Der Stand der Dinge (7. und letzte Folge): Der Tod der Kunst – Ein Ausblick

Manchmal ist es ganz gut, kurz innezuhalten und etwas möglichst nüchtern zu betrachten, ohne einen von Ideologien, falschen Erwartungen oder eigenen Hoffnungen verstellten Blick. Vielleicht ist das neue Design des Bad Blogs ein guter Anlass dazu.
Natürlich gibt es nie einen endgültigen „Stand der Dinge“, alles ist im Fluss. Aber gerade diese Tatsache lässt uns vielleicht manchmal Dinge erwarten, die nicht möglich sind, oder andersherum Dinge übersehen, die durchaus möglich wären.
Hier also ein möglichst emotionsloser Blick auf die Neue Musik, wie sie sich heute, am Ende des Jahres 2016, darstellt. Man möge mir massiv oder zaghaft widersprechen oder zustimmen, nichts an dieser Diskussion ist abgeschlossen oder der Weisheit letzter Schluss, es ist allein ein Versuch einer unsentimentalen Bestandsaufnahme, bei der ich natürlich von eigenen Erfahrungen geprägt bin. Wo diese von Lesern ergänzt, kommentiert oder erweitert würden, begänne es spannend zu werden.

Der Tod der Kunst – Ein Ausblick

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In der letzten Folge meiner Situationsbeschreibung der „Neuen Musik“ akademischer Prägung komme ich nicht umhin, einen Blick auf die Gesamtsituation zu werfen, in der Kultur überhaupt stattfindet. Diese ist zweifelsohne von politischen Umständen geprägt.

In der Kulturgeschichte der Menschheit gab es immer wieder Epochen, in denen für Kultur günstige Freiräume existierten. Die Umstände für diese Freiräume gleichen sich, denn sie haben folgende Kriterien:

– eine stabile Lebenssituation innerhalb eines sozialen und politischen Umfeldes, das von einem gewissen Wohlstand der Bevölkerung geprägt ist
– starke Präsenz von hochwertigen Bildungsinstitutionen (Universitäten, Schulen etc.).
– eine Gelassenheit der herrschenden Strukturen gegenüber den Künsten, die diesen trotz immer existierender „Tabus“ (z.B. Gotteslästerung, Kritik an der Obrigkeit) einen Freiraum zuordnet, die sprichwörtliche “ Narrenfreiheit“
– eine präsente Schicht von individuellen „Gönnern“ und Mäzenen, die den Kunstbetrieb finanziell befeuern und aktiv daran teilnehmen

Als besonders günstig für hochwertige Kultur erweisen sich zudem noch folgende Kriterien:

– gesellschaftlicher „Aufbruch“, zum Beispiel durch Konsolidierung (siehe Renaissance) oder soziale und politische Umbrüche, die die Freiheit und Möglichkeiten von Individuen befördern oder positiv verändern
– technologischer und wirtschaftlicher Aufschwung
– Neue Einflüsse (z.B. Amalgamierung von bisher fremden kulturellen Einflüssen, günstiges Umfeld für „Zugereiste“, intensiver Kontakt mit anderen Kulturen)

Als Paradebeispiel mag hier die besondere Rolle von Städten wie Wien oder Venedig in der Musikgeschichte gelten. In beiden Städten gab es jeweils längere Zeitraume, in denen sich ein an Vielfalt reiches kulturelles Umfeld bilden konnte, das sich durch große Kosmopolität auszeichnete. Es war „eingewanderten“ Künstlern möglich, Status und Ansehen zu erlangen, gleichzeitig beförderte diese Konkurrenz im positiven Sinne die einheimischen Talente. Zudem gab es intensiven Kontakt mit einem extrem heterogenen kulturellen Umfeld, z.B. durch Handel oder Geopolitik, eine Umstand, der in Europa besonders zum Tragen kam.

