Die schlechtesten Kunstlied-Interpretationen aller Zeiten (Eine Liebeserklärung) – Folge 1

Das hier ist ein schnell dahingeschmierter Artikel, um Geld zu verdienen und um auf Facebook etwas Liebe zu bekommen eine Liebeserklärung an meine favorisierte Rasse unter den musikalischen Gattungen: dem Kunstlied. Das Kunstlied wurde von Schubert im 14. Jahrhundert entdeckt und verendete vollends unter der Mitwirkung von Wagner, der eh alles kaputt machte damals! Davon erholte sich das Kunstlied nie wieder. Bis YouTube erfunden wurde! Seitdem darf jede*r (singen). Und ich habe eine schöne Auswahl für euch Followerinnen und Follower präpariert. (Hier steht noch ein Satz, damit die Einleitung bündiger aussieht. Ein Wort fehlt noch. So.)

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Franz Schubert: Die schöne Müllerin D 795, Nr. 17: Die böse Farbe

Da wäre beispielsweise der User mit dem schönen Namen „La chaîne de Carnets sur sol“ („Der Schöne unter den Karnickeln ist im Soll“), der sich fürderhin dem klavieristisch schwierigsten Lied aus Schuberts „Schöner Müllerin“ hingibt. Das Vorspiel nimmt sich der hier offenbar selbst am sanierungsbedürftigen Pianoforte begleitende Kollege aus dem Franzenland eindrucksvoll flink. Die Pause vor seinem Einsatz gerät dafür im Verhältnis viel zu lang, aber sehen wir – als guter „homme galant“ (rofl) – einmal von einer wirklichen Beurteilung des Ganzen ab.

Den Text führt uns der stilsichere (vermutlich) Pariser unseres Vertrauens in seiner vom regionaltypischen Nationalismus geprägten Landessprache vor. „Why not?“ – so möchten wir dem puristischen Deutschtümmler, ob des Wilhelmmüllerschen Originaltextes, schallend erwidern!

Die dritte Achtel des achten Taktes wird ganz weggelassen, „damit es schneller weiter geht“ (Gerald Moore, 1957). Auch bewegt sich der eingeblendete Notentext im Video nicht weiter, was uns mit dem Gefühl des sich zurück-gesetzt-Fühlens hinterlässt. Der Rest ist Fun.

Robert Schumann: Dichterliebe op. 48, Nr. 7: Ich grolle nicht

Auch in der eindrucksvollen, weil ungewöhnlichen Interpretation des Schumannschlagers „Ich grolle nicht“ von Karim Esparza und seinem nicht näher genannten Klavierbegleiter, werden uns Klänge vorenthalten, nämlich die Eingangsakkorde. Mit michelauslönnebergahafter Lust am Hämmern und Schnitzen geht der Pianist, nennen wir ihn „Hacke Peter“, seine Aufgabe an, derweil unser ohnehin verstörtes Sinnessystem auf „Sehen“ umstellt. So gerät die dekorative Szenerie des Hintergrundes in unser Blickfeld. In diesem Gotteshaus der schlechten Musik haben engagierte Gemeindemitglieder offenbar einen Andachtsschrein für einen verstorbenen El-Sistema-Orchesteroboisten aufgebaut. Gesamtfazit: Eine Geschmacksallianz von Farben, Formen und Musikantentum, die sich gewaschen hat.

Hugo Wolf: Das verlassene Mägdlein

Ja, der Ami hat’s nicht leicht! Denn in Amiland, da stürmt es durchaus mal. Selbst, wenn bei Dorffesten die schöne Bethany auftritt, um ihr „Talent“ im Bereich „Vocal“ zu präsentieren. Vorgenommen hat die Bethany sich das fragile Lied Hugo Wolfens: „Das verlassene Mägdlein“, das hier text-, stil- und intonationssicher wohlig unsere Gehörgänge kitzelt. (Wichtige Information: „Bethany Potempa took 4th place in the competition.“)

Schlussbemerkung: Niemand der hier genannten Künstlerinnen und Künstler soll mit diesem Artikel beleidigt werden. Im Gegenteil. Der Autor liebt (fast) alle Künstlerinnen und Künstler, zumal, wenn sie sich vollen Mutes dort raus in die Welt begeben. Also: Nicht böse sein, sondern sich geehrt fühlen! Love.

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Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.