Nur vorerst – Siegfried Mauser will derzeit nicht der Akademie (BADSK) angehören
Heute wurde festgestellt, dass Siegfried Mauser nicht mehr auf der Homepage der Bayerischen Akademie der Schönen Künste (BADSK) steht. Darauf angefragt, meldet die PR-Stelle der BADSK: „In einem persönlichen Schreiben an den Musikdirektor hat Herr Mauser diesem mitgeteilt, dass er vorerst nicht als Mitglied geführt werden möchte.“ Weiter heißt es: „Die Musikabteilung stimmt nun darüber ab, ob die Beantragung des Ausschlussverfahrens gegen Siegfried Mauser einzuleiten ist. Dieses Verfahren regelt der §7 (2) unserer Akademieverordnung.“
Das bedeutet: die Mitgliedschaft Mausers ist auf seine Initiative hin vorübergehend storniert. Aber nicht beendet. Das zwingt die BADSK nun erstmalig den Satzungsparagraf zum Ausschluss tatsächlich anzuwenden. Seine Freunde macht Dr. Mauser nun so zu seinen Richtern. Mutmasslich will er, dass möglichst viele BADSK-Kolleg*innen sich seiner erbarmen. Denn das vorübergehende Ruhenlassen der Mitgliedschaft lässt das Ausschlussverfahrens satzungsgemäß ablaufen. Aber es bringt keine Ruhe in die Akademie. Es stehen nun der Ausschluss Mausers oder der Austritt von Brigitte Fassbaender vor der Tür.
Schaut man auf Ulli Hoeneß, der auf seine Verurteilung hin beleidigt seine bayerischen und deutschen Orden zurückgab, zeigte er dennoch Größe und verhinderte formale Verfahren zu deren Aberkennung. Das könnte im Falle Mausers auch anstehen: es beträfe den Maximiliansorden und das Bundesverdienstkreuz. Beim Maximiliansorden ist der Präsident der BADSK Mitglied des Kuratoriums. Er müsste über ihn richten.
Jetzt wird mancher sagen: lasst ihm doch seine Mitgliedschaft und Orden! Das Problem ist, dass die BADSK aufgrund ihrer staatlichen Satzung, die für ihren Bereich als öffentliches Recht gilt, bei solch einer Haftstrafe von 2 Jahren und 9 Monaten, mit Zusammenzug der 9 Monate aus dem ersten Prozess laut Staatsanwaltschaft in Bild/SZ sogar mehr als 3 Jahre, das nicht einfach ignorieren kann, ob das eine grobe Verfehlung ist und gegen den Geist der BADSK verstößt.
Gott sei Dank prüft sie das mit dem eingeleiteten Verfahren! Würde sie das unterlassen, könnten sich die leitenden Beamten und weiteren Führungspositionen der BADSK strafbar machen – siehe den durch die Landesanwaltschaft suspendierten ehemaligen Kanzler der Musikhochschule München. D.h., die BADSK dazu aufzufordern, wie es vor ein paar Tagen noch notwendig war, ist auch eine Erinnerung an das Einhalten von Recht und Gesetz. Und manche sagen schon, dass man nun nichts mehr tun solle.
Mutmasslich will Mauser mit dieser Haltung eben seine Freunde zu einem positiven Votum zu seinen Gunsten zwingen. Denn bisher hatte man den Eindruck, dass er unbedingt der BADSK angehören will. So scheint er wohl seine Freunde selbst 2018 nach dem ersten rechtskräftigen Urteil nicht zur Vorsicht mit Festschrift und Solidaritätsadressen angeleitet zu haben, da es sehr wohl im zweiten Prozess für ihn negativ ausgehen könnte, und auch so ausging. Seine Freunde fühlen sich ihm verpflichtet. Dabei scheint er sie zu manipulieren und allein zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Statt sie schlichtweg gute Freunde in schweren Zeiten sein zu lassen, müssen sie sich zu ihm wie zuvor schon und jetzt in einer Kampfabstimmung bekennen (s. seine Freunde in Heidelberg/Bonn/Karlsruhe), wenn die auch anonym stattfindet.
Bei einem positiven Votum würde die BADSK einen Straftäter in Haft in ihren Reihen halten. Damit würde man ihn mit der Mitgliedschaft wie z.B. einen Komponisten wie Helmut Lachenmann ehren, der ja auch bei der Festschrift dabei ist. Und man würde Brigitte Fassbaender verlieren.
