100 Argumente gegen die GEMA-Reform (4)

Teil 4, 31-40
Was bisher geschah:
„U“ und „E“ sollen abgeschafft werden, verkündet die GEMA. Klingt ja erst einmal gut. Bis man versteht, dass das alles nur eine rosarote Brille ist, die man euch aufsetzt. In Wirklichkeit stehen knallharte Geschäftsinteressen dahinter, denen die bisherige Kulturförderung der GEMA ein Dorn im Auge ist. Was sie euch in ihren Werbespots verschweigen: In Zukunft sollen die Fördermittel nämlich drastisch reduziert werden, was allen – U wie E – schaden wird. Und plötzlich gibt es ein neues „E“ – das heißt dann KUK und belohnt zum Beispiel, das man in „Mundart“ singt, oder in „Kulturorten“ spielt, wo man für die „Verzahnung von Text und Musik“ Extrapunkte bekommt. Klingt erstaunlich nach Applaus von der falschen Seite, hat sich aber die GEMA ausgedacht, und ihr – Du und ich und wir alle – müssen am 14. und 15. Mai in München dagegen stimmen. Außer ihr wollt, dass euch in Zukunft Gremien aus lauter 60-jährigen sagen, was innovativ ist und was nicht.
31. Die bisherigen Regeln für die Abrechnung könnten auf viele Weise verbessert werden, die neuen Regeln schaffen es, aber noch viel, viel, viel schlimmer zu sein So ist es zum Beispiel nach dem neuen System nachweislich am effizientesten, 5 Werke für Maultrommel Solo mit 1 Minute Länge zu komponieren, die auch nur ein einziges Mal aufgeführt werden müssen. Das gibt mehr Geld durch Punkte als ein 60-minütiges Orchesterwerk, das dreimal oder mehr aufgeführt wird!!! Willkommen im GEMA-Absurdistan.
32. Der Aufsichtsrat schädigt durch seinen Reformvorschlag das Ansehen unserer GEMA, indem er trotz der guten Zahlen der letzten Jahre der Raffgier von Großverdienern freien Lauf lässt Die Mittel für soziale und kulturelle Zwecke sind zwischen 2009 und 2010 erheblich gesunken und haben erst in 2022 ein ähnliches Niveau wie 2009 erreicht. Die Gesamterträge der GEMA haben sich dagegen laut der Geschäftsberichte von 841.055 Mio. EUR im Jahr 2009 auf 1.251.047 Mio. in 2023 erhöht. Warum man ausgerechnet dann eine ohnehin schon kleine Sparte radikal kürzen will, ist unbegreiflich.
33. Es wird den normalen GEMA-Mitgliedern vorgegaukelt, sie würden von der Reform profitieren, das tun aber nur die Großverdiener Der Jazz, das Nischenrepertoire, der Nachwuchs in U und so ziemlich die meisten Mitglieder werden nichts davon haben, wenn die 30% für E in der Wertung abrasiert werden. Es wird sich in ihren Abrechnungen nichts verändern. Für alle negativ auswirken werden sich aber die abzusehenden und auch von der GEMA in Aussicht gestellten Kürzungen der soziokulturellen Mittel, für die die Reform nur der rote Teppich darstellt.
34. Der Reform zu widerstehen, heißt auch, den zukünftigen Abwicklungen der soziokulturellen Mittel innerhalb der GEMA einen Riegel vorzusetzen Beabsichtigt ist in den kommenden Jahren eine Absenkung des Abzuges aus dem Aufführungs- und Senderechts für soziale und kulturelle Zwecke von 10% auf 5 % oder noch darunter. Wie damit zu den bisherigen Aufgaben auch noch eine gezielte Förderung des kulturell wertvollen Repertoires aus U finanziert werden soll ist fraglich. Für die GEMA-Sozialkasse sind erhebliche Kürzungen zu erwarten, weil sie nur noch maximal 17% an den gesamten soziokulturellen Mitteln erhält. Darüber jubilieren nur große Rechteinhaber aus dem Ausland, nicht aber wir GEMA-Mitglieder.
