Watashi wa GEMA desu – wir Autoren sind GEMA!
Hier in München hieß es 2015 „gema hin!“, korrekter „geh’n mer hin!“ Wie würde man es in Berlin sagen? Wa? Klingt für mich japanisch, wie in „私は GEMA です“ („Watashi wa GEMA desu“), sinngemäß „Ich bin GEMA“. Also auf Burschen und Madeln der Komponistenzunft, lasst Euch nicht zweimal bitten, dieses Jahr dabei zu sein. Die ordentlichen Mitglieder der E-Musik werden ja sowieso alle anwesend sein. Das sei ein Witz? Nein, das ist eine Aufforderung! Und die ausserordentlichen und angeschlossenen Mitglieder? Die treffen sich bereits am Montag im bcc.
Los geht’s am Montag, 23.4.16, um 13 Uhr mit Akkreditierung und Einlass zur Mitgliederversammlung der ausserordentlichen und angeschlossenen Mitglieder (postalisch ergangene Einladung und „Perso“ nicht vergessen!). Ab 14 Uhr gibt es zuerst den Geschäftsbericht für 2015, durch den ersten Vorstand Dr. Heker höchstpersönlich vorgetragen, gefolgt von der Aussprache der ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder. Die Gelegenheit, den Vorstand und den Aufsichtsrat zu Themen zu befragen, wo einen der Schuh drückt. Oder schlichtweg einmal ganz andere musikalische, wirtschaftliche Anliegen zu hören als über den Weltgehalt von Joseph Hauer oder Harry Partch zu räsonieren. Ab 16 Uhr tagen dann die Komponisten und anderen Kurien (Textdichter/Verleger) alleine. Besonders wichtig ist die Wahl weiterer Delegierter der ausserordentlichen und angeschlossenen Mitglieder zur ordentlichen Mitgliederversammlung am Dienstag und Mittwoch. „Ihr seid GEMA“: macht von Eurem Wahlrecht Gebrauch und scheut auch nicht, zu kandidieren.
Denn Dienstag und Mittwoch werden wir zum letzten Male die GEMA-Mitgliederversammlung in ihrer alten Form erleben, mit echt anwesenden Komponisten. Und Ihr könntet als Delegierte dies miterleben! Grund der fundamentalen Neuordnung ist das VGG. Das ist kein Volker-Gunsch-Gymnasium. Das ist das neue „Verwertungsgesellschaftengesetz“, welches das Urheberwahrnehmungsgesetz ablösen wird. Es ist noch nicht verkündet, aber dennoch muss sich die Mitgliederversammlung daran orientieren. Besonders heiß: die neue Stellvertretungsregelung. Bisher muss man persönlich anwesend sein, um seine Rechte wahrnehmen zu können und kann nur als dauerhaft schwer erkrankter Mensch einen Vertreter sein Stimmrecht übertragen. Die GEMA hatte nun eine maßvolle Regelung im Auge, dass, wie in einem Verein, ein anwesendes, ordentliches Mitglied oder einer seiner Angehörigen, bis zu zwei Stimmen auf sich vereinen kann.
Doch es scheint so, als ob doch die im Gesetz vorgesehene maximale Zahl von, höre und schreibe, ZEHN Stimmrechtsübertragungen auf eine Person umgesetzt werden muss. Und diese vertretende Person muss nicht einmal ein Mitglied der GEMA oder dessen Angehöriger sein. Es könnten z.B. Vertreter von Labels, Kanzleien, gar sozialen Medien, sich diese Stimmen übertragen lassen. Im Extremfall heisst dies: Autorengesellschaft dawei! Auch ein E-Voting steht ins Haus. Und vieles mehr, das selbst bei konträrer Meinung der Mitglieder letztlich beschlossen werden muss, wenn man nicht einen Rattenschwanz von ausserordentlichen Versammlungen riskieren möchte.
