To Rihm or not to Rihm. Seltsames Versäumnis bei ARTE.

Wie in den Zeitungen berichtet wurde, schrieb Wolfgang Rihm für das Eröffnungskonzert der Alp-, äh, Elbphilharmonie ein Werk für Orchester nach Hans Henny Jahnn. Die meisten werden darüber aber nur lesen können, denn dort wo das Werk eigentlich hingehörte – nämlich in die eifrig mit „AUFTAKT – Für den Klang des Jahrhunderts“ (sic!) betitelte Komplettaufzeichnung des Eröffnungskonzertes von ARTE – tauchte es nicht auf.

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Das ist natürlich einerseits ein Skandal, andererseits Zensur und vor allem vollkommen unverständlich, denn ob die Einschaltquoten von ARTE drastisch gesunken wären bei Rihms Klängen kann bezweifelt werden (erreichen Orchesteraufzeichnungen von Beethoven oder Wagner nun auch nicht gerade Topquoten).

Was wird der wahre Grund gewesen sein? Man munkelt, man sei sich über Senderechte mit Rihms Verlag – Universal-Edition – nicht einig geworden. Natürlich gärt der Streit der verschiedenen Verleger mit den Sendeanstalten nun schon ein ganzes Weilchen, und ist kein Ende abzusehen, ein bisschen wie beim Grabenkrieg im 1. Weltkrieg. Neue Musik ist dann schnell immer „zu teuer“, und da man damit in der konsequenten Unterschätzung des Publikums, die inzwischen schon eine Form von Volksverdummung ist, auch voll im Trend ist, lässt man sie lieber mal weg.

Ich erinnere mich an eine „Aspekte“-Sendung über die Musik von Helmuth Oehring, in der fast nur Musik von „Queen“ zu hören war, da Oehring irgendwann mal darin sagte, dass er Freddy Mercury mal als Jugendlicher toll fand. Natürlich hätte man genausogut auch Oehrings Musik senden können, aber vielleicht dachten die Verantwortlichen, dass man eine Sendung über jemanden, der einmal in einem Nebensatz Mercury erwähnt, besser erträgt, wenn man allein Mercury spielt anstatt der Musik ebendieses Menschen.

Nun darf man sich die berechtigte Frage stellen, ob das Senden von „Queen“ aus der Kaffeekasse bezahlt werden kann. Ganz bestimmt nicht – „Queen“ ist genauso urheberrechtlich geschützt wie die Musik von „Oehring“, der übrigens auch mindestens eine genauso gute Band ist. Ebenso wie die Band „Rihm“, von der es eben diese megageile Hans Henny Jahnn-Vertonung gibt, die ihr, liebe ARTE-Verwantwortlichen, lieber der Welt vorenthalten wollt, denn die könnte ja vielleicht irgendwie verstört werden und womöglich den ganzen Elbphilharmonie-Hype nicht mehr so gut finden.

Was soll man dazu sagen, außer hoffnungsvoll Madonna zu zitieren, die gerade vor 500.000 Trump-Gegnern sagte „The Revolution begins now“.

Let’s hope it does.

Moritz Eggert

PS vom 24.1.2917: Inzwischen habe ich mich informiert – ARTE wären durch die Sendung von Rihm keinerlei Mehrkosten entstanden, da dies über die Rundfunkpauschale abgegolten wäre. Insofern ist es auch tatsächlich egal, was man sendet. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass ein Redakteur bewusst Rihm aus dem Konzert (in das er direkt mit Anschlüssen und Übergängen integriert war) bewusst herausgeschnitten hat. Da kann man nur den Kopf schütteln und sich sehr wundern.

2 Antworten

  1. Andreas Dahmen sagt:

    Allerdings hat der geneigte Hörer nicht so wahnsinnig viel verpasst, der Rihm war mit Abstand, das lanweiligste und langatmigste Stück des Abends, so ganz subjektiv, meine ich.

  2. Der Programmslot war genau 90 Minuten, da verstehen die Planer keinen Spaß….