Mario Barth – am Tropf öffentlicher Kulturförderung
Mario Barth deckt in Opernhäusern Verschwendung von Steuergeldern auf? Eher nicht: er recherchierte nicht genau, sprach wohl nicht mit dem Opernhaus Hannover. Dabei scheint ihm entgangen zu sein, dass seine Liveauftritte in großen Arenen und Hallen ohne Einsatz von Steuergeldern zum Bau und Betrieb dieser nicht möglich wäre. Ja, seine Spielfilme hätten durch öffentliche Filmförderung nie das Licht der Welt erblickt. So mal ein Blick auf seinen aktuellen Tourplan und die überwiegende Finanzierung der Auftrittsorte durch die entsprechenden Städte.
Am 4.3.17 wird er in der TUI Arena Hannover auftreten. Wie er in Reaktionen auf seiner Facebookseite weismachen wollte, haben alle aufklärenden Stimmen zu seiner verunglückten Opernhäuserkritik Unrecht. Vielleicht meint er, TUI habe die Arena in Hannover gebaut und würde diese heute noch betreiben. Ausser einem Namenssponsoringvertrag ist die Arena im Zuge der Expo von der öffentlichen Hand gebaut worden und noch heute in der Hand der Stadt Hannover, die den Aufsichtsrat dominiert.
Gestern trat er in der Messehalle Dresden auf, in deren Aufsichtsrat die 2. Bürgermeisterin sitzt und zu 100% der Stadt Dresden gehört. Am 9.12.16 wird er in der Hanns Martin Schleyer Halle in Stuttgart auftreten. Und wem gehört diese zu 100%? Der Stadt Stuttgart. Und womit hat sie diese gebaut und mit was betreibt sie diese: neben Vermietungen und Sponsoring durch Steuermittel.
Nun am 10.12.16 wird er in Bamberg sein, wo die Brose Halle bis 2011 wohl privat betrieben worden war. Leider ging der frühere Betreiber insolvent. Und wer rettete die Bamberger Bank, sorry, äh, Halle? Die Stadt Bamberg. Mit öffentlichen Mitteln. Am 16.12.16 in der Fraport Arena, ein Tag später in der Westfalenhalle Dortmund. Und wer betreibt beide Hallen? Die jeweilige Betreibergesellschaft der Städte Frankfurt/M. und Dortmund.
Interessant ist das Konstrukt der König Pilsner Halle in Oberhausen. Nein, der Brauerei gehört sie nicht, sondern wird von der Deutschlandabteilung einer amerikanischen Eventfirma betrieben, wie übrigens die gesamte Neue Mitte Oberhausen durch angelsächsische Investoren im Zuge des Strukturwandels im Ruhrgebiet betrieben wird. Natürlich auch mit Mitteln der öffentlichen Hand, als die Umwidmung der Industriebrache zur Eventquartier erfolgte. Nun kassieren die Privaten, wo vielleicht Geld auch in öffentliche Töpfe fliessen könnte oder es vielleicht erst in ferner Zukunft geschehen wird.
Die folgenden Auftritte in der Saturn Arena Ingolstadt, ein Unternehmen der Stadtwerke Ingolstadt, die zu großen Teilen der Stadt Ingolstadt gehören, in der Aschaffenburger F.A.N. Frankenstolz Arena, dem dortigen Sportamt unterstellt, die Baden Arena, die der städtischen Messe Offenburg gehört, ja, selbst die Mannheimer SAP Arena hat zwar den berühmten Unternehmensnamen, aber gehört doch der Stadt Mannheim: alles Auftrittsorte, die ohne Steuergelder nie entstanden wären und nie ohne diese betrieben würden.
Nun, Arenen und Sporthallen sind in der Tat vielleicht besser durch Sponsoring ausgestattet als manches städtisches Opernhaus. Doch auch die erfolgreichen Opernhäuser sind da gut aufgestellt, die weniger erfolgreichen eher auf die öffentliche Hand angewiesen. Ist ein Opernhaus kurz vor dem Ende oder eine Arena: dann springt bei beiden der Staat ein. Allerdings wird bekanntlich bei Opernhäusern immer schon radikaler als bei Arenen verfahren: von Fusion bis zur Schließung wurde hier schon alles ausprobiert. Wäre man unsolidarisch, könnte man das auch einigen von Barths Auftrittshallen verordnen, so dass er dann eben genauso wenig ein Publikum noch erreichen würde wie das eines wegrationalisierten Opernhauses. Nur wollen wir das eben nicht wünschen, da wir eben schon gebranntere Kinder als der Comedian sind.
Und wie war das z.B. mit seinen Filmen „7 Zwerge – Der Wald ist nicht genug“ oder „Männerherzen“? Ohne Risikoausfallgarantien oder direkte Förderung der Filmförderanstalten des Bundes und der Länder hätte es diese Filme nie gegeben, ohne Verleihförderung nie in die Kinos gekommen und trotz der Kassenerfolge nie ausreichend finanziert gewesen. Lieber Herr Barth: wenn Sie der Kulturförderung den Hahn zudrehen wollen oder vox populi dazu schlecht aufgeklärt animieren sägen Sie an Ihren eigenem Ast. Oder ganz jovial: erst nachdenken, dann nachplappern, wie es vor Ihnen schon so viele Polit- und Ökonomieidioten in unserem Lande taten.
Komponist*in
Mario Barth ist natürlich eher unerträglich, aber in einem einzigen Punkt seiner Kritik hat er 100% Recht – nämlich in der Beschreibung der heutigen Opernhäuser als Orte, in denen ständig nur dasselbe und alte Repertoire gespielt wird (aktuell zu ca. 99% alte Stücke, ein Großteil davon 150 oder mehr Jahre alt). Wenn er damit eine Diskussion über diesen wirklich unerklärlichen Missstand weiter befördert, hat das Ganze vielleicht sogar etwas Gutes…
Da muss man aber schon sehr gutgläubig sein. Zu den 99% schlage ich zumindest einen Blick in die Premieren der dt.-sprachigen Häuser vor. Die Situation 2016/17 sieht so aus: http://www.operundtanz.de/archiv/2016/04/premieren.pdf
Guter Einwand. Nur stellt er sich wohl weniger Hosokawa oder Eggertopern vor, sd. eher das The-True-Barth-Story-Musical mit äääächtem Merchandising. Mir wären jedenfalls mehr Eggertopern oder Buschsträucher lieber… ;-)
Ich glaube, der Barth stellt sich gar nix vor. Leider liegen mir keine Materialien von der Sendung vor. Mich hätte schon interessiert, wie die Studiogäste sich dazu gestellt haben. Aber Schwamm drüber: ich denke Franz Hummel sitzt bestimmt an einer Barth-Oper.
Gerade Oberhausen ist interessant. Da wurde, weil man das Geld nur einmal ausgeben kann (in diesem Falle für die Ermöglichung von Herrn Barths Auftritten) vor einigen Jahren was genau dicht gemacht? Richtig, die Musiktheatersparte des Theaters.
Klar doch, endlich Phantom der Oper in der Oper von Mario Barththtththth. Modern und praktisch quadratisch gut…