Auf den Punkt bringen – nochmal zum „Fall Eggebrecht“
So, Ihr Lieben,
Kurz vor Weihnachten rappelt’s ja noch richtig in der Kiste: Nachdem wir im Fernsehen mit dem Finale von „Supertalent“ gequält wurden und dabei feststellten, dass hunderte von Jahren abendländischer Musikgeschichte nicht gegen eine Hundedressur ankommen können, kocht inzwischen im Feuilleton die „Affäre Eggebrecht“, wie von Arno schon vor einigen Tagen vorausgesehen, so richtig hoch.
Nun will ich hier keinesfalls über Eggebrecht richten oder mich auf die Seite seiner Verteidiger oder Feinde schlagen. Der Mann hat sein Geheimnis mit ins Grab genommen, man mochte ihn oder man mochte ihn nicht, mit letzter Sicherheit wird man wahrscheinlich nie feststellen können, was genau er da in der Krim getrieben hat. Schlimm genug, dass er da war oder da sein musste, schlimm genug, dass er darüber so beharrlich geschwiegen hat. Schlimm genug, dass er seine Biographie manipulierte, was dem Verdacht jetzt zusätzlich Futter gibt. Schlimm genug, dass man über manche, deren Nazivergangenheit wirklich definitiv erwiesen ist (wie bei Karajan), nicht mehr so viel spricht. Vielleicht, weil sie zu erfolgreich, zu weltweit berühmt waren?
Stutzen musste ich aber bei diesem ersten Satz von Richard Klein in der FAZ von heute, 23.12.2009, aus dem Artikel „Suche nach einer Sprache in der falschen Welt“, der mir zu versuchen scheint, Eggebrecht persönlich anekdotisch als rührenden Sucher von Transzendenz darzustellen, der ja auch „Wiedergutmachung“ betrieb (durch „zahlreiche Kontakte zu osteuropäischen Musikwissenschaftlern“ -häh?????). Vielleicht will Klein Eggebrecht, den er wohl schätzt, schützen?
Dies ist der Satz über den ich stolperte:
Im „Fall Eggebrecht“ gilt es zwei Dinge strikt auseinanderzuhalten: Die Ereignisse 1941/42 auf der Krim, die Art von Eggebrechts Beteiligung an ihnen – und die Bedeutung für die Musikwissenschaft.
Mal abgesehen davon, dass hier drei Dinge genannt werden, ist das ungefähr so, als ob man sagt:
„Im „Fall Hitler“ gibt es zwei Dinge strikt auseinanderzuhalten: Den grausamen Tod von Millionen von Menschen, die Art seiner Beteiligung daran – und seinen Einfluss auf die Geschichte Deutschlands.“
Sollte man so etwas sagen? Ich finde nein.
Nein, nein, nein, lieber Richard Klein, man kann das nicht auseinanderhalten. Ich kann auch Stalin, den Schlächter, und Stalin den rührend besorgten Familienmenschen nicht auseinanderhalten, ich kann George Bush und den Irak-Krieg nicht auseinanderhalten.
Ich kann nicht vor Ceausescus „Haus des Volkes“ in Bukarest stehen, und den Diktator und dessen Motivation vergessen, ich kann nicht vor den Überresten der Nazibauten am Münchener Königsplatz stehen, und nicht an die dort stattgefunden habenden Bücherverbrennungen und Aufmärsche denken.
Das sind natürlich übertriebene Vergleiche, aber sie mögen erlaubt sein, um die latente Perversion dieser Formulierung aufzuzeigen. Musikwissenschaft ist kein Mord, ein Gebäude trägt keine Schuld, dennoch interessiert es mich, ob es vielleicht ein Mörder war, der die Musikwissenschaft betrieb, und wer es war der das Gebäude erbaute, und warum er es tat.
Menschen, Taten, Gedanken, Motivationen, Resultate – alles ist untrennbar miteinander verbunden, ich kann das eine nicht vom anderen isoliert betrachten. Und genauso wie die Entlarvung als Stasi-Agent des Mörders von Ohnesorg ein neues Licht auf die Studentenrevolte wirft (und zu Recht darüber diskutiert wird), wirft der Fall Eggebrecht, wenn der Verdacht sich erhärtet, ein neues Licht auf die Musikwissenschaft und die Neue Musik nach dem Krieg. Das heißt nicht, dass es diese ungeschehen oder sinnlos macht, aber die neue Perspektive darauf kann und muss eine Diskussion über bestimmte Dinge auslösen können. Insofern ist es hochinteressant, bestimmte Zitate Eggebrechts in neuem Licht zu sehen – das Fragezeichen darf erlaubt sein. Und es kommt ja nicht von ungefähr, dass gewisse Zitate von ihm (wie das über das „Islamische, Osmanische, Heidnische, Barbarische“) schnell zur Hand sind.
Was ich sagen will: Auch unabhängig von der Schuldfrage gibt es einiges zu diskutieren in der deutschen Musikwissenschaft und der Geschichte der Neuen Musik nach dem 2. Weltkrieg. Dass diese Diskussion subkutan gärte, zeigt der jetzige Ausbruch – wie immer natürlich viel zu spät, aber dass man darüber redet, ist richtig.
Und so mag das Beispiel Eggebrecht jetzt dazu guter Anlass sein. Wie nämlich Friedrich Geiger im Parallelartikel „Im langen Schatten deutscher Musik“ (ebenfalls FAZ, vom 23.12.) richtig bemerkt:
Das Alarmierende ist doch, dass die meisten der zahlreichen Leser seines Hauptwerkes „Musik im Abendland“ (1991) bisher offenbar nichts irritierte.
und etwas später:
Offenkundig war vor vierzehn Jahren die Zeit noch nicht reif für das Bewusstsein, dass der deutsche Musikdiskurs von fatalen Kontinuitäten geprägt ist.
….
…blieben im Denken über Musik ideologische Reste haften. Erst recht gilt das für die Unbelehrbaren, die lediglich die Wortwahl änderten, aber in der Sache über Musik weiterhin redeten und dachten wie im Dritten Reich.
Dass die Zeit erst jetzt dafür reif ist, dies wirklich zu erkennen – das ist unser aller Schande. Eingeweihten ist schon lange klar, dass das Pendel eben einmal nach rechts, dann wieder nach links ausschwingt, dass sich zwar die Feindbilder ändern mögen, aber nicht die Härte mit denen man diesen begegnet. Schon viel früher hätte man – Eggebrecht hin oder her – über die Verdrängung, Verneinung, Diskriminierung, Ignorierung von unerwünschter, weil ideologisch nicht „passender Musik“ in der Nachkriegszeit sprechen müssen. Sicherlich hat nach dem Krieg keiner der „verfemten“ Komponisten, die dem offiziellen Neue-Musik-Mainstream nicht geheuer waren, ins Konzentrationslager wandern müssen. Aber es gibt doch menschliche Schicksale, die aufhorchen lassen: Verzweiflung, innere Emigration, Rückzug, sogar Freitode kennt die Geschichte der Neuen Musik nach 1950. Nicht ohne Grund.
nicht in diesem Sinne:
Frohe Weihnachten
wünscht euch
Euer
Bad Boy
Moritz Eggert
Hier der Link zu den FAZ-Artikeln
Komponist
Moritz, das kann ich nicht ganz nachvollziehen. Studien, Bücher, dicke und dünne, gibt es zu Kontinuitäten und Brüchen sehr viele. Spätestens seit den 80er Jahren, en masse. Mag sein, dass es noch immer zu wenig sind.
Dass dies ausgerechnet von jemandem wie Finscher aber behauptet wird, wirkt etwas erstaunlich; als Herausgeber der neuen MGG hatte er alles in der Hand – so oder so; wie er es genutzt mag jeder nachlesen.
Ich finde schon, dass man Kleins Ratschlag nachfolgen darf und es gibt keinen Anlass zu sehen, dass Klein Eggebrecht schützen wollte; dazu hat er persönlich eher wohl keinen Grund und in der Sache schon gar nicht.
Ich finde, die mikrologische Sichtweise bietet sich immer besser an, nämlich von dem auszugehen, was da ist, und daraus Schlüsse auf den Gehalt zu ziehen, statt umgekehrt; sozusagen als vollkommen verdrehte Wiederspiegelungstheorie. Jemand war einmal an einem Platz, folglich ist Späteres in diesem (und nur diesem) Licht zu sehen.
schreibst du. Ich finde es überhaupt nicht, denn findet man überhaupt alle Motivationen, und dann noch die, die sich Bahn bereitet? Für einen Juristen mag das eher von Bedeutung sein, der muss nach Kausalitäten schauen, nach Induktionen und Subsumptionen. Und zuletzt, möchte man das von jemand anderem über sich haben? Würdest du es wollen, in diese Motivations-Schublade gesteckt zu werden?
Ich verweise in diesem Zusammenhang liebend gerne auf die Lebensgeschichte eines Franz Fühmann, um darzustellen, dass Menschen grundsätzlich erst einmal nicht so monolithisch zu sehen sind. Es gibt auch andere Fälle. Genügend.
@Martin
Ich glaube, Du hast meine Kritik an Klein mißverstanden – seine grundsätzlichen Überlegungen fand ich ok, an dem Anfangssatz hat sich – viel mehr als ich – vor allem meine Frau gestossen (Germanistin, Autorin – Spezialgebiet jüdische Literatur), sie warf die Zeitung schreiend durch den Raum, aus der darauffolgenden Diskussion mit ihr ist mein Beitrag entstanden.
