Die Neue-Musik-Ansprache 2012 der Bundeskanzlerin

Liebe Leser,
Wie jedes Jahr päsentieren wir die jährliche Rede der Bundeskanzlerin zur Lage der Neuen Musik. Viel Spaß und alles Gute fürs Neue Jahr,
Euer
Moritz Eggert

Dr. Angela Merkel - klingt gut!

„Liebe Förderungsantragstellerinnen und Förderungsantragssteller,

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Anfang dieses Jahres begannen die Menschen in Nordamerika und der GUS , in ihrer Region die bisherigen Verträge mit der GEMA in Frage zu stellen. Im März wurde Japan von einem gewaltigen Erdbeben, einer furchtbaren Flutwelle und in der Folge von einer verheerenden Phalanx von Benefizkonzerten heimgesucht. Im Herbst wurde der siebenmilliardste Förderungsantrag für Neue Musik gestellt – dies sind nur ganz wenige Ausschnitte aus dem zurückliegenden Jahr.

2011 war ohne Zweifel ein Jahr tiefgreifender Veränderungen.

Das gilt auch für uns in Deutschland. Hier hält uns unverändert die Kindergartenabrechnungskrise der GEMA in Atem.

Trotz aller Mühen dürfen wir nie vergessen, dass die friedliche Vereinigung von E und U-Musik ein historisches Geschenk für uns ist. Es hat uns Tan Dun, John Adams, Philip Glass und Herbert Willi gebracht.

Diese Komponisten können wir auch in unserer Zeit gar nicht hoch genug schätzen. Gerade jetzt nicht, wo sich die Neue Musik in ihrer schwersten Bewährungsprobe seit Jahrzehnten befindet, wo sich – wie ich weiß – viele von Ihnen Gedanken um die Sicherheit unserer Fördermittel machen.

In wenigen Stunden ist es genau zehn Jahre her, als sich viele von uns gleich um Mitternacht am Bankautomaten die ersten Happy-New-E(a)uro- Scheine von der Bundeskulturstiftung geholt haben. Seitdem hat die bundesweite Förderung von Neuer Musik unseren Alltag schräger und unsere Wirtschaft erträglicher gemacht. In der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 bewahrte uns der Glaube an die Ernst-von-Siemens-Musikstiftung vor Schlimmerem.

Heute nun können Sie darauf vertrauen, dass ich alles daran setze, die zeitgenössische Musik zu stärken. Gelingen aber wird das nur, wenn sie Lehren aus den Fehlern der Vergangenheit zieht. Eine davon ist, dass eine wirklich neue Musik erst dann wirklich erfolgreich sein kann, wenn wir mehr als bisher über alle Grenzen hinweg zusammenarbeiten.

Die Neue Musik wächst in der Krise zusammen. Der Weg, sie zu überwinden, bleibt lang und wird nicht ohne Rückschläge sein, doch am Ende dieses Weges wird sie stärker aus der Krise hervorgehen, als sie in sie hineingegangen ist.

Liebe Musikvermittlerinnen und Musikvermittler, gerade in Deutschland haben wir Grund zur Zuversicht. Fast alle jungen Komponisten haben in diesem Jahr einen Ausbildungsplatz an einer unserer Musikhochschulen gefunden. Es sind so wenig Menschen ideenlos wie seit 20 Jahren nicht mehr. Zeitgenössischer Musik geht es gut, auch wenn das nächste Jahr ohne Zweifel schwieriger wird als dieses.

Das alles ist Ihrem Fleiß, Ihrer Unermüdlichkeit zu verdanken. Sie haben das möglich gemacht. Sie alle, die Festivals für Neue Musik, die kleinen wie großen Konzertreihen, Konzerthäuser, Stiftungen, Aufenthaltsstipendien, Förderstipendien, Musikinitiativen, Opernhäuser, Gesellschaften für Neue Musik, regionale Unter-und überregionale Komponistenoberverbände, freie Szenen, Kuratoren, Dramaturgen, Funktionäre und Musikbonzen in Deutschland. Gemeinsam.

