Offene und unsichtbare Netzwerke – Mauser und das Stars and Rising Stars-Festival in München sowie weitere Gremien
[Update 5.5.17] Netzwerke sind das A und O im heutigen Musikleben. Selbst Kulturamtsverwaltungen animieren Einzelkünstler sich zu vernetzen, mit sozialen Medien sind selbst internationale Bande schnell geknüpft. Die dunkle Seite von Netzwerken offenbart sich beim Blick auf Kuratorien und Jurys. Richtig interessant wird es, wenn man einen Pool weniger Persönlichkeiten in immer anderer Zusammensetzung wieder antrifft: A hat den Vorsitz, B ist im Beirat, C konzertiert. Woanders ist B Vorsitzender, C war künstlerischer Leiter und A externer Berater. So bekommt „Thema mit Variationen“ eine ganz andere Bedeutung. Und je erfolgreicher das läuft, umso mehr weitere Posten und Jobs streicht man ein.
Wenn in diesem Netzwerk eine Person unterwegs ist, die zwischen der Machtausübung in beruflicher Position und Privatem sich selbst in Unschärfe geriert, wächst das Problematische solcher Netzwerkerei ins Unkontrollierbare. Wenn z.B. ein Höhergruppierungsgespräch und das Verhalten der untergebenen Person in diesem Gespräch durch den Übergeordneten als sexuelle Aufforderung missverstanden wird, möchte man „versungen und vertan“ ausrufen, wie es das Landgericht München im Falle von Siegfried Mauser tat, das ihn im Berufungsprozess zu 9 Monaten auf Bewährung wegen sexueller Nötigung verurteilte.
Mauser ist eine Persönlichkeit, die von einer Position im Musikleben zur nächsten in immer mehr Gremien einzog, meist mit den gleichen Personen in unterschiedlichen Konstellationen. Ein Beispiel dafür sind die Europäischen Festwochen Passau: Ganz offen wirkte er z.B. in der Findungskommission des alten Intendanten Peter Baumgardt mit, der sich als Freund von Mauser bezeichnete, genauso wie der aktuelle Intendant Bauer sich als Mauser sehr nahe definierte, als er sich für Mausers Rückzug von den Europäischen Festwochen Passau 2017 bedankte, da ihn diese Festspiele aufgrund des Berufungsurteils ausladen wollten: „Ich kenne ihn privat sehr gut…“. Mauser stellte immer wieder Programme für die Festwochen zusammen: 2016 tourte er mit einem Reimann-Programm vom Kissinger Musiksommer über die Bayerische Akademie der Schönen Künste zu den Festwochen. 2017 wäre es ein Killmayer-Programm gewesen. Doch wie schon erwähnt, entfallen 2017 alle Engagements Mausers auf den Europäischen Festwochen Passau.
Ein anderes Beispiel, wo das Netzwerk fast identisch weiterzog: Das Personal des Kissinger Musiksommers 2016 macht 2017 in München mit dem neuen Stars & Rising Stars-Festival weiter. Zwar in allen Veröffentlichungen ohne Mauser. Aber manches Verhalten der Beteiligten deutet doch darauf hin, dass Mauser eine Rolle spielen könnte. Der Link von Stars & Rising Stars zu Mauser könnte so funktionieren: 2016 war Mauser einer der Pianisten der Liederwerkstatt des Kissinger Sommers, der Musikhochschulpräsident Bernd Redmann einer der beauftragten Komponisten. Dort war Frau Kari Kahl-Wolfsjäger Festivalleiterin und Stanislaw Daniel Kotlinski ihr Dramaturg, beide in gleicher Funktion 2017 bei Stars & Rising Stars. Zwar findet das Münchner Festival ohne den Pianisten Mauser statt. Redmann aber, der als Hochschulpräsident auch erster Vorsitzender des Trägervereins von Stars & Rising Stars ist, ist einer der beauftragten Komponisten des neuen Festivals (Konzert mit Sabine Mayer am 26.5.17).
Und der Dramaturg: Immerhin schleppt Kotlinski öffentlich Erinnerungen an Mauser mit sich herum: am 26. April 2017 wurde Mauser verurteilt, nur einen Tag später, am 27. April 2017 bedankt sich Kotlinski per Bildposting bei Facebook, „my special friend(s)“ Mauser zu kennen. Klickt man sich heute durch die Seiten des Kissinger Sommers für die Konzerte am 02.07.2017, da treffen wir auf die gleiche Konstellation wie 2016 in Bad Kissingen: im selben Konzert spielt der alte Münchner Präsident Mauser Klavier und sein Nachfolger hat im selben Konzert eine Uraufführung sowie singt der Stars-and-Rising-Stars-Dramaturg. (Stand 3.5.17) [Update 3.5.17: nun sind Mauser/Redmann nicht mehr im selben Konzert angekündigt, aber dennoch im gleichen Projekt „Liederwerkstatt“ je einen Tag versetzt beschäftigt – hoffentlich finden getrennte Proben statt, Unterbringung an verschiedenen Orten, etc.: am 1.7.17 spielt Redmann Klavier und sein Stück wird uraufgeführt, am 2.7.17 ist sein Stück gestrichen, Mauser spielt. Es singt nach wie vor in beiden Konzerten Hr. Kotlinski, der das „missing link“ zwischen beiden darstellt.]
