Freude mit GEMA-Sitzungen, Ungemach mit GEMA-Meldungen- & Abrechnungen
Moritz träumte sich durch Berlin, nachdem er persönlich nicht dabei sein konnte. Ich war da! Allerdings nicht zur Versammlung der ordentlichen Mitglieder, sondern nur auf den Sitzungen des Komponistenverbandes und zur Aussprache der Komponistenkurie der angeschlossenen und ausserordentlichen GEMA-Mitglieder. Im Vorfeld kursierten einige Emails und Artikel, welche die E-Musik-Kollegen mobilisieren sollten, Präsenz zu zeigen. Was mir vom Hörensagen bekannt ist, sind dann auch in der ordentlichen Versammlung so viele wie lange nicht mehr anwesend gewesen. Einerseits ging es um die neue Rundfunkverteilung, die angenommen wurde. Andererseits ging es um die Verstetigung der E-Musik-Wertung, die nun endlich auch durchkam. In den letzten Jahren konnte sie nur immer wieder befristet Geltung erlangen. Ich will jetzt nicht näher darauf eingehen, warum das so war – nur war die E-Musik in den letzten Jahren ein Spielball für die Austragung anderer Interessenskonflikte, die überhaupt nichts direkt mit dieser Sparte zu tun hatten, bis hin zu einem anwaltlichen Gutachten, welches die E-Musik-Wertung generell beenden wollte. All dies führte hauptsächlich zum Unmut vieler Kollegen sowie meinem eigenem, dem ich in meinem letzten, nun zurückgezogenem Artikel Ausdruck verlieh. Bei aller Freude über das jetzt erzielte Ergebnis: möge in Zukunft jede Säule der GEMA ihre Konflikte in dem Sachbereich austragen, auf den sich das Thema bezieht – alles andere ist nur überflüssige Machtdemonstration, die kaum noch vermittelbar sein dürfte, bei all den anstehenden Herausforderungen, die auf die Musikbranche zukommen werden! Nicht die Kritik an diesem Taktieren ist falsch, das Machtdenken ist es. Aber nun Friede, Freude, Eierkuchen…
Bemerkenswert waren dieses Jahr die Solidaritätsbekundungen zwischen den Sparten. Das war Balsam für die in den letzten Jahren krisengewohnten Seelen der Mitglieder in GEMA und auch im Komponistenverband. Der Treueschwur klappt immer dann, wenn letztlich alle einsehen, dass Grösseres als das Eigene auf dem Spiel steht. Im Laufe der Zeit wird die Solidarität wieder hart geprüft, so dass man sich fragt, was man hier eigentlich sucht. Im Falle der E-Musik, gerade in Hinblick auf die grosse Zahl der jüngeren Kolleginnen und Kollegen, hört man immer wieder, warum man sich das eigentlich antun solle, ja, was bei all den kleinen Erträgen, die E-Musik überhaupt in der GEMA zu suchen habe. Bis auf wirklich nur vereinzelte Stimmen in anderen Sparten und das oben angeführte anwaltliche Gutachten stellt das aber niemand so in Frage wie die E-Musik-Schaffenden selbst. Und vielleicht muss man auch gar nicht gleich die Solidarität oder die Geschichte bemühen, immerhin gründete die Vorläufer-GEMA der ernste Musik komponierende Richard Strauss. Auch wenn viele E-Komponisten sich überhaupt nicht vorstellen können, dass ausser ihnen selbst sich noch viele andere Komponisten nennen, liegt darin auch die Antwort: was sich in welcher Abstufung auch immer „Komponist“ oder „wie ein Komponist arbeitend“ bezeichnen lässt, das gehört in zur GEMA und passt wohl auch in die Reihen des vielfältigen Komponistenverbandes. So paradox dies sein mag: die Frage stellt sich gar nicht, ob E dazu gehört oder nicht. Man gehört genauso dazu wie Komponistinnen und Komponisten der Filmmusik oder für Commercials oder Sounddesigner oder, oder, oder. Weil man ganz schlicht ausgedrückt genauso komponiert, also kreativ Noten auf das Papier und aus dem Rechner herausbekommt oder Klänge sampelt und neu ediert oder neue Töne auf einem Instrument in neuen Zusammenhängen erzeugt, wie all die anderen. Klar, könnte man jetzt auch den Laborcharakter der Kunstmusik zitieren, der alle heiligen Zeiten Ideen und technische Lösungen hervorbringt, die öfters in andere Sparten dann einfliessen als man glaubt und selbst bemerkt. Und dieses langsame Tüfteln ist ja einer der Hauptgründe, warum in der Mehrzahl langwierig und selten gespielte Musik, Musik, die bei all ihren Bezügen zu anderen Genres und Künsten doch in ihrer Kompilation und Denkweises autonom und einzigartig, mit enormer Schöpfungshöhe entstanden, eben in ihrer raren Aufführung unterstützt wird: sie gibt die Hoffnung, dass es bei aller Komplexität und Autoreflexivität und geschichtlichen Rückgriffen, mit der Entwicklung der Musik an sich weiter geht. Aber was soll dieses Wolkenkuckuksheim: sie wird geschätzt und gebraucht, so wie sie die anderen Sparten schätzt und braucht, gerade wenn sie durch Ausflüge in jene fremden Gebiete sich neu auflädt, wie es gerade heute viele Kollegen und Kolleginnen vormachen.