Dieses Prinzip des „Melting Pot“ machte auch die USA zur Weltmacht, die sie heute ist – eine gleichzeitig relativ stabile und möglichst heterogene Gesellschaft die sich größtenteils erfolgreich auf bestimmte gemeinsame Werte einigen kann ist – das beweist die Geschichte immer wieder – günstig für wissenschaftlichen wie auch kulturellen Fortschritt. Im Gegensatz dazu bieten sich stark abgrenzende Nationen nie einen Nährboden für Kultur. In Ihnen können individuelle große Künstler existieren, diese brauchen allerdings dann die Anerkennung im neugierigeren Ausland, um sich entfalten zu können. Gänzlich isolierte Diktaturen wie zum Beispiel Nordkorea können sogar zum kompletten Niemandsland werden – nichts kommt hinein, nichts dringt nach außen. Auch die größten Talente können hier ihr Potential nicht erfüllen.

Einen Blick auf die heutige Situation in Deutschland im Kontext der Welt zu werfen bedeutet, sich in das Minenfeld der Filterblasen und individuellen politischen Meinungen zu begeben. Jeder Ausblick über zukünftige Entwicklungen muss Spekulation bleiben. Dennoch muss man feststellen, dass es Tendenzen in der jüngeren Zeit gibt, die eine schwere Bedrohung für die freie Kultur darstellen, die wir bisher als etwas fast Selbstverständliches erlebt haben in der erstaunlich langen Periode des Friedens, die mit der zunehmenden Einigung Europas einherging.

Der sichtbare Aufschwung der „Neuen Musik“ nach dem Krieg fand bekanntermaßen in einem Kontext des „Wiederaufbaus“ statt. Eine nach ihrem Selbstverständnis freie Welt konsolidierte und erholte sich nach Jahrzehnten des Krieges und der Unterdrückung. Einzelnen Individuen erschlossen sich plötzlich wieder ungeahnte Möglichkeiten, der Reichtum der Mittelklasse nahm zu und der technologische und wirtschaftliche Fortschritt nahm besonders in Europa und Nordamerika an Fahrt auf. Solange sich Komponisten dieser Zeit in irgendeiner Form als „Klangforscher“, also als Künstler mit quasi-wissenschaftlichen Ambitionen begriffen, war ihnen die Förderung gewogen, entweder durch staatliche Institutionen (die zum Beispiel die „Klangforschungsstätte“ IRCAM ermöglichten), oder sogar durch Geheimdienste (wie im Falle des CIA, im Kontext des „Kalten Krieges“). Dieses Umfeld erwies sich für Kultur generell als überaus günstig, daher strahlen die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg bis heute stark aus, sowohl was Popularkultur als auch Hochkultur angeht. Das heißt nicht, dass diese Zeit frei von Konflikten, Katastrophen oder Spannungen war, aber es war einer größtenteils freien Kunst möglich, diese zu thematisieren und zu verarbeiten, quasi zu unabhängigen Chronisten einer komplexen gegenwärtigen Gefühlswelt zu werden.

Bis heute profitieren wir von den Errungenschaften, die dieser Aufschwung mit sich brachte. Das Studieren im Ausland wurde aktiv mit Stipendien gefördert, ausländische Studenten wurden im eigenen Land willkommen geheißen. Bis heute treffen ausländische Künstler z.B. in Deutschland auf ein ansehnliches Netzwerk von Fördermöglichkeiten, die jedermann offen stehen, egal ob deutscher Herkunft oder nicht. Deutschen Studenten wiederum helfen zahlreiche Fördermittel dabei, im Ausland wichtige Erfahrungen zu sammeln und den eigenen Horizont zu erweitern. An zahlreichen Festivals in Europa versammelt sich – was zeitgenössische Musik angeht – sprichwörtlich die gesamte Welt, und innerhalb Europas gibt es einen regen Austausch unterschiedlicher Szenen und Schulen, durch die geografische Nähe begünstigt.

