Alle „Heil“-Stellen bei Richard Wagner
Die Feen (1833-1834)
[Chor]
Heil unsrer Königin!
Heil, schöne Ada, dir!
Gegrüsset sei als Herrscherin
von deines Volkes Schar!
Von fern ertönt der Jubel
unsrer frohen Huldigung.
Heil unsrer Königin!
Heil, schöne Ada, dir!
[Chor]
Dir tönet freudig unser Jubel,
als unsre Fürstin sei gegrüsst!
Es schall‘ hinauf in alle Räume
der Preisgesang der Königin!
Heil, schöne Ada, dir!
Heil unsrer Königin!
[Bote]
Heil euch! Ich bringe frohe Kunde:
mit Arindal kehrt Morald uns zurück!
[Chor]
Heil sei dem holden Frieden
im sanften Himmelsglanz!
Heil sei dem hohen Siege,
der uns den Frieden gab!
Der du zum Siege uns geführt,
sei uns als König jetzt gegrüsst!
Die du im Leiden unser Trost,
sei jetzt als Königin gegrüsst!
Heil, siegesreicher Morald dir!
Heil, tugendreiche Lora dir!
Heil sei euch!
[Gunther und Gernot]
Heil Arindal, und fasse Mut,
zum Siege schreitest du voran!
Das Liebesverbot (1834-1836)
[Friedrich]
So spät, und noch kein Brief von Isabella?
Verlang‘ ich nicht danach, wie nach dem Heil der Seele?
Rienzi, der Letzte der Tribunen (1837-1840)
[Volk]
(in wildem Enthusiasmus)
Rienzi Heil!
Der Römer König Heil!
[Volk, Baroncelli, Cecco]
Rienzi, Heil dir, dir Volkstribunen,
Hort unsrer Freiheit!
[Rienzi]
Heil euch! Was fehlt noch Rom zu seinem Glücke,
da seine mächt’gen, stolzen Feinde jetzt
zurückgekehrt und Treue ihm geschworen!
[Irene]
Heil dir, Rienzi, glorreicher Bruder!
[Der Gesandte Mailands´]
Heil dir, und ewiges Gedeihn
wünscht Mailand dem erstandnen Rom!
[Rienzi]
Im Namen Roms nehmt vollen Dank!
Nie ende Neid den schönen Bund! –
(in wachsender Begeisterung)
Ja, Gott, der Wunder schuf durch mich,
verlangt, nicht jetzt schon stillzustehn.
So wißt, nicht Rom allein sei frei –
nein, ganz Italien sei frei!
Heil dem ital’schen Bunde!
[Frauen, Priester und Mönche]
Heil! Heil dir, du stolzes Siegesheer!
[Rienzi]
Heil, Roma, dir! Du hast gesiegt,
zerschmettert liegt der Feinde Heer.
Der Fliegende Holländer (1840-1841)
[Holländer]
Dein Trotz ist beugsam,
doch ewig meine Qual!
Das Heil, das auf dem Land ich suche,
nie werd‘ ich es finden!
[Holländer]
Dich frage ich, gepreisner Engel Gottes,
der meines Heils Bedingung mir gewann;
war ich Unsel’ger Spielwerk deines Spottes,
als die Erlösung du mir zeigtest an?
[Holländer]
So ist sie mein…
(beiseite)
Wird sie mein Engel sein?
Wenn aus der Qualen Schreckgewalten
die Sehnsucht nach dem Heil mich treibt,
ist mir’s erlaubt, mich festzuhalten
an einer Hoffnung, die mir bleibt?
[Daland]
(an Bord seines Schiffes gehend]
Heil! Wie die Segel schon sich bläh’n!
Hallo! Hallo!
Frisch, Jungen, greifet an!
[Senta]
Doch, dass der arme Mann
noch Erlösung fände auf Erden,
zeigt‘ Gottes Engel an,
wie sein Heil ihm einst könnte werden.
[Senta]
Ich sei’s, die dich durch ihre Treu‘ erlöse!
Mög‘ Gottes Engel mich dir zeigen!
Durch mich sollst du das Heil erreichen!
[Holländer]
Die düstre Glut, die hier ich fühle brennen,
sollt‘ ich Unseliger sie Liebe nennen?
Ach nein! Die Sehnsucht ist es nach dem Heil:
würd es durch solchen Engel mir zuteil!
[Holländer]
Ein heil’ger Balsam meinen Wunden
dem Schwur, dem hohen Wort entfließt.
Hört es: mein Heil, hab‘ ich gefunden.
Mächte, ihr Mächte, die ihr zurück mich stießt.
[Holländer]
Verloren! Ach! verloren!
Ewig verlor’nes Heil!
[Holländer]
In See!In See für ew’ge Zeiten!
(zu Senta)
Um deine Treue ist’s getan,
um deine Treue – um mein Heil!
Leb‘ wohl, ich will dich nicht verderben!
[Holländer]
Zahllose Opfer fielen diesem Spruch durch mich!
du aber sollst gerettet sein!
Leb‘ wohl! Bahr‘ him, mein Heil, in Ewigkeit!
Tannhäuser und der Sängerkrieg auf Wartburg (1842-1845)
[Venus]
(im heftigstem Zorne)
Zieh hin, Wahnsinniger, zieh hin!
Verräter, sieh, nicht halt‘ ich dich!
Ich geb‘ dich frei, – zieh hin! zieh hin!
Was du verlangst, das sei dein Los!
Hin zu den kalten Menschen flieh,
vor deren blödem, trübem Wahn
der Freude Götter wir entflohn
tief in der Erde wärmenden Schoß.
Zieh hin, Betörter! Suche dein Heil,
suche dein Heil – und find es nie!
Bald weicht der Stolz aus deiner Seel‘,
demütig seh‘ ich dich mir nahn, –
zerknirscht, zertreten suchst du mich auf,
flehst um die Zauber meiner Macht.