Natürlich durfte man das Ausgrenzen in der Musikwissenschaft ansprechen, das geschah auch, aber die Diskussion darüber war lange hochtabuisiert. Mein geschätzter Lehrer Killmayer (der sehr unter solchen Ausgrenzungen zu leiden hatte, sicherlich hat mich das auch beeinflusst) hat solche Sachen schon sehr früh kritisiert, kriegte dann aber auch demenstprechend eins drauf. Killmayer war einer, der deswegen in die innere Emigration ging – in dieser Zeit entstanden seine stärksten, freiesten Werke wie die Poemes Symphoniques und die Symphonien.
Ich wollte eigentlich mit meinem Artikel begrüssen, dass diese Diskussion jetzt unter neuen Vorasussetzungen geführt werden kann.
Natürlich ist es jetzt unerträglich all die zu sehen, die sich auf die Brust klopfen und nun sagen „Das habe ich ja schon immer gewusst“, vorher aber nur hinter vorgehaltener Hand ihre Meinung sagten.
Fühmann finde ich ein absolutes Gegenbeispiel zu Eggebrecht – der hat sich nämlich den Irrungen seiner Jugend mit großer Offenheit und Selbstkritik gestellt, insofern finde ich ihn eher ein Beispiel dafür, was bei Eggebrecht gut gewesen wäre, aber leider nicht stattfand.
Und was die Kausalitäten angeht – natürlich ist es zu einfach zu sagen „Wenn Eggebrecht ein Nazi war, dann ist alles, was er geschrieben hat unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten“.
Aber es komplett trennen, es aus der Betrachtung auszublenden – das kann man auch nicht. Nicht mehr und nicht weniger wollte ich sagen – diese Behauptung der Trennung war mir eben zu einfach gedacht.
Und noch einmal: Frohes Fest! Nächstes Jahr werden wir alle weiser sein!
Lieber Moritz,
einverstanden. Warten wir einfach ab. Mit Fühmann hast du recht. Ich bedauere es sehr, dass es nur wenigen gelungen ist wie ihm, sich zu sich stellen. Man findet solche Spuren übrigens häufiger, wenn man genau liest. Wie in den Gesprächen zwischen Bunge und Eisler, als Eisler ihn auf seine Tätigkeit in den Jahren 33-45 ansprach und er, wenn ich recht erinnere antwortete, er wolle darüber nicht so gerne sprechen.
Aber auch das ist die Kontinuität, die sich unter den Persilscheinen erhalten hatte. Leider muss man sagen, die 50er Jahre haben offenbar keinen Spielraum gelassen, um sich so wie Fühmann zu „outen“. Dass es aber möglich gewesen wäre, zeigt genau er. Habe heute noch einmal seine Dankerede gelesen, nachdem er den Scholl-Preis erhalten hatte. Ein bewegendes Dokument.
Vielen dank, insbesondere für den FAZ-Artikel. Das viele „lediglich die Wortwahl änderten, aber in der Sache über Musik weiterhin dachten und redeten wie im Dritten Reich“ kann ich aus eigenen Erfahrungen nur bestätigen, tatsächlich ist es tiefverwurzelt und stark verantwortlich für den schlechten Stand der Moderne und zeitgenössischen Musik.
Dessen anlässlich möchte ich auf ein paar Klopper aufmerksam machen, nämlich einmal das Buch „Die Grundlagen der Musik“ von dem bekannten Dirigenten Ernest Ansermet, welches 1961 geschrieben und über 1991 hinaus als „epochaler Beitrag zur Musik- und Geistesgeschichte der Menschheit“ von Piper/Schott immer wieder neu Aufgelegt wurde. Auf 850 Seiten enthält es neben endlosen, teilweise höchst perversen Tiraden über die Moderne und ihre Komponisten auch baren Antisemitsmus. Nur zwei Zitate:
„Die geschilderte Zwiespältigkeit des Denkens hat dem Juden das Talent für das Manipulieren der Geldangelegenheiten gegeben […] Es gibt also zwei Arten Juden: Die eine, die wie Marx das Geld konkretisiert, und die andere, die wir der Bankier ein ‚Abstraktum‘ daraus macht […]“
„Was wir soeben dargelegt haben, hilft uns begreifen, daß das geschichtliche Werden der abendländischen Musik ohne die Juden möglich gewesen wäre, obwohl sie tatsächlich daran mitgewirkt haben.“
Als zweites lasse man sich die Definition von „atonale[r] Musik“ im „Lexikon“ auf http://www.tonalemusik.de, verfasst im Jahre 2000 von Franz Sauter (verfasser des Buches „Tonale Musik“, ebenfalls randvoll mit Tiraden), auf der Zunge zergehen:
http://www.tonalemusik.de/lexikon/musik.htm#atonale Musik
Direkt anschliessend unter „Sinnstiftung“ geht es munter weiter!
Der Verweis auf die „ZEIT“ in dem FAZ-Artikel scheint mir grössere Zusammenhänge zu eröffnen: Wurde nicht vor kurzem in der NMZ „ZEIT Wissen“ oder „zeit.de Wissen“ erwähnt und ein dort befindlicher Artikel, der ebenfalls alte Parolen im Stile von „tonalemusik.de“ betreibt? Eine Suche auf zeit.de/wissen mit dem (leider) Reizwort „Zwölftontechnik“ brachte gleich Seitenweise Artikel übelster Art zu Tage. Genug Stoff für die beeinflussbaren Geister von morgen.
Viele Grüsse an Martin und Moritz!
Hi John,
willkommen zurück hier. Es ist in der Tat ein weiteres Skandalon, das du hier ansprichst. Und so etwas wird ja noch besser gedruckt und verkauft. Eine ganz einspältige Figur, der Ansermet – du erinnerst dich sicher noch an lange Diskussionen zum Thema in den einschlägigen Newsgroups.
Immer mit der Ruhe, Vorsicht mit allzu einfachen Denkschablonen und Tabuisierungen.
„Ein Narr selbst Nichts zu sagen wagt,
Nur weils ein Nazi schon gesagt“
(Eugen Roth)
Berührungsangst ist keine gute Wahl. Die kürzliche Enthüllung wirft ein Schlaglicht auf Eggebrechts Gefühle und sein Denken über Musik, aber aus Eggebrechts Denken über Musik entsteht nicht zwingend Massenmord, so sehr das Kontinuum eines Tilgungswusches auch ins Auge fallen muss. Eine schlechte Frucht kann prinzipiell aber durchaus eine gute Wurzel haben!
Die Kommunisten haben der Linken geschadet, wie die Nazis der Rechten geschadet haben, wie die Pädophilen einerseits dem katholischen Priesterstand geschadet haben und andererseits die Propagandisten sexueller Freizügigkeit in ein zweifelhaftes Licht gerückt haben. Die Werte der Linken bleiben dennoch Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, die Werte der Rechten bleiben dennoch das genaue Gegenteil: Ordnung, Unterschied, Distanz. Die Werte des katholischen Seelsorgers beiben dennoch Enthaltsamkeit und Keuschheit, die Werte der Hedonisten bleiben dennoch Unbefangenheit und unschuldiger, freier Genuss. Contraria sunt complementa.
Es kann durchaus fruchtbar sein, außermusikalische Erscheinungen in die Reflexion über Musik miteinzubeziehen. Aber es besteht dabei auch die Gefahr auf eine Ebene trügerischer Scheinbeweisführung auszuweichen, um nicht wirklich auf das eigentliche musiktheorethische Thema eingehen zu müssen. Und das Grauenhafte wird besonders gerne zu diesem Zweck herangezogen, um Kurzschlüsse ziehen zu können. Aber selbst der Rückgang der Geburten und das Aussterben der Störche stehen in keinem direkten ursächlichen Zusammenhang, wie auch die Namen Eggert und Eggebrecht keine Rückschlüsse auf Frühstückseier zulassen und keineswegs zwingend mit dem Thema Musik verknüft sind.
Richard Wagner = Hans Pfitzner = Hans Frank
So plump sagt es natürlich keiner. Aber diese Gleichung wirkt eben doch als verschwiegenes Dogma und Impulsgeber des moralischen Selbstverständnisses (Vorsicht, die moralische Eitelkeit lauert hinter jeder Ecke, wenn man sich die ethische Reinheit zum Ziel setzt). Warum? Weil sie etwas für sich hat, weil sie zum Teil der Wahrheit entspricht. Und man könnte sich tatsächlich noch ein paar Jahrzehnte in die Aufgabe verrennen, herauszuarbeiten, wie zwingend richtig diese Formel ist. Es ist aber besser, man fängt an, sich zu fragen, was daran falsch ist, obwohl man darauf gefasst sein muss, dabei von der falschen Seite Beifall zu bekommen (Max Müller ging es nicht anders http://en.wikipedia.org/wiki/Max_Müller). Ein toter Punkt wurde inzwischen erreicht.
Übrigens, Jakob Taubes sagte sinngemäß einmal „Um in einer x-beliebigen Kultur eine x-beliebige Genealogie des Grauens herzuleiten, brauche ich zwei Stunden Bibliothek.“ („Gegenstrebige Fügung“ Merveverlag)
Der Morgen kam; es scheuchten seine Tritte
den leisen Schlaf, der mich gelind umfing,
dass ich, erwacht, aus meiner Hütte
den Berg hinauf mit frischer Seele ging;
ich freute mich bei einem jeden Schritte
der neuen Blume, die voll Tropfen hing;
der junge Tag erhob sich mit Entzücken,
und alles war erquickt, mich zu erquicken.
Und wie ich stieg, zog von dem Fluss der Wiesen
ein Nebel sich in Streifen sacht hervor,
er wich und wechselte, mich zu umfließen,
und wuchs geflügelt mir ums Haupt empor.
Des schönen Blicks sollt´ ich nicht mehr genießen,
die Gegend deckte mir ein trüber Flor;
bald sah ich mich von Wolken wie umgossen
und mit mir selbst in Dämmrung eingeschlossen.