Man muss kein Schwarzmaler sein, um diese Situation als zunehmend gefährdet zu sehen. Schon jetzt beginnt die vormalige Offenheit einem zunehmend wieder territorial abgrenzenden Denken zu weichen. Es zeigt sich immer mehr, dass die zum Teil unglaublich schnell voranschreitende Globalisierung (durch technische Fortschritte wie den neuen Medien begünstigt) jetzt sichtbar dezidierte Gegentendenzen des Isolationismus und der erneuten Abschottung zur Folge hat. Die Welt ist so komplex geworden, dass sie den“normalen“ Bürger überfordert und archaische Ängste vor Entfremdung und Identitätsverlust befördert. In vielerlei Hinsicht fühlen sich die reaktionär wirkenden Kräfte – ob es sich um religiöse Fanatiker oder rechtspopulistische Politiker handelt macht hier tatsächlich kaum einen Unterschied – als die neuen „Revolutionäre“, die die ursprüngliche, vermeintlich bessere „Ordnung“ wieder herstellen, die die in ihren Augen „falsch gewordene“ Welt wieder in die „richtige“ umwandeln soll. Dass diese ursprüngliche Ordnung eine Fata Morgana ist und es sie so auch nie gab (man muss sich nur die nie enden wollende Geschichte territorialer Ansprüche innerhalb Europas anschauen um das zu verstehen) und gerade die dynamisch changierenden und im gegenseitigen Austausch profitierenden Verhältnisse größere Chancen für Individuen bieten, wird hierbei geflissentlich übersehen. Der schon im 20. Jahrhundert aufkommende Konflikt zwischen den prosperienden Städten als Schmelzpunkten sozialer Umbrüche und der „Provinz“ als Heimstatt derjenigen, die sich eher zu kurz gekommen fühlen und sich dem Wandel entziehen wollen, führt dazu, dass trotz Massenmedien die Reichweite der individuellen Weltsicht eher abgenommen hat.

Der beständige Blick auf die Lebenswelten anderer Menschen erzeugt in den meisten Fällen eigene Unzufriedenheit oder Überheblichkeit. Andere Kulturen werden daher schon rein statistisch fast nie als „gleichwertig“ empfunden, sie sind entweder „unterlegen“ (was die eigene Arroganzbefördert), oder „überlegen“, was wiederum Neidgefühle und Wirtschaftsflucht erzeugt. Beides wirkt sich nicht positiv auf das gemeinschaftliche Leben von Menschen aus: der Begriff „global“, vormals ein positiver Begriff, der die gemeinsamen Interessen aller Menschen symbolisiert und Grenzen überwinden sollte, wird nun zum Schimpfwort, zum Symbol anonymer Interessen von Konzernen und Machtballungen, die den Reichtum dieser Welt unter sich aufteilen. Einerseits wissen wir mehr über den Rest der Welt als jemals zuvor in der Geschichte dieses Planeten, gleichzeitig macht uns dieses Wissen aber auch missgünstiger, unzufriedener und ängstlicher als jemals zuvor. Wir werden dümmer, je vermeintlich klüger wir werden, je mehr wir über andere Menschen zu wissen glauben. So werden komplexe Kulturen in einfache Feindbilder heruntergebrochen, die man dann in ihrer Gänze verneinen und ablehnen kann. Es gibt nur noch „den“ Flüchtling, „den“ Zuwanderer, keine Individuen mit unterschiedlichen Geschichten mehr, wie sie zum Beispiel das klassische Einwandererland Amerika jahrzehntelang ohne Probleme akzeptieren (und sich einverleiben) konnte, ohne dass es diesem Land in irgendeiner Form schlecht tat.