[Venus]
Nie wird Vergebung dir zuteil, –
Kehr wieder, schließt sich dir das Heil!
[Tannhäuser]
Mein Heil! Mein Heil ruht in Maria!
[Chor]
Freudig begrüßen wir die edle Halle,
wo Kunst und Frieden immer nur verweil,
wo lange noch der frohe Ruf erschalle:
Thüringens Fürsten, Landgraf Hermann, Heil!
[Chor der Ritter und Edelfrauen]
Heil! Heil! Thüringens Fürsten Heil!
Der holden Kunst Beschützer Heil!
[Die Zuhörer]
(in lautem Beifall)
Heil Walther! Preis sei deinem Liede!
[Die Zuhörer]
(in tobendem Beifall)
Heil, Biterolf! Hier unser Schwert!
[Elisabeth]
Was liegt an mir? Doch er, – sein Heil!
Wollt ihr sein ewig Heil ihm rauben?
[Landgraf, Ritter, Sänger]
Verworfen hat er jedes Hoffen,
niemals wird ihm des Heils Gewinn!
Des Himmels Fluch hat ihn getroffen;
in seinen Sünden fahr‘ er hin!
(Sie dringen von neuem auf Tannhäuser ein.)
[Elisabeth]
Zurück von ihm! Nicht ihr seid seine Richter!
Grausame! Werft von euch das wilde Schwert
und gebt Gehör der reinen Jungfrau Wort
Vernehmt durch mich, was Gottes Wille ist! –
Der Unglücksel’ge, den gefangen
ein furchtbar mächt’ger Zauber hält,
wie? sollt‘ er nie zum Heil gelangen
durch Reu‘ und Buß‘ in dieser Welt?
[Tannhäuser]
Zum Heil den Sündigen zu führen,
die Gott-Gesandte nahte mir:
doch, ach! sie frevelnd zu berühren
hob ich den Lästerblick zu ihr!
O du, hoch über diesen Erdengründen,
die mir den Engel meines Heils gesandt,
erbarm dich mein, der ach! so tief in Sünden
schmachvoll des Himmels Mittlerin verkannt!
[Landgraf]
(nach einer Pause)
Ein furchtbares Verbrechen ward begangen: –
es schlich mit heuchlerischer Larve sich
zu uns der Sünde fluchbeladner Sohn. –
Wir stoßen dich von uns, – bei uns darfst du
nicht weilen; schmachbefleckt ist unser Herd
durch dich, und dräuend blickt der Himmel selbst
auf dieses Dach, das dich zu lang‘ schon birgt.
Zur Rettung doch vor ewigem Verderben
steht offen dir ein Weg: von mir dich stoßend,
zeig‘ ich ihn dir: – nütz ihn zu deinem Heil!
[Tannhäuser]
Wie soll ich Gnade finden,
wie büßen meine Schuld?
Mein Heil sah ich entschwinden,
mich flieht des Himmels Huld.
[Wolfram]
Wohl wußt‘ ich hier sie im Gebet zu finden,
wie ich so oft sie treffe, wenn ich einsam
aus wald’ger Höh‘ mich in das Tal verirre.
Den Tod, den er ihr gab, im Herzen,
dahingestreckt in brünst’gen Schmerzen,
fleht für sein Heil sie Tag und Nacht:
o heil’ger Liebe ew’ge Macht!
[Wolfram]
(während der Gesang sich langsam nähert)
Die Pilger sind’s, es ist die fromme Weise,
die der empfangnen Gnade Heil verkündet.
O Himmel, stärke jetzt ihr Herz
für die Entscheidung ihres Lebens!
[Gesang der Älteren Pilger]
(mit welchem diese anfangs aus der Ferne sich nähern, dann von dem Vordergrunde rechts her die Bühne erreichen, und das Tal entlang der Wartburg zu ziehen, bis sie hinter dem Bergvorsprunge im Hintergrunde verschwinden)
Beglückt darf nun dich, o Heimat, ich schauen,
und grüßen froh deine lieblichen Auen;
nun lass‘ ich ruhn den Wanderstab,
weil Gott getreu ich gepilgert hab‘.
Durch Sühn‘ und Buß‘ hab‘ ich versöhnt
den Herren, dem mein Herze frönt,
der meine Reu‘ mit Segen krönt,
den Herren, dem mein Lied ertönt.
Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden,
er geht einst ein in der Seligen Frieden!
Vor Höll‘ und Tod ist ihm nicht bang,
drum preis‘ ich Gott mein Lebelang.
Halleluja in Ewigkeit!
Halleluja in Ewigkeit!
[Tannhäuser]
Wohl denn!
Hör an! Du, Wolfram, du sollst es erfahren.
(Er läßt sich erschöpft am Fuße des vorderen Bergvorsprunges neider. Wolfram will sich an seiner Seite niedersetzen.)
Bleib fern von mir! Die Stätte, wo ich raste,
ist verflucht. Hör an, Wolfram, hör an!
(Wolfram bleibt in geringer Entfernung vor Tannhäuser stehen.)
Inbrunst im Herzen, wie kein Büßer noch
sie je gefühlt, sucht‘ ich den Weg nach Rom.
Ein Engel hatte, ach! der Sünde Stolz
dem Übermütigen entwunden:
für ihn wollt‘ ich in Demut büßen,
das Heil erflehn, das mir verneint,
um ihm die Träne zu versüßen,
die er mir Sünder einst geweint!
[Tannhäuser]
Nach Rom gelangt‘ ich so zur heil’gen Stelle,
lag betend auf des Heiligtumes Schwelle;
der Tag brach an: da läuteten die Glocken,
hernieder tönten himmlische Gesänge;
da jauchzt‘ es auf in brünstigem Frohlocken,
denn Gnad‘ und Heil verhießen sie der Menge.
[Tannhäuser]
Mein Heil, mein Heil hab’ich verloren,
nun sei der Hölle Lust erkoren!
[Wolfram]
(ihn heftig zurückhaltend)
Allmächt’ger, steh dem Frommen bei!
