100 Argumente gegen die GEMA-Reform (7)

Was bisher geschah:
„U“ und „E“ sollen abgeschafft werden, verkündet die GEMA. Klingt ja erst einmal gut. Bis man versteht, dass das alles nur eine rosarote Brille ist, die man euch aufsetzt. In Wirklichkeit stehen knallharte Geschäftsinteressen dahinter, denen die bisherige Kulturförderung der GEMA ein Dorn im Auge ist. Was sie euch in ihren Werbespots verschweigen: In Zukunft sollen die Fördermittel nämlich drastisch reduziert werden, was allen – U wie E – schaden wird. Und plötzlich gibt es ein neues „E“ – das heißt dann KUK und belohnt zum Beispiel, dass man in „Mundart“ singt, oder in „Kulturorten“ spielt, wo man für die „Verzahnung von Text und Musik“ Extrapunkte bekommt. Klingt erstaunlich nach Applaus von der falschen Seite, hat sich aber die GEMA ausgedacht, und ihr – Du und ich und wir alle – müssen am 14. und 15. Mai in München dagegen stimmen. Außer ihr wollt, dass euch in Zukunft Gremien aus lauter 60-jährigen sagen, was innovativ ist und was nicht.
61. Der Zug der Reform geht in eine Richtung, der eben diesen finanzstarken Stakeholdern noch mehr Macht über die GEMA verleiht Ist es wirklich das, was wir wollen? Die GEMA ist am Ende des Tages immer noch unser gemeinsamer Verein, wir können dafür sorgen, dass andere Interessen mehr gelten als die, die von außen Druck auf die GEMA ausüben, um ihre Einnahmen zu steigern.
62. Die Reform macht einen Bereich platt, der gerade in Zeiten von KI immer wichtiger werden wird. Die GEMA rechnet realistisch mit starken Einbußen im Bereich von Musik, der im Moment durch KI-Kompositionen Konkurrenz entsteht. Im Livesektor der zeitgenössischen Musik wird es diese Einbußen so nicht geben. Mit der Dominanz von KI-Musik wird experimentelle und innovative Live-Musik sogar noch wichtiger als vorher, denn man sollte nicht vergessen, dass sich auch Gegentrends gegen KI-Musik formieren werden.
63. Der Aufsichtsrat kann direkt Einfluss auf die Entscheidungen des neuen „Fokus-Kultur-Ausschusses“ nehmen Einfach mal Seite 83 der Tagesordnung unten lesen: nicht nur kann der Aufsichtsrat Delegierte in den Ausschuss schicken, die mit abstimmen, sie können auch Statuten beschließen, die die Arbeit des Ausschusses streng reglementieren. Wenn also Aufsichtsratsmitglieder bestimmte Künstler:innen bestimmter Konzerne/Labels direkt fördern wollen – kein Problem! Missbrauch ist vorprogrammiert.
64. U-Komponisten dürfen insgesamt darüber entscheiden, was innovativ ist, E-Komponisten aber nur für ihren eigenen kleinen KUK-Bereich? Eine besondere Frechheit verbirgt sich auf Seite 90, Paragraf 1. Der Wertungsausschuss hat nun einen „zeitgenössische Kunstmusik – Adabei“, der nur mitbestimmen darf, wenn es um diesen Bereich geht. Alle anderen dürfen aber über alles bestimmen. Das setzt dem Fass die Krone auf – wird uns tatsächlich jegliche Kompetenz außerhalb unseres Bereichs abgesprochen?
65. Die Unterschiede zwischen E und U werden gar nicht abgeschafft Schon gemerkt? Der angebliche Grund für die Reform, der überall fluffig verkauft wird, wird von der Reform selbst ignoriert. Der Begriff E-Musik wird keineswegs abgeschafft, die E-Musik wird nur brutal abgewickelt, damit sich ohnehin schon Reiche daran bereichern können. Das durchschnittliche Mitglied hat davon gar nichts, und muss sich immer noch fragen, ob es U oder KUK ist.
66. Es gibt ein Problem bei der Differenzierung von Kulturorten und Veranstaltern Die Idee, den Charakter von Konzerten am Konzertort festzumachen, geisterte vor ein paar Jahren durch einige Ausschüsse, wurde aber als nicht funktionierend wieder beiseitegelegt. Dass ausgerechnet diese Schnapsidee aus der Mülltonne geholt wurde, spricht Bände. Es sollte vollkommen klar sein, dass das eigentlich Entscheidende die Veranstalter eines Konzerts sind. Ansonsten können eingetragene „Kulturorte“ von Geschäftsmodellern dauergemietet werden, um jeweils das Maximum an „KUK“-Punkten für ihre Acts herauszubekommen. Glaubt uns, das wird geschehen!
67. Eigenaufführungen sind in E die große Ausnahme In dem nun aufgestülpten und auf U ausgelegten System, werden regelmäßige Eigenaufführungen samt Eigenverkauf etc. begünstigt, da können E-Komponierende nie mithalten, weil sie auf das Interesse von Aufführenden (Ensembles, Solist:innen, Orchester) angewiesen sind.
68. Die „Förderung“ existiert nur zum Schein Wenn der bisherige Anteil von 30% für E in der Wertung als „Förderung“ erhalten bleiben, aber die Mittel für soz-kult. Zwecke insgesamt auf 50% oder darunter abgesenkt werden sollen und neben den „Neuzugängen“ auch der Fokus auf die E-Musik (nun KUK) erhalten bleiben soll, kann man vorhersagen, dass der erhoffte Förderungseffekt wohl ziemlich gering ausfallen dürfte. Hier wird seitens der GEMA Augenwischerei betrieben. Wir wollen Proberechnungen dazu sehen!
69. Die wahren Auswirkungen der Reform auf die GEMA-Sozialkasse sind nicht dargestellt Wenn es in den FAQ zur Reform unter heißt „Für die Sozialkasse ergeben sich keine Änderungen“, so ist das stark anzuzweifeln. Es sind starke Kürzungen der wiederkehrenden Leistungen zu erwarten, da die Mittel für die GEMA-SozKa auf 17 % des gesamten soz+kult. Budgets begrenzt werden sollen.
70. Warum spielen Öffentlich-Rechtliche Ausstrahlungen plötzlich keine Rolle mehr? Zeitgenössische Musik findet trotz Senderreformen und Kulturkürzungen nach wie vor im Radio statt, einige der wichtigsten Konzertreihen und Festivals (zum Beispiel „musica viva“ und Donaueschinger Musiktage) sind sogar direkt an Radiosendungen gekoppelt. Dort aufgeführt zu werden, ist nicht von außen beeinflussbar, entzieht sich Geschäftsmodellen und ist ein sicheres Zeichen für eine grundsätzliche kulturelle Bedeutung. Dass das nun nichts mehr bringen soll, ist ein weitere große Ungerechtigkeit. Das gilt übrigens genauso für U!
(tbc)
Komponist
Es ist gut und notwendig, dass Moritz Eggert und wir anderen Betroffenen mit ihm tapfer dagegenhalten. Aber unfassbar traurig ist es auch…