Offener Brief an Katharina Wagner

Liebe Katharina Wagner,

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Wie wir gerade aus wohlunterrichteten Kreisen erfahren haben, soll der Filmregisseuer Wim Wenders den nächsten Ring in Bayreuth inszenieren.
Über Geschmack lässt sich sicherlich streiten, und obwohl Filmregisseure in der Vergangenheit auf Opernbühnen nicht immer ihre stärksten Arbeiten präsentiert haben, gab es durchaus auch die eine oder andere überzeugende Inszenierung, auch wenn Genies wie Lars von Trier dann lieber doch verzichteten, die Unterschiede der beiden Metiers Film und Oper richtig einschätzend.

Aber ausgerechnet Wim Wenders?
Sicherlich: eine Koryphäe des deutschen Kinos, einer der ganz Großen. Was haben wir geweint in „Paris, Texas“ und „Himmel über Berlin“, und noch viel mehr darüber, wie letzterer Film ganz schrecklich mit Nicolas Cage in der Hauptrolle wiederverfilmt wurde. Aber mal ehrlich – wann hat Wenders in der letzten Zeit irgendetwas Spannendes zustandegebracht? Ist doch mindestens 20 Jahre her! Der Mann ist ausgebrannt, auf seinen Lorbeeren ruhend, eindeutig. Frisches Blut muss her!

Daher würde ich gerne einen anderen deutschen Filmregisseur vorschlagen, der meiner Ansicht nach viel besser nach Bayreuth passt, nämlich den legendären und genialen Sleaze-Filmer Uwe Boll.

Uwe Boll, eindeutig besser als Wim Wenders

Uwe Boll, eindeutig besser als Wim Wenders

Für Boll spricht vieles: Er ist garantiert reinrassiger Deutscher (geboren in Welmerskirchen, arisch), was dem Alten sicherlich gefallen hätte. Er ist im selben Jahr geboren wie ich (1965) – ein guter Jahrgang! Und er ist wahnsinnig fleißig – ganz anders als zum Beispiel mancher Medienliebling würde er sich in ein solches Projekt sehr ernsthaft reinsteigern und sicherlich die knapp bemessene Probenzeit in Bayreuth effektiv nutzen. Faul ist er bei seine inzwischen mehr als 20 Filmen gewiß nicht!

Bisher hat Uwe Boll ein ansehnliches Oeuvre aufzuweisen. Wer kennt nicht die grandiosen Videospielverfilmungen „BloodRayne I-III“ oder „Alone in the Dark“? Oder „Max Schmeling“, ein Film mit dem meisterhaften Henry Maske in der Hauptrolle, der sicherlich genau die selben Regieanforderungen an einen Regisseur stellt, wie der durchschnittliche schauspielerisch eher minderbemittelte Sängerstar.

Und Boll ist clever: Ihm ist es gelungen durch geschickte Ausnutzung deutscher Filmförderungen und diverser Steuertricks immer wieder Investoren für seine Filme zu finden (die in den Kinos meistens floppen, auf dem Videomarkt jedoch hervorragend laufen).
Die Wikipedia schreibt:

Uwe Boll finanzierte seine Filme zwischen Sanctimony (2000) und Far Cry (2008) fast ausschließlich durch deutsche Medienfonds. Dazu bot die BOLU Filmproduktions- und Verleih GmbH zwischen 1999 und 2005 Beteiligungen an insgesamt zehn Kommanditgesellschaften an.[2] Diese Anlageform war für einige Anleger sehr interessant, da im ersten Jahr der Investition Verluste bis zu 100 % der Kapitaleinlage üblich waren. Mit der Behauptung einer Gewinnerzielungsabsicht durch die Produktion von Videospiel-Verfilmungen konnten diese Verluste in Form von Verlustvorträgen als Steuervorteile genutzt werden.

Vielleicht ist ein solches Modell in Zukunft auch für Deutsche Opernbühnen interessant, in Zeiten extremer Kürzungen? Irgendeine Steuerlücke gibt es sicherlich – Es braucht ganz sicher neue Modelle, und Uwe Boll ist der Mann dafür! Er kann die stockende Maschinerie „Oper“ wieder anwerfen, da bin ich gewiß!

Was spricht noch für Uwe Boll, mal abgesehen davon, dass er einer der international meistausgezeichneten deutschen Regisseure ist (z.B. „Goldene Himbeere“ 2009 für unter anderem „Dungeon Siege“ und „Postal“) und selbst einen Tykwer oder Donnersmarck an Popularität locker ausstechen kann (sicherlich haben mehr Menschen Boll-Filme gesehen als das Gesamtwerk von z.B. Alexander Kluge und Schlingensief zusammen)?

