100 Argumente gegen die GEMA-Reform (1)

100 Argumente gegen die GEMA-Reform

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Teil 1, Argumente 1-10

 

Disclaimer: Ich verwende der Einfachheit halber in dieser Serie immer den Begriff „die GEMA“, was ich bitte, zu verzeihen. Mir ist absolut bewusst, dass es innerhalb der GEMA sehr fähige und auch kritisch denkende Menschen gibt, die Probleme mit der Reform sehen und sich hier ungern angesprochen sehen wollen. Umgekehrt ist es auch nicht fair, ständig die Namen der Individuen zu nennen, die eindeutig hinter der Reform stehen und diese propagieren, dann wird es persönlich und ist nicht sachlich.

 

  1. Zeitgenössische klassische Musik ist kein „Nischenrepertoire“ In ihrer Begründung der Reform benutzt die GEMA immer wieder das Argument, man müsste auch „anderes Nischenrepertoire“ als „E-Musik“ fördern. Auch ansonsten fällt immer wieder das Wort „Nische“, wenn es um klassische Musik geht. Klassische Musik ist ganz dezidiert keine „Nische“, sondern ein kommerziell wichtiges Segment im Musikbereich, vor allem was den Livebereich angeht. Es ist genauso wenig „Nische“ wie deutscher Schlager. Zeitgenössische klassische Musik gehört untrennbar zum Bereich der klassischen Musik, und ist daher auch nicht „Nische“. In Deutschland gibt es 24 Hochschulen an 28 Standorten sowie weitere an Universitäten angeschlossene Musikhochschulen und Konservatorien, die alle einen international hohen Ruf genießen und an denen vor allem klassische Musik gelehrt wird, dies auch im Fach Komposition. Auch die Ausbildung von Komponierenden im Bereich Filmmusik und Jazz ist eng an die klassische Ausbildung eingebunden und keinesfalls „Nische“. „E-Musik“ ist einer der Stützpfeiler heutiger Musikkultur, auch an Popakademien werden Theoriekenntnisse und Harmonielehre unterrichtet, die der E-Musik entspringen. Nach diesem Argument wäre dann also auch die gesamte Popmusik „Nische“.

 

  1. „E-Musik“ ist kein Genre, sondern eine Möglichkeit Die Trennlinien zwischen Abrechnung E und U verlaufen wesentlich fließender, als es den meisten bewusst ist. So kann U-Musik jederzeit auch nach E abgerechnet werden in bestimmten Kontexten, zum Beispiel bei Bühnenmusik. Zahlreiche Komponierende innerhalb der GEMA haben ein Werkverzeichnis, in dem sowohl U als auch E-Werke vorkommen. Ob man an der E-Wertung teilnimmt oder nicht, hängt davon ab, welche Sparte überwiegt und ist keine grundsätzliche Trennung. Die Möglichkeit einer genreübergreifenden Förderung, die auch Kolleg:innen mit vorwiegend U-Repertoire aktuell schon jetzt (!) zugutekommen, fällt mit der Abschaffung der Kategorien vollkommen weg. Plötzlich ist alles ein Wust aus KUK-Punkten und undurchsichtigen Vergabekriterien, die man wahrscheinlich selbst noch nicht kennt.

 

  1. Noch nie gab es eine so drastische Reduzierung einer einzigen Sparte innerhalb der GEMA Über die Jahre hat die GEMA immer wieder Anpassungen am Verteilungsplan vorgenommen, manchmal haben diese das Einkommen gewisser Sparten leicht erhöht, manchmal auch limitiert oder gesenkt. Die geplante Reform hätte aber die dramatischsten Einkommenseinbußen in der Geschichte der GEMA zur Folge, da für die ohnehin schon arme E-Musik (die nur 1,3% der GEMA-Ausschüttung bekommt) sowohl Tantiemen als auch Wertung um bis zu 90% und um mindestens 70% reduziert werden würden. Die GEMA ist sich dieses dramatischen Einbruchs bewusst, sodass sie schon jetzt einen abfedernden Übergangsfonds plant, der aber nur wenige Jahre greift. Danach stehen aber zahllose Mitglieder vor dem Ruin und werden für die Zukunft dauerhaft marginalisiert werden.