Bisher haben sich übrigens anscheinend weder die Institution noch Personen in Leitungspositionen der BADSK bei den Opfern Prof. Schornsheim und Maria Collien für das Verhalten und die Reaktionen von Personen in Leitungsposition entschuldigt – sie deklariert deren Vorgehen als „privat“, obwohl sie mit ihrer Amtsfunktion unterschrieben oder sich zwar einfache Mitglieder nannten, als sie sich zu 99% zu Mauser bekannten, aber eben als Mitglied, nicht als Nicht-Mitglied. Man bedauert nur sich selbst, nicht die Opfer, die z.T. anonym auf das übelste geschmäht werden, als seien sie künstlerisch unfähig, wogegen allein schon deren prominente Karrieren sprechen und das Schmähen grober Unfug ist.
Es bleibt zu hoffen, dass dieser „Vorerst-Austritt“, der sehr beleidigt wirkt, das einzige Signal Mausers an seine Freunde bleibt und er sie nun ihres schlimmen Amtes walten lässt. Wie schon x-mal gesagt: jetzt komplett zurückzutreten wendet Schaden von der BADSK ab und rettet die Reste seiner Verdienste für diese. Aktuell reißt er alle in den Abgrund, wie schon die gesamte Zeit, wo er jeden Prozess verlor und seinen Freunden wohl suggerierte, sie könnten was für ihn mit öffentlichen Statements tun.
Komponist*in
Ich denke, zuviel Spekulationen von außen helfen jetzt auch nicht wirklich weiter. Von der Webseite war der Name viel früher weg, nämlich schon am Abend der Sitzung (deshalb war ich auch über die Meldung des BR über das Ausschlussverfahren verwundert).
Was wichtig ist, dass spätestens jetzt ein Umdenken stattfindet.
Die Sache ist ja, dass die Herren sich erlauben konnten, auch mit der Autorität der Führungsposition einer renommierten Institution, weil der Zeitgeist noch so war.
Die ZEIT schrieb z.B. noch in der Ausgabe 28/2016 (online 2.7.2016): „Sexualstrafrecht. Das Schlafzimmer als gefährlicher Ort.
Was leidenschaftliche Liebesnacht und was Vergewaltigung war, definiert die Frau künftig am Tag danach: Noch vor der Sommerpause soll eine unnötige und verhängnisvolle Verschärfung des Sexualstrafrechts durchgepeitscht werden.“
Ein BGH-Richter erklärte 2015 das Sexualstrafrecht: „auf die Sexualität übertragen: Jemanden anzufassen, ist keine Zwangshandlung, mit welcher das „Dulden“ dieser Handlung selbst „erzwungen“ wird. (..) Das Handeln „gegen den Willen“, aber ohne Einsatz von Nötigungsmitteln, ist daher eigentlich keine Nötigungs-, sondern allenfalls eine „Missbrauchs“-Handlung: Als Missbrauch von Handlungsmöglichkeiten oder als missbräuchliche Ausnutzung von Schwächepositionen, woher auch immer diese kommen mögen.“
Und dann über Sexualstrafrechtsreform: „Wer sich als „Opfer“ von irgendetwas präsentieren kann, hat den ersten Kampf gegen die Enttäuschungen des Lebens gewonnen. Wenn sie oder er dazu noch subjektiv leidet, kann von nun an die Lebensaufgabe lauten: Erkenne, dass du ein Opfer bist! Und vergiss es nie!“
Das sind durchaus Stimmen von Medien/Personen, die man sonst als Stimmen der Vernunft ansehen könnten.
Da passten die Stimmen der entsetzten „Münchner Kulturwelt“ (Titel der SZ-Leserbriefseite) noch zum bürgerlichen Mainstream.
Sogar 2018 hat das Ensemble Resonanz (welches ich im Übrigen sehr schätze!) unter dem Motto „Die Geburt der Stimme ist die Geburt des Widerstands. Und der ist noch zu leise!“ eine Podiumsdiskussion veranstaltet, mit Svenja Flaßpöhler als Gast. Auf dem Podium wurde also #metoo-kritisch argumentiert. Auf dem VAN-Magazin gibt es ein gekürztes Protokoll des Abends. Was gekürzt wurde: die #metoo Diskussion.
