Kommt mal bitte klar (so terminmäßig)
Mir erzählte mal eine damalige Musikhochschulstudentin, wie sich ein niederländischer Kommilitone von ihr sehr wunderte, als ein Kirchenmusikstudent (möglicherweise im gemeinsamen Tonsatz-Seminar oder Ähnliches) – sinngemäß – sagte: „Also, ich komme sehr gut mit dem Pfarrer meiner Gemeinde klar!“
In Deutschland würden wir vielleicht denken: „Schön, wenn sich Menschen gut verstehen.“ Im Niederländischen heißt „klarkommen“ jedoch „schnell miteinander Sex haben“. So gesehen ist das nicht ganz unlustig.
Was ich aber eigentlich schreiben wollte: Berufsbedingt beschäftige ich mich viel mit Opernspielplänen, forste die Online-Spielpläne nach lohnendenPremieren und so weiter durch. Und was mir da immer wieder auffällt, ist, dass manche Opernhäuser des deutschsprachigen Raums offenbar schlecht oder chaotisch planen. Momentan sind viele Musikschaffende (auch und vor allem die an Opernhäusern) perplex, wie wenig Publikum „nach Corona“ zurückkommt. Noch immer ist nicht klar, woran das genau liegt. (Dazu hatte ich schon mehrfach geschrieben.) Das Opernpublikum ist traditionell etwas betagter. Und was machen etwas ältere Menschen gerne? Richtig: planen. Wann gehen wir wohin? Für welche Vorstellung möchten wir schon jetzt unsere zwei Karten sicher haben? (Um beispielsweise nicht lange in einer Menschenschlange stehen zu müssen. Denn dazu braucht man Geduld und heile Knie.)
Was ist also seitens der Opernhäuser ratsam? Richtig: Die Spielpläne müssen verlässlich und immer ein paar Monate im Vorhinein online (oder halt gedruckt) sein. Es gibt aber ein paar große Opernhäuser, die nur zwei bis drei Monate im Vorhinein (wenn überhaupt) ihre Spielpläne online stellen. Und ich finde das irgendwie belastend. Warum geschieht das nicht? Habt ihr nicht genug Personal? (Unwahrscheinlich.) Liegt das immer noch an Corona? (Ebenso unwahrscheinlich, denn es geht ja um zukünftige Vorstellungen). Oder ruht ihr euch einfach so ein bisschen darauf aus, dass ihr halt eh subventioniert seid? Macht ihr das so knapp, weil euch vielleicht niemand dafür kritisiert? Seid ihr vielleicht so ein bisschen verpeilt? (Die Kommunikationsmenschen eines größeren Opernhauses im Südwesten der Republik antworten mir beispielsweise seit Monaten nicht. Erst funktionierten die Emailadressen nicht; Emails kamen einfach „zurück“; „Error“; dann erfolgten keine Antworten.)
Ich finde das sehr merkwürdig. Die subventionierte Kultur steht doch immer mal wieder in Teilen auf dem abschussbereiten Präsentierteller (gerade bei den Pappenheimer:innen von FDP und den Vollnazis von der AfD). Deshalb muss gerade in der Publikumskommunikation (wozu auch die Verlässlichkeit beim Kartenverkauf beziehungsweise bei der entsprechenden Planung gehört) möglichst perfekte Arbeit gemacht werden.
Und, ich weiß, wovon ich rede: So schwierig ist das gar nicht!
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.