Auf einmal schien die Sonne durchzudringen,
im Nebel ließ sich eine Klarheit sehn.
Hier sank er, leise sich hinabzuschwingen;
hier teilt´ er steigend sich um Wald und Höhn.
wie hofft´ ich ihr den ersten Gruß zu bringen!
Sie hofft´ ich nach der Trübe doppelt schön.
Der luftge Kampf war lange nicht vollendet,
ein Glanz umgab mich, und ich stand geblendet.
Bald machte mich, die Augen aufzuschlagen,
ein innrer Trieb des Herzens wieder kühn,
ich konnt´ es nur mit schnellen Blicken wagen,
denn alles schien zu brennen und zu glühn.
Da schwebte, mit den Wolken hergetragen,
ein göttlich Weib vor meinen Augen hin,
kein schöner Bild sah ich in meinem Leben,
sie sah mich an und blieb verweilend schweben.
„Kennst du mich nicht?“ sprach sie mit einem Munde,
dem aller Lieb´ und Treue Ton entfloss,
„Erkennst du mich, die ich in manche Wunde
des Lebens dir den reinsten Balsam goss?
Du kennst mich wohl, an die, zu ewgem Bunde,
dein strebend Herz sich fest und fester schloss.
Sah ich dich nicht mit heißen Herzenstränen
als Knabe schon nach mir dich eifrig sehnen?“
„Ja!“ rief ich aus, indem ich selig nieder
zur Erde sank, „lang hab ich dich gefühlt:
du gabst mir Ruh, wenn durch die jungen Glieder
die Leidenschaft sich rastlos durchgewühlt;
du hast mir wie mit himmlischem Gefieder
am heißen Tag die Stirne sanft gekühlt;
du schenktest mir der Erde beste Gaben,
und jedes Glück will ich durch dich nur haben!
Dich nenn ich nicht. Zwar hör ich dich von vielen
gar oft genannt, und jeder heißt dich sein,
ein jedes Auge glaubt auf dich zu zielen,
fast jedem wird dein Strahl zur Pein.
Ach, da ich irrte, hatt´ ich viel Gespielen,
da ich dich kenne, bin ich fast allein;
ich muss mein Glück nur mit mir selbst genießen,
dein holdes Licht verdecken und verschließen.“
Sie lächelte, sie sprach: „Du siehst, wie klug,
wie nötig war´s, euch wenig zu enthüllen!
Kaum bist du sicher vor dem gröbsten Trug,
kaum bist du Herr vom ersten Knabenwillen,
so glaubst du dich schon Übermensch genug,
versäumst die Pflicht des Mannes zu erfüllen!
Wie viel bist du von andern unterschieden?
Erkenne dich, leb mit der Welt in Frieden!“
„Verzeih mir“, rief ich aus, „ich meint´ es gut.
Soll ich umsonst die Augen offen haben?
Ein froher Wille lebt in meinem Blut,
ich kenne ganz den Wert von deinen Gaben.
Für andre wächst in mir das edle Gut,
ich kann und will das Pfund nicht mehr vergraben!
Warum sucht´ ich den Weh so sehnsuchtsvoll,
wenn ich ihn nicht den Brüdern zeigen soll?“
Und wie ich sprach, sah mich das hohe Wesen
mit einem Blick mitleid´ger Nachsicht an;
ich konnte mich in ihrem Auge lesen,
was ich verfehlt und was ich recht getan.
Sie lächelte, da war ich schon genesen,
zu neuen Freuden stieg mein Geist heran;
ich konnte nun mit innigem Vertrauen
mich zu ihr nahn und ihre Nähe schauen.
Da reckte sie die Hand aus in die Streifen
der leichten Wolken und des Dufts umher;
wie sie ihn fasste, ließ er sich ergreifen,
er ließ sich ziehn, es war kein Nebel mehr.
Mein Auge konnt´ im Tale wieder schweifen,
gen Himmel blickt´ ich, er war hell und hehr.
Nur sah ich sie den reinsten Schleier halten,
er floss um sie und schwoll in tausend Falten.
„Ich kenne dich, ich kenne deine Schwächen,
ich weiß, was Gutes in dir lebt und glimmt!“
So sagte sie, ich hör sie ewig sprechen,
„Empfange hier, was ich dir lang´ bestimmt!
Dem Glücklichen kann es an nichts gebrechen,
der dies Geschenk mit stiller Seele nimmt:
aus Morgenduft gewebt und Sonnenklarheit,
der Dichtung Schleier aus der Hand der Wahrheit.
Und wenn es dir und deinen Freunden schwüle
am Mittag wird, so wirf ihn in die Luft!
Sogleich umsäuselt Abendwindes-Kühle,
umhaucht euch Blumen-Würzgeruch und Duft.
Es schweigt das Wehen banger Erdgefühle,
zum Wolkenbette wandelt sich die Gruft,
besänftiget wird jede Lebenswelle,
der Tag wird lieblich, und die Nacht wird helle.“
So kommt denn, Freunde, wenn auf euren Wegen
des Lebens Bürde schwer und schwerer drückt,
wenn eure Bahn ein frischerneuter Segen
mit Blumen ziert, mit goldnen Früchten schmückt,
wir gehn vereint dem nächsten Tag entgegen!
So leben wir, so wandeln wir beglückt.
Und dann auch soll, wenn Enkel um uns trauern,
zu ihrer Lust noch unsre Liebe dauern.
Inzwischen habe ich Kleins und Geigers Artikel gelesen.
Ich habe jedoch noch nie auch nur eine einzige Zeile von Eggebrecht gelesen, das möchte ich der Klarheit wegen vorausschicken. Alles, was ich zu diesem Thema geschrieben habe und noch schreiben werde, ist daher eher eine Reaktion auf ein sehr häufiges Dejavue als eine spezifische Antwort auf das Thema Eggebrecht im Besonderen.
Ich verlasse mich ehrlich gesagt lieber nicht darauf, dass in Eggebrechts Werk tatsächlich Spuren nationalsozialistischer Denkfiguren zu finden sind, weil ich allzu oft auch diese Erfahrung gemacht habe: dass in die Aussagen von Menschen Dinge hineininterpretiert werden, die wirklich nicht so gemeint waren. Und man denkt ja beim Schreiben nicht ständig daran, was eines Tages alles an Scheußlichkeiten in die Worte, die man gerade schreibt, beim Auslegen hineingelegt werden könnte. Wenn ich daran denke, was mir alles in 20 Jahren angehängt werden könnte, wenn jemand diesen Blog in einer Zeit liest, in der unsere schöne Demokratie womöglich nicht mehr existiert… Oder vielleicht schon morgen, bloß weil ich mich nicht völlig unmissverständlich und eindeutig ausgedrückt habe, oder weil mein Leser aus Einfalt etwas missversteht oder aus Sturheit missverstehen möchte… Wenn ich daran denke, dann traue ich mich fast nicht weiterzuschreiben, wenn bei einem Thema wie diesem Hochspannung herrscht.
Nun, wir wollen jedoch einmal annehmen – was durchaus nicht so unwahrscheinlich ist – dass in Eggebrechts Hauptwerk tatsächlich nationalsozialistische Denkfiguren vorhanden sind, damit ich endlich zur Sache kommen kann, zu der Sache, auf die es mir ankommt.
Nämlich zu Geigers vernünftiger Bemerkung, das eigentlich Allarmierende sei, dass die zahlreichen Leser bisher offenbar an Eggebrechts Hauptwerk nichts irritierte.
Heilige Einfalt, werter Herr Geiger! Sie haben völlig recht, aber die Unerschütterlichkeit (oder soll ich sagen Stumpfsinnigkeit, oder soll ich nur sagen Einfalt?), mit der die Menschen über solche Dinge hinweglesen, ist tatsächlich so groß (und in Deutschland sogar geringer als in anderen Ländern, weil wir durch Übersensibilisierung sehr, sehr viel allergischer reagieren).
Dabei ist aber ein Fazit angebracht, das zugleich als bitter und als heiter gelten kann: die Leser lesen solche Dinge ohne Anstoß zu nehmen, weil sie das Fragwürdige tatsächlich meistens schlicht übersehen – auch die sogenannten Leute vom Fach – und nicht etwa weil sie unbewusste Nazis sind. Ich bin zu diesem Schluss erst spät gekommen, und obwohl ich persönlich auf solche Denkfiguren wie ein Geigerzähler reagiere. Selbst wenn diese Denkfiguren von einem wachsamen Autor achtsam weggefeilt wurden, stolpere ich manchmal noch über die Wortwahl, und wenn ich wie ein Lacanscher Dackel am Sprachduktus rumschnuppere, wittere ich manchmal doch noch das Gedankengut, das den Autor bewegte und werde früher oder später an anderer Stelle meist auch tatsächlich fündig.
Zu Klein
Also ich finde schon, dass die zwei (bzw. drei) Dinge auseinandergehalten werden sollten, gerade weil nur dadurch deren Zusammenhang analysiert, gesichtet und eventuell auch ausgeschlossen werden kann. Man hat beim Lesen allerdings nicht den Eindruck, dass Klein diese konzeptuelle Aufgliederung, die ich meine, gemeint hat. Genauer gesagt, es ist überhaupt nicht klar, was er da meint. Ich glaube aber, dass er einfach nur geschludert hat, denn was er weiter unten schreibt, finde ich bedenkenswert und schlüssig, und ich neige eigentlich nicht dazu, ihm anzulasten, er beabsichtige Eggebrecht exkulpierend zu verklären. Was Klein an Eggebrecht als glaubwürdig ansieht, wirkt zumindest plausibel auch auf mich. Die Bemerkung zu Adorno und Parsifal können wir nicht überprüfen, weil sie eben nicht coram publico fiel.