Heinrich, ein Wort, es macht dich frei:
dein Heil!
[Wolfram]
Noch soll das Heil dir Sünder werden!
[Männergesang]
(aus dem Hintergrunde)
Der Seele Heil, die nun entflohn
dem Leib der frommen Dulderin!
[Männergesang]
Heilig die Reine, die nun vereint
göttlicher Schar vor dem Ewigen steht!
Selig der Sünder, dem sie geweint,
dem sie des Himmels Heil erfleht!
[Die jüngeren Pilger]
(auf dem vorderen Bergvorsprung einherziehend)
Heil! Heil! Der Gnade Wunder Heil!
Erlösung ward der Welt zuteil!
Es tat in nächtlich heil’ger Stund‘
der Herr sich durch ein Wunder kund:
den dürren Stab in Priesters Hand
hat er geschmückt mit frischem Grün:
dem Sünder in der Hölle Brand
soll so Erlösung neu erblühn!
Ruft ihm es zu durch alle Land‘,
der durch dies Wunder Gnade fand!
Hoch über aller Welt ist Gott,
und sein Erbarmen ist kein Spott!
Halleluja! Halleluja!
Halleluja!
[Alle]
(in höchster Ergriffenheit)
Der Gnade Heil ist dem Büßer beschieden,
er geht nun ein in der Seligen Frieden!
(Der Vorhang fällt.)
Lohengrin (1845-1848)
[Lohengrin]
(verneigt sich vor dem König)
Heil, König Heinrich!
Segenvoll mög‘ Gott bei deinem Schwerte stehn!
Ruhmreich und groß dein Name soll
von dieser Erde nie vergehn!
[Alle Männer und Frauen]
Sieg! Sieg! Sieg!
Heil! Heil dir, Heil!
[Der König und die Männer]
Ertöne, Siegesweise,
dem Helden laut zum höchsten Preise!
Ruhm deiner Fahrt!
Preis deinem Kommen!
Heil deiner Art,
Schützer der Frommen!
Du hast gewahrt
das Recht der Frommen,
Preis deinem Kommen,
Heil deiner Art!
[Der König]
Heil sei deiner Fahrt!
[Friedrich]
(sich am Boden qualvoll windend)
Weh, mich hat Gott geschlagen,
durch ihn ich sieglos bin!
Am Heil muß ich verzagen,
mein Ruhm und Ehr‘ ist hin!
[Die Männer]
Hoch der ersehnte Mann!
Heil ihm, den Gott gesandt!
Treu sind wir untertan
dem Schützer von Brabant!
Hoch der ersehnte Mann!
Heil ihm! Heil dem Schützer von Brabant!
[Die Edlen und Mannen]
(während des Aufzugs)
Heil dir, o Tugendreiche!
Heil dir, Elsa von Brabant!
Gesegnet sollst du schreiten!
[Die Frauen]
Heil dir!
[Die Brabanter]
Heil! Heil dem König!
[Elsa]
(in heftigster innerer Aufregung und in schamvoller Verwirrung)
Mein Retter, der mir Heil gebracht!
Mein Held, in dem ich muß vergehn!
Hoch über alles Zweifels Macht
soll meine Liebe stehn.
[Lohengrin]
Heil dir, Elsa!
Nun laß vor Gott uns gehn!
[Die Männer]
Seht, er ist von Gott gesandt!
[Die Frauen und Knaben]
Heil! Heil! Heil!
(Lohengrin führt Elsa feierlich an den Edlen vorüber zum König. Wo sie vorbeikommen, machen die Männer ehrerbietig Platz.)
[Die Männer]
Heil! Heil euch!
Heil Elsa von Brabant!
(Von dem König geleitet, schreiten Lohengrin und Elsa langsam dem Münster zu)
[Die Männer, Frauen und Knaben]
Heil dir, Tugendreiche!
Heil Elsa von Brabant!
Heil dir!
[Alle Männer]
(als der König unter der Eiche angelangt ist)
Heil König Heinrich!
König Heinrich Heil!
[Alle Männer]
Heil dem Helden von Brabant!
Heil! Heil!
Das Rheingold (1851-1854)
[Wotan]
Törig du bist,
wenn nicht gar tückisch!
Mich selbst siehst du in Not:
wie hülft‘ ich andern zum Heil?
[Alberich]
Schmähliche Tücke!
Schändlicher Trug!
Wirfst du Schächer
die Schuld mir vor,
die dir so wonnig erwünscht?
Wie gern raubtest
du selbst dem Rheine das Gold,
war nur so leicht
die Kunst, es zu schmieden, erlangt?
Wie glückt es nun
dir Gleissner zum Heil,
dass der Niblung, ich,
aus schmählicher Not,
in des Zornes Zwange,
den schrecklichen Zauber gewann,
dess‘ Werk nun lustig dir lacht?
Die Walküre (1851-1856)
[Sieglinde]
(mit geheimnisvoller Hast)
Ich bin’s: höre mich an!
In tiefem Schlaf liegt Hunding;
ich würzt‘ ihm betäubenden Trank:
nütze die Nacht dir zum Heil!
[Siegmund]
(hitzig unterbrechend)
Heil macht mich dein Nah’n!
Siegfried (1851-1871)
[Siegfried]
So fährst du heute noch heil!
[Wanderer]
Heil dir, weiser Schmied!
[Mime]
(immer für sich, entfernt sitzend)
Er schmiedet das Schwert,
und Fafner fällt er:
das seh‘ ich nun sicher voraus.
Hort und Ring
erringt er im Harst:
wie erwerb‘ ich mir den Gewinn?
Mit Witz und List
erlang‘ ich beides
und berge heil mein Haupt.
[Wanderer]
(in Zorn ausbrechend und in gebieterischer Stellung)
Es floh dir zu seinem Heil!
Den Herrn der Raben
erriet es hier:
weh‘ ihm, holen sie’s ein!