 

  1. Würde Johann Sebastian Bach heute leben, wäre er bei der GEMA ein kleines Licht Da alle Kategorien in der Wertung wegfallen sollen, die das Gesamtschaffen von Komponierenden beurteilen (zum Beispiel Werke in allen Genres wie z.B. Vokalmusik, Orchestermusik, Kammermusik, Kirchenmusik usw. komponiert zu haben), hätte der vielleicht größte Komponist in der Geschichte der Menschheit keinerlei Chance auf irgendein Aufkommen in der GEMA, denn seine Aufführungen vornehmlich im Kirchenraum brächten keinerlei Tantiemen wegen Pauschalverträgen. An diesem Beispiel sieht man, wie unsäglich die Abrechnung rein nach Minutenlängen ist, denn sie ignoriert den Aspekt des Gesamtschaffens, der Bach auszeichnete.

 

  1. Die zeitgenössische Musik erlebt in der Abrechnung nach dem vormals U vorbehaltenen Tarif eine massive Benachteiligung Da der Werkbegriff in der Abrechnung U keine Rolle spielt und Streams, Selbstaufführungen oder Tourneen in E die Ausnahme sind, hat die ohnehin schon benachteiligte E-Musik hier noch einmal doppelt das Nachsehen und keinerlei Chance im Vergleich zu Tarifen, die speziell auf U-Musik zugeschnitten sind. Das ist keine Gleichstellung, sondern Zerstörung.

 

  1. Kompositionsaufträge sind in Deutschland im internationalen Vergleich niedriger, weil es die GEMA gibt Auch wenn die GEMA sich dessen wahrscheinlich nicht bewusst ist, ist die Abrechnung E in das Musikleben durch jahrzehntelange Praxis eingespeist. Die Kompositionshonorare sind hier so niedrig, weil dies vor allem durch die Wertung kompensiert wird. Fällt diese dramatisch, müssen die Honorare auf dem freien Markt massiv steigen, was aber gar nicht möglich ist. Resultat wären weniger Konzerte (was wiederum die GEMA-Einnahmen senkt), weniger Uraufführungen und vor allem weniger Förderung des Nachwuchses, den die GEMA angeblich begünstigen will. In Wirklichkeit vernichtet sie den Nachwuchs.

 

  1. Der Reform zuzustimmen, heißt die Katze im Sack zu kaufen Eine Reform von dieser Tragweite hat die GEMA noch nicht gesehen, daher sind in dem sich über mehrere Jahre erstreckenden Plan von der GEMA auch viele weiße Stellen, ungelöste Probleme und Ungewissheiten. Der Reform zuzustimmen heißt, der GEMA einen Freischein zu geben, auch für mögliche Fehler. Es fehlt die Möglichkeit, zu korrigieren, auszuprobieren oder auch grundsätzlich umzudenken. Es ist eine Fahrkarte ohne Rückticket, die Reise geht ins Nirgendwo.

 

  1. Die „Beteiligung“ an der Reform fand nicht statt Obwohl zur Diskussion über die Reform aufgerufen wurde und viele gute Vorschläge eingingen, wurden alle diese Vorschläge komplett ignoriert und niemand aus E an den Reformüberlegungen beteiligt. Es ging sogar noch weiter: Mitglieder aus der E-Musik wurden plötzlich bewusst nicht mehr in Gremien eingeladen, in denen die Reform diskutiert wurde. Man wurde also zum Stichwortgeber degradiert, die „Demokratie“ war eine Scheinveranstaltung. Warum eigentlich? Vor was hatte man Angst? Warum wurden genau die Leute aus den Entscheidungsgremien getilgt, die von der Reform betroffen sind?

 

  1. Die GEMA droht Mitgliedern und versucht, Kritiker:innen an der Reform einzuschüchtern In der Diskussion mit der GEMA fallen immer wieder Formulierungen wie „es wird noch viel schlimmer kommen, wenn ihr euch wehrt“. Diese Art von Formulierungen kennt man zwar aus Mafia-Filmen, befremden aber in einer Verwertungsgesellschaft, die sich mit ihrer Solidargemeinschaft rühmt, vor allem, wenn sie gegenüber einer Sparte in der GEMA gegenüber ausgesprochen wird, die ohnehin schon zu den Geringverdienern gehören.

 

  1. Anstatt die E-Wertung zu öffnen und zu verbessern, werden der E-Musik die Probleme der U-Wertung aufgedrängt Nach dem Motto: „Wenn etwas nicht funktioniert, dann sollen auch andere in diesen Genuss kommen“…Es gibt vieles, das an der U-Wertung nicht funktioniert und ungerecht ist. Da dies die meisten GEMA-Mitglieder betrifft, hätte man hier dringender ansetzen müssen als an der E-Wertung, die einen wesentlichen kleineren Teil der Mitglieder angeht. Nun kommen diese auch in den „Genuss“ einer dringend reformbedürftigen U-Wertung. Na bravo.

(tbc)

 

 

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