Er ist wortgewandt, frech, intelligent und vor allem mutig. So machte er zum Beispiel von sich reden, als er seine vielen Kritiker und Spötter einfach zu einem von ihm selber gekämpften Boxkampf herausforderte, und sie dann auch nach Strich und Faden erfolgreich verprügelte, was ihm den Respekt des ganzen Internets eintrug. Würden Sie, Katharina Wagner, dies nicht auch einmal gerne erleben? Die nervigsten Kritiker des Deutschen Feuilletons (die auch Sie schon gelegentlich – zu Unrecht natürlich – verhöhnten): Knock-Out in einer Runde? Von Boll die Fresse poliert? Wäre doch toll!

Schließlich und endlich sollte Uwe Bolls jüngstes Projekt ihn ganz besonders für Bayreuth empfehlen, nämlich sein neuer Exploitation-Film „Auschwitz“, in dem er auch gleich die Rolle eines KZ-Wärters selber übernommen hat, siehe auch hier. Mit diesem Film befindet er sich schon unglaublich nahe an der Gedankenwelt des großen Richard Wagner, oder zumindest vieler seiner Erben und Fans, wenn das keine hervorragende Visitenkarte ist!

Also, liebe Katharina, nur Mut!

Uwe Boll for Bayreuth!!!!

gern geschehen,
Moritz Eggert

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5 Antworten

  1. Max Nyffeler sagt:

    Wunderbar vergiftete Empfehlung! Könnte von K.W. möglicherweise noch ernst genommen werden, was zur Geschmackslage auf dem Grünen Hügel passen würde.

  2. peh sagt:

    Wie, ist das etwa nicht ernst gemeint? ;-) Ich finde es übrigens sehr bedauerlich, dass in der Diskussion um Wim Wenders seine Meriten als Musikfilmer bislang überhaupt nicht zur Sprache kamen. Oder kennt hier etwa keiner das kölsche Südtadtepos über die Rocker von BAP mit dem Titel „Viel passiert“? Auch die Verdienste um musikalische Altenheime sollte man nicht vernachlässigen – wie zu sehen in „Buena Vista Social Club“ – und prädestinieren Wim Wenders geradezu für sein Bayreuth-Debüt. Womit hier aber auch rein gar nichts gegen Uwe Boll gesagt sein soll, schon alleine, weil ich meinen Gebissschutz verlegt habe.

  3. …alles wahr und richtig, kaum Koketterie. Sagt sehr stolz der Vermelder – natürlich Theo. Dank an Moritz für den wirklich wundervollen, sehr offenen Brief.

  4. olehuebner sagt:

    wunderbar auch der wikipedia-satz: „boll gilt unter vielen kritikern als einer der schlechtesten regisseure der gegenwart.“ – nagel auf kopf. naja, gibt bestimmt schlechtere.

  5. querstand sagt:

    @ eggy: Wenn Uwe Boll doch nicht als Regiesseur für das Grosse Haus taugen sollte, könnte man ihn z.B. als „lebendes Beispiel“ für Mime oder Alebrich einführen. So wie er Kunst mit „keine-Kunst-machen“ durchführt, Filme als Abschreibungsanlage für Investoren zum Erfolgsmodell machte, scheint ihm der Ring der Weisen einerseits missglückt zu sein, andererseits nicht aus Blei, sondern aus Schlamm Gold gelungen zu sein. Er könnte entweder in einer Konwitschny-artigen Ring-Unterbrechung gleich sein ehemaliges Steuerersparnismodell der anwesenden Opern- Haute-Volée erklären oder zumindest als Stuntman bei den heiklen Kampfszenen mitwirken. Oder er darf sich gleich im Kinderbeiprogramm als „Hau-den-Uwe“ vorstellen, so zur allgemeinen Belustigung. Noch besser: nach Wagner für Kenner und Kinder nun Wagner für Prolls, die Musik Wagners auf die Leitmotive klingeltonartig reduziert, wie in einem archaischen Videogame, statt „Winterstürme wichen dem Wonnemond“ heißt’s „Alte, mach‘ das Rollo runter, die Strassenfunzel blendet – mach‘ hinne!“. Wieviel Wagner steckt eigentlich in all den Trashfilmen und Videogames, so vom Plot her betrachtet, wenn wir den ganzen zeitgeschichtlichen und politischen Kontext mal ausser Acht lassen? Denkt man bei dieser Inhaltsentschlackung übrigens an all die minimalistischen neuen Opern, mit kaum Handlung – durchaus wunderschönen Tönen dafür – , könnte eine Boll-Produktion auf dem Grünen Hügelm die dort so heiss ersehnte erste Neue Musik Produktion sein, und das sogar mit Wagners Musik, ohne Geräusch, Klanganalyse und demokratischen Spielanweisungen…

    Wann schreibt eigentlich Spahlinger mal eine Operette?!?

    Gruss,

    querstand alias A. Strauch