Den Weg, den es zeigte,
sollst du nicht ziehn!
[Siegfried]
(Er gerät in höchste Beklemmung)
Wen ruf‘ ich zum Heil,
dass er mir helfe?
Mutter! Mutter!
Gedenke mein!
[Brünnhilde]
Heil dir, Sonne!
Heil dir, Licht!
Heil dir, leuchtender Tag!
Lang war mein Schlaf;
ich bin erwacht.
Wer ist der Held,
der mich erweckt‘?
[Brünnhilde]
(hoch aufgerichtet sitzend)
Heil euch, Götter!
Heil dir, Welt!
Heil dir, prangende Erde!
Zu End‘ ist nun mein Schlaf;
erwacht, seh‘ ich:
Siegfried ist es,
der mich erweckt!
[Siegfried]
(in erhabenste Verzückung ausbrechend)
O Heil der Mutter,
die mich gebar;
Heil der Erde,
die mich genährt!
Dass ich das Aug‘ erschaut,
das jetzt mir Seligem lacht!
[Brünnhilde]
(mit grösster Bewegtheit)
O Heil der Mutter,
die dich gebar!
Heil der Erde,
die dich genährt!
Nur dein Blick durfte mich schau’n,
erwachen durft‘ ich nur dir!
[Brünnhilde]
Ewig war ich,
ewig bin ich,
ewig in süss
sehnender Wonne,
doch ewig zu deinem Heil!
O Siegfried! Herrlicher!
Hort der Welt!
[Siegfried]
Lachend erwachst
du Wonnige mir:
Brünnhilde lebt,
Brünnhilde lacht!
Heil dem Tage,
der uns umleuchtet!
Götterdämmerung (1848-1874)
[Siegfried]
Heil dir, Brünnhilde,
prangender Stern!
Heil, strahlende Liebe!
[Brünnhilde]
Heil dir, Siegfried,
siegendes Licht!
Heil, strahlendes Leben!
[Beide]
Heil! Heil!
[Hagen]
Heil! Siegfried, teurer Held!
[Hagen]
Der Wurmtöter
wehrte der Not:
Siegfried, der Held,
der schuf ihm Heil!
[Die Mannen]
(brechen in ein schallendes Gelächter aus)
Gross Glück und Heil
lacht nun dem Rhein,
da Hagen, der Grimme,
so lustig mag sein!
[Die Mannen]
(diejenigen, welche von der Höhe ausgeblickt hatten, kommen zum Ufer herab)
Heil! Heil!
Willkommen! Willkommen!
(Einige der Mannen springen in den Fluss und ziehen den Kahn an das Land. Alles drängt sich immer dichter an das Ufer)
Willkommen, Gunther!
Heil! Heil!
[Die Mannen]
Heil dir, Gunther!
Heil dir und deiner Braut!
Willkommen!
[Die Mannen]
(feierlich an ihre Waffen schlagend)
Heil! Heil dir,
glücklicher Gibichung!
[Brünnhilde]
O Undank, schändlichster Lohn!
Nicht eine Kunst
war mir bekannt,
die zum Heil nicht half seinem Leib‘!
Unwissend zähmt‘ ihn
mein Zauberspiel,
das ihn vor Wunden nun gewahrt.
[Hagen]
(heimlich zu Gunther)
Er falle – dir zum Heil!
Ungeheure Macht wird dir,
gewinnst von ihm du den Ring,
den der Tod ihm wohl nur entreisst.
[Die drei Rheintöchter]
(im Schwimmen mässig einhaltend)
Frau Sonne sendet lichte Strahlen;
Nacht liegt in der Tiefe:
einst war sie hell,
da heil und hehr
des Vaters Gold noch in ihr glänzte.
Rheingold!
Klares Gold!
Wie hell du einstens strahltest,
hehrer Stern der Tiefe!
Tristan und Isolde (1856-1859)
[Isolde]
(deren Blick sogleich Tristan fand und starr auf ihn geheftet blieb, dumpf für sich)
Mir erkoren,
mir verloren,
hehr und heil,
kühn und feig!
Todgeweihtes Haupt!
Todgeweihtes Herz!
[Isolde]
O blinde Augen!
Blöde Herzen!
Zahmer Mut,
verzagtes Schweigen!
Wie anders prahlte
Tristan aus,
was ich verschlossen hielt!
Die schweigend ihm
das Leben gab,
vor Feindes Rache
ihn schweigend barg;
was stumm ihr Schutz
zum Heil ihm schuf,
mit ihr gab er es preis!
[Brangäne]
Er birgt, was heil dir frommt.
[Isolde]
Nicht da war’s,
wo ich Tantris barg,
wo Tristan mir verfiel.
Da stand er herrlich,
hehr und heil;
doch was er schwur,
das schwurt ich nicht.
[Männer]
Heil! König Marke Heil!
[Alle Männer]
Heil! Heil! Heil!
König Marke Heil!
Heil dem König!
[Kurwenal]
(lebhaft herantretend)
Heil Tristan,
glücklicher Held!
Mit reichem Hofgesinde,
dort auf Nachen
naht Herr Marke.
[Alle Männer]
(die Hüte schwenkend)
Heil! König Marke Heil!
[Alle Männer]
(Ausbruch allgemeinen Jauchzens)
Kornwall Heil!
[Tristan]
O Heil dem Tranke!
Heil seinem Saft!
Heil seines Zaubers
hehrer Kraft!
[Tristan]
Kein Heil nun kann,
kein süsser Tod
je mich befrein
von der Sehnsucht Not.
[Tristan]
(Er springt vom Lager herab und schwankt vorwärts)
Die mir die Wunde
ewig schliesse,
sie naht wie ein Held,
sie naht mir zum Heil!
Vergeh‘ die Welt
meiner jauchzenden Eil‘!
[Brangäne]
(hat sich seitwärts über die Mauer geschwungen und eilt in den Vordergrund)
Isolde! Herrin!
Glück und Heil!