Womit man sich allerdings nichts großartig vormachen sollte, ist das Abrechnungswesen der GEMA. Anfang April ist Hochzeit für die E-Musik-Ausschüttungen. Und auf die Freude folgt meist leider unsanftes Erwachen. Die meisten Wortmeldungen bei der Aussprache der angeschlossenen und ausserordentlichen Mitglieder bezog sich auf persönliche Erfahrungen mit oft leider massiv lückenhaften Abrechnungen. Gerade schrieb ich von der Schönheit schöpferischer Existenz, wie sie die manchmal sehr einsame Tätigkeit als E-Komponist beschert, wie es natürlich auch vielen Songwritern, Jazzern, etc. ergeht. Wenn endlich ein Werk fertig ist, im Falle der E-Musik dann auch endlich nicht nur einmal, sondern zwei-, drei-, fünfmal gespielt wird, dies bei oft mit einhergehendem Honorarverzicht oder zu Freundschaftspreisen für befreundete Musiker, hofft man ein wenig auf die Aprilausschüttung der GEMA im Folgejahr. Bei einer Versammlung mit Zeitdruck ist es natürlich das Beste, auf die Einzelfallprüfung durch die GEMA-Verwaltung zu verweisen. Wenn man allerdings merkt, dass es wie dieses Jahr ein Hauptanliegen vieler war und man sich dann mit vielen Kolleginnen und Kollegen unterhält, ist es leider ein trauriger Umstand, dass fast jeder ein Drittel bis die Hälfte der aufgeführten Stücke in den Nutzungsaufstellungen nicht wieder findet. Wie gesagt, freut man sich sehnsüchtig auf seine Abrechnung. Das wichtigste ist, dass man sich überhaupt im Online-Bereich der GEMA dazu anmeldet, um kostenfrei diese Nutzungsaufstellungen einsehen zu können. Das beste wäre, bei Livekonzerten generell den Urhebern die Nutzungsmeldungen zukommen zu lassen. Allerdings bedeutet es eine Menge Mühen, um bei sowieso geringen drei- oder vierstelligen Ausschüttungen fehlende abzurechende Stücke bis ins letzte Jota rückzuverfolgen. Kein Wunder, wenn man dann bei einem Aufkommen von unter 500 Euro bleibt, im Auge manches Verantwortlichen also unter der Grenze zur Professionalität. Spricht man nicht so GEMA-Versierte an, kann man nur mutmassen, was da alles unter den Tisch fällt. Nahezu absurd wird es, wenn man als eigener Veranstalter eines nicht ganz unwichtigen Festivals mit seinen Kollegen korrekt selbst gemeldete und nicht abgerechnete Stücke vergleicht: da liegt der schwarze Peter leider bei der GEMA-Verwaltung. So mein Appell: werdet bei der Abrechnung von aufgeführter Musik im Inland unbedingt besser! Auch Kleinvieh macht Mist: lasst Euch nicht die Nutzungen all der kleineren Stücke durch die Lappen gehen.
Ein fetter Stupser gebührt allerdings auch all den anderen kommunal geförderten Mini-Festivals, von Ländern und Bund geförderten Akademien, all die lokalen GNM-Sektionen, aber auch biennal stattfindende grössere Veranstaltungen: werdet mit Euren GEMA-Meldungen besser! Da ist leider viel Luft nach oben. Meldet die Stücke überhaupt an, verwässert ein E-Musik-Konzert nicht zum billigeren U-Musik-Event und begründet dies auf keinen Fall mit einer angeblichen subversiven Aufhebung der Gegensätze von U und E. Denn sobald Euch da die Argumente ausgehen, erzählt Ihr, wie erschöpfend diese ehrenamtliche Tätigkeit sei und wie böse der GEMA-Amtsschimmel sei. Das interessante dabei: wenn Ihr die Stücke gar nicht meldet, so könnt Ihr ja kaum von Erfahrungen mit diesem Amtsschimmel erzählen. Ihr habt dabei nur Euch selbst im Auge und vergesst, auf welchen geringen finanziellen Niveau die Komponisten z.B. zu Euren GNM-Konzerten ihre Stücke beisteuerten. Ein Anfang wäre eine halbwegs vollständig abgegebene GEMA-Meldung. Das ist eine bessere Wertschätzung für Komponisten als man glauben mag, befreit aber auch von Honoraren nicht. Richtig gefährlich ist die Situation, wenn Ihr obendrein zu den wichtigsten Orten der geförderten Musikszene einer Millionenstadt gehört. Da hilft alles Beleidigtsein nicht, da hilft nur richtig das GEMA-Formular ausfüllen. Oder sollte es doch zum Usus werden, wie GEMA-Mitarbeiter auf der Aussprache der ausserordentlichen und angeschlossenen Mitglieder sagten: Programmhefte sammeln und sich eine vom Veranstalter gesiegelte und unterschriebene Kopie der GEMA-Anmeldung aushändigen lassen…
Komponist*in