Pumuckl forever
Alle Hauptbeteiligten der Kinderserie „Meister Eder und sein Pumuckl“ sind jetzt tot: Gustl Bayrhammer (Meister Eder) starb bereits 1993, Hans Clarin (die Stimme von Pumuckl) im Jahr 2005 – und vor wenigen Tagen, am 24. September 2015 im Alter von gesegneten 94 Jahren: die Erfinderin und Autorin von „Pumuckl“, Ellis Kaut.
Pumuckl war – ich weiß, das hat jetzt gerade nicht viel mit Musik zu tun, obwohl… – ein Vorbild meiner Kindheit; ich wollte wie Pumuckl sein: manchmal einfach unsichtbar… Die Idee für Pumuckl war aber auch genial: ein alleinstehender – wie alle Klischee-Handwerksberufstätige dem Alkohol zugeneigter – bayrisch-grantelnder Schreinermeister trifft eines Tages auf einen Kobold, weil dieser an seinem Leimtopf hängenbleibt.
Ich erinnere mich an sehr traurige Folgen, in einer schmeißt Meister Eder wohl seinen Pumuckl raus. Auch an die Folge „Das Spanferkel-Essen“ kann ich mich gut erinnern und daran, dass – und nein, ich prüfe das jetzt nicht durch Google nach – diese Folge sehr einsam endet. Und dass „Spanferkel“ auf bayrisch „Schpó-Fackl“ ausgesprochen wird.
In einer Folge, ich glaube, die hieß „Der Waldspaziergang“, beobachten Meister Eder und sein Pumuckl, wie Leute aus der Stadt mitten im Wald ihren Müll aus dem Auto ausleeren. Pumuckl tritt auf eine Glasscherbe und sein kleiner Zeh muss verbunden werden. Dadurch sieht man aber natürlich den – sonst für alle anderen unsichtbaren – Kobold, beziehungsweise: seinen kleinen Zehverband… Eine richtig ökologische Folge – was mir natürlich besonders gefällt. Dann gab es eine Folge, in der es irgendwie um „Gelichter“ ging; und Pumuckl schreit: „Ich bin kein Gelichter, ich bin kein Gelichter!“ Dann gab es immer mal wieder Ärger mit Nachbarskindern, mit hysterischen Nachbarsfrauen – und ich weiß noch, wie Pumuckl seine Schaukel und sein Bett vom Schreinermeister Eder gezimmert bekommt. Das sind tatsächlich fast alle Erinnerungsansätze… Alles unnachgeprüft… So, wie ich es eben erinnere…
Es gab aber auch Pumuckl-Folgen – wir hatten die als Schallplatten, später als Kassetten, dann viel später schauten wir das im Fernsehen – voller Glück. In einer Folge, so meine ich mich zu erinnern, hat Pumuckl durch die richtige Ansage von Lottozahlen Geld gewonnen. Und Meister Eder kauft ihm alles, was er mag: Schokolade, Wurst (!) und eine Spieluhr. Und an den Klang dieser Spieluhr, diese vollkommene Glückseligkeit: an die erinnere ich mich gerne – und manchmal, nach anstrengender, gut erledigter Arbeit und verdientem Geld, geht es mir heute, als halbwegs Erwachsener, genauso: ich mache meine innere Spieluhr an und esse Süßigkeiten. Und keiner kann/darf mich dabei stören.
Das Pumuckl-Lied kann ich in großen Teilen mitsingen. Und mir war immer so, dass Pumuckl am Ende immer – nach diesem „ha-puh-ha-puh-ha-puh-ha-puh“ immer „Braver, braver…!“ singt. Denn um nichts anderes – und das ist natürlich dann schon irgendwie eine ziemlich konservative unterschwellige, erzieherische Botschaft, aber hey: come on, egal! – ging es in „Pumuckl“: um das brav sein!
Danke Ellis Kaut. Möge die Spieluhr dir dort droben ewig tönen. Und die Schokolade schmecken. Und die Wurschti!
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.