Was seh‘ ich! Ha!
Lebst du? Isolde!
Die Meistersinger von Nürnberg (1845-1867)
[Choral der Gemeinde]
(Walther zärtlich, dann dringender)
gab er uns des Heils Gebot.
[Walther]
Wo Meister Walther einst mich freit‘;
da sing‘ ich heil und hehr
der liebsten Frauen Ehr‘:
auf da steigt,
ob Meister-Kräh’n ihm ungeneigt,
das stolze Liebeslied!
Ade, ihr Meister, hienied‘!
[Die Lehrbuben]
(Die Lehrbuben, welche unvermerkt näher geschlichen waren und gelauscht hatten, präsentieren sich jetzt, wie glückwünschend, David)
Heil! Heil zur Eh‘ dem jungen Mann!
Wie glücklich hat er gefreit!
Wir hörten’s all‘ und sahen’s an:
der er sein Herz geweiht,
für die er lässt sein Leben,
die hat ihm den Korb nicht gegeben!
[Eva]
(sanft an Walthers Brust gelehnt)
Die Schläf‘ umwebt mir’s wie ein Wahn:
ob Heil, ob’s Unheil, was ich ahn‘?
[Volk]
Heil! Sachs! Heil dir, Hans Sachs!
Heil Nürnbergs teurem Sachs!
Parsifal (1865-1882)
[Gurnemanz]
(Zwei Ritter treten, von der Burg her, auf)
Heil euch! Wie geht’s Amfortas heut‘?
Wohl früh verlangt‘ er nach dem Bade:
das Heilkraut, das Gawan
mit List und Klugheit ihm gewann,
ich wähne, dass das Lind’rung schuf?
[Kundry]
Von weiter her als du denken kannst.
Hilft der Balsam nicht,
Arabia birgt dann nichts mehr zu seinem Heil.
Fragt nicht weiter! Ich bin müde.
[Gurnemanz]
Ja, eine Verwünschte mag sie sein.
Hier lebt sie heut‘
vielleicht erneut,
zu büssen Schuld aus früh’rem Leben,
die dorten ihr noch nicht vergeben.
Übt sie nun Buss‘ in solchen Taten,
die uns Ritterschaft zum Heil geraten,
gut tut sie dann und recht sicherlich,
dienet uns – und hilft auch sich.
[Kundry]
Oh! Jammer! Jammer!
Schwach auch er! – Schwach – alle!
Meinem Fluche mit mir
alle verfallen!
Oh, ewiger Schlaf,
einziges Heil,
wie, wie dich gewinnen?
[Kundry]
(allmählich sichtbar werdend)
Hier weile, Parsifal!
Dich grüsset Wonne und Heil zumal.
Ihr kindischen Buhlen, weichet von ihm;
früh welkende Blumen,
nicht euch ward er zum Spiele bestellt!
Geht heim, pfleget der Wunden:
einsam erharrt euch mancher Held.
[Parsifal]
(immer in gebeugter Stellung, starr zu Kundry aufblickend, während diese sich zu ihm neigt und die liebkosenden Bewegungen ausführt, die er mit dem Folgenden bezeichnet)
Ja, diese Stimme! So rief sie ihm;
und diesen Blick, – deutlich erkenn‘ ich ihn,
auch diesen, der ihm so friedlos lachte;
die Lippe, – ja… so zuckte sie ihm;
so neigte sich der Nacken,
so hob sich kühn das Haupt;
so flatterten lachend die Locken,
so schlang um den Hals sich der Arm;
so schmeichelte weich die Wange;
mit aller Schmerzen Qual im Bunde,
das Heil der Seele
entküsste ihm der Mund!
Ha! – Dieser Kuss!
[Kundry]
(in höchster Leidenschaft)
Grausamer!
Fühlst du im Herzen
nur andrer Schmerzen,
so fühle jetzt auch die meinen!
Bist du Erlöser,
was bannt dich, Böser,
nicht mir auch zum Heil dich zu einen?
Seit Ewigkeiten – harre ich deiner,
des Heilands, ach! so spät,
den einst ich kühn geschmäht.
[Parsifal]
Auf Ewigkeit
wärst du verdammt mit mir
für eine Stunde
Vergessens meiner Sendung
in deines Arms Umfangen!
Auch dir bin ich zum Heil gesandt,
bleibst du dem Sehnen abgewandt.
Die Labung, die dein Leiden endet,
beut nicht der Quell, aus dem es fliesst,
das Heil wird nimmer dir gespendet,
eh‘ jener Quell sich dir nicht schliesst.
Ein andres ist’s – ein andres, ach!
nach dem ich jammernd schmachten sah,
die Brüder dort in grausen Nöten
den Leib sich quälen und ertöten.
Doch wer erkennt ihn klar und hell,
des einz’gen Heiles wahren Quell?
Oh, Elend, aller Rettung Flucht!
Oh, Weltenwahns Umnachten:
in höchsten Heiles heisser Sucht
nach der Verdammnis Quell zu schmachten!
[Gurnemanz]
(verwundert ihr nachblickend)
Wie anders schreitet sie als sonst!
Wirkte dies der heilige Tag?
O! Tag der Gnade ohnegleichen!
Gewiss, zu ihrem Heile
durft‘ ich der Armen heut
den Todesschlaf verscheuchen.
[Gurnemanz]
(nachdem er Parsifal staunend lange betrachtet hat, tritt nun näher zu ihm)
Heil dir, mein Gast!
Bist du verirrt, und soll ich dich weisen?
[Parsifal]
(erhebt sich langsam vom Gebete, blickt ruhig um sich, erkennt Gurnemanz und reicht diesem sanft die Hand zum Gruss)
Heil mir, dass ich dich wieder finde!
[Parsifal]
Zu ihm, des‘ tiefe Klagen
ich törig staunend einst vernahm,
dem nun ich Heil zu bringen
mich auserlesen wähnen darf.