Besonders kompliziert stellt sich die Einordnung des Individuums im Gefüge der diversen Agenden dar, die unsere Umgebung in die eine oder andere Richtung verändern wollen. Waren früher die meisten Menschen damit konfrontiert, sich einer einzigen Autorität unterzuordnen (was sie gerne taten, solange diese sich auch einigermaßen um ihr Wohlergehen sorgte), wetteifern nun unzählige Agenden und Autoritäten um die Aufmerksamkeit der Menschen. Wer sich hier wirklich um das Wohlergehen sorgt, wird immer unklarer – Hassprediger wollen Kanonenfutter für den Dschihad, Konzerne wollen willige Käufer, deren Vorlieben berechenbar und gläsern sind, Populisten wollen willige Wähler, die leicht manipulier- und mobilisierbar sind. In jedem dieser Fälle geht es aber in Wirklichkeit um eins: die Vernichtung von individueller Freiheit. Auch vormals unschuldige Bewegungen wie Tierschutz, Nichtrauchen oder Veganismus bekommen zunehmend fanatische und sektenartige Züge, verlangen gewissermaßen Unterwerfung unter ihre Ideale. Es reicht nicht mehr, selber keinen Pelz zu kaufen und zu tragen, nun muss man den Pelzträger angreifen, vorführen und attackieren.

Da im heutigem Medienalltag unzählige „Ideologien“ um Aufmerksamkeit konkurrieren, müssen alle übertreiben, sei es mit den immer mehr um sich greifenden bewussten und sekundenschnell weltweit verbreiteten Falschmeldungen oder mit Provokation und Überschreitung des „guten Geschmacks“. Die Welt ist inzwischen jeden Tag kurz vom Untergang, irgendein beliebiges Problem ist das dringlichste überhaupt, irgendeine Agenda ist nun die Allesentscheidende. Menschen bekommen Depressionen wegen Problemen, die sie nicht selber betreffen und tausende Kilometer entfernt sind. Menschen fürchten sich vor Dingen, die ihnen selber nicht passieren und auch höchstwahrscheinlich nie passieren werden. Wenn etwas irgendwo passiert, betrifft es sofort alle, doch diese Betroffenheit ist nie produktiv oder heilend, sondern erzeugt nur noch mehr Angst.

Obwohl die meisten Menschen sicherlich ein moralisch gutes Leben führen wollen, wird dies immer schwieriger. Bin ich pervers, weil ich Fleisch esse? Ist diese Spendenhilfsaktion noch vertrauenswürdig oder handelt es sich um einen Betrugsversuch? Lügt man mich an oder sagt man mir die Wahrheit? Die Unsicherheit fängt schon beim eigenen Postfach an – kein Mensch kann das Internet benutzen, ohne beständigen und beharrlichen Betrugsversuchen ausgesetzt zu sein, Datenklau, Identitätsraub und kompletter Verlust der eigenen Identität sind immer nur einen Mausklick entfernt.

Diese Situation schürt genau die Ängste, die freier Kunst hinderlich sind. Gute Kunst ist immer inherent furchtlos und mutig, sie setzt sich dem Neuen und Ungewohnten aus und probiert Entwürfe im „Wilden Raum“ der Imagination aus, in dem erst einmal alles möglich ist, weil nichts real sein muss. In diesem Raum können konträre Weltentwürfe gefahrlos miteinander kommunizieren, sich vermengen, sich austauschen, ja sogar sich bekriegen ohne dass jemand zu Schaden kommen muss. Dennoch funktioniert ein solcher Raum nie ohne Tabus, ja es sind sogar bestimmte Tabus notwendig, deren mögliche Überwindung durch die Phantasie die wilden Räume der Kunst überhaupt erst befeuert. Oder anders gesagt: wenn alle Menschen wirklich frei, glücklich und erfüllt sind, braucht es vielleich gar keine Kunst mehr, denn es ist dann keine trostspendende Vision des „Anderen“ mehr notwendig.

Werden diese Tabus allerdings zu dominant – zum Beispiel im Rahmen einer größeren Agenda, die aufgrund eines totalitären „übertriebenen“ (siehe oben) Anspruchs größtmögliche Aufmerksamkeit und Unterwerfung beansprucht – dann wird bestimmte Kunst als „entartet“ oder „politisch unkorrekt“ ausgegrenzt, wird der freie Raum dramatisch eingeschränkt, wird instrumentalisiert und unterdrückt.

