Transparenz und Engagement – ein Kommentar zu „Was gesagt werden muss“ der MusikTexte 158

Ich stolperte… nein, nicht über einen Sandsack in China. Aber in einer ähnlichen Unwichtigkeit über einen Kommentar in den MusikTexten 158 zur Ernst-von-Siemens-Musikstiftung (EvS). Eigentlich kritisiert der Text von Bernd Künzig weniger die Stiftung selbst, sondern wirft manchen Kuratoriumsmitgliedern Ämterverquickungen vor, wenn sie zugleich z.B. in der Jury der „Edition Zeitgenössische Musik“ (EZM) die Förderpreisträger der EvS unmittelbar noch einmal mit einer CD fördern – die EvS veröffentlicht seit einiger Zeit selbst Porträt-CDs der Förderpreisträger, so dass die Entscheidungsfindung der EZM das ein wenig verdoppelt. Wie gesagt, das kritisiert nicht die Stiftung oder die Edition, sondern die Doppelung von Namen der Entscheider und Geförderten. Wie das aufgelöst werden könnte, bleibt ungenannt. Dabei wäre das der entscheidende Punkt.

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Sehr peinlich ist die Verquickung im Kommentar Künzigs von EvS mit der Literatur-Nobelpreisjury, die auch wegen sexueller Übergriffe sich dieses Jahr auflöste. Ja, die EvS wird inoffiziell gerne als Nobelpreis der Musik bezeichnet. Und ja, auch der Badblog versteht, dass sexuelle Übergriffe im Kulturleben durch Entscheidungsträger aktuell DAS Thema sind. Indem Schweizer Käse mit schwedischem Knäckebrot verglichen wird, mag das zwar in Form der Nahrungsmittelmetaphorik schmecken. Als Institutionsvergleich, nein, Institutionsinsinuieren bringt das nichts bis überhaupt gar nichts.

Um von Anfang an Verquickungen, Gefälligkeiten, unbefristete Kuratoriumszugehörigkeiten nicht nur in öffentlichen, sondern auch in privaten Institutionen zu vermeiden, die in der Förderung von Musik an die Stelle der öffentlichen treten oder mit diesen de facto Projekte gemeinsam fördern, ein paar kurze Gedanken:
a) Wer einem wichtigen Gremium einer privaten, aber mit den Öffentlichen konkurrierend fördernden Einrichtung angehört, sollte in der Zeit der Zugehörigkeit keiner anderen privaten oder öffentlichen Stiftung angehören, es sei denn, die Zugehörigkeit in anderen Gremien hat mit Dienstpflichten z.B. einer Intendanz, eines Ensembles oder einer Lehranstalt zu tun.
b) Solange man einem Stiftungskuratorium angehört, das nicht mit den besagten Dienstpflichten zu tun hat, darf aus jener Stiftung nicht die Institution gefördert werden, für die man sonst quasi hauptberuflich tätig ist.
c) Zugehörigkeit in Gremien von fördernden Institutionen sollten in direkter Abfolge auf zwei Amtsperioden begrenzt sein, vor einer erneuten Zugehörigkeit muss man eine Amtsperiode komplett ausgeschieden bleiben.
d) zu 1/3 bis 1/2 muss das Verhältnis zwischen Frauen und Männern in solchen Gremien sein. Zur Halbzeit einer Amtsperiode wird eine Hälfte der Gremiumsmitglieder neu oder zum zweiten Mal besetzt.
e) Um frühzeitig für die Nachfolge geeignete Persönlichkeiten zu finden, integriert man Geförderte der letzten Jahre in das Gremium oder überlässt Unterbereiche neuen Gesichtern, um ihre Eignung und Integrität als neue Co-Förderer zu fördern. Bzw. legt man spezielle Trainee-Programme („Förderung für Förderer“) für künftige, potentielle Gremienangehörige auf.

Jenseits von sehr renommierten Fördergremien und Regelungen wäre ein anderer oder paralleler Weg, Geförderte aus der Komfortzone ihres frischen Renommees abzuholen. Jede/r die/der gefördert wird, sollte sich der Gremien- und Verbandsarbeit widmen. Die Kolleginnen und Kollegen, die sich für ihre Karriere sowie diese Arbeit engagiere, sind nicht sehr Viele, aber doch genügend, um sich da ein Scheibchen abschneiden zu können oder nachzufragen, wie das Alles unter einen Hut bekommen. Ausreden, Entschuldigungen, etc. von Auslandsaufenthalt, Lehrberuf, Opernauftrag bis Kinder gibt es immer. Nur die Regel lautet: auf Arbeit kommt noch mehr Arbeit, die man an die Kollegenschaft zurück geben sollte, die sich für einen zeitlich aufgeopfert hat. Manchmal denke ich mir: Kolleg*innen ohne berufliches, über die Karriere hinausgehendes Engagement sollte man die Bezüge, die Auftragssummen oder Tantiemen kürzen. Ohne Gnade! Dann werden überflüssige Kommentare mit doch einigen Wesensgehalt und Klagen über die Undurchdringlichkeit von Fördergremien überflüssiger als zum momentanen Zeitpunkt.

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