Die Konsequenz wird sein: wir Komponisten müssen konsequent in Zukunft unser Stimmrecht sichern, genauso auch die Textdichter und die Verleger. Das bedeutet: ob zu tun oder weit weg, dennoch kommen. Oder Kollegen, und zwar nur Kollegen, die Stimme zu übertragen. Sollte einer tatsächlich ausscheren, dann gibt es ein persönliches Sonderporträt im Badblog? Das ist natürlich nur ironisch gemeint.
Besonderes Zuckerl der diesjährigen Teilnahme: das neue VGG stammt aus dem Hause von Bundesjustizminister Heiko Maas. Der wird am Dienstag tatsächlich persönlich vorbeischauen. Höflich wie wir sind, sollten Komponisten keine Schmählieder oder Buhrufe vollführen, sondern die Gelegenheit nutzen und knallharte Fragen an ihn richten. Denn ist es wirklich eine gute Idee, mit dieser Stimmrechtsübertragungsregelung auf Jedermann, ein so wichtiges Organ wie die Mitgliederversammlung auzuhebeln? Soll es so abgekartert wie bei AG-Versammlungen zugehen? Statt die Mitglieder zu stärken, werden sie geschwächt. Denn es werden dadurch z.B. nicht die angeschlossenen und ausserordentlichen gestärkt. Denn letztlich sind ihre Delegierten dann Makulatur und können gegen Personen mit zehn Stimmen in der Tasche nichts ausrichten wie die anwesenden ordentlichen Mitglieder selbst. De facto werden wir alle entmachtet, entrechtet und in letzter Konsequenz bei extremen Entscheidungen enteignet. Ist dies das Ziel der Bundesregierung?
Wie gesagt: Ich bin GEMA, Ihr seid GEMA, wir sind GEMA! Wie handlungsfähig und kompromissfähig wir sind, zeigt z.B. der neue Verteilungsplan, der die bisherigen pro Sparte gesonderten Pläne in einem zusammenführt und dabei keine Sparte durch die Hintertür benachteiligt. Dieses riesige Kompendium ist ein kleines Meisterwerk des Finanzwesens, durch die Kompetenz der Autoren und der Verwaltung ermöglicht. Also zeigt sich hier, wie in sinnvollen und wesentlichen Herzstücken die GEMA und ihre Mitglieder sehr wohl vernünftig agieren. Solch eine Vereinfachung hat z.B. die Bundesregierung bisher nicht zustande gebracht. Sie macht es uns durch das VGG eher schwieriger. Oder all die anderen Anträge auch von Mitgliedern, die natürlich unterschiedlich betrachtet werden können. Aber sie sind alle ein lebendiger Ausdruck des Mitgliederwillens und werden dann im Diskursprozess der Folgezeit in ihren vernünftigsten Aspekten durch die Gremien und Mitglieder geklärt und somit im Veränderungsvorgang auch Bestandteil des GEMA-Regelwerks.
Also kommt, und kommt erst Recht in der Zukunft. Werdet nicht Stimmrechtsüberträger, zeigt Euch selbst. Denn es gibt ja heute schon genügend Gesichtslose, die z.B. jetzt bereits wieder mit ihren Dauerkonzerten vor leeren Sälen beginnen, aber dies als gut verkaufte Veranstaltung anpreisen. Kein Mensch wird je deren Musik gehört haben. Und genau diese will man stärken? Uns, die wir die Melodien unserer U-Kollegen lieben, im Kino mit der Musik unserer Filmkollegen mit den Protagonisten mitschmachten oder uns zu den Klängen unserer Werbekollegen jeder geäusserten Umweltfreundlichkeit doch einmal das gezeigte SUV wünschen oder uns über unsere eigene Musik streiten und freuen, wir sollen den Gesichtslosen das Feld überlassen? Nochmals: Watashi wa GEMA desu! Und nun im Chor: Wir sind GEMA! Wir sind GEMA! Wir sind GEMA….!!! Oder: 私たちは GEMA です! 私たちは GEMA です! 私たちは GEMA です! Watashi tachiha GEMA desu! Watashi tachiha GEMA desu! Watashi tachiha GEMA desu!
Komponist*in