Jung und schön – Die „Junge Oper Rhein-Main“ und ihr Einsatz für neue Opern

Jung und schön

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Die “Verjüngung der Oper” ist ein häufiges Schlagwort, unter dem sich viele Menschen unterschiedliche Dinge vorstellen. Meistens bedeutet es: “wir wollen ein junges Publikum ansprechen”. Das kann auf ganz unterschiedliche Weise geschehen (zum Beispiel in einer verstärkten Hinwendung zu neuen Jugend- und Kinderopern), oft aber bedeutet es eher, dass man die ohnehin schon überall gespielten Opern ein bisschen mit jungem Personal und aktuellem Bezug aufpeppt, damit sie wieder “jung” wirken.
Allerorten gibt es daher “junge” Opernkompanien mit „jungen“ Mitwirkenden, die aber dennoch hauptsächlich alte Opern spielen.

Gegen die alten Opern ist natürlich nicht das Geringste einzuwenden, aber warum dann der inflationäre Gebrauch des Begriffes „jung“?
Nur wenige nehmen das Wort “jung” wirklich ernst…und zu diesen gehört sicherlich die “Junge Oper Rhein-Main”.

Vor etwas über einem Jahr kontaktierten mich Manuela Strack und Björn Rodday, die diese unabhängige Opernkompanie leiten. Sie sagten mir, dass sie meine Artikel über die Überalterung der Oper gelesen hätten und etwas daran ändern wollten. Das ist an sich schon einmal sehr bemerkenswert – wo die meisten Häuser eigentlich kein Risiko fahren würden, ihre Spielpläne zu erneuern und zu überdenken (da sie öffentlich gefördert werden) ist eine Hinwendung zu neuen Opern für eine unabhängige Kompanie ein viel größeres finanzielles Risiko. Was die Junge Oper Rhein-Main aber auszeichnet, ist der große Enthusiasmus aller Beteiligten, die die Oper als Kunstform wirklich lieben und sich um deren Zukunft bemühen.

Aus diesem ersten Gespräch entstand die Idee, meine Kammeroper “Caliban” (Libretto: Peter te Nuyl, nach einer Idee von Lotte de Beer) aufzuführen, ein gerade erst in Holland uraufgeführtes Stück für 3 Sänger, einen Schauspieler und Kammerensemble. Vor wenigen Tagen fand also die Premiere in Rüsselsheim statt (einem Haus, mit dem die Junge Oper Rhein-Main dank der engagierten Kulturleiterin Karin Krömer erfolgreich kooperiert). Die Qualität der Produktion, der große Einsatz aller Mitwirkenden und die Ernsthaftigkeit der Umsetzung haben mich tief beeindruckt. In der Jungen Oper Rhein – Main packen alle mit an und sind mitverantwortlich. Noch nach der Premiere halfen alle Mitwirkenden mit, das Bühnenbild für die nächste Aufführung zu verstauen – an einem Staatstheater ein undenkbarer Vorgang, aber durchaus näher am Geist der Florentiner Camerata (an den wir uns in diesen Zeiten immer wieder erinnern sollten) als die Routine des normalen Opernbetriebs (die natürlich auch viele Vorzüge, aber auch ihre Grenzen der Leidenschaftlichkeit hat).

Alle Beteiligten dieses Projektes sind jeweils am Anfang ihrer professionellen Karrieren. Und das ist auch die Idee der “Jungen Oper” – talentierte junge Künstler an diesem Moment abzuholen und ihnen die Chance zu geben, sich zu erweisen. Unter der sehr einfühlsamen Regie von Max Koch singen und spielen Katharina Nieß/Manuela Strack (sich den Sopranpart teilend), Michael Long, Thomas Dorn und Josia Jacobi. Dirigent ist David Holzinger, das Bühnenbild ist von Theresa Steinert, die Kostüme von Sophie Simon, die Dramaturgie macht Judith Kissel.

Allen Mitwirkenden gilt meine große Dankbarkeit, denn das Resultat ist eine Opernproduktion, die sich in sowohl sängerischer als auch musikalischer und theatralischer Qualität absolut messen kann mit Aufführungen bei Opernfestivals oder einem Großen Haus. Das ist bei weitem nicht selbstverständlich, denn eine solche “unabhängige” Produktion hat viel mehr Widerstände zu überwinden und stellt eine logistische Meisterleistung dar, die nur funktionieren kann, wenn alle mithelfen.

Natürlich freue ich mich, dass die Junge Oper Rhein-Main für diesen Schritt in eine andere Opernzukunft ein Stück von mir ausgewählt hat. Aber letztlich geht es gar nicht um mich, sondern um eine grundsätzliche Haltung zu gegenwärtiger Musik, die die Junge Oper Rhein-Main nicht als hohles Programm, sondern als echte und tief empfundene Verpflichtung empfindet. Schon jetzt sind – und es hat mich sehr gefreut, dies zu hören – weitere Projekte mit lebenden Komponisten geplant. All dies im Dienst eines echten Glaubens an eine Verjüngung des Opernrepertoires, was keineswegs eine Verneinung des Alten, sondern allein eine Hinwendung an die lebendige Gegenwart darstellt. In diesem Sinne wird man die scheinbar kleine und doch so wichtige Initiative der Jungen Oper Rhein-Main einmal als einen wichtigen Schritt in eine andere und lebendigere Zukunft der Oper begreifen, dieser Kunstform, der wir doch einen zukünftigen Fortbestand von Herzen wünschen würden.

Eine zweite und vorerst letzte Aufführung von “Caliban” ist am 10.11. im Theater Aschaffenburg zu hören.

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