Um es noch einmal zu sagen: ich weiß nichts, absolut nichts, über Eggebrecht. Was ich gerade schrieb, betrifft nur drei Dinge: Klein, Geiger und unsere Gewohnheiten beim Zeitunglesen und -schreiben.
Ehrlich gesagt lese ich jeden Autor daraufhin, ob er stubenrein ist, egal, ob er in Simferopol war oder erst 20 Jahre alt ist. Und ich tue das nicht erst, seit ich in Theweleits „Männerfantasien“ rumgeschmökert habe (selbst Theweleit interpretierte bei aller Skrupelhaftigkeit doch manchmal mit Gewalt in die Texte hinein, was er dort finden wollte); es wurde eben irgendwann zur Gewohnheit, als ich merkte, die Art und Weise, wie jemand etwas sagt, ist sehr oft auschlussreicher als das, was er versucht zum Ausdruck zu bringen.
Um sagen zu können, ob Eggebrecht ein Antisemit war oder nicht, müsste ich sein Buch nun wirklich lesen. So wie es momentan aussieht (Fälschung seiner Biografie), besteht Grund zu dieser Vermutung. Grundsätzlich ist jedoch zu sagen, dass die Kritik von Aspekten der jüdischen Kultur aus einem noch lange keinen Antisemiten macht, sondern einen Kritiker der jüdischen Kultur, evt. sogar einen aufrichtigen Gegner. Das hat aber mit Antisemitismus noch überhaupt nichts zu tun, denn nichts ist gesünder für ein Gemeinwesen als Kritik. Man kann schließlich auch Bayern kritisieren, ohne deshalb zum Antibajuvaristen zu werden. Und man freut sich, wenn sich ein gstandener Bayer selbst über das Dumpfe mokiert, das man in seinen Landen eben manchmal antrifft.
Was möchte ich damit sagen? Warum treffe ich diese Unterscheidung?? Weil ich es für plausibel halte, dass Eggebrecht bei seiner Kritik an Mahlers 8. auch Kritik gegenüber der jüdischen Kultur anbrachte. Ich halte es aber für unwahrscheinlich, dass ein renommierter Musikologe eine Werkanalyse „antisemitisch grundiert“, selbst wenn er ein Antisemit ist, ja gerade dann. Denn er stände dadurch am nächsten Tag für den Rest seines Lebens in der gnadenlosen öffentlichen Meinung in einer Reihe mit David Irving oder Ahmadineschad oder Arafat. So schusselig sind die Leser seiner Werke nun auch wieder nicht.
Übrigens haben wir in Deutschland nicht besonders viel zum Vorzeigen. Ein bisschen Barockarchitektur, Grammatik und Wüstenweisheit a la Luther, Goethe und Schiller, die Romantik, eine Handvoll Maler, die WM von 1974… nichts, absolut nichts, was mit der italienischen Renaissance zu vergleichen wäre. Das beste ist wirklich die Philosophie und vor allem die Musiktradition bis zu Schönberg (naja, und die Werkmaschinenindustrie); die muss uns erst mal einer nachmachen. Seit dem 2. Weltkrieg entstand jedoch viel Mist: eine beispiellose Verflachung und Verarmung der Unterhaltungsmusik einerseits, und ein beispielloses Sektierertum und Zirkelgewurschtel der hehren, brotlosen Kunst andererseits. In keinem anderern Land der Welt schauen die beiden Genres so verächtlich und fantasielos aufeinander herab, wie in Deutschland. Dazwischen fehlen Künstler wie Pino Daniele und Paolo Conte oder Giovanni Allevi völlig. Von den Beatles ganz zu schweigen. Auch eine Schande. Statt uns auch noch über die Huldigung gegenüber einer glorreichen Vergangenheit zu mokieren, sollten wir uns lieber am Riemen reißen und wenigstens halbwegs zu der einstigen Qualität zurückfinden.
Am schlechten Geschmack der Deutschen kann es nicht liegen, denn die Beatles hatten auch in Deutschland Erfolg.
@j.strieder
Was bei http://www.tonalemusik.de zu lesen ist, ist allerdings genauso haarsträubend wie so mancher Artikel bei http://www.muslimmarkt.de. Die Verdrehungen sind derartig perfide und schwülstig, dass man sie für einfältig halten könnte, wenn man nicht die Sorgfalt zur Kenntnis nehmen müsste, mit der Äußerungen gemieden werden, die das Strafrecht verletzen könnten.
Zwei Klatschgeschichten zur Geistesgeschichte
Eine Tochter von Konrad Lorenz, wurde mir erzählt, ging bei einem jüdischen Psychoananlytiker in Behandlung, der seine Pazienten während der Therapie malt und dann die Bilder ausstellt. Sie soll auch ein Kind von ihm haben.
Eine Tochter von Ernest Ansermet lernte ich vor 25 Jahren einmal kennen. Sie erinnerte mich in ihrer Art etwas an Barbara Streisand und Fiamma Nirenstein. Ich sagte zu einem gemeinsamen Bekannten „Sie hat etwas Jüdisches.“ „Ja, das sagt sie auch“, antwortete er.
Das 20. Jahrhundert war ein Jahrhundert der Experimentation.
100 Jahre Experimentation!! Hundert!!!
Fazit: die Palette der Stilmittel war nie so reich wie heute, aber ihre Anwendung könnte nicht armseliger sein.
Und was die Deutschtümelei angeht: eine ihrer lächerlichsten Manifestationen ist die gezwungene Selbstverständlichkeit, mit der Verdi gerade noch gehuldigt wird, während Puccini zum törichten Kitsch abqualifiziert wird.
Eine interessante Frage wäre vielleicht: welcher geniale Komponist kann als das letzte Beispiel ungetrübter Heiterkeit gelten?
Andrei Volkonsky sagte einmal, Beethoven sei der erste, bei dem so etwas wie eine Ahnung der Kathastrophe zu spüren sei.
@epitimaios: Hmm, soll das ein geschmackloser Scherz sein?
Das 20. Jahrhundert hat so ein unheimlich reichen Schatz an Musik hervorgebracht – da können die vorherigen Jahrhunderte nicht mal im Ansatz mithalten.
@J. Strieder
Ich warte sehnlichst auf ein überwältigendens Meisterwerk. Die Palette ist da.
nach der Collage amöboider Suchbewegungen…
Maß. Wahrheit. Verbundenheit.
Mosaik
Moritz Eggert und Heiner Goebbels sind immerhin auf dem richtigen Weg
die Zeit reift sehr, sehr langsam
@epitimaios: Meisterwerke? Ich bin mir immer noch nicht sicher, ob das irgendeine absurde, geschmacklose Form von Alberei sein soll. Ich werfe mal – UNNÖTIGERWEISE – ein paar Meisterwerke ein:
Xenakis-Ioolkos/Ligeti-Atmospheres,Klvkonz/Schönberg-op.31/Berg-Vlkonzert/Webern-op.21/Rihm-Stq.3/Skrjabin-div./Ferneyhough-Stq.2/Grisey-Modulation/Seeger-Stq./Boulez-Repons/Skrzypczak-Stq.4/Feldman-div./Apostel-Stq/Berio-Formazoni/Cerha-Mirror/Ewert-CRF/Ginastera-Stq3/Firsova-Stq.4 und vieles mehr, und noch vieles mehr zu entdecken …
Was haben die vorigen Jahrhunderte schon zu bieten … mir fällt nichts ein *kopfkratz* interessiert mich auch nicht.
Hier zur Eggebrecht-Diskussion noch ein Link zur interessante Rezension von Hartmut Möller zum Buch: Zur Musikgeschichte nach dem Holocaust von Albrecht Riethmüller.
http://docs.google.com/viewer?a=v&q=cache:dxE9MZfs5AUJ:fzmw.de/2009/2009_2.pdf+rosbaud+antisemit&hl=de&pid=bl&srcid=ADGEESiqB_TcZ9drDWuQcfOfPUPMT7I-rH_HLDAtIqMUuWFdMFHLLzn5k-XsCVI5Z3WzkadgErc1EoiHnYdsu1dKAbKXngbW3oHCBZKfN7NRTTP8y9-zdac20OgU00QADUHxAU4jqz-4&sig=AHIEtbSa59feksCZE1PuHt9n5NYHCSFc0w
Die Liste aller braun verschmierten Musikwissenschaftler deren Wirken bruchlos über die Adenauer Republik bis in die Jetztzeit reicht, lässt sich beliebig fortsetzen.
Ich nenne nur:
– Der „Nestor“ der Musikwissenschaft im Saarland, Joseph Müller- Blattau,
NSDAP – (Mitgliedsnummer 3.536.556
– Hermann Rauschning – http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Rauschning
– Erich Valentin -http://de.wikipedia.org/wiki/Erich_Valentin_(Musikwissenschaftler)
Ihre, wie alle anderen Karrieren, führten im Nachkriegsdeutschland zu höchsten Ämtern. Der ekelige Hautgout einer besseren, arischen Kunst dürfte also noch lange in Seminarräumen hängen geblieben sein.
All diese silbrig glänzenden Bemühungen bereiten nur etwas vor. Sie werden sich erst richtig erschließen, wenn die Metamorphose abgeschlossen ist und sie in ein Bild münden, das noch im Entstehen ist. So meisterhaft jedes einzelne Werk auch sein mag, es ist nie mehr als ein Rinnsal der Köstlichkeit.
@Leporello
Auschwitz hat die abendländische Kultur auf eine Weise erschüttert und traumatisiert, dass es noch lange dauern wird, bis die Sichtung und Zur-Kenntnisnahme der Folgen (in Bezug auf den musikalischen Gestaltwandel) erlauben wird, sich davon zu erholen.