35. Die von der GEMA angefachte Neiddebatte blendet wichtige Fakten aus Immer wieder wird bemängelt, dass es in E Mitglieder gibt, die angeblich „zu viel“ bekommen. Absurde Rechenbeispiele werden verwendet, Extrembeispiele ausgeschlachtet, die es genauso in U gibt. Worüber aber bewusst geschwiegen wird: Was bekommen die Top 300 in U? Ein Vielfaches von den E-Kolleg:innen. Man könnte es beiden Sparten gönnen, dass es erfolgreiche Topverdiener gibt – in E sind diese Topverdiener meistens international bekannte Namen, ebenso wie die Topverdiener in U. Letztere bekommen nur wesentlich mehr, eine Neiddebatte ist daher unfair und unkollegial, sie wird aber dennoch bewusst angefacht.
36. Die Zusammenlegung der Wertung und Sozialkasse begünstigt die, die ohnehin schon viel bekommen Die„Alterssicherung“ der Wertung ist keine wirkliche Alterssicherung, weil sie im unteren Bereich zu gering ist und ansonsten einen unbegrenzten Altersbonus in Abhängigkeit vom Aufkommen darstellt. Wenn diese aber mit der Sozialkasse in einen neuen gemeinsamen Topf kommt, gibt es ungewollte Effekte: da wo viel ist, kommt noch mehr dazu! Die lästige Bedürftigkeitsprüfung der bisherigen GEMA-Sozialkasse entfiele, diejenigen die noch so gut im Geschäft sind, dass sie nichts von der Sozialkasse bekommen können, haben nun freie Fahrt und können noch ein bisschen mehr abkassieren…. BINGO!!
37. Die GEMA hat sich schöne kleine Loopholes gebaut, mit der sie noch mehr Geld aus der Kulturförderung ziehen kann Man lese mal das Ende der Seite 79 Geschäftsordnung des Antrags: „Der aufgrund dieser Begrenzung verbleibende Restbetrag wird als prozentualer Zuschlag auf die Ausschüttungen verteilt, die sich in der Sparte M durch die Verrechnung…ergeben usw.“. Erst schafft man ein viel zu kompliziertes System mit komplizierten Begrenzungen, dann kann man durch diese Begrenzungen gar nicht alles verteilen, dann wird das Geld umgeleitet zu denen…die ohnehin schon am meisten verdienen. Nicht cool.
38. Die KUK-Förderung wird als Ersatz für die E-„Förderung“ bezeichnet, ist aber etwas vollkommen anderes und vollkommen Bescheuertes Denn plötzlich geht es überhaupt nicht mehr um die tatsächlich gespielte Musik („Werkbegriff“ fällt vollkommen weg), sondern nur um „coole“ Veranstaltungsorte und irgendwelche Humbug-Kriterien, die so vage sind, dass man sie auf tausend mögliche Arten auslegen kann. Hey Leute, es ist vollkommen egal, was ihr macht, Hauptsache es ist auf Deutsch, in „Mundart“, und es „verzahnt Text und Musik“. Am besten an einem Ort, den irgendjemand zum „KUK“-Ort gemacht hat, weil da viele Leute aus seinem Label spielen und die ja alle irgendwie profitieren sollen.
39. Die Kategorisierung von Veranstaltungsorten erzeugt Probleme und begünstigt auch wieder Großverdiener Denn dreimal dürft ihr raten, welche Orte dann zu „Kulturorten“ werden, an denen es „KUK“-Punkte geben wird? Natürlich genau die, an denen das Repertoire von den Leuten gespielt wird, die in den Kommissionen sitzen, die darüber entscheiden. Da all diese Kommissionen aus GEMA-Mitgliedern besetzt werden müssen, ist es unmöglich hier Befangenheit und Bestechlichkeit zu begrenzen.
40. Im gesamten Vorfeld war die gesamte angeblich „demokratische“ Beteiligung der Mitglieder an der Reform eine reine Scheinnummer Nicht nur die erweiterte Verteilungskommission, die die Reform abnicken sollte, war ein Witz (denn sie wurde vom Aufsichtsrat per Einladung bestellt), auch der gesamte Diskussionsprozess im Vorfeld grenzte bewusst diejenigen aus, die von der Reform betroffen sein werden. Und in Zukunft will man dafür sorgen, dass die kritischen Stimmen noch nicht einmal mehr ordentliche Mitglieder werden. An welche Regierungsformen erinnert das?
(tbc)
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