Schon jetzt gibt es zahlreiche Künstler, die solche „Unterwerfungstendenzen“ unter irgendeine Agenda begrüßen; die mehr „nationale“ Kunst wollen; die sich wünschen, dass das eigene Territorium deutlicher markiert und abgegrenzt wird. Dies geschieht oft, weil sie sich persönliche Begünstigungen erhoffen. Sowohl im Dritten Reich als auch in der ehemaligen DDR gab es keinerlei Probleme, den Kunstbetrieb zu regulieren und zu instrumentalisieren, solange es dezidierte Günstlinge gab, die als willige Helfer eingesetzt werden konnten. Resultat waren jeweils Monokulturen, die um sich selber kreisten und stagnierten, wobei es jeweils nur besonders starken oder geschickten Individuen gelang, die Kommunikation mit der „anderen Welt“ aufrechtzuerhalten, manchmal auch, weil ihnen als Günstlingen der Kontakt zum Rest der Welt weiterhin möglich war (z.B. Schostakowitsch oder Richard Strauß), ihre individuelle Entfaltung also weiterhin möglich war. Die große Zahl der unendlich hohlen „Staatskünstlern“ im Dienste einer Diktatur spricht aber eine deutliche Sprache: wo man sich isoliert, wo man reglementiert, wo man ausgrenzt kann keine gute Kunst mehr entstehen. Die Kunst stirbt, weil ihr buchstäblich die Luft zum Atmen geraubt wird.

Ob die zahlreichen sich willig der Ausgrenzung anbiedernden Künstler heutzutage bewusst diesen Tod der Kunst in Kauf nehmen, sei dahingestellt, sicher ist aber, dass sie an ihr persönliches Fortkommen, ihre persönliche Karriere denken, und dabei Weitblick vermissen lassen. Sie sind willfährige Instrumente ihres eigenen Untergangs.

Die Kunst stirbt aber auch dort, wo der zunehmend gesichtslose „Mainstream“ herrscht, der diesen Planeten fast schon flächendeckend verseucht. Kalkulierte Kunst, die zwar keine Staatskunst im Sinne einer Ideologie aber dafür Geldkunst im Sinne eines angestrebten Profits ist (was nicht viel besser ist). Auch diesem goldenen Kalb ordnen sich zahllose Talente allzu freiwillig unter, dabei das verratend, dass sie irgendwann einmal dazu verlockt hat, Kunst zu machen. Man sagt Sklaverei sei schlimmer als der Tod, die freiwillige Sklaverei aber ist tödlicher Selbstbetrug.

Schlussendlich kann man nur feststellen, dass man die Zukunft nicht voraussehen kann, auch nicht im Hinblick auf ein kulturelles Einzelphänomen wie „Neue Musik“. Die reaktionären Tendenzen der Stunde interessieren sich nicht für Subtilitäten, wollen keine Abgründigkeit, keine Verunsicherung. Jede Freiheit, jede Wildheit ist ihnen verhasst.

All dies aber ist Kunst: in ihr wird immer genau die Freiheit aufscheinen, die in der Wirklichkeit unterbunden wird.

Die reaktionären Kräfte können triumphieren oder einer neuen und tiefer verinnerlichten Offenheit weichen. Jeder Trend kennt Gegentrends. Aber auch Trendwenden bedürfen einer kollektiven Anstrengung und eines Bewusstseins für den Wert der Dinge die verloren gehen können. Und genau dieses Bewusstsein ist im Moment am Schwinden, im überwältigenden Schreichor der globalen Befindlichkeiten und Welterklärungen.

Das Glück der Kunst misst sich an ihren Freiheitsgraden. Die Frage ist, ob wir uns diese Freiheit auch in Zukunft nehmen können.

