Stimme aus dem Off 05

Bad Blog zu den Donaueschinger Musiktagen 2009

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Hier ein paar O-Töne zu Mathias Spahlingers „doppelt bejaht. Etüden für Orchester ohne Dirigent“. Gestern zwischen 19 und 23 Uhr in der Baar-Sporthalle uraufgeführt – und anschließend lange beklatscht.

Wir versuchen, das Stück so ernsthaft wie möglich anzugehen. Weil das unser Job ist. […] Die Länge des Stückes ist der Gipfel. Ich könnte mir schon vorstellen, dass diese Länge eine meditative Wirkung haben soll. Aber natürlich passiert da etwas mit einem – wenn es auch nur die reine Erschöpfung ist. Man kommt in einen anderen Zustand.
Musikerin aus dem SWR-Orchester Baden-Baden und Freiburg

Episch! Aber die Länge von vier Stunden ist wahrscheinlich nötig, weil das Konzept sonst nicht aufgeht und diesen negativen Charakter mit pädagogischem Einwurf bekommt. Nur bei vier Stunden funktioniert dann auch diese Selbständigkeit des Orchesters.
Stefan, Komponist

Ich weiß noch nicht, was ich davon halten soll. Ich glaube, das Stück funktioniert nur, wenn es wirklich so lange dauert. Es müsste eigentlich noch länger dauern. [Hinweis: Der Betreffende war nach dem eigentlichen Konzert – hier sind Stimmen aus den Proben wiedergegeben – wesentlich überzeugter von dem Konzept.]
Paul, Trompeter

Der erste „Teil“ war mir sehr angenehm. Als dann immer mehr einzelne Musiker in die Pause gingen, gab es öde Leerstellen. Schön war, dass man sozusagen dabei war zu erleben, wie ein Orchester funktioniert. Man kommunizierte als Zuhörer mit den Musikern und viele von den Musikern waren auch sehr engagiert in ihrem Spiel. „Pannen“ wurden beispielsweise sofort verurteilt – durch Blickkontakt unter den Orchestermusikern.
Rainer, Komponist

Einen Dirigenten gab es natürlich trotzdem. Er saß nur oben vor einem Monitor. Die Idee der Demokratisierung des Orchesters finde ich aber sympathisch. Ist dann eben eine Art Happening.
Johannes, Schulmusiker

Ein nicht wirklich gelungenes Konzept. Spahlinger behauptet, dass der Dirigent fehlt, lädt das dann noch in seinem Text zu dem Stück politisch auf, aber eigentlich sitzt der Komponist als Dirigent vor einer Kamera, zieht die grafischen Spielanweisungen oder die Spielanweisungsziffern, die auf halb ausnotierte Partiturteile verweisen, vor einen Monitor und bestimmt so ja trotzdem „diktatorisch“, was die Musiker spielen sollen. […] Die Länge des Stückes ist überzogen. Und die klangliche Ästhetik ist für mich sehr veraltet.
Mathias, Komponist

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.