Leider entstand als Gegenreaktion auf den ekligen Hautgout ein sehr eitler, prätentiöser Gegenhautgout, dessen narzisstische moralische Eitelkeit (besonders in Deutschland natürlich) auch nicht gerade uneklig ist; an die kitschige Brutalität ist nun Verlogenheit getreten. Es hat keinen Sinn, den Kopf aus dem Sand zu ziehen, um ihn dann in Nebelwolken zu hüllen. Insgesamt hält sich das eine Abscheuliche mit dem anderen die Waage.
Das eigentlich Schlimme ist, dass die Waage selbst inzwischen verbogen ist durch die beiden großen Gewichte. Und der Sinn für Proportionen scheint für die Mehrheit der Menschen (und Musikologen) immer mehr zu einer untragbaren Last zu werden. Wir sind ziemlich aus dem Lot und durch den Wind.
Die intellektuelle Redlichkeit sucht man fast völlig vergebens (und findet sie manchmal an völlig unerwarteten Orten).
Alles Gute für 2010
Übrigens sollte den Familiengeschichten der Komponisten viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden. La famiglia è molto importante
„Das ästhetische Ideal der kategorischen Aussöhnung mit dem Sein ist eine Welt, in der Scheiße negiert wird und jeder so tut, als ob es sie nicht gäbe. Dieses ästhetische Ideal nennt man Kitsch. Kitsch ist die absolute Ignorierung der Scheiße, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Wortsinn; Kitsch schließt alles aus der Wahrnehmung aus, was der menschlichen Existenz prinzipiell zuwider ist.“
Milan Kundera
Paul Celan bezeichnete seine eigenen Gedichte als Kitsch.
Ein italienisches Sprichwort sagt „Dove si caga, non si mangia“. „Wo geschissen wird, da isst man nicht.“
„Ein Narr selbst Nichts zu sagen wagt,
Nur weils ein Nazi schon gesagt.“
Übel mitgespielt wird dem, ders dennoch wagt.
http://storyarchitekt.blogspot.com/2009/07/unzeitgema.html
http://storyarchitekt.blogspot.com/2009/12/gegenrede.html
http://www.cicero.de/97.php?ress_id=7&item=4480
Wo liegt nun die MITTE
(zwischen Milan Kunderas Ansicht und dem italienischen Sprichwort)? Vielleicht im Mut zur Banalität und zur Leichtigkeit des Seins.
Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
All that glitters isn’t always gold.
Non è tutto oro quel che luccica.
Tout ce qui brille n’est pas or.
No es oro todo lo que reluce.
Alles wirklich Bedeutende ist zeitlos, zeitgemäß und gleichzeitig unzeitgemäß.
„Ich bin aber selbstkritisch genug, um auch die Schuld bei den Machern selber zu sehen, also bei uns Komponisten. Ein zufälliger Besucher bekommt nicht unbedingt Lust auf mehr, wenn er mit einer „Neue Musik-Szene“ konfrontiert wird, die sich allein durch eine winzige inzestuöse Welt meist extrem selbst-referentieller Musik definiert. Er wird nur verschreckt durch Musik, die die minutiöse Kenntnis ihrer eigenen komplexen Vorgeschichte zum Verständnis absolut voraussetzt.
Der Publikumsbesuch ist dabei gar nicht das Problem. Tatsächlich hat sich hier in den letzten 20 Jahren eher viel getan. Mir tut es aber oft im Herzen weh, wenn sich erstmalige Besucher in ein allzu typisches einschlägiges Konzert begeben und dort mit einer Musik konfrontiert werden, die z. B. in den Worten des von mir durchaus hoch geschätzten Komponisten Helmut Lachenmann allein „strukturalistisch“ gehört und verstanden werden kann. Wie kann ich von einem zwar aufgeschlossenen, aber dennoch unwissenden Besucher verlangen, dass er sich vor dem Konzert ein umfassendes Wissen über die letzten 100 Jahre einer Musik aneignet, die größtenteils – aus welchen Gründen auch immer – unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit stattgefunden hat? Man sehnt sich ein bisschen nach den Anfängen der polyfonen Musik in Europa zurück, bei der allein das Erklingen der für die damaligen Menschen vollkommen neuen Harmoniefolgen Freudentränen und begeistertes Lachen erzeugte – und das bei einfachen und nicht speziell ausgebildeten Menschen.
Das Leben der Hörer muss Platz in der Musik finden
Diese Ebene der Faszinations- und Begeisterungsfähigkeit, von unmittelbarer Zugänglichkeit von Musik, sollten wir als Schöpfer nicht außer Acht lassen. Wir sollten uns nicht missverstehen: Ich bin ein überzeugter Verfechter von Kunstmusik. Kunstmusik muss weder trivial noch besonders simpel sein noch gängige Klischees bedienen. Sie soll auch stets Neuland erobern und gängige Ästhetiken hinterfragen. Sie kann und darf unbequem, schwierig und fordernd sein. Ich werde mich auch hüten, ins Horn der unsäglichen konservativen und reaktionären Stimmen zu stoßen, die wieder eine gefällige, “hübsche“ Musik fordern. Wohin die Musik geht, soll von niemandem bestimmt werden. Sie wird entstehen, und ich bin überzeugt, dass es Musik mit großer Strahlkraft auch für zukünftige Generationen geben wird.
Aber das Leben der Hörer muss darin Platz finden. Weder ein Haydn noch ein Mozart noch ein Beethoven waren sich zu schade, der musikalischen Wirklichkeit ihrer Zeit Platz in ihrer Musik einzuräumen. So sollten sich auch heutige Komponisten nicht scheuen, auf die musikalische Vielsprachigkeit unserer Welt einzugehen. Keine allzu leichtfertige „Multi-Kulti“-Musik – diese Vorstellung ist mir nach wie vor widerwärtig. Die einmalige Chance der Kunstmusik ist es, sich über alle Genres hinwegzusetzen und quasi die Summe aller Musik darzustellen, sei sie trivial oder anspruchsvoll, hehr oder banal. Strawinsky, der sowohl russische Volksmusik wie auch Jahrmarktsschlager, Jazz und Fugen in seine neue individuelle Musiksprache verwandelte, kann hier als Vorbild dienen. Wir bräuchten mehr Komponisten wie ihn.“
Besser kann man es glaube ich nicht sagen.
Also meine Meinung: Es ist alles da! Ein unglaublicher musikalischer Reichtum in der Neuen Musik, und ich habe die Hörer, die sich dafür begeistern. Leider wird ja nicht viel gespielt, aber wenn die Musik aufgeführt ist, dann macht es mir und vielen anderen große Freude. Also: Nur Mut! Nicht so viel Denken, nicht so viel Angst. Nicht so viel Platten hören, sondern auf Konzerte gehen. Erleben soll man und sich nicht den Kopf zerbrechen. Also, alles, was Du, lieber Vorredner verlangst von der Musik, sehe ich bereits verwirklicht.
Lieber Herr Epitimaios,
ermutigend Ihre Worte.
hinzu zu fügen hätte ich als Komponistenkollege zu Ihrem letzten Beitrag, dass sich das Publikum für Neue Musik schon finden wird, wenn man als Komponist nur man selbst bleibt und den Mut, auch authentisch und experimentell zu sein bzw. zu bleiben in gerade heutiger (oft pragmatischer) Zeit nicht aufgibt. Als komponierendes Individuum ist und bleibt man immer auch Teil der Gesellschaft. Diese Dinge bedingen beim Komponieren immer einander; ob man nun von Struktur oder „Form“ spricht ist daher eher zweitrangig. Auch z.B. ein formal oder strukturell hochkomplexes Werk kann sehr wohl auch NICHT Neue Musik-„erfahrene“ Hörer ansprechen, neugierig machen, begeistern etc.
„Erwarten“ können wir diese Offenheit als Komponisten nicht, aber wir können sie uns wünschen und dafür was tun (das ist ein Unterschied). Ich behaupte:
Ich stimme zu: ein Beethoven etc. waren sich nie „zu schade“ auch für das Publikum zu komponieren. Aber dies war nur ein TEIL ihres Schaffens und ihrer Berufung.
Vergessen wir nicht, dass Beethoven es auch war (auch Schubert, der neben Tänzen, seinen herrlichen Klavierwalzern z.B., auch Werke wie die Winterreise oder die Wandererfantasie schuf und Beethoven seine späten Streichquartette etc. …) entscheidend für das Selbstverständnis des komponierenden Subjekts beigetragen haben.
Daher, bravo Tobbi: nicht soviel Denken, grübeln oder selbst-zerfleischen und nicht IMMER NUR Selbstkritik in der Richtung “ denken wir auch genug ans Publikum?“
Einfach machen, die Zukunft wird zeigen, was bleibt. Kunst kann man nie richtig „verstehen“. Alle Musik, die geblieben ist, die bleibt, hat es stets immer wieder zu Lebzeiten der Komponisten bei der Rezeption auch schwer gehabt. Dies gilt insbesondere für die sog. „klassische Musik“ aber sogar auch in vielen Bereichen der sogenannten „U“-Musik heute.
viele Grüße,
Freiburger Universitätsarchiv gibt Eggebrecht-Nachlass frei melden heute unter anderem FAZ und Südkurier:
Meldung
@ peh,
Aufklärung/Vergangenheitsbewältigung POST MORTEM
Da wird Eggebrecht leider sicher nicht der einzige Renommierte sein und bleiben…
Natürlich ist es völlig richtig, dass diese Dinge lückenlos aufgeklärt und auch öffentlich gemacht werden.
Daher meine lückenlose Begrüßung der Freigabe.
Sonst wäre eine ganze Sparte in Verruf.
