Tun und Unterlassen der BADSK-Musikdirektion in Sachen Siegfried Mauser – und trotz Kritik & Ärger ein Ausblick
Der Austritt Mausers, er nennt es „Verzicht“, aus der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (BADSK) hat die Lage noch nicht beruhigt. Neues Feuer gießt das Erscheinen der Festschrift zu seinem 65. Geburtstag in die Affäre. Die FAZ ließ sich das Protokoll der Sitzung vorlesen, in der der damalige BADSK-Präsident die Akademie auf Mauser einschwört. Aktuell ist er nicht nur in der Festschrift dabei, sondern es erscheint auf Mausers Facebook-Seite ein Gedicht Michael Krügers, wo Heidschnucken zu Richterroben werden, deren Träger kein Recht zu sprechen hätten und schwenkt dann auf eine Wanderung Hölderlins um – alles löst sich in Schönheit auf.
Nur Schönheit in der protokollierten Sitzung vom 01. Juni 2017? „Zur Angelegenheit Siegfried Mauser merkt Herr Krüger an, dass er persönlich, als einfaches Akademie-Mitglied, die Freude einiger anderer über die Verurteilung S. Mausers keinesfalls teilt. Unter dem Beifall aller Anwesenden spricht er vom Ziel der Akademie, Freunden auch in schwierigen Situationen beizustehen, vor allem wenn sie, wie im Fall Mauser, noch nicht rechtskräftig verurteilt sind.“
Das muß man sich näher ansehen: Krüger nennt sich hier einfaches Mitglied. Übernimmt ein Vize die Sitzungsleitung? Nein. Damit ist „einfaches Mitglied“ hier nur rhetorisch zu verstehen. Ist der Freundesbeistand vor Gericht ein Ziel der Satzung? Nein. Denn es dient nicht der Beobachtung der Künste, fördert sie nicht zweckdienlich, leistet keinen Beitrag zur Interaktion von Kunst und Gesellschaft und mit ihrer Würde hat es auch nichts zu tun (§ 1 Abs. 2 der BADSK-Satzung).
Mancher liest hier heraus, dass es vielleicht so etwas wie Schadenfreude von einzelnen Mitgliedern der Akademie über das erste Urteil und seine eben erfolgte Berufung gab. Oder ist es vielmehr eine subtile Diskreditierung von Mitgliedern, die 2016 nicht bei einem Justiz verachtenden und vitcim-blaming-artigen offenen Brief, ähnlich Krügers eigenem ganz offiziell mit Präsident gezeichneten SZ-Leserbrief, dessen intendierten offiziellen Charakter bis heute nicht relativierte, der ganzen Akademie mitmachen wollten? Juan Martin Koch schrieb heute in der nmz über diese geplante kollektive Solidaritätsnote der BADSK.
Mindestens Teile von Krügers Literaturabteilung verhielten sich hier widerständig: Ludwig Steinherr kommentierte die Tage auf Facebook, dass er genau diesen Pro-Mauser-Brief nicht unterzeichnen wollte. Dagmar Leupold schrieb einen eigenen Krüger-Kritischen SZ-Leserbrief. Petra Morsbach erklärte einem Richter-Freund in der FAZ das Funktionieren von sexueller Nötigung im Amt und deren falltypischer oftmals später Anzeige. Die protokollierte „Freude einiger anderer über die Verurteilung S. Mausers“ ist also nichts Anderes als eine Schmähung seiner Kritiker. Kritik also wohl nur aus den Reihen der Literaturabteilung, nicht aus der Musiksektion.
Zeit für einen Neuanfang! Und wie sähe denn solch eine Erneuerung aus? Die Musikabteilung sollte ihre Leitung auf erweiterte Beine stellen, mehrere in und um München wohnende Mitglieder ehrenamtlich integrieren. Dazu den Frauenanteil erhöhen, auch in Leitungsfunktionen. Die Leitung überhaupt an Jüngere U60/U50 wie in der Berliner AdK übertragen. Diskussionen und Jour Fixe öffentlich machen. Sich aktiver in kollektive die Leitung der BADSK einbringen.
Ein ganz großes Problem: Max Nyffeler und andere sowie eben auch Krüger und seine Applaudierenden überbetonen den Freundschaftscharakter dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaft. Dazu trägt auch das Zuwahlsystem bei: es werden Vorschlagslisten erstellt und die Mitglieder bestimmen intern, wer auf diesen Listen eine Chance hat.
Auf der Vorschlagsliste landet der oder die am ehesten, den oder die ein Mitglied mit Vorschlagsrecht persönlich kennt. Die Vorschlagsliste und die Zuwahl sollte man vollständig einem Gremium übertragen, das mehrheitlich mit Externen besetzt ist und die Verdienste und Bedeutung von global wie auch für eine in der Stadt verwurzelte Akademie lokal möglichen Neumitgliedern begutachtet – es sollen in München ja auch Münchnerinnen und Münchner vertreten sein, denn nur die können ehrenamtlich ein kontinuierliches Arbeiten und Organisieren garantieren, es sei denn, man hat urplötzlich üppige Mittel für Reise- und Logiskosten.
So oder so: ein Neuanfang ist dringend geboten, sogar laufenden Projekten zum Trotz. Mit dem vor allem auf äußeren Druck überhaupt in Angriff genommenen Ausschluss Mausers und ein Statement auf Minimalprinzipniveau kratzte man im letzten Moment die Kurve. Nun trat Mauser selbst aus, damit hat sich das Aufarbeiten und Neuaufstellen aber nicht erledigt, im Gegenteil: jetzt beginnt es erst, organisatorisch wie personell.
Komponist*in