Doch ach!
den Weg des Heiles nie zu finden,
in pfadlosen Irren
trieb ein wilder Fluch mich umher:
zahllose Nöte
Kämpfe und Streite
zwangen mich ab vom Pfade,
wähnt‘ ich ihn recht schon erkannt.
Da musste mich Verzweiflung fassen,
das Heiltum heil mir zu bergen;
um das zu hüten, das zu wahren,
ich Wunden jeder Wehr mir gewann;
denn nicht ihn selber
durft‘ ich führen im Streite;
unentweiht
führ‘ ich ihn mir zur Seite,
den nun ich heimgeleite,
der dort dir schimmert heil und hehr:
des Grales heil’gen Speer.
[Gurnemanz]
(in höchstes Entzücken ausbrechend)
O Gnade! Höchstes Heil!
O Wunder! Heilig hehrstes Wunder!
(Nachdem er sich etwas gefasst)
O Herr! War es ein Fluch,
der dich vom rechten Pfad vertrieb,
so glaub‘, er ist gewichen.
Hier bist du; dies des Grals Gebiet,
dein‘ harret seine Ritterschaft.
Ach, sie bedarf des Heiles,
des Heiles, das du bringst!
[Gurnemanz]
Ihn selbst am Kreuze kann sie nicht erschauen:
da blickt sie zum erlösten Menschen auf;
der fühlt sich frei von Sündenlast und Grauen,
durch Gottes Liebesopfer rein und heil:
das merkt nun Halm und Blume auf den Auen,
dass heut des Menschen Fuss sie nicht zertritt,
doch wohl, wie Gott mit himmlischer Geduld
sich sein erbarmt‘ und für ihn litt,
der Mensch auch heut in frommer Huld
sie schont mit sanftem Schritt.
[Parsifal]
Sei heil – entsündigt und entsühnt!
Denn ich verwalte nun dein Amt.
Gesegnet sei dein Leiden,
das Mitleids höchste Kraft
und reinsten Wissens Macht
dem zagen Toren gab.
Arno Lücker wuchs in der Nähe von Hannover auf, studierte Musikwissenschaft und Philosophie in Hannover, Freiburg - und Berlin, wo er seit 2003 lebt. Er arbeitet als Autor (2020 erschien sein Buch »op. 111 – Beethovens letzte Klaviersonate Takt für Takt«, 2023 sein Buch »250 Komponistinnen«), Moderator, Dramaturg, Pianist, Komponist und Musik-Satiriker. Seit 2004 erscheinen regelmäßig Beiträge von ihm in der TITANIC. Arno Lücker ist Bad-Blog-Autor der ersten Stunde, Fan von Hannover 96 und den Toronto Blue Jays.
Abends in den Lohengrin
http://www.gutenberg.org/files/38126/38126-h/38126-h.html
Pg 370, Absatz 3
Viel Vergnügen!
Jemandem „Heil“ zu wünschen (vgl. auch „Petri Heil!“ und „Waidmannsheil!“) ist vergleichbar mit der Star Wars-Phrase „Möge die Macht mit dir sein!“ Der Heilswunsch impliziert die Wirkkraft von im Grunde unbeeinflussbaren und auch rational unzugänglichen Mächten, die man nur beschwören / anbeten / anrufen etc. kann, um sie einem gnädig zu stimmen. Der kompetenteste „Heil!“-Rufer ist also demzufolge immer der Schamane / Geisterseher / Druide / Medizinmann / New Age-Unternehmer / Priester. Einem Atheisten / Szientisten / Agnostiker käme es nicht in den Sinn, „Heil!“ zu rufen, weil er keine Entität sieht, die sich dadurch angesprochen fühlen könnte.
Und welche Botschaft soll durch all diese Heil – Zitate aus Wagners Werken hier vermittelt werden? Aus dem Zusammenhang der Handlung genommen – ohne Analyse – wissen wir nicht, ob der Autor von all diesen Stellen begeistert ist und sie deshalb verbreitet, ob er ihnen neutral gegenübersteht, ob er sie kritisch sieht oder abstoßend findet. (?)
http://www.youtube.com/watch?v=pSJhZLsJAMM
Da hier anscheinend niemand eine Analyse der obigen Heil – Zitate im Kontext der jeweiligen Handlung vornimmt, beginne ich mal mit dem Zitat aus Tristan und Isolde: „Heil! König Marke Heil“ – und später: „Heil! Heil! Heil! König Marke Heil! Heil dem König!“ Man muss sich die Situation vorstellen: Eine junge Frau – Isolde – hat einen Verlobten, der von Tristan getötet wird. Tristan wird dabei verwundet und kann nur von Isolde geheilt werden. Er tarnt sich als Tantris und lässt sich von Isolde heilen. Diese erkennt ihn aber und möchte ihren getötet Verlobten rächen und Tristan mit dem Schwert töten. Doch durch einen Blick in die Augen wandelt sich ihr Hass in Liebe und sie lässt das Schwert sinken. Doch was tut Tristan? Anstelle dankbar gegenüber Isolden zu sein „verhökert“ er sie aus politischem Kalkül an seinen behäbigen Onkel, König Marke, und bringt sie selbst auf einem Schiff zu ihm. Isolde liebt Tristan noch immer und verachtet Marke. Tristan entflammt nun ebenfalls in Liebe zu Isolde, da Brangäne den von Isolde gewünschten Todestrank – da sie lieber mit Tristan sterben möchte, als mit Marke verheiratet zu werden – mit dem Liebestrank vertauscht hat. All dies geschieht kurz vor Ankunft des Schiffes vor König Marke, der Isolde schon erwartet.
