Den Spöttern, Ignoranten und Pedanten möchte ich aber folgendes Beispiel entgegenhalten: Nehmen wir an, ich kaufe einen Gebrauchtwagen, und in der Anzeige steht, dass dieser einen Kilometerstand von 20.000 Kilometern hat. Als ich den Wagen begutachte, stelle ich fest, dass der Wagen einen Kilometerstand von 20.056 hat. Hat der Verkäufer mich belogen? Nein. Die Angabe in der Anzeige stimmte nicht genau, aber die Tendenz stimmt eben doch, und nur um die ging es mir hier. Die Tendenz ist also auf jeden Fall richtig – jemand gründlicheres als ich wird vielleicht als Durchschnittsalter einer Oper 153 Jahre anstatt 151 Jahre errechnen, aber kommt es wirklich darauf an? Nein.

Kommastellen wurden übrigens auf- und abgerundet.

 

In weiteren Artikeln werde ich umfassende Schlüsse aus meiner Statistik schließen, z.B. wie alt die durchschnittliche Oper einer Premiere ist (Durchschnitt von allen Theatern), wie das Verhältnis Uraufführungen zu Wiederaufführungen ist, wie viele Stücke unter 50 Jahren alter überhaupt gespielt wurden, etc.

 

Es versteht sich von selbst, dass ich hier nur von den Opernpremieren spreche, nicht von dem gesamten Spielplan der jeweiligen Häuser, was eine wesentlich umfassendere Arbeit bedeutet hätte, die allein nicht mehr zu bewältigen gewesen wäre.

Da der durchschnittliche Spielplan eines Opernhauses den „klassischen“ Opern üblicherweise wesentlich mehr Raum gibt als den „neuen“ oder „jungen“ Opern, wäre die Statistik bei einer kompletten Spielplananalyse übrigens noch wesentlich deprimierender für die Opernhäuser – ein „Mädchen mit den Schwefelhölzern“ wird eben wesentlich weniger aufgeführt werden, als z.B. eine neue „Carmen“-Inszenierung.

 

Moritz Eggert

 

 

LÜBECK BIS ZÜRICH

 

 

THEATER LÜBECK                                                       179 Jahre (modernstes Stück: Sciarrino/Luci mie traditrici, 19 Jahre alt, Wiederaufführung)

THEATER LÜNEBURG                                                  166 Jahre (modernstes Stück: Humperdinck/Hänsel und Gretel, 124 Jahre alt)

THEATER MAGDEBURG                                                 126 Jahre (modernstes Stück: Ades/Powder her Face, 22 Jahre alt, Wiederaufführung)

STAATSTHEATER MAINZ                                             148 Jahre (modernstes Stück: 1 Uraufführung)

NATIONALTHEATER MANNHEIM                              237 Jahre (modernstes Stück: Tschaikowsky/Jolante, 125 Jahre alt)

STAATSTHEATER MEININGEN                                   90 Jahre (modernstes Stück: Boesmans/Julie, 12 Jahre alt, Wiederaufführung)

BAYERISCHES STAATSTHEATER MÜNCHEN          158 Jahre (modernstes Stück: Janacek/Aus einem Totenhaus, 87 Jahre alt)

STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ                    182 Jahre (modernstes Stück: Donizetti/Maria Stuarda, 182 Jahre alt)

STÄDTISCHE BÜHNEN MÜNSTER                              128 Jahre (modernstes Stück: Eötvös/Angels in America, 13 Jahre alt, Wiederaufführung)

NEUBRANDENBURG/ NEUSTRELITZ                         168 Jahre (modernstes Stück: Weill/Dreigroschenoper, 89 Jahre alt)

THEATER NORDHAUSEN                                             160 Jahre (modernstes Stück: Poulenc/Diaologues…, 60 Jahre alt)

STAATSTHEATER NÜRNBERG                                   204 Jahre (modernstes Stück: Zimmermann/Die Soldaten, 52 Jahre alt)

OLDENBURGISCHES STAATSTHEATER                     191 Jahre (modernstes Stück: Statkowski/Maria, 111 Jahre alt)

THEATER OSNABRÜCK                                                101 Jahre (modernstes Stück: 1 Uraufführung)

THEATER PFORZHEIM                                                  133 Jahre (modernstes Stück: Previn/Endstation Sehsnucht, 19 Jahre alt, Wiederaufführung)

THEATER PLAUEN-ZWICKAU                                        234 Jahre (modernstes Stück: Tschaikowsky/Eugen Onegin, 139 Jahre alt)

THEATER POTSDAM                                                       keine Oper, nur ein szenisches Oratorium

THEATER REGENSBURG                                                133 Jahre (modernstes Stück: 1 Uraufführung)

VOLKSTHEATER ROSTOCK                                             174 Jahre (modernstes Stück: Leoncavallo/Bajazzo, 125 Jahre alt)

LANDESTHEATER RUDOLSTADT                                   228 Jahre (modernstes und einziges Stück: Mozart/Cosi, 228 Jahre alt)

STAATSTHEATER SAARBRÜCKEN                                   152 Jahre (modernstes Stück: Obst/Solaris, 21 Jahre, Wiederaufführung)

SCHLESWIG-HOLST. LANDESTHEATER                         107 Jahre (modernstes Stück: Ligeti/Grand Macabre, 39 Jahre, Wiederaufführung)

STAATSTHEATER SCHWERIN                                        78 Jahre (modernstes Stück: Böhmer/Der glückliche Prinz, Wiederaufführung, 17 Jahre alt)

STAATSTHEATER STUTTGART                                       115 Jahre (modernstes Stück: eine Uraufführung)

THEATER TRIER                                                                 169 Jahre (modernstes Stück: Weill/Dreigroschenoper, 89 Jahre alt)

THEATER ULM                                                                      164 Jahre (modernstes Stück: Schönberg/Die glückliche Hand, 93 Jahre alt)

NATIONALTHEATER WEIMAR                                          158 Jahre (modernstes Stück: eine Uraufführung)

WIENER STAATSOPER                                                       143 Jahre (modernstes Stück: Berg/Lulu, 80 Jahre alt)

STAATSTHEATER WIESBADEN                                         129 Jahre (modernstes Stück: eine Uraufführung)

THEATER WÜRZBURG                                                       155 Jahre (modernstes Stück: Adams/Nixon in China, Wiederaufführung, 30 Jahre)

BÜHNEN WUPPERTAL                                                       157 Jahre (modernstes Stück: Dove/Labyrinth, Wiederaufführung, 2 Jahre alt)

OPERNHAUS ZÜRICH                                                       171 Jahre (modernstes Stück: eine Uraufführung)

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