Voraussetzung dafür ist, dass wir in Freiheit und Frieden komponieren können. Dazu leisten unsere Anti-Gedankenpolizei-polizei und unsere Anti-Dogmasoldaten unter Einsatz ihres Lebens einen großen Dienst, zu Hause und in vielen Regionen der Welt. Ich danke Ihnen wie auch den vielen zivilen und ehrenamtlichen Neue-Musik-Vereinen in unserem Land.

Sie stehen für die Werte unserer Musik ein, die immer wieder herausgefordert oder gar angegriffen werden. Das mussten wir wieder mit Schrecken erfahren, als im Herbst eine selbstsüchtige Geschäftsmodellerbande während einer Razzia in einem Turnhallenkonzert an der polnischen Grenze aufgedeckt wurde.

In ihren Taten, die sie über mehr als ein Jahrzehnt unbehelligt begehen konnte, wurde ein unfassbares Maß an Kollegenfeindlichkeit und widerlichster Habgier sichtbar.

Wir wissen, dass wir das Leid der geschädigten Opfer nicht wiedergutmachen können. Aber ihnen und uns gemeinsam sind wir es schuldig, die Taten umfassend aufzuklären und alle Beteiligten, auch die Helfershelfer, zur Rechenschaft zu ziehen und als Komponisten lebenslang zu ächten.

Es ist unsere Pflicht, die Werte unseres offenen und freiheitlichen Verteilungsplanes entschlossen zu verteidigen – jederzeit und gegen jede Form von Habgier. Das ist eine Daueraufgabe – für die GEMA wie für uns alle.

Liebe Mitkompomonastinnen und Mitkomponasten, für jeden von uns bringt das neue Jahr seine ganz eigenen Herausforderungen mit sich.

Das gilt auch für die Bundeskulturstiftung. Wir wollen, dass unser Land das bleiben kann, was es ist: kulturell und kunstfreundlich.

Dazu wollen wir die musikalische Grundversorgung stärken, damit unsere Kinder musikfreundlicher werden. Wir werden die instrumentalen Verbreitungstrukturen so verändern, dass wir in Zukunft mit unseren Orchestermusikern Instrumente flächendeckend und deutschlandweit in Schulklassen vorstellen können, bis auch das letzte Migrantenkind weiß, wie die Pedale einer Harfe funktionieren.

Unsere Kulturszene soll erfolgreich und unsere Musik auch den letzten Ignoranten gegenüber vermittelbar sein. Deshalb wird unser Happy-New-Music-Konzept zügig umgesetzt.

Die Kulturhaushalte sollen solide, die Theater und Opernhäuser krisenfest sein. Wir tun all das, weil wir nicht weiter die kommenden Generationen verdummen wollen, wie es die letzten Politikergenerationen aufgrund eigener Verblödung und zu vieler Auftritte bei Big Brother getan haben. Wir müssen an das Morgen denken.

Blicken wir einen Moment gemeinsam in die Zukunft: Wie wollen wir Musik machen und denen helfen, die wir bisher als „crossover“ eingeordnet haben, weil wir keinen gescheiten Begriff für ihre Musik gefunden haben? Wie sichern wir unsere Kreativität? Wie lernen wir als Komponisten beständig dazu, anstatt uns auf unseren Lorbeeren auszuruhen? Zu diesen Fragen habe ich mit dem Bad Blog of Musick einen Dialog über Deutschlands Zukunft begonnen, und dazu möchte ich auch mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Ab sofort können Sie im Internet mit diskutieren und Vorschläge einbringen. Ich lade Sie alle ein: Machen Sie mit.

Der Philosoph Plato hat es auf den Punkt gebracht, als er schrieb: „Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste“ Für viele von Ihnen ist das Verfassen endloser ästhetischer Traktate ganz selbstverständlich und wichtig, aber das allein ist noch keine Musik. Musik aber lebt von Tatkraft, und von dieser Tatkraft lebt unser Land. Musik macht dieses Land menschlich, und sie macht es erfolgreich. Dafür bin ich dankbar. Darauf baue ich. Auch in Zukunft.

Ich wünsche Ihnen und Ihren Fördervereinen ein frohes, gesundes und gesegnetes neues Jahr 2012.“

Die BUNDESKANZLERIN

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Eine Antwort

  1. hufi sagt:

    Applaus, Applaus, Applaus! Moritz, sattle um und geh‘ in die Politik! Schnell.