In dieser zerrissenen, hoffnungs-und ausweglosen Situation singen die Schiffsleute ihr Heil Heil…Dieser Chor soll in dieser Situation wie eine Karikatur auf die alten höfischen Zeremonien wirken, von denen sich Tristan und Isolde durch ihre Liebe schon befreit haben -und sie hören dieses „Geschrei“ schon wie aus einer anderen Welt, die mit ihnen nichts mehr zu tun hat. Die bewusst schale und leere „Propaganda“ dieses Chores soll den Gegensatz zu dem eigentlichen tiefen Geschehen der Handlung um Brangäne, Isolde und Tristan noch mehr dramatisieren und ins Groteske steigern. Dies zeigt auch die Regieanweisung direkt über dem Heil – Chor: „Brangäne, die, mit abgewandtem Gesicht, voll Verwirrung und Schauder sich über den Bord gelehnt hatte, wendet sich jetzt dem Anblick des in Liebesumarmungen versunkenen Paares zu und stürzt händeringend voll Verzweiflung in den Vordergrund.“ Dann singt sie „Wehe, wehe unabwendbar ewge Not für kurzen Tod!“ Es sind also „Heilrufe“ , die dem Publikum „im Halse stecken bleiben“sollen, ähnlich, wie wenn etwa bei einer Trauerfeier eine Blaskapelle mit „Freut euch des Lebens“ durchmarschieren würde und der Dirigent die weinende Trauergesellschaft fett grinsend aufforderte : „und nun alle zusammen…“
Leider fehlt mir die Zeit, auch auf die andern Zitate einzugehen…
Das wäre doch endlich einmal etwas: an dieser Heil-Stelle lässt der Regisseur eine Blaskapelle stumm, mit grotesken Bewegungen über die Bühne marschieren, und aus dem Orchestergraben ertönt Gustav Mahler: 1, Sinfonie, 3. Satz, ab Takt 45.
Damit wäre auch mal mit der Praxis aufgeräumt, dass nur die Regisseure an einer ollen Oper herumdoktern und die Musik unbehelligt bleibt.
Lieber Guntram,
meinte nicht, dass die Stelle im Tristan identisch ist mit meinem „Bild“ von der Blaskapelle. Wollte damit nur zeigen, dass die Situation im Tristan ähnlich grotesk ist und dass zwei unterschiedliche Welten, die sich ausschließen, hier dramatisch aufeinanderprallen. Diese Parallelhandlungen sind ein altes dramatisches Mittel, das etwa auch in Shakespeares Romeo und Julia angewandt wird. Das heisst, dass die Hauptpersonen etwa in einer verzweifelten oder traurigen Lage sind, während gleichzeitig ein tosendes, fröhliches Volksfest auf der Bühne läuft – Wird auch oft in der ital.Oper des 19. Jahrhunderts verwendet, etwa wenn die Musik und „das Volk“ überbordend lustig sind, während die Hauptpersonen der Handlung am Abgrund stehen.
Ein (Musik-) Dramatiker muss auch die Möglichkeit haben, alles Hässliche, Banale, Dumme, Propagandistische, Geschmacklose oder Brutale was „in der Welt ist“ auf die Bühne zu bringen, ohne dass ihm gleich der Vorwurf gemacht würde, er würde das alles persönlich eins zu eins toll finden. Wenn bei Schiller oder in Schostakovitschs Lady Macbeth Grausamkeiten vorkommen, heisst dass nicht, dass die Autoren selbst das gut finden würden. Wenn bei Schönberg – Ein Überlebender aus Warschau- Nazis mit ihrem „Abzählen“ zu Wort kommen, wäre es auch absurd, Schönberg deshalb vorzuwerfen, er würde dadurch Inhalte der Nazis verbreiten. Möchte aber nicht leugnen, dass Wagner durchaus auch Schattenseiten hatte – aber sie sind in seinem Werk vielleicht an ganz anderer Stelle zu suchen, als bei den oben angeführten Zitaten.
Aber ja, der Biertrinker Wagner liebte die Schattenseiten – möglichst unter mächtigen Linden oder deutschen Eichen. Kommt in Tristan und Isolde nicht vor, da wird mit Zaubertrünken anderer Art hantiert, wo’s eine Halbe auch getan hätte.
Doch, kommt im Tristan vor. Der 2. Akt beginnt mit der Regieanweisung: Garten mit hohen Bäumen vor dem Gemach Isoldes, zu welchem, abwärts gelegen, Stufen hinaufführen. Helle, anmutige Sommernacht. An der geöffneten Türe ist eine brennende Fackel aufgesteckt. – Nun gut, kein Wald, aber immerhin ein Garten mit hohen Bäumen. Klingt alles eher nach milder, südländischer Sommernacht in einer Villa bei Venedig als nach Bier und deutschem Wald…
Nehmen wir nun das Zitat aus der Walküre: Hier geht es um eine Liebesbeziehung zwischen einem Bruder und seiner Schwester. Es sind sogar nicht nur Geschwister, sondern Zwillinge: Sieglinde und Siegmund. Siegmund kommt bei Sturm und Unwetter in das Haus von Sieglinde und ihrem Ehemann Hunding, mit dem sie unglücklich lebt. Er wird für eine Nacht aufgenommen – am nächsten Tag möchte Hunding ihn aber zum Kampf stellen, denn er hat einen alten Feind in ihm erkannt. Zudem fällt ihm die grosse Ähnlichkeit Siegmunds zu seiner Frau Sieglinde auf. Siegmund und Sieglinde wissen aber noch nicht, dass sie Geschwister sind, denn sie sind seit frühester Kindheit voneinander getrennt und sahen sich nicht. Ihr leiblicher Vater ist Wotan. Erst später erkennen sie, dass sie Geschwister sind, sie lieben sich in einer Frühlingsnacht aber umso inniger. Sieglinde gibt Hunding einen Betäubungstrunk und kommt, nachdem das Feuer erloschen ist, heimlich in der Nacht zu ihrem geliebten Bruder: „Ich bin´s: höre mich an! In tiefem Schlaf liegt Hunding; ich würzt`ihm betäubenden Trank: nütze die Nacht dir zum Heil.“ Worauf Siegmund antwortet: „Heil macht mich dein Nah`n“.