Bis vor paar Jahren hatten Opfer realistisch gesehen keine Chance.
Jetzt kann sich was ändern. Bei manchen Stellen passiert das schneller als sonstwo.
„Wie gesagt: Schweigen ist Zustimmung.“
Hier bitte vorsichtig sein. Das war bisher ein Standard-Argument gegen Opfer von sexuellen Übergriffen (das Opfer hat nichts gesagt, daher konnte der Beschuldigte von einer Zustimmung ausgehen.)
Im Übrigen ist „einen Beitrag für eine Festschrift schreiben“ nicht Schweigen, sondern eine aktive Teilnahme. Schweigen wäre „keinen Beitrag für eine Festschrift schreiben“ (im Gegensetz zu: „aktiv gegen die Festschrift oder gegen die eigene Teilnahme aussprechen“).
Liebe k., Schweigen ist Zustimmung meint hier keinesfalls Opfer, sd. eminent wichtige Künstler, die bei persönlicher Ansprache zu ihrer Festschriftteilnahme im Gegensatz zu den Wissenschaftlern nichts sagen, nicht mal ein Wort des Respekts, wie es den Herren der Wissenschaft immerhin möglich ist. Die Künstler stecken den Kopf einfach in den Sand. Für mich ist die Teilnahme an dem Kompendium ja ein Votum für den Täter, solange man nicht einmal eine Art Disclaimer oder einfache Erklärung von sich gibt.
Die Entfernung des Namens fiel Bahners zuerst auf, er formulierte das zuerst. Nun haben wir den „Grund“. Druck nimmt Mauser jedenfalls nicht von der BADSK. Im Gegenteil.
Schweigen kann alles sein. M.E. ist das Problem eskaliert, weil die Herren eben nicht geschwiegen haben sondern aktiv für Mauser ausgesprochen haben.
Persönlich mag ich es nicht, wenn jemand nur deswegen Worte des Respektes gegenüber Opfern ausspricht, aus eigenen PR Gründen, wegen der eigenen Reputation, wegen der eigenen Schadensbegrenzung. Um auf der ‚politisch korrekten‘ Seite zu sein, nachdem sie sich gefahrlos positionieren können, weil es eine Verurteilung gegeben hat. Das ist kein Respekt sondern Instrumentalisierung. Ein Opfer muss im Übrigen nicht solche Worte annehmen von jemandem, der jahrelang gegen einen gehetzt hat. Der Zug ist abgefahren. Wenn jemand wirklich dazu gelernt hat, muss er seine neue Haltung erst glaubwürdig vorleben.
Natürlich ist die Teilnahme an dem Kompendium ein öffentliches Votum für den Täter, aber dann ist die Position auch klar, und man kann sich seinen Teil dabei denken. (Dass das eine persönliche Enttäuschung ist für diejenigen, die diese Teilnehmenden für bessere Menschen gehalten hatten, ist verständlich. Sowas lässt sich aber, denke ich, öffentlich nicht klären, sondern nur in einem persönlichen Gespräch, jenseits von Schuldzuweisung. Dass das für das Ansehen des Berufsstandes nicht förderlich ist, ist auch klar, aber welches Konzertpublikum interessiert sich dafür, ob Widmann einen Beitrag für die Festschrift zum Mausers Geburtstag geschrieben hat? Bei einem Filmstar wird die öffentliche Reaktion ganz anders ausfallen. Wer kauft sich denn eigentlich so eine Festschrift?)
Ergänzung:
Mir Scheinheiligkeit meine ich z.B. sowas: https://www.zeit.de/2019/44/musik-verstehen-musik-interpretieren-siegfried-mauser-sexuelle-noetigung
Es ist natürlich einfach, NACH #metoo und NACH einer Verurteilung aus Hamburg nach München zu zeigen.
Wenn man es ernst meint, sollte sich die Zeitschrift aber zuerst für die Diskreditierung der Opfer in der Vergangenheit entschuldigen. Denn genau solche Haltung hat die Täter in ihrem Handeln gestärkt und Opfer zum Schweigen gebracht.
Die Zeitschrift steckt im Übrigen selber mitten im Thema:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/zapp/Berichterstattung-ueber-Dieter-Wedel-Informantin-gegen-Zeit,wedel418.html