@ Eggebrecht und „Neue Musik“, naja, wenn ich richtig sehe, hatte er ohnehin nie groß was für Neue Musik übrig, zumindest nicht für das Experimentieren bzw.
neue Strömungen, die nicht mehr in die Epochen passten,
denen er sich schwerpunktmäßig und spätestens widmete.
@Erik Janson
Ja, opus 130 und 133, besonders die Aufnahme des Guarneri Quartetts, die ich habe, ist gelungen. Fantastische Meditationsmusik auch heute noch.
Ich meine es gut, wenn ich sage, man darf sich nicht hinter den Begriffen Freiheit, Kreativität und Authentizität wie hinter dem kleinen Finger verstecken. Haydns Werke waren fast alles Auftragsarbeiten, sogar die „7 letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“ waren eine. In der Renaissance wurde vorher in allen Einzelheiten nicht nur vertraglich festgelegt, welche Farben bei der Fertigung eines Bildes zur Anwendung kommen durften (blau und gold waren besonders teuer), sondern auch die inhaltliche Aussage. Dennoch war die Freiheit offensichtlich so groß, dass es zu einem der größten Kreativitätsschübe der Menschheitsgeschichte kam. Wie aber entzieht man sich heute am besten dem schematischen Diktat des Markts? Vermutlich, indem man einerseits mutig auf ihn pfeift, unerschütterlich an Pasternaks Wort glaubt: „Das Leben quillt über, egal aus welchem Gefäß“, unerbittlich an der eigenen schöpferischen Kraft festhält (wie Charles Ives in seinem Versicherungsbüro) und mit erbarmungsloser Ehrlichkeit das eigene Werk überprüft. Mit anderen Worten, man muss die kleinen Freiräume, die sich erhalten haben, durch mutige Entscheidungen ausdehnen, die selbst nicht genre-übergreifend zu sein brauchen, aber genre-übergreifende Wirkung haben können.
Mich verblüfft, dass es kaum Künstler gibt, die sich mehreren Gestaltungsprinzipien widmen. Spielte Michel Portal in seiner Jugend nicht in Edith Piafs Begleitensemble? Man muss ja nicht alles machen. Man kann wahrscheinlich auch nicht so gut Bach interpretieren wie Gustav Leonhard oder Ramin Bahrami und gleichzeitig ein Schlagerfestival gewinnen. Aber man kann im Prinzip an Schlagerfestivals teilnehmen und gleichzeitig Opern schreiben oder ein Gesangensemble leiten, das sich Heinrich Schütz widmet oder man kann Werke von Wolfgang Rihm aufführen. Ein bisschen mehr Eklektik wäre doch zu erwarten. Wenn ich an die King´s Singers denke, was die alles machen… Es ist mir unverständlich, dass z.B. jemand wie Udo Jürgens, der einige wirklich sehr gute Lieder geschrieben hat und außerdem viel rumgekommen ist, offensichtlich nie Interesse hatte, mit Talenten des Jazz etwas zusammen zu machen (und diese Talente mit ihm erst recht nicht). Nicht einmal privat!!! Seltsam, seltsam, seltsam. Gino Paoli, mittlerweile ein Greis der Schlagerbranche („Sapore di sale“!), hat immerhin vor ein paar Jahren mit Enrico Rava eine elegisch summende CD früherer Erfolge eingespielt. Ornella Vannoni hat gerade eine hervorragende Bearbeitung von älteren Produktionen Pino Danieles eingespielt.
Wenn man es sich – mal angenommen – zur Aufgabe macht, gute Unterhaltungsmusik zu schreiben, dann braucht man doch förmlich, sozusagen, um sich zu erholen, ab und zu einen Abstecher in die Welt des Jazz. Von solchen Begegnungen könnten beide Bereiche eigentlich nur profitieren, musikalisch und menschlich (und der Free Jazz wäre vielleicht nicht so zum Perkussionszirkus verkommen, und die deutsche Unterhaltungsmusik nicht so fad). „Brötzmann ist wie ein Muezzin in einer Steinwüste“ (Schlippenbach). Brötzmann ist fantastisch und Schlippenbachs Beschönigung sehr treffend. Aber Brötzmann ist eben auch ein bisschen germanischer Berserker. Schade, dass er und Grönemeyer (der auch nicht gerade ungermanisch auftritt) offensichtlich nie vor einem Bier zusammensitzen, und vor einem Klavier erst recht nicht. Das Schlagerfestival von San Remo ist gewiss nicht das Höchste der Gefühle, und dennoch sind ab und zu ein paar echte Perlen dort zu finden (Modugnos „Volare“ begann seinen Flug genau dort, und bis in Deutschland ein Song wie letztes Jahr Karimas „Come in ogni ora“ geschrieben wird, werden wahrscheinlich noch einmal 100 Jahre vergehen, weil die hehre brotlose Kunst in Deutschland wie ein würdevoller Staubsauger alle großen Talente an sich reißt). In Deutschland haben wir nicht einmal so etwas wie das Festival von San Remo (ganz zu schweigen von den weniger kommerziellen Alternativveranstaltungen des Club Tenco). Übrigens, Cathy Barberian, die Frau Luciano Berios, machte in den 80-er Jahren Liederabende, bei denen echte Gleichberechtigung unterschiedlichster Genres zur Geltung kam, von Monteverdi über Gershwin, Luigi Nono und Berio bis zu den Beatles. Eins der schönsten Konzerte, die ich in meinem Leben gehört habe. Sie hatte eine Stimme, die mir besonders zusagte, eine Art absolutes Gehör für sprachliche Nuancen, auch der Dialekte, und viel Humor. Andrei Volkonsky machte in den 50-er Jahren der Chrustschowzeit (als er selber serielle Musik komponierte) mit Benny Goodman in Moskau eine Jammsession, im Hotel Hilton.
In Deutschland gehen sich die Genres gegenseitig aus dem Weg. Die Berührungsangst ist so groß wie des Teufels Scheu vor dem Weihwasser.
Es steht uns nicht an, von Komponisten zu fordern. Wir sollten froh und dankbar sein für die Werke, die sie uns schenken. Schreibt ein Komponist für die Masse, also für den Durchschnitt, wird es auch nur eine durchschnittliche Musik sein, eine Musik, die von Einschränkungen (Hörer X gefällt dies nicht, Hörer Y gefällt das nicht) durchlöchert ist. Dabei in Wirklichkeit: Ein Komponist schreibt dann für mich, für alle, wenn er ehrlich ist, zu mir, zu uns – und das schreibt, was er fühlt schreiben zu müssen.
Selbstsuche, Selbstfindung, Selbstverwirklichung, Selbstzufriedenheit und Selbstständigkeit. Herzlichen Glückwunsch,Erich Fromm und Hermann Hesse haben ihre Bücher also nicht umsonst geschrieben, und sie sind auch noch würdig an Matthias Claudiussens Stelle getreten, mir kommen die Tränen. Es war ja nur ein gut gemeinter Tip. Falls sich irgendwann doch mal jemand verirren sollte, lieber zu versuchen die Orientierung zu suchen statt sich selbst und dabei in den eigenen Bauchnabel zu plumpsen. Es steht keinem Kritiker an, Kritik zu üben. Dennoch ist die deutsche zeitgenössische Musikszene insgesamt ziemlich erbärmlich und fantasielos. Ich kanns nicht ändern und darf es nicht einmal sagen. Kindermund tut Wahrheit kund. Das Musik mit Breitenwirkung schlecht sein muss, ist ein Märchen. Die große Kunst ist ja gerade, Breitenwirkung zu erzielen und dabei die Qualität zu wahren. Übrigens nicht nur in der Musik!! Siehe Umberto Ecos Buch „Der Name der Rose“.
Gustav Mahlers Lieblingsoper war übrigens „L’amico Fritz“ von Mascagni.
@Strieder, @epitimaios:
Ich finde ihr habt BEIDE recht.
Ein Problem der Verständigung hier ist die Tatsache, dass Neue Musik ihre Legitimation sehr oft argumentatorisch darauf bezieht, eben nicht „kommerziell“ oder „für die Masse geschrieben“ zu sein. Das ist zwar schön und gut, aber wird sehr oft damit verwechselt, dass man dann eben auch nicht verständlich oder unterhaltsam schreiben darf. Das sind aber zwei vollkommen verschiedene Dinge!
Natürlich will ganz sicher keiner der diesen Blog lesenden Personen kalkulierte „Massenmusik“ im Stile von Lambada, DJ Ötzi, Scooter etc. hören oder schreiben. Aber es gibt eben auch „Massenmusik“ von hoher Qualität, weil der künstlerische Impetus ein im Sinne von J. Strieder geforderter authentischer war. Also: nur weil Musik in der Lage ist, wie zum Beispiel beim „Mackie Messer“-Song aus der Dreigroschenoper (eine der bekanntesten Melodien der Welt), eine große Anzahl von Menschen zu bewegen oder zu erreichen, ist sie nicht notwendigerweise von minderer Natur. Aber natürlich ist auch hochindividuelle, unter Umständen sperrige aber dafür auch wagemutige und authentische Musik nicht deswegen ein Irrweg, weil sie nicht gleich den Funken überspringen lässt. Beides ist legitim.