Moritz Eggert

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2 Antworten

  1. Ein guter Text mit dem ich, im ganzen, einverstanden bin. Nur möchte ich hinzufügen dass Konzepten wie ‚Freiheit‘ und ‚Unterdrückung‘ nur ihre Bedeutung haben falls mit Inhalt verbunden. War der Modernismus im Nachkriegszeit nicht ‚Unterdrückung‘ und totalitär, besonders in Deutschland? Wenn Freiheit in Donaueschingen dazu leitet, dass Pop und Schlager zum seriösen Programm-Items führen, ist Zweifel an Bildung und Kulturbewusstsein gerechtfertigt. Uebrigens, in Oktober war der britische Philosoph in D.E. eingeladen und hatte versucht, das Unterschied zwischen Ton und Klang zo erklären, was stark kritisiert wurde. Hier ist die Rede nachzulesen:

    http://www.futuresymphony.org/the-music-of-the-future/

    Es soll nicht vergessen werden, dass die rechtsradikale Bewegung besonders von einer einseitigen Globalisierung angestochen worden war, die viele Menschen ihr Lebensgrund entnommen hat. Das bedeutet, dass eine Gesellschaft, die vielen in völliger Freiheit krepieren lässt, nicht wirklich frei ist. In demselben Sinn war die Europäische etablierte Nachkriegsmusik ‚frei‘, sodass z.B. die tonale Tradition versterben konnte – kein Plralismus und Freiheit dort. Es scheint mir dass der ‚Tod der Kunst‘ viel früher geschah als dieser Artikel behauptet, und wenn nun auch die heutige Szenen der gegenwärtigen Kunst vom Rechtspopulismus und Philistinismus usw. bedroht werden, kann man auch argumentieren dass sie schon zu wenig künstlerische Inhalt zu bieten hatten um sich in diesen Zeiten zu umgruppieren. Die Freiheit und der Pluralismus in der Kunst, in der Musik, könnte doch nicht bedeuten dass Unsinniges und Destruktives als ‚akzeptabele Kunst‘ gefeiert wird:

    http://www.youtube.com/watch?v=jwlCD2y2tBA

    Ich kann solches nur als Resultat von derselben Quelle als reaktionäre Kunstfeindlichkeit betrachten.

    Es ist meinen Eindruck, dass dIe ’neue Musik‘ als separates Gebiet mit ihren eigenen Werten, weit von dem ‚bourgeois‘ Kontext des regulieren Konzertbetriebes entfernt, nicht nur von dunklen gesellschaftlichen Kräften bedroht wird, aber ihren eigenen Existenzgrund untergraben hat. Wo das Gebiet der Kunst, und besonders der neuen Kunst, kleiner und kleiner wird, wäre es vielleicht keine slechte Idee auf die wenige Insel der Werte zu schauen die sich schon der Erosion der Zeit gewachsen gezeigt haben:

    http://johnborstlap.com/389-2/

    WIe könnte die neue Musik sich in diesen Zeiten behaupten? Es scheint mir, nicht mit einer Kollaboration mit den dunklen Kräften, aber auch nicht mit nur ein Fortsetzen der oberflächlichen Spielereien, aber mit ‚Inhalt‘ – aber was wäre das? Wo findet man Modelle, Beispiele, und auf welchen Grund? Eine solche Diskussion wäre eine andere gesellschaftliche Beteiligung als eine politische, aber veilleicht effektiver.

  2. Guntram Erbe sagt:

    Die Freiheit, die Kunst zu produzieren, die man als Künstler anstrebt, ist immer gegeben; fragt sich nur, ob man damit auskommen und ankommen kann und ob man damit seine gesellschaftliche Stellung oder sogar sein Leben riskiert (was es tatsächlich gibt, lieber Moritz, spiel doch mal IS-Leuten in Syrien eines Deiner Hammerklavierstücke vor). Freie Musik dieser Art existiert unter Umständen nur auf dem Papier oder in Dateien, aber das ist ja auch nichts Neues.