Tag der Arbeit – Tage des Austauschs zwischen E- und U-Musik ab 14.5.24 in Berlin zur GEMA-MV

Der Punkt 26 der diesjährigen Tagesordnung der GEMA-Mitgliederversammlung 2024 eröffnet die Diskussion, ob angesichts der größeren musikalischen Vielfalt die beiden Abrechnungsbereiche „Ernste Musik“ und „Unterhaltungsmusik“ noch aufrechtzuerhalten sind und fordert auf sich dazu und zur genreübergreifenden integrativen Verteilung und zur Kulturförderung, „bei einer gezielten Aufwertung für besonders förderungswürdige Werke und Leistungen“, Gedanken zu machen.

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Uns Allen ist bewusst, dass es in der Neuen Musik, auch in einer Art neuen Klassik, im Jazz, in der Elektronischen Musik, in der Clubkultur, im Songwriting, etc. Werke und Autor:innen gibt, die schöne, anregende, progressive und innovative Beiträge zum lebendigen Musikleben darstellen. Wenn man davon ausgeht, dass es für Veranstalter Sinn macht, dass sich das Tarifsystem nicht ändert, also Konzerte mit dem Schwerpunkt auf Klassik und zeitgenössische Musik weiterhin ähnliche lizensiert werden, dann stellt sich die Frage, ob man nicht weitere Formate, die in philharmonischen und theatralen Räumen konzertant stattfinden, z.B. sinfonische Filmmusikkonzerte oder Konzerte von Ensembles mit Elektronischer Tanzmusik, mit Bands und Leadsänger:innen und einen progressiven und innovativen Charakter haben, hier mit aufnimmt. Das wird allerdings nicht alles abbilden.

Denkt man von der Verteilung und Werkeinstufung her, also nicht von Seiten der Nutzung, sondern von Seiten der Autor:innen, wird es komplexer. Denn nicht jeder Veranstalter von progressiven Formaten der Clubmusik oder des Songwritings wird Tarife des o.g. Bereichs zahlen wollen. Allerdings wer sich eben progressiv nennt, aus dem gewöhnlichen Entertainment herausfallen möchte, der/die könnte doch vielleicht überzeugt werden, für die vielleicht 12 besonderen jährlichen Veranstaltungen andere Lizenzen zu erwerben, wenn er daneben sonst eher geläufige U-Musik weiterhin veranstaltet? Oder die Werke, die in solchen Kontexten erklingen, aber eben aus dem Gewöhnlichen als progressiv und innovativ herausragen, werden dennoch als künstlerisch besonders abgerechnet, wie es jetzt bereits mit Werken aus der E-Musik in U-Musik-Nutzung passiert oder wenn man sich nicht einigen kann, erhalten wie jetzt, schon eine Einstufung zwischen künstlerisch besonders und eher funktionaler Musik (ich habe noch keinen besseren Begriff dafür).

Kommt es zur Kulturförderung, die wie die sozialen Abzüge des GEMA-Inkassos oft kritisch betrachtet wird, werden sich viele weitere Fragen stellen. Grundsätzlich bewirken die sozialen und kulturellen Einrichtungen der GEMA eine immense Nachhaltigkeit für das Schaffen jedes einzelnen Mitglieds. Das wird oft aus den Augen verloren, wenn man zeitweise unglaublich erfolgreich ist, dann aber vergisst, dass man selbst auf dem Weg dorthin auch durch die kulturelle und soziale Sicherung der GEMA begleitet wurde. Denn durch die Kulturförderung werden aufstrebende Talente in unterschiedlichen Sparten unterschiedlich schon heute gefördert und erfolgreiche Autor:innen und Werke noch einmal im Nachgang der Verteilung belohnt. Das System trägt einen auch dann, wenn der künstlerische Output mal geringer ausfällt, weil man sich für die Arbeit an einem neuen Output zurückzieht und sich dafür vorbereitet. Und auch Leute, die exklusiv bei Labels sind profitieren, wenn man nicht mehr so sehr von seinem Label geliebt wird oder man sich unabhängig davon macht.

Eine Öffnung der Kulturförderung für die oben unter der Verteilung und den Tarifsystemen genannten Kontexte erfolgt dann eben aus der Verteilung. Das darf aber nicht dazu führen, dass es in der bisherigen Kulturförderung zu Verlusten für z.B. die Neue Musik bzw. zeitgenössische Musik kommt. Auch in ihrer Verteilung muss man weiterhin darauf achten, dass selbst bei mehr Inkasso-Orientierung, kleinere Formate nicht benachteiligt werden, sondern einen Zuschlag erhalten, wenn man das dann z.B. auch für dann bisherige progressive U-Formate möchte.

Wenn z.B. philharmonische Kontexte mehr erhalten sollen, obwohl sie ja schon viel bekommen, muss man immer auch an die kleineren, z.B. kammermusikalischen Formate denken: Denn das eigentliche Experiment passiert gerade mit den kleineren Spielorten und Festivals und Ensembles.

Früher sprach man davon, dass Ernste Musik seltener gespielt würde und länger für ihre durchkonstruierte Entstehung bräuchte. Das mag heute auch in anderen progressiven Kontexten in der Produktion nicht anders sein. Im Bereich der notierten Neuen und zeitgenössischen Musik werden neue Techniken, Formen, Strukturen, klangliche Möglichkeiten, etc. entwickelt und zum ersten Mal ausprobiert, verworfen oder bestätigt, die später für größere und kommerziellere Formate Grundlagen legen. Diesen Bereich zeichnet besonders die Offenheit der Form aus, derweil andere Bereiche eher sehr formalisiert sind. Genau diese Bereiche profitieren dann von den Ideen und suchenden Kreativität der Neuen und zeitgenössischen Musik, um dann noch verrückter Performances, Techniken, Klang-Anordnungen für ihren kreativen Prozess einsetzen zu können.

Da wir uns sonst oft nicht vor lauter Arbeit direkt begegnen können, ist es daher wichtig, dass wir uns nun dieses Jahr und in den Folgejahren enger persönlich genreübergreifend und natürlich auch genrespezifisch untereinander begegnen und austauschen. Dazu bietet die GEMA-Mitgliederversammlung ab 14. Mai 2024 ein gutes Forum. Genauso sollten wir unsere Komponist:innen und Textdichter:innenverbände und Verlegerdachorganisationen auffordern, offener und transparent mit uns und mit der GEMA in den Austausch zu treten. Wir müssen nämlich den großen Konsens suchen. Denn niemand darf übervorteilt werden. Und vielleicht erkennen wir auch sehr bald die jetzigen Stärken des alten Systems, verbessern ein paar Verzerrungen und plädieren für dessen Erhalt bei gegenseitigen behutsamen und sinnvollen Öffnungen. Denn niemand soll vom kreativen Arbeiten abgeschnitten werden, bei aller Belohnung der Erfolgreichen, müssen Alle gefördert und mitgenommen werden.

 

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