Frank Giering (1971-2010)

Der Schauspieler Frank Giering ist im Alter von 38 Jahren gestorben. Die Todesursache ist noch unbekannt.

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Frank Giering war ein außergewöhnlicher Mensch und Schauspieler. Er hat in seinem kurzen Leben einige großartige schauspielerische Leistungen abgeliefert; so, in einem Film, der mich sehr verstört und auf eine – natürlich nicht bejahende Art und Weise – inspiriert hat: in Funny Games (1997) von Michael Haneke.

Zwei prägende Schauspieler dieses hundsgemeinen, medienkritisch-selbstreferentiellen Films, vor dem alle zarten Gemüter dieser Welt gewarnt sein sollten (nur durch eine Warnung eines Freiburger Freundes wurde ich vor Jahren auf diesen Film aufmerksam, obwohl ich andere Produktionen von Haneke längst gesehen hatte) sind jetzt tot. Der ebenfalls viel zu früh gegangene Ulrich Mühe (1953-2007) und Giering. Mühe spielt in Funny Games einen Vater, dessen Familie von zwei Sadisten überfallen wird. Giering einen der beiden Psychopathen, die anfangs so höflich in das Kurzurlaubsfeeling einer kleinen Segelwochenendsfamilie eindringen.

Ein Film voller künstlerischer, ja musikalischer Situationen (nicht nur, was die virtuose Anfangsszene betrifft – man achte darauf, welche Rolle der Musik hier zugewiesen wird, vor allem, was den anschließenden Death-Metal-Kontrast anbelangt). Es gibt Szenen, die so absolut offen sind, Situationen, von denen man nicht weiß, wohin sie sich bewegen werden. Wenn die – hier filmisch vorgeführten – Möglichkeiten des künstlerisch wirklich Offenen von Komponisten häufiger so intentional eingesetzt würden: die von mir so häufig gescholtenen Allgemeinplätze würden sich zunehmend verflüchtigen. Aber darum soll es hier nicht schon wieder gehen…

Ich habe Giering nie kennengelernt. Jetzt, da er tot ist, fällt mir auf, dass ich – wie selbstverständlich – damit gerechnet habe, von ihm als Schauspieler noch viel sehen zu können. Ein Fehlschluss.

Ich habe Giering nicht nur nie kennengelernt, ich hätte mir auch nie vorstellen können, so zu sein wie er. Wie soll ich sagen… Er hat mal ein Interview (vermutlich eines seiner letzten Interviews überhaupt) gegeben, in dem er sich als komplett altmodisch darstellte. Als schüchtern, erfolglos, klein. „Ist so viel Ehrlichkeit hier schon selbst wieder Konzept, Masche geworden?“ – habe ich mich damals gefragt. Das würde ich jetzt nicht mehr so sagen. Nicht nur aus Anstand.

In dem erwähnten Interview erzählte Giering, dass er noch nie einen PC besessen, noch nicht ein einziges Mal das Internet genutzt hätte. Hat er etwas versäumt? Natürlich nicht.

Manchmal fühlt man sich einem Menschen besonders nah, dessen Leben man sich nie hätte vorstellen können.

Ich bin traurig.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

4 Antworten

  1. Margit sagt:

    Mit 38 Jahren ist man noch viel zu jung um zu sterben. Ein ganzes Land trauert. R.I.P lieber Frank!! Du wirst uns fehlen!!

  2. Ein genialer Film und ein genialer Schauspieler (der auch noch einige andere tolle Rollen hatte).Giering war fantastisch – ich empfinde genau dasselbe wie Du, Arno!

  3. Simone sagt:

    Viel zu jung gestorben. Seine Rollen waren so gut angelegt und so gut gespielt, dass man ihm das immer voll abgenommen hat. Ich hätte mich gefreut, wenn es noch weitere Filme mit ihm gegeben hätte. RIP

  4. Martina sagt:

    Ich trauere immer noch. Daß dieser talentierte Schauspieler und verletzliche Mensch so ein Ende finden mußte.
    Ich wünsche mir, daß er nun in einer besseren Welt ist. R.I.P. Frank.