Was epitimaios m.A. nach meint ist, dass es zu wenig qualitativ hochwertige, anspruchsvolle Unterhaltungsmusik in Deutschland gibt und dass hier der seit der Weimarer Republik stattgefunden habende Rückzug der „ambitionierten“ Komponisten daraus auch mitschuld ist, und da hat er finde ich durchaus Recht. Das liegt daran, dass die Grenzen zwischen U und E bei uns quasi überdefiniert sind, vermeintlich zum Schutz der Kunst, damit einher geht aber oft auch ein Spaßverbot und Lustfeindlichkeit in der E-Musik (etwas, dass es in klassischer Musik früherer Epochen überhaupt nicht gab- die strotzte nur so von Lebendigkeit)
Und wenn wir ehrlich sind: es gibt eben auch genau das andere Extrem: Es gibt auch sehr auf Wettbewerbserfolg kalkulierte anspruchsvolle E-Musik die ich als „kommerziell“ bezeichnen würde, weil sie nicht dem „reinen“ Impuls des Künstlerischen folgt, sondern dem Kalkül auf Anerkennung. Es gibt auch sehr viel E-Musik, die sich keiner ihrer eigenen Komponisten freiwillig anhören würde. Diese Haltung finde ich in keinerlei Weise besser als Scooter. Scooter (oder vielmehr H.P. Baxxter) ist in gewisser Weise ehrlicher, weil er keineswegs behauptet, große Kunst zu machen. Ist es auch nicht. Aber das erstere auch nicht.
Es gibt auch melodiöse, unterhaltende E-Musik die weder konservativ noch anbiedernd ist, sondern hochindividuell und strange(z.B. Killmayer).
Über die viel zu simplen Klischees von tonal = gut, atonal = böse (konservative Argumentation), unterhaltsam = böse, nicht unterhaltsam = gut (altavantgardistische Argumentation) hinaus zu denken, weiter zu denken…dies wäre eine interessante Aufgabe für unsere jetzige Generation. Im Grunde hat dies Prozess schon längst begonnen, es ist nur noch nicht bei allen angekommen.
Das ist wohl wahr. Schreibe gerade mal wieder ein Stück, das ursprünglich für einen Wettbewerb gedacht war (bzw.was ich eigentlich Anfang Jan. abschicken wollte),
Dann merkte ich, dass ich nicht zeitig fertig wurde und chancelte die Geschichte, verzichtete, drauf das Stück
extra für den Wettbewerb fertug zu schreiben : eine Befreiung.
Bzgl. alter Grabenkämpfe/ Argumentationen: mir scheint,
diese sind längst überwunden; wir leiden heute eher darunter, dass ALLES möglich ist, was „gefällt“.
@Erik Janson
„wir leiden heute eher darunter, dass ALLES möglich ist, was “gefällt”.“
Ja, die Beliebigkeit ist auch zu einem Problem geworden. Manchmal hat man fast den Eindruck, man kann den Leuten wirklich alles vorsetzen, es wird sich immer eine Gruppierung finden, die Gefallen daran findet, wenn die Sache nur entsprechend geschickt mit Bedeutungen versehen wird, um daraus einen Kultgegenstand werden zu lassen.
@eggy
Danke für die Vermittlung, genau so war es gemeint. Übrigens erzählte mir der hiesige Verleger jüdischer Literatur einmal einen Witz. Zwei Juden gehen zum Rabbi, um in einer Streitfrage seine Vermittlung zu erbitten. Erst hört der den einen an und sagt „Ja, da hast du recht.“, dann hört er den anderen an und sagt „Da hast du auch wieder recht.“ Da ruft seine Frau aus der Küche „Du kannst doch nicht beiden recht geben!!“ Da ruft er zurück „Du hast auch recht!!!“.
@alle
Es gibt ganz banale praktische Probleme, wenn man als Deutscher im Ausland, besonders im südlichen Ausland, lebt. Es gibt im Grunde keine einzige CD mit deutscher zeitgenössischer Musik, die Qualität hat und sich als Geburtstagsgeschenk für anspruchsvolle Musikliebhaber eignet. Lasst euch nichts vormachen, von Leuten, die das Gegenteil beteuern (etwa Wolf Biermann komme durchaus gut an in Spanien und Argentinien…usw.). Ich lebe seit 30 Jahren in Italien. Es gibt viel professionelles Interesse für die deutsche Musikszene, aber im Privatleben will in Italien eigentlich kein Mensch mit der zeitgenössischen deutschen Musik belästigt werden, egal ob mit deutschem Jazz, deutscher Neuer Musik oder Popmusik oder deutscher Schlagermusik (die heute 20-jährigen haben ein bisschen echtes Interesse für Tokyo-Hotel, das tatsächlich den eigenen Wünschen entspricht und nicht – wie sonst, wenn eifriges Interesse gezeigt wird – einer Notwendigkeit; und es handelt sich hier um die ganz große Ausnahme). Ein paar Sachen von Hildegard Knef sind tatsächlich das Einzige, womit man sich hier nicht unbedingt blamiert. Auch Grönemeyer, Wecker oder Udo Jürgens lässt man lieber sein… obwohl Wecker (wie Sting) irgendwo in der Toscana ein Anwesen hat und manchmal auch auf dem Marktplatz im Sommer ein bisschen klimpert (womöglich zusammen mit Pippo Pollina oder Lucio Dalla). Wecker ist in Deutschland einer der wenigen, der versucht, Brücken zwischen den Sektoren zu errichten, zum Beispiel, wenn er öffentlich mit Wolfgang Dauner am Klavier sitzt.
Selbst bei einer Freundin, die Violoncello beim Maggio Musicale von Florenz spielt, würde ich mich nur lächerlich machen, wenn ich ihr zu Weihnachten eine langweilige Scheibe mit Neuer Deutscher Musik oder deutschem Jazz unter den Baum legte (von deutscher „Chanconskunst“ ganz zu schweigen). Nicht obwohl Zubin Metha so ein guter Interpret Neuer Musik ist, sondern gerade deshalb. Einem anderen florentiner Freund, der einst mit Blixa Bargeld zusammen gearbeitet hat, schenkte ich eine Aufnahme von Heiner Goebbels… Aber nur, weil es sich bei diesem Freund ohnehin um einen, vielleicht für Nebel aus dem Nebelungenland empfänglichen Melancholiker handelte, der eine Schwäche für Nick Drave hat, mit Blixa Bargeld einst Fernet Branca aus der Flasche trank und daher auch für die deutsche Befindlichkeit und nordeuropäische Alkoholiker wie Dylan Thomas ein bisschen Verständnis aufbringt. Es gibt bei uns nun mal kein blaues Meer und wenig Sonne. Die nordeuropäische klassische Musik ist immer etwas verträumt und traurig, selbst Mozarts Opera buffa ist für hiesige Verhältnisse noch ziemlich ernst und war gewiss nicht seine Stärke. Dafür ist die deutsche Dichtung seit Jahrhunderten vitaler, lebensbejahender und frischer und nicht so miesepetrig wie die italienischen Dichter und Denker. Aber das ist ein anderes Thema.
Andrei Volkonsky spielte mir einst polyphone Volksgesänge aus dem kaukasischen Georgien auf einer alten Sowjetschallplatte vor. Es ist bisher das einzige Beispiel ethnischer Musik, das ich kenne, bei dem die Harmonik tatsächlich der Neuen Musik näher steht als den europäischen Volksliedern (einschließlich der Zigeunermusik des Balkans). Bezeichnend daran ist jedoch, dass das rechte Maß nie überschritten wird und man bei dieser herrlich frisch und karg wirkenden Musik ständig das Gefühl hat, Gebirgsluft in der Umgebung einer Gebirgskultur zu schnuppern. Interessant für Musikhandwerker, die ein Musikerlebnis herbeiführen wollen, das „Freudentränen und begeistertes Lachen“ bei einem durchschnittlichen Hörerpublikum auch heute vielleicht noch bewirken könnte. Interessant auch die komplexe Rhythmik mancher Gesänge. Volkonsky versicherte mir, er habe die schrägen Polyphonien, die er mir auf Platte vorspielte, genau so auf Omnibusfahrten im Kaukasus gehört.
Goethe sagte einmal sehr richtig, wer nicht erwarte, mit seinen Büchern mindestens eine Million Leser zu erreichen, solle es lieber bleiben lassen.
Nun sagt ein italienisches Sprichwort, der gute Wein liege in einem kleinen Fass. Guter, seltener Wein ist dementsprechend teuer, denn es ist nicht der Geschmack des Weines, der die Weinliebhaber vom Trinken abhält, sondern die Fasswand, die verschlossene Kellertür, das Sicherheitsschloss an der Haustür des Winzers. Man könnte in Versuchung geraten, ein Werk zu komponieren, das den Wunsch, es zu hören, für wenige Auserwählte unwiderstehlich werden lässt, und durch Aufnahmeverzicht, Aufbewahrung der Partitur im Hochsicherheitstrakt einer schweizer Bank und seltene Aufführpraxis an heiligen Orten, an denen nur 30 Plätze für das Publikum zur Verfügung stehen, die Eintrittskartenpreise – ähnlich dem Preis des „Bluefin“ Thunfisches – in schwindelerregende Höhe treibt.
Aber das Schöne an echter Exklusivität ist ja gerade, dass sie ohne Sicherheitsschlösser auskommt, weil Luftschlösser nur denjenigen Einlass gewähren, die fliegen können. Und Engel sind deshalb Engel, weil sie eine Bruderschaft bilden, die für ein paar Butterbrote paradiesische Musik singt.
