Hallo Universitätsverwaltungen

Ich war jetzt an verschiedenen Universitäten und Musikhochschulen Lehrbeauftragter. Meine Kolleginnen und Kollegen waren alle ganz wunderbar. Und das Feedback der Studierenden bezüglich der Lehrinhalte und so weiter war auch durchweg sehr gut. Trotzdem habe ich alle Lehraufträge gekündigt.

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Das liegt einerseits an der Reise-Belastung. Die Lehraufträge galten jeweils für Institutionen, die nicht in meinem Wohnort liegen. Selbst Blockseminare können dann doch recht anstregend sein; zumal, wenn man ohnehin viel (mit der Bahn) reist. Der Hauptgrund ist aber: die Verwaltung! Bei einer der Institutionen habe ich eine Art von Bürokratie erlebt, die mich völlig fertiggemacht hat.

Das fing damit an, dass alle Formulare immer (!) nur im Original (also: als Papier) akzeptiert wurden. Schickte ich etwas Unterschriebenes und anschließend Eingescanntes: ungültig. Alles noch einmal! Bestimmte Sachen gingen aber offenbar dann doch digital durch, so, dass sich die Auflistung der Formulare, die ich der Institution noch „schuldete“, natürlich jeweils anders gestaltete. Anleitungen zum Wahnsinnig-Werden.

Schickte ich der Verwaltung etwas, kam in den letzten Monaten außerdem eine Abwesenheitsnachricht des jeweiligen Mitarbeiters zurück. Die Email könne nicht gelesen oder jedenfalls nicht beantwortet werden. Beziehungsweise: nicht jetzt (oder so ähnlich). Manchmal kamen auch von derselben Person Abwesenheitsnachrichten, dass die Beantwortung der Emails sich hinziehen könne (wegen Überlastung). Antwortete die betreffende Person überhaupt (nach Monaten) einmal, kamen Unterstellungen (z. B. die, ob/warum ich Belege tatsächlich im Original, aber halt, um Porto zu sparen und weil ich gerade halt in der Stadt war, um zu unterrichten, persönlich abgegeben habe) und jeweils variierend verwirrende Angaben. Angaben darüber, was noch abzugeben, was noch „in echt“ zu unterschreiben sei – und was noch fehle.

Irgendwann kamen dann Dokumente zurück. Teilweise per Post, teilweise per Email. Jeweils mit kryptischen Angaben dazu, was jetzt zu tun sei.

Die Sache zieht sich bis zum heutigen Tag. Und ich habe meine Lehrauftragsvergütungen vom Wintersemester 2022/2023 und vom Sommersemester 2023 immer noch nicht erhalten. „Gespannt“ bin ich auch, ob denn wenigstens die Abrechungen hinsichtlich der Fahrtkosten „durch“ ist.

Ich muss abschließend bekunden, weil sich das Ganze hier vielleicht etwas verwirrend liest, dass ich der ordentlichste Mensch der Welt bin. Ich verliere also nichts. Und ich übersehe auch nichts, weil ich mir immer alles gesondert notiere. Und ja, dafür habe ich Zeuginnen und Zeugen.

Und es ist ja so: Lehraufträge – das wissen wir leider alle – werden schlecht bis sehr schlecht bezahlt. Darüber möchte ich mich heute überhaupt nicht beschweren. Kommen aber noch diese wirklich sehr unguten Belastungen durch die Verwaltung dazu: Dann ist irgendwann Ende. Und ich frage mich, ob darunter nicht die gesamte Lehre leidet. Denn wer will schon diesen toxischen Bürokratie-Aufwand in seinem Alltag? In einem Land, das eh so pervers „durchorganisiert“ ist, dass so extrem Selbständigen-feindlich agiert, dass so viele Menschen verbeamtet hat, die vor lauter Depressivität in ihrem immergleichen Job das Leben anderer Menschen gerne zur Hölle machen.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

Eine Antwort

  1. Wendelin sagt:

    OK, das ganze Land macht sich Gedanken über faire Vergütungen und was man gegen die Prekarisierung der Lehre tun kann, und Arno gibt seine Lehraufträge wegen Verwaltungsbürokratie auf. Kann man so machen, ist dann halt aber Mimimi und kein ausdrucksstarkes Statement.