Es sei an Patrick Bahners in der FAZ vom 28.4.17 zum Mauser-Urteil erinnert: Aus diversen Schlussfolgerungen aus dem Prozess „leitete der Vorsitzende der Strafkammer schwere Vorwürfe gegen die Musikhochschule ab.“ Wie schützt sich nun brandaktuell die Musikhochschule München gegen Mauser, wo ihre Leitung ihm doch so nahe scheint? Liest man im gleichen FAZ-Artikel dass „der Zweiundsechzigjährige… nicht in sein akademisches Amt zurückkehren können, sondern sich einem Disziplinarverfahren stellen“ müsse, scheint die Musikhochschule gar selbst gegen Mauser zu prozessieren. Warum dann diese Nähe?
Hört man in den Lehrkörper der Musikhochschule hinein, herrscht große Unzufriedenheit. Was aber sagen all die Granden des Münchner Musiklebens zur vermeintlichen Nähe Mausers zum Festivalteam, die sich ebenfalls im Trägerverein von Stars & Rising Stars wiederfinden: Nikolaus Pont vom Symphonieorchester des BR, der bayerische Justizminister, der ehemalige Kulturminister Hans Maier, Reinhold Kreile, Peter Ruzicka, der zweite Bürgermeister der Stadt München, der SPD-Fraktionsführer im Landtag und seine kulturpolitische Sprecherin, Frau Wagner-Pasquier? Offenbar gar nichts, jedenfalls sind keine Stellungnahmen öffentlich gemacht worden.
Denn blicken wir zum ARD-Musikwettbewerb, dort sitzen die Intendanten der ARD, Bürgermeister, Künstler und der BR-Intendant mit Herrn Mauser im Hauptausschuss.
Oder wie ist es mit dem Deutschen Musikwettbewerb des Deutschen Musikrats, wo Mauser lt. heutigen Stand immer noch Vorsitzender des Programmausschusses ist, obwohl aus berufenem Munde zu hören war, der Vorsitz würde ruhen? Warum prangt das dann noch anders im Internet? Oder was sagt das Kuratorium des Bachchors München zu seinem Mitglied Mauser, wo auch der ehemalige Münchner Bürgermeister Ude mit von der Partie ist? Nichts? Einfach weiter so?
Komponist*in
Lieber Alexander,
was für eine schöne Analyse mit unschönem und aufklärerischem Inhalt! Danke für das Offenlegen dieser Zusammenhänge.
Dass einer was für den anderen macht finde ich völlig okay. Wenn dieses Handeln dann allerdings wie oben beschrieben zu einem Krebsgeschwür wird, dann hat das nichts mehr mit netzwerken zu tun sondern fast schon mit Korruption.
Duden online definiert Korruption unter anderem als „Verhältnisse, in denen korrupte Machenschaften das gesellschaftliche Leben bestimmen und damit den moralischen Verfall bewirken“. Ist das hier nicht schon der Fall? Ist in diesem Fall nicht eindeutig ein Netzwerk in Seilschaften pervertiert? Bestimmen diese Seilschaften nicht eindeutig das gesellschaftliche und kulturelle Leben mit? Und zwar nicht mehr in einer Form, wo es um die Musik geht sondern nur noch darum, wer wem welchen Job zuschachert?
Häßlich! Einfach nur häßlich!
Die größten Kritiker der Elche sind offenbar auch selber welche. Bashing auf beschämendem Niveau.
Das müssen’s dem Elch jetzt aber erläutern. Zwei Sätze sind schon etwas wenig. Besonders wenig – so sind’s hier wenigstens drei.
Meines Erachtens genügen diese zwei Sätze vollkommen. Mit Elchen bin ich gezwungenermaßen auf du und du.
Interessant. Nordamerikanische oder nordasiatische Elche?
Europäisch betrachtet gibt es den Elch inzwischen auch in Mitteleuropa, per esempio in Bayern, es handelt sich dabei um schutzsuchende oder in ein beliebiges Netzwerk, derer es gar viele gibt, gegangene Exemplare. Finis alces alces.
Ja – wahre Freunde erkennt man in der Not. Solche, die sich nicht an der totalen Existenzvernichtung eines liebenswürdigen, dem Zeitgeist geopferten Künstlers und Wissenschaftlers beteiligen.