Ich bitte um Verzeihung für den Spott. Aber dieser Spott gilt auch mir selbst. Ich gehöre ja selber zu der Bruderschaft. Man verzeihe mir, dass ich fast völlig abtrünnig geworden bin. Es ist gerade die hochnäsige Exklusivität (die jedem „offen“ steht…) und der vermeintlich so hohe Anspruch, die mich seit langem abstoßen. Und der Mythos der Authentizität, die allein schon Qualität gewährleistet und durch dogmatischen Verzicht auf jegliche Anpassung ihr auserlesenes, verständiges Publikum heraussiebt, ist nur eine leere Hülse, die längst peinlich wirkt. Als Vitalität leuchtete dieser dogmatische Mythos zum allerletzten Mal ganz kurz – ein paar Wochen lang – auf, als der Punk auf die Szene trat. Inzwischen ist er nur noch ein Markenzeichen. Zeigen kann man Authentizität aber tatsächlich nur durch die persönliche Handschrift, durch die Geschicklichkeit, mit der der Meister das vorhandene Material verarbeitet. Deutlich sichtbar wird sie nicht durch die überdurchschnittlichen Schwierigkeiten, die sich der Vermarktung entgegenstellen, sondern durch sorgfältige Arbeit, die möglichst vielen Menschen das Herz höher schlägen lässt. Es ist ein Unterschied, ob man möglichst vielen Leuten Schund andreht, oder ob man es schafft eine Menge Menschen mit spürbarer Qualität zu erreichen und zu begeistern. Wenn man nicht einmal diesen Unterschied begreift, sollte man keinen einzigen Tag mehr der Musik widmen. Womit ich keineswegs behaupten möchte, man müsse sich unbedingt der Verbundenheit und der Breitenwirkung verschreiben, denn man kann schließlich durchaus auch sehr gute, wertvolle Arbeit leisten, indem man nur für wenige Sachverständige arbeitet. Aber wenn einer die oben getroffene Unterscheidung nicht einmal begreift, ist gute Arbeit von ihm gewiss nicht zu erwarten.
Übrigens ist es ein Irrtum, dass Lachenmann nur „strukturalistisch“ gehört und verstanden werden kann, wie Moritz Eggert in guter Absicht sagt, um seinen Zuhörern beim Goetheinstitut entgegenzukommen. Man kann diese Musik durchaus wie jede andere Musik auch intuitiv erleben und als Meditationsmusik hören, sich von ihrer Stimmung wie von einem schwebenden Klangteppich tragen lassen und dabei den hierdurch ausgelösten Gedankenassoziationen nachgehen.
http://storyarchitekt.blogspot.com/2009/07/beliebt-igitt.html#comments
http://storyarchitekt.blogspot.com/2009/11/abqualifiziert.html
Eine DVD hiervon wäre auch als Geburtstagsgeschenk in Italien eine feine Sache: http://www.youtube.com/watch?v=T9xd6Pr7zas
Am 7. Januar wurde in Japan auf dem größten Fischmarkt der Welt ein Exemplar des stark überfischten Südlichen Blauflossen-Thuns (Thunnus maccoyii) für 16,3 Millionen Yen (177.000 Dollar) versteigert. Je mehr sich der Fisch dem Aussterben nähert, desto teurer wird er. Hoffentlich wird er bald so teuer, dass er nicht aussterben muss, und hoffentlich wird gute Musik (egal welchen Genres) je mehr sie sich dem Aussterben nähert nicht ständig billiger.
http://www.clustervocal.com/ita/media.php
Hallo, Moritz, ich kann dem von Dir geschriebenen nur zustimmen! Wobei ich ja nicht forderte, sondern gerade schrieb, nicht zu fordern und das ein Komponist sich nicht irgendwelchen Forderungen (im Sinne von Zwängen) unterwerfen sollte
:)
Jeder sollte schreiben können, was er will. Und man sollte niemandem zu etwas zwingen, ob nun zu „U“ oder „E“, „Unverständlich“ oder „Verständlich“. Ich glaube allerdings, „Unverständlich“ meint oft „Der Inhalt sagt mir nicht zu.“ Und die Forderung nach „Verständlichkeit“ ist gleichbedeutsam mit der Forderung nach einer verfälschten, gemilderten, usw. Botschaft.
Gibt es wirklich „E-Musik“, die von ihren Komponisten selbst nicht gerne gehört wird? Mein Musikgeschmack liegt ja sehr im 20. Jahrhundert, angefangen mit der 2. Wiener Schule. Es gibt aber viele Stücke aus uns näherer Zeit, mit denen ich noch nichts anfangen kann. Manchmal entwickelt sich aus einem „damit kann ich leider nichts anfangen“ eine tiefe Liebe. So zum Beispiel bei Ferneyhough: Jahrelang sagte mir diese Musik nichts (liess mich gleichgültig), und heute liebe ich seine Musik heiss und innig. Wie kommt das nur? Ich weiss es nicht! ;)
Viele Grüsse, John S.
Nachtrag:
@epitimaios: Sie tun nichts anders als der Herr Sauter in seinem Buch bzw. auf tonale-musik.de: Ihnen gefällt eine Musikrichtung nicht, und Sie versuchen das nicht wenigstens über sich zu begründen, sondern über die Musik und dessen Komponisten. Sie suchen eine objektiv scheinende Rechtfertigung für Ihren Geschmack. Nun, so etwas habe ich früher auch gemacht, und aus obig erläuterten Erfahrungen bin ich schlauer geworden, und möchte heute lieber vergessen, was ich hier und da früher mal so sagte. Ich wünsche Ihnen, das Sie auch zu solchen Erkenntnissen kommen; sich an der Musik erfreuen, die Ihnen gefällt, und die Musik, die Ihnen nicht gefällt und deren Hörer in Ruhe lassen. Ich will Ihnen die von Ihnen geliebte Musik bestimmt nicht wegnehmen, und bitte, lassen Sie mir auch meine.
Verzeihung, es gibt jemanden, mit dem man auch in Italien privat bei Musikverständigen Interesse wecken kann. Es ist Jochen Diestelmeyer. Er ist einer der wenigen, die weder vor Erfolg bei möglichst vielen Menschen, noch vor Qualität zurückschrecken. Warum rede ich von ihm HIER? Weil ich möchte, dass die Antipoden voneinander lernen. solange dies nicht geschieht, gilt immerhin folgendes: Die U-Musik kann von Diestelmeyer lernen, dass man auch intelligent sein kann, die E-Musik kann von ihm lernen, dass man auch die Herzen Vieler ansprechen kann, ohne durchschnittlich oder gar minderwertig zu sein. Es gibt nichts selteneres als Diestelmeyer in Deutschland.
Was Thunfisch angeht… Trug ist selten der Humor, den Tiefsinn täuscht man leichter vor.
Ach ja, das habe ich in meinem Beitrag, Antwort auf eggy, komplett vergessen. Somit ergänzend:
Ich kenne einige Leute, die die „krassesten“ (was auch immer das heisst, ggf. was gutes ;) ) Sachen im Bereich der Neuen Musik mögen, Sachen, die mich (noch) ratlos zurücklassen. Und da es offenbar Leute gibt, die total auf sowas stehen: deswegen bezweifle ich, das es Komponsiten gibt (oder eine nennenswerte Anzahl), die ihre eigene Musik nicht mögen. Zumindest gibt es dafür ein Publikum! Und noch ein sehr grosses unerschlossenes, aber das ist wieder ein anderes Thema.
Und, werter Herr epitimaios: Ich kenne Leute aus fast aller Herren Länder, die so wie ich am liebsten die sog. „E“-Musik des 20. und 21. Jahrhunderts hören. Gleich und gleich gesellt sich eben gern, auch in ihrem Fall.
Ein wenig zum ursprünglichen Thema zurück … Das Internet beweist, das es immer noch eine Stufe niederträchtiger und ekelhafter geht: http://www.aaredition.de/09%20Avant%20Garde/0916%20The%20modern%20Interpreters.htm
Viele Grüsse!
Tja, der gute Peter Hübner ist nochmal eine Geschichte für sich, über den wollte ich schon lange mal schreiben. Immerhin war er ja schon Mal „Star“ eines ziemlich hämischen Spiegelartikels. Tatsache ist: der ist einfach (in echt) ein in realiter geistesgestörter und hochverwirrter Profilneurotiker und Internetbetrüger (er verkauft ja auf CD’s seine „Heilsmusik“ – immer dasselbe Stück mit jeweils anderen Samples aufgenommen, aber angeblich „live“ von Orchestern gespielt). Es wäre komisch wenn es nicht so wahnsinnig traurig wäre. Aber ernst nehmen muss man das ganz gewiss nicht…
Und schon wieder ist etwas aus den niedersten Niederungen hervorgeblubbt: http://www.youtube.com/watch?v=rUdbGPjrdNM
@strieder:
Ich find’s gar nicht so schlimm – Parodie ist immer eine Form von Hommage. Die Neue Musik hat Unverwechselbares im 20. Jahrhundert hervorgebracht, das wird auch in diesem Beitrag deutlich und sogar noch untermauert. Und man darf die Sachen auch mal ironisch auf den Punkt bringen – komplett an den Haaren herbeigezogen sind die (zugegebenermaßen nicht immer zündenden) Gags auch nicht. Eine Möglichkeit der Komik ist die übertriebene Vereinfachung der Dinge, was hier schon gelingt und auch nicht vorgibt, tiefsinnig zu sein. Ich würde den Beitrag eher humorkritisch kontern, mancher Witz (z.B. „Aus Alt mach Neu“ und dann eine Schrottpresse zu zeigen – gääähn, weil so vorhersehbar).
Wenn es uns gelingt, über uns selber zu lachen, können wir nur gewinnen, denn dann lacht mal vielleicht auch jemand MIT uns, was auch nicht das Schlechteste ist. Ich finde auf jeden Fall, dass man über so etwas lachen darf, und Schönberg, Cage etc. trotzdem gut finden kann. Man darf ja auch als Wagnerianer zeitgenössische Karikaturen von Wagner sammeln, oder? Nicht, dass ich einer bin…
meint
Moritz Eggert
Lieber Moritz, das ist alles richtig was Du schreibst, aber nur für solche, welche aufgrund ihres Wissens über den parodierten Gegenstand erkennen und unterscheiden können, was davon Parodie ist, und was nicht.
Doch für die Wissen Suchenden (und für jene ist diese Sendung gedacht) ist das natürlich nicht zu erkennen, und so schafft die Sendung leider nur Falschwissen und Vorurteile :\
Viele Grüsse!