Polnische, britische und mehr Sanktionen gegen Leonid Mikhelson, Besetzung der VAC-Stiftung in Venedig, verdunkelte Yacht-Transfers: Kein Problem für die Salzburger Festspiele
Es ist an der Zeit, die Salzburger Festspiele mal wieder auf die Welt der Sanktionen von Festspielbesucher:innenstaaten wie Großbritannien, Kanada und Polen, verdunkelte Oligarchen-Yacht-Transfers und Geschehnisse im Umfeld der Biennale in Venedig hinzuweisen. Fangen wir mit dem Letzteren an: Markus Hinterhäuser sagte der APA Anfang Juli 2022: „Die V-A-C-Stiftung hat in den letzten Jahren Mozarts „La clemenza di Tito“ in der Inszenierung von Peter Sellars sowie „Salome“ und „Don Giovanni“ in der Regie von Romeo Castellucci finanziell unterstützt. Sie steht nicht auf der EU-Sanktionsliste. In dem Augenblick, in dem sie auf die Sanktionsliste kommt, werden wir einen Umgang damit finden. “ Damit macht er es sich aber zu einfach. Die Produktion „Herzog Blaubarts Burg/De tempore fine comoedia“ mit u.a. dem musicaeterna Chor und Teodor Currentzis soll durch GES-2, das Museum der VAC-Stiftung von Leonid Mikhelson, CEO des russischen Gas-Riesen Novatek, mitfinanziert werden. Die seit Kriegsbeginn im Februar 2022 geschlossene Dependance der VAC-Stiftung in Venedig, Zattere, wurde am 15. Mai 2022 durch die italienische, antifaschistisch, ökologisch, sozialistisch orientierte Graswurzelbewegung „Globalproject“ aus Protest gegen den Ukraine-Krieg Russlands besetzt, als dessen soziokulturellen-ökonomischen Vertreter man Leonid Mikhelson betrachtet. Das wurde vor allem in der Welt der Bildenden Kunst registriert. Für die Salzburger Festspiele müsste dies eigentlich einen Impact wie die Probleme mit Solway haben.
In Großbritannien und Kanada ist Leonid Mikhelson als CEO von Novatek sanktioniert, u.a. um laut Aussenministerin Liz Truss „Together with our allies, we are showing the Russian elite that they cannot wash their hands of the atrocities committed on Putin’s orders. / Gemeinsam mit unseren Alliierten zeigen wir der russischen Elite, dass sie nicht ihre Hände von den auf Putins Befehl begannenen Grausamkeiten reinwaschen können.“ In Polen ist wiederum seit Ende April Novatek sanktioniert, explizit beruft man sich auf persönliche Sanktionen in Großbritannien gegen CEO Leonid Mikhelson im Abschnitt zu OAO Novatek: „Podmiot powiÄ…zany z Leonidem Wiktorowiczem Michelsonem (Leonid Victorovich Mikhelson), który zostaÅ‚ objÄ™ty sankcjami rzÄ…du Wielkiej Brytanii na podstawie Sanctions and Anti-Money Laundering Act 2018 – nr 996, ID: RUS 1126. OAO Novatek zajmuje 4 miejsce na liÅ›cie najwiÄ™kszych firm rosyjskich i jest beneficjentem decyzji rzÄ…du Federacji Rosyjskiej. DziaÅ‚a w sektorach gospodarczych zapewniajÄ…cych istotne źródÅ‚o dochodów rzÄ…dowi Federacji Rosyjskiej, odpowiedzialnemu za anekcjÄ™ Krymu i destabilizacjÄ™ Ukrainy. / Ein Unternehmen, das mit Leonid Wiktorovich Michelson (Leonid Victorovich Mikhelson) verwandt ist, der von der britischen Regierung gemäß dem Sanctions and Anti-Money Laundering Act 2018 – Nr. 996, ID: RUS 1126, mit Sanktionen belegt wurde. OAO Novatek belegt den 4. Platz auf der Liste der größten russischen Unternehmen und ist Nutznießer der Entscheidungen der Regierung der Russischen Föderation. Es arbeitet in Wirtschaftsbereichen, die eine bedeutende Einnahmequelle für die Regierung der Russischen Föderation darstellen, verantwortlich für die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine. Darüber hinaus war bis zum 28. Februar 2022 Gennady Nikolayevich Timchenko (Gennady Nikolayevich Timchenko), einer der vertrauenswürdigen Mitarbeiter von Wladimir Putin, Mitglied des Novatek-Vorstands, der EU-Sanktionen unterliegt (Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014).“
Damit ist die Firma Novatek des Oligarchen Mikhelson, aufgrund auch von internationalen Sanktionen gegen ihn und seinen Geschäftspartner Timchenko sehr wohl in einem EU-Staat sanktioniert, deren Geld über ihren Anteilseigentümer und CEO in die VAC-Stiftung fließt, die eine Produktion der Salzburger Festspiele mitfinanziert. Davon abgesehen wirbt die Salzburg Tourismus GmbH weltweit mit den Salzburger Festspielen auch um Tourismuspartner:innen aus Großbritannien und Nordamerika, explizit hat man dafür eine eigene Dienststelle für diese Weltregionen. Wie will man diesen internationalen Partner:innen in Großbritannien, Kanada und Polen dieses Festspiel-Sponsoring erklären? Oder ist man 2022 kein internationales Musik- und Theaterfestival mehr oder sind einem Kund:innen, die die Entscheidungen ihrer Regierungen in diesem Ukraine-Krieg wie Sanktionen beachten wollen, einfach egal? Anscheinend spielen Festspielbesucher:innen mit politischen Bewusstsein in der Sache keine Rolle. Es nähme nicht Wunder, wenn angelsächsische Medien demnächst nicht nur Feuilleton-Mitarbeitende, sondern auch Investigativ-Journalist:innen nach Salzburg zu den Festspielen entsenden.
Zuletzt fiel Mikhelson vor allem durch den Transfer seiner Yacht „Pacific“ von den Bahamas in die Türkei auf. So wie es mit den Yachten anderer Oligarchen geschah. Bemerkenswerterweise war das Ortungsradar die halbe Strecke ausgeschaltet, womit man im internationalen Schiffsverkehr nicht mehr aufzufinden war und damit potentiell kreuzende Schiffe gefährdete, nur um ja nicht vielleicht durch sanktionierende Staaten beschlagnahmt zu werden. Mit solchen Personen und ihrer Stiftung also, die international was zu verbergen haben, will man wirklich kooperieren, obwohl sehr wohl Sanktionen sogar in einem EU-Land vorliegen, obwohl es Probleme im Bereich der Bildenden Kunst und europäische Protestaktionen gegen dies Stiftung und ihren Stifter gibt? Es gibt zwar eine Aussage auf DLF einer über Russland schreibenden Interviewpartnerin, dass sich Mikhelson von Putin distanziert habe. Solange das aber weder international bekannt ist oder bestätigt wurde – keiner meiner russischen Hintergrundsgesprächspartner hat dahingehend etwas gesagt – bleibt das VAC-Stiftungs-Sponsoring für Salzburg 2022 mehr als moralisch fragwürdig.
Komponist*in