Mein besonderer Dank gilt meinem wunderbaren Lehrer Daniel Kotlinski, sowie Kari Kahl-Wolfsjäger, mit der mein Mann die Ehre hatte, gemeinsam das Festival „Stars and Rising Stars“ zu konzipieren. Gerne dürfen Sie, geschätzte Blogger, meinen vollen Namen nebst Konterfei veröffentlichen. Ich stehe voll und ganz zu und hinter meinem über alles geliebten Ehemann, dem gerade jene, die auf beschämende Art und Weise, und mit einem erbarmungslosen Vernichtungswillen auf ihn eintreten, viel zu verdanken haben.
Mit freundlichen Grüßen, Amélie Sandmann-Mauser
PS: Vielleicht wird diesmal mein Beitrag nicht zensiert – im Sinne journalistischer Offenheit…
Dass Alexander Strauch ein „Hansdampf in allen Gassen“ nicht gehagt – wenn denn Mauser ein solcher ist/war – kann man schon verstehen, zumal, wenn man erwägt, dass Alexander Strauch vielleicht auch gerne in solchen Gassen gepfiffen hätte. Was ich aber für bedenklich halte ist, dass Mausers Verurteilung den Anstoß, den Aufhänger für die eingermaßen akribische obige Zusammenstellung gegeben hat. Vorher hat ja offensichtlich kein Hahn danach gekräht. Und so kann ich schon verstehen, dass Amélie Sandmann-Mauser
von einem erbarmungslosen Vernichtungswillen schreibt. Kann man Siegfried Mauser nicht einfach in Ruhe lassen? Gestraft genug ist er ja wohl.
Lieber Herr Erbe, nein, ein Hansdampf sein, wie jemand Anderes? Da kennen Sie mich nicht. Es ist das Weggucken von Institutionen (z.B. ARD/Musikrat), das konsequenzfreie Verhalten öffentlich-rechtlicher Gremien des Musiklebens, wo kaum ein Amt erkennbar ruht, was man auch in Schwebezuständen z.B. aus der Politik kennt. Z.B. liessen zuletzt Abgeordnete, also Politiker, des Bayer. Landtags ihre Ämter bei ähnlichen Vorwürfen ruhen. Darum geht es. Doch sowas scheint im Musikleben unbekannt. Allein daran zu denken, wie ich Ihrem Verständnis entnehme, scheint Ketzerei zu sein. Um ganz deutlich zu sein: das künstlerische und wissenschaftliche Wirken Mausers ist hoch zu schätzen. Wie aber könnte man das schützen?
Ja, es stimmt, ich kenne Sie nicht, und so ging mein ornithologischer Ausflug wohl daneben, und nein, für Ketzerei halte ich die Anwürfe gegen Institutionen und Verantwortliche im Bereich der Musik nicht. Was mich stört, ist die Verquickung der Kritik daran mit Mausers Verurteilung. Ihre letzten Sätze in Gottes Ohr!
Nur zum Verständnis: mit dem Urteil verband die Berufungsinstanz eine Schelte der Musikhochschule. Gut, ich gehe davon aus und verbinde es mit einer Schelte gegenüber dem Stars-Festival (und anderen), wo 2. Bürgermeister, Minister, andere Honoratioren im Kuratorium sitzen und es so aussah, als sei keinenfalls Mauser damit verbunden, was sich hier in den Kommentaren nun selbst offenbarte – und man sich fragt: wie wir das jetzt seit heute halb drei Uhr wissen, wusste dies auch dieses Kuratorium? Und brisant wurde dieses Wissen, damals noch Vermuten, mit dem Urteil des Berufungsgericht und den weiteren Vorwürfen. Es liegt nicht an mir, es liegt an höheren Umständen. Dazu schweigen, wie es wohl mancher Person lieb gewesen wäre, konnte man ab da nicht mehr. Oder muss ich mich für das Timing des Landgerichts München entschuldigen?
Gut, und nun widmen Sie sich doch bitte dem Schluss des obigen Postings von 18.40, peilen sie eine Antwort an: „Um ganz deutlich zu sein: das künstlerische und wissenschaftliche Wirken Mausers ist hoch zu schätzen. Wie aber könnte man das schützen?“
Ich belasse es bei der Fragestellung und überlasse die Antwort den Leser*innen oder der Zeit, die ja alle Wunden heilt.
Nein, nein, ironisch ist Alexander Strauchs Antwort nicht. Sie sind kein Roboter, wählen Sie aus: welcher Teil davon ist zynisch?
Also, ich möchte mich kurz vorstellen. Das geht sehr schnell. Bin 74 Jahre und einfach ein Musikfreund.
[Kommentar enthält zahlreiche Mutmaßungen und beleidigende Unterstellungen und wurde deshalb entfernt, halten Sie sich bitte an die Kommentar-Nutzungsregeln des Blogs. MH]
Ein 74 jähriger Musikfreund aus dem Bay. Wald.
Welch ein Sumpf!
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