Autor: Moritz Eggert

Amerikanisches Tagebuch, 8. Tag

Virginia ist „The South“, obwohl man noch ziemlich weit in den Süden gehen kann von hier. Hier fanden die meisten Schlachten des Sezessionskrieges statt, hier redet man mit dem „Southern Drawl“, die etwas langgezogene, lässig wirkende und langsame Art zu reden, die geradezu das absolute Gegenteil zu den hektischen New Yorker oder LA-Dialekten darstellt. Das typische Wort ist „y’all“ – wörtlich übersetzt mit „ihr alle“, hier aber eine geradezu kontinuierliche Art der Anrede darstellt , wie in „y’all wanna eat somethin‘?“ oder „y’all fine?“- In letzterem Beispiel entsteht sogar eine Satzkonstruktion ohne Verb, was nur hier geht.

Amerikanisches Tagebuch, 7. Tag

Amerikanisches Tagebuch, 7. Tag

Ein kapitalistisch produziertes Produkt will nicht gesund sein, da dies der Idee von Profit entgegenläuft, denn der entsteht wenn man große Mengen eines möglichst billig herzustellenden Produktes wesentlich teurer verkauft als es in der Produktion kostet.
Wenn also der Massengeschmack beschworen wird, redet man nie von tatsächlicher Qualität. Denn es wäre absurd zu glauben, dass irgendjemand mit Coca Cola oder einem Marsriegel den Menschen irgendetwas Gutes tun will.

Amerikanisches Tagebuch, 6. Tag

Selbst in einer wirklich kleinen und zu Fuß problemlos erkundbaren Stadt wie Staunton wird man zum Freak wenn man mehr als einen Block zu Fuß geht. Ständig werde ich gefragt „shall we take you with the car?“, selbst wenn die Probe nur 2 Straßen weiter ist. Nein danke, ich laufe lieber. Nur um dann ständig aus Autos heraus angesprochen zu werden „hey, snazzy suit, man!“. Wer läuft, ist also doppeltem Spott ausgesetzt. Vielleicht mache ich ja doch Mal den Führerschein…

„La BETTLEROPERa“ in einer Minute

„La BETTLEROPERa“ in einer Minute

Hach – das Berlin der 20er Jahre ist ja im Moment in aller Munde – Gangster, Bettler und Huren sind die Hauptfiguren unseres Stückes, das thematisch durchaus mit der “Dreigroschenoper”…..
aber halt! Wir machen ja gar nicht die “Dreigroschenoper”! Brecht und Weill und auch wir beziehen sich ja auf ein ganz anderes Stück, nämlich die „Beggar‘s Opera“ von Gay und Pepusch, eine berühmte Parodie auf die in England zu dieser Zeit populären artifiziellen Barockopern von Händel. Diese hatten nämlich mit dem wirklichen Leben von damals ungefähr soviel zu tun wie eine Weißwurst mit Dönersoße, und die Zeit war reif, eine andere Welt auf die Bühne zu bringen, nämlich die wirkliche. In der „Beggar‘s Opera“ kommen also all die Figuren vor, die damals die Londoner Straßen bevölkerten. Ach was damals, bis heute!

Amerikanisches Tagebuch. 3. Tag

Bühnenarbeiter haben eine starke Gewerkschaft, werden gut bezahlt und verdienen meistens mehr als die Musiker auf der Bühne (dieses unglaubliche Faktum wurde mir mehrmals von amerikanischen Kollegen bestätigt). Nach einem Musikhochschulabschluss sollte man sich also tatsächlich überlegen, ob man in den USA nicht lieber Bühnenarbeiter wird – man hat ein geregeltes Einkommen, ist vermutlich unkündbar und kann problemlos eine Familie ernähren, im Gegensatz zu den hungerleidenden Musikern.

Amerikanisches Tagebuch, 2.Tag

Diesen Sommer verbrachte ich im August 2 Wochen in den USA, diesem seltsamen Land der Widersprüche, Abgründe und dennoch immer wieder auch Hoffnung. Der Grund: Musik. Ich besuchte sowohl die Musikfestivals in Tanglewood als auch in Staunton, Virginia, nur eine halbe Stunde von Charlottesville entfernt. Diese Aufzeichnungen sind eine Fortsetzung...

Amerikanisches Tagebuch, 1. Tag

Diesen Sommer verbrachte ich im August 2 Wochen in den USA, diesem seltsamen Land der Widersprüche, Abgründe und dennoch immer wieder auch Hoffnung. Der Grund: Musik. Ich besuchte sowohl die Musikfestivals in Tanglewood als auch in Staunton, Virginia, nur eine halbe Stunde von Charlottesville entfernt. Diese Aufzeichnungen sind eine Fortsetzung meines Komponistentagebuchs, Tag für Tag aufgezeichnet, nun schon in der Vergangenheit, aber nicht sehr weit entfernt von der Gegenwart.