Maria Collien – ein Opfer Siegfried Mausers im Gespräch mit dem Blog des Harfenduos
Laura Oetzel und Daniel Mattelé sind das Harfenduo und schreiben in ihrem Blog seit einigen Jahren über wichtige Themen der Musikwelt. Besonders zu #metoo haben sie immer wieder Recherchen und Interviews geführt. Bereits letzten Herbst trafen sie die Sängerin Maria Collien, die als eines der Opfer des ehemaligen Präsidenten und Rektors der Münchener Musikhochschule und das Salzburger Mozarteums Nebenklägerin im Prozess war, in dem der Angeklagte durch das Landgericht München zu 2 Jahren und neun Monaten verurteilt wurde, was am 9. Oktober 2019 höchstrichterlich durch den BGH bestätigt wurde.
Die Künstlerin Maria Collien
Dem Harfenduo erzählte Maria Collien danach ihr Schicksal. Das erschien nun ein Jahr nach dem Urteil auf dem Blog des Harfenduos. Oetzel und Mattelé versuchen als junge Musikerkolleg_innen der älteren Sängerkollegin deren komplexe Situation mit Mauser einfühlsam nachzuzeichnen. Im Gegensatz zu anderen Opfern ist Maria Collien allein freiberuflich tätig und wirkt nach einer aktiven und beachtlichen Bühnenkarriere, die sie an die Scala in Mailand, auf das renommierte Spoleto-Festival oder den weltberühmten Maggio Musicale in Florenz führte und sie mit Kolleg_innen wie Giuseppe Sinopoli, Wolfgang Sawallisch, Günter Krämer, Giancarlo Menotti, Kurt Horres, Renata Scotto, Anja Silja, Deborah Polaski, Thomas Hampson, Bernd Weikl oder Andreas Schmidt in vielen Opernprojekten und Konzerten vereinte, inzwischen als Pädagogin und Chorleiterin in München.
Ihr Ruf wurde ausserhalb und innerhalb des Prozesses immer wieder ungerechtfertigt durch die Mauser-Seite in Mitleidenschaft gezogen. Die Anwälte stürzten sich auf zwei Unstimmigkeiten in Colliens Aussage, nämlich wie lange die Vernehmung nach ihrer Anzeige bei der Polizei gedauert habe und wann ihr ein diverses Detail innerhalb der drei Missbrauchssituationen widerfuhr. Ausdrücklich bestätigte ihr aber das Gericht: „In ihrer Urteilsbegründung wies die Richterin genau darauf hin: Maria Collien habe alle Fragen immer wieder gleich beantwortet, nicht nur mit ja oder nein, sondern in eigenen Worten.“
Kleine Möglichkeiten mit großer Wirkung
Als Künstlerin die nicht über die Mittel eines ehemaligen deutschen und österreichischen Spitzenbeamten verfügt, stand sie den Prozess ohne große eigenen finanzielle Möglichkeiten durch. Eindrucksvoll wird auch geschildert, wie sie sich im ersten Prozess gegen Mauser, an dessen Ende er wegen sexueller Nötigung der Professorin und Cembalistin Christine Schornsheim letztinstanzlich zu neun Monaten Haft verurteilt wurde, als Zeugin zur Verfügung stellen wollte. Auf ihr Angebot hatte sich niemand gemeldet, so ging sie einfach zum Prozess, in dem sie brav den Saal verließ, als das Gericht Zeug_innen dazu aufforderte.
Dem Harfenduo schildert sie, wie sie dort ihrem späteren Angeklagten begegnete: „Als er mich beim Schornsheim-Prozess vor dem Gericht stehen sah, ist er kreidebleich geworden“, sagt sie vielsagend. „Es waren Kameras und Journalisten da, also winkte er mir freundlich zu. Aber er ahnte wohl schon, dass meine Anwesenheit nichts Gutes verhieß.“
Maria Collien, die Unerschütterliche!
Nachdem Mauser und sein Umfeld von Leserbriefen bis zu den Umständen der berühmt-berüchtigten Festschrift selbst viel zu ihrer Sicht der Dinge preisgaben, alle bestens im Musikleben vernetzt, um sich gegenseitig in Fragen der Karriere zu stützen, ist die Arbeit des Harfenduos hoch zu würdigen und wertzuschätzen, eines der schwächsten Opfer der Münchner Prozesse uns als starke Frau zu vermitteln, die sich von all den prominenten Fata Morganen von einigen der wichtigsten Musiker_innen und Wissenschaftler_innen des deutschsprachigen Musiklebens nicht erschüttern ließ und justiziell die Konsistenz ihrer Wahrnehmung und ihres Leids höchstinstanzlich bestätigt bekam.
Das werden verbohrte Naturen bis an das Ende ihres Daseins nicht glauben. Aber gerade in diesen Zeiten lehren uns die höchsten Gerichte Deutschlands, dass auf sie Verlass ist und sie sich eigentlich nur damit befassen bestmöglich zu differenzieren und das von der untersten bis obersten Instanz dem Grunde nach in den Mauser-Prozessen einheitlich taten, wie auch hier. Auch wenn Teile der Musikwelt gar nicht damit zurechtkommen: Mit diesem Urteil und dem Text des Harfenduos hat Frau Maria Collien ihre Würde hoffentlich mehr als zurückerhalten und verdient unser aller tiefsten Respekt.
Komponist*in