Musik-Fachmänner

Als Leser und gelegentlicher Autor des Satiremagazins Titanic halte ich dort für euch natürlich bezüglich des Themas »Musik« die Augen offen. Schon häufiger habe ich mich – vor allem, wenn ich bei grotesken Neue-Musik-Festivals zu Gast war – gefragt, ob die Titanic-Redaktion die Neue-Musik-Szene nicht bald mal als willkommene Spielwiese für ihre Aktionen entdecken sollte. Aber wahrscheinlich ist diese Szene für die Redaktion einfach zu uninteressant. Das kann ich gut verstehen. Im Themenbereich »Kultur« gelang im März-Heft dieses Jahres jedenfalls schon mal eine gelungene Unternehmung im Rahmen der »Kulturhauptstadt 2010«. Leider nicht online verfügbar.

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Eine der beliebtesten Titanic-Kategorien ist die Aphorismen-Sammlung »Vom Fachmann für Kenner«. Hier gab es in den letzten Jahren durchaus Beiträge zum Thema »Musik«. Anbei eine kleine Auswahl.

Haydn
Eine CD aus meiner sehr exklusiven Klassik-Box ist wie folgt bedruckt: »HAYDN SEINE GROSSEN HITS«. Klingt ein bißchen wie »Bernd sein Auto«, die Musik ist aber ganz gut.

Dirk Warnke (Juni 2007)

T9-Eingabehilfe
Eine gute Freundin smste mich aus einem Duty-Free-Shop irgendwo im Ausland an. »Brauchst Du Zigaretten?«, so lautete die Botschaft. Ich freute mich, daß so liebevoll an mich gedacht wurde, und beeilte mich, eine der Frage angemessene Antwort, knapp an Worten und dennoch aussagekräftig, zu formulieren.
»Vielen Dank, ja. Aber nur, wenn es Benson gibt.« So hatte ich mir das ausgedacht, denn ich rauche nichts außer Benson & Hedges. Wieselflink huschten meine Finger über die Tastatur, dank eingebautem Wörterbuch mußte auch nicht mehr kontrolliert werden. Abgesendet. Dann die bereits verschickte Nachricht gelesen: »Vielen Dank, ja. Aber nur, wenn es Adorno gibt.« Aber da herrscht ja gerade in ausländischen Flughafenläden eher Mangel.

Hermann Bräuer (Februar 2004)

Der Ton macht die Musik
Ein Freund von mir, ein sehr begabter Pianist, lebt seit einiger Zeit in den USA und begleitet dort verschiedene Aufführungen. Bei einer der ersten Vorstellungen begrüßte er den Fagottspieler mit einem freundlichen: »Ah, there is the Fagott!« Daß er das Wort hierbei englisch aussprach, war seiner späteren Ansicht nach der Grund dafür, daß er in dem Orchester keine Freunde mehr fand.

Frank Scheller (Juni 2008)

Singen mit Borussia
Vor etwa zehn Jahren nahm mich ein Freund erstmals mit ins Westfalen-Stadion. Zum Anheizen der Fans wurde »Borussia, Borussia« gespielt, und ich, naiv beeindruckt und euphorisch gestimmt durch die gewaltige Kulisse der Fußballarena, sang sofort und gerne mit – schließlich kam mir die Melodie vertraut vor, wenn auch mit anderem Text: »All we are saying is: Give peace a chance!« Was ich nicht wußte: daß sich die beiden Melodien, obgleich sonst so ähnlich, in einem wesentlichen Punkt unterscheiden. Während der John-Lennon-Refrain zum Schluß abwärts in den Grundton führt, steigt der letzte Ton der BVB-Hymne an dieser Stelle aufwärts. Und so kam es dann: Während ich als einziger im Stadion den Grundton sang, intonierten alle anderen die darüber liegende Terz. Das hatte die spektakuläre Wirkung, daß sich plötzlich sechzigtausend Mann in ihrem Gesang – funktionsharmonisch gesehen – auf mich als tonales Zentrum bezogen. Ein wahrhaft berückendes und selbsterhebendes musikalisches Erlebnis, das sich zwar beliebig oft wiederholen oder nachmachen läßt, aber niemals wieder die gleiche Wirkung entfaltet wie beim unverhofften ersten Mal.

Gerhard Behmenburg (September 2003)

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.

Eine Antwort

  1. Ich freue mich schon auf das erste Stück vom Wildbach Toni. Oder Rattleschnecks „Stulli, das Pausenbrot“ Oper.