Wer reformiert den orchesterfusionierenden SWR-Rundfunkrat?

Gespannt wartete man auf die heutige Sitzung des Rundfunkrats des SWR, wo es jetzt endgültig um die Fusion seiner Rundfunksinfonieorchester in Freiburg/Baden-Baden und Stuttgart ging. Als wolle man die Situation entspannen, tagte man in der Landeshauptstadt des benachbarten Rheinland-Pfalz. Dies löste allerdings nur letzte Skrupel, jetzt das große Fusionsmonopoly einzuläuten, wie z.B. die NMZ im KIZ berichtet. Wie SWR-Intendant Peter Boudgoust sagte, wird dies nun letzte Gewissheit schaffen: Ab jetzt darf man mit dem Exodus der besten Orchestermusiker auf künstlerisch mehr abgesicherte Planstellen in anderen Klangkörpern rechnen, nun beginnt das schleichende Ausbluten. Was halfen bisher all die Appelle, Petitionen und Aufschreie in all den kulturpolitischen Medien und Gremien? Viel in Hinsicht der Sensibilisierung der Gesellschaft in Hinblick auf die Wahrnehmung der wertvollen Ensembles und der Fusionsproblematik, die jahrzehntelange Profilarbeit der beiden Orchester zunichte macht und ein neues Profil weit entfernt scheint, als hätte man nichts aus all den südwestdeutschen Orchesterfusionen gelernt, die doch bereits einsparten was gerade noch sinnvoll erschien. Im Sinne einer positiven Reaktion des Rundfunkrats auf die mahnende Öffentlichkeit brachten diese nichts ein. Sieht man, wie die Proteste sich quer durch Petitionen, Parlamente, Verbände und Kommunen zogen, hätte man erwarten können, dass deren Vertreter im Rundfunkrat die Notbremse ziehen würden. Aber nichts dergleichen! Von 74 Ratsmitgliedern votierten lediglich 11 gegen den Fusionsplan. Es bleibt zu hoffen, dass die beiden Vertreter des Landesmusikrats, der Vertreter des Komponisten- und Schriftstellerverbands und die Vertreterin des Bühnenvereins – haben Theater nicht unendliches Fusionsleid erdulden müssen – zum erfolglosen Häuflein gehörten.

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Wie kann es aber sein, dass Kultur- und Musik nur vier Vertreter in den Rundfunkrat entsenden? Neben all den wohl proporzten Landtagsvertretern finden sich Entsendete der Gewerkschaften, der Dienstleistungs,- Industrie- und Handwerksverbände, Kirchenvertreter, Vertriebenenvertreter, Frauenvertreter, Bildungsvertreter und Sportvertreter, die nun ihre Kulturkollegen vertreten in die Luft blicken lassen. Denkt man nun an die schwindenden Zahlen der Kirchgänger, der in dritter und bald vierter Generation bestens integrierten Vertriebenen der ehemaligen deutschen Gebiete, bezweifelt man deren so massive Vertretung im Rundfunkrat. Besonders heikel wird es mit all den Sportfuktionären: Gehen nicht vielmehr Menschen zu Kulturveranstaltungen als zu solchen des Sports, wie neueste Studien unlängst feststellen konnten? Da wäre das Verhältnis zwischen Kultur und Sport und den anderen genannten Verbänden längst auszugleichen! Somit ist es kein Wunder, dass all die vor angeblicher Wirtschaftlichkeit kuschenden Politiker im Gremium wie die Zahlmeister der Wirtschaftsvertreter treu den Fusionsversprechungen der Intendanz folgten. Oder anders: Glaubt man wirklich, dass z.B. Mariss Jansons oder ein ähnliches Kaliber dieses Orchester übernehmen werden? Eins wäre dabei dann schon klar: Solch ein teurer Künstler dient der Repräsentanz am Besten in einer Landeshauptstadt, was Stuttgart vor der Rheinschiene den Vorzug geben würde. Oder wird man zur Bestrafung all der Orchesterretter das neue Ensemble auch nach Mainz verlegen? Mutmaßungen am Rande einer großen Anmaßung eines Rundfunkrats, der die Gesellschaft widerspiegeln soll, so aber nur deren und sein eigenes Zerrbild heute zustande brachte. Unter „Unternehmen“ präsentiert der SWR den Rat unter „wer uns kontrolliert“. Wer kontrolliert aber diesen Rat?

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