Das Wort „Heil“ ist hier im Sinne der heute noch verwendeten Worte HEILung, HEILen, VerHEILen, HEILsam zu verstehen, also im Sinne von gesunden.
Im weiteren Sinn der Handlung ist hier aber auch die Heilung der Welt vom Übel und Fluch des Ringes – eine Metapher für Macht, Geld, Gier, Materialismus, Unterdrückung, Korruption, Krieg oder Sklaverei – gemeint. Durch die Liebe der Geschwister wird Sieglinde zur Mutter von Siegfried – und Siegfried befreit die Welt später von diesem Fluch, er „heilt“ sie also von ihrem Geschwür, ihrer Krankheit. Siegfried ist übrigens leiblicher Enkel von Wotan und Wotan ist sein Grossvater mütterlicher- und väterlicherseits zugleich. Er nimmt später Brünnhilde zur Frau, die aber wie Sieglinde – die Mutter Siegfrieds – ebenfalls eine Tochter von Wotan ist. Brünnhilde und Sieglinde sind also Schwestern und Brünnhilde ist Siegfrieds Tante.
BOAH, ALTA: HEIL EY … ÄH … GEIL EY
Bin das seit Kindheit gewohnt, lieber Guntram, dass alles aus dem 19. Jahrhundert Kommende – Brahms, Wagner, Bruckner, Tschaikowsky, Sibelius etc. – bedenklich sein soll. Ihr Kommentar berührt mich also wenig. Wagner war übrigens Sozialist und das, was man heute „links“ nennen würde. Er beteiligte sich 1848/49 aktiv an der deutschen Revolution, die, anstelle der alten monarchistischen Ordnung, eine freiheitliche, für damalige Zeiten hochmoderne Demokratie errichten wollte, und war von den Idealen der französischen Revolution – wie auch Schiller- begeistert. In einem Aktenvermerk heisst es, der Herr Kapellmeister Wagner hätte sich an umstürzlerischen, revolutionären Aktionen beteiligt und würde deshalb polizeilich – steckbrieflich gesucht. Er floh daraufhin – wie allen hier bekannt – aus Deutschland in die Schweiz.
BTW: YHBT
Was bedeutet das? Verstehe ich nicht?
Da Wort „Heil“ war übrigens im 19. Jahrhundert und lange bevor es ab 1933 missbraucht wurde, ein ganz normales, häufig verwendetes deutsches Wort. „Heil dir“ war soviel wie: Ich wünsch dir alles Gute. Wer weiss, vielleicht missbraucht ein Diktator im Jahr 2115 – denn zwischen der Verwendung des Wortes durch Wagner im Jahr 1833 zum Jahr 1933 liegen 100 Jahre – ein Wort, das wir heute oft verwenden und man würde uns dann nachträglich zum Vorwurf machen, das Wort heute schon gebraucht zu haben. Absurd.
Die vom Wagner-Clan abgefallene Wagner Enkelin Friedelind Wagner – die vom Clan ausgeschlossen wurde, da sie im Nationalsozialismus Deutschland verlies – weist in einer Rundfunkansprache aus der Emigration darauf hin, dass der Kreis um Cosima, Siegfried und Houston Stewart Chamberlain eine unerträgliche Verengung der Künstlerpersönlichkeit Richards vorgenommen hätten. Richard Wagner hätte die Freiheit über alles geliebt und die Freiheit wäre ihm wichtiger gewesen, als seine Werke in einer solchen Diktatur aufgeführt zu sehen. Er hätte es niemals ausgehalten und ebenfalls Hitler-Deutschland verlassen.
Ein wichtiges Buch von ihr ist „Nacht über Bayreuth“.
Ich möchte nicht leugnen, dass Wagner – besonders in seiner Spätzeit – Schattenseiten hatte. Auch wenn die Tagebuchaufzeichnungen Cosimas – die zahlreiche Angaben über angebliche Aussagen Richards enthalten – mit grösster Vorsicht zu betrachten sind. Sie hat ihren Mann wohl, ähnlich wie die Schwester Friedrich Nietzsches – die Textstellen später so manipuliert hatte, wie sie sie hören wollte – so kreieren und stilisieren wollen, wie sie Richard sehen wollte und nicht wie er wirklich war. Sicher muss man Wagner mit seinem Antisemitismus für das was später kam mit in die Verantwortung nehmen.
Aber wie steht es dann um all diejenigen, die seine Werke mit all diesen Heilrufen nach 1945 in Deutschland zur Aufführung bringen? Die Kultusministerien, die dafür Geld zur Verfügung stellen, die Musikhochschulen, die ihre Studenten Orchesterstellen daraus üben lassen, die Opernhäuser selbst, die diese Inhalte verbreiten und aufführen, die Regisseure, die Orchestermusiker und Sänger/innen, die sich „für so etwas“ hergeben und nicht zuletzt das Publikum – bis hin zu den Spitzenpolitikern bei den Festspielen – das dorthin geht, dafür bezahlt und nach all diesen Heilrufen auch noch in jubelnden Applaus ausbricht? Wären sie nicht viel suspekter als Wagner selbst, denn sie haben ja die Erfahrung des Missbrauchs dieses Wortes schon gemacht, die Wagner noch nicht hatte?
Gut, man versucht durch die Inszenierungen zu zeigen, dass man mit dem Werk und dessen Inhalt eigentlich nichts zu tun hat und es als Karikatur darstellen will. Wozu dann aber die häufigen Aufführungen, der grosse Geldaufwand? Und wer weiß schon, ob jeder versteht, besonders die Jugendlichen, dass das eine Karikatur sein soll?
Und was wäre die Lösung? Wagner in Deutschland endlich verbieten, trotzdem ihn die DDR-Führung in einer offiziellen Stellungnahme als „einen der grössten deutschen Künstler“ bezeichnet hatte. (Man wusste in der DDR nicht, wie man mit Wagner umgehen sollte und ob man Aufführungen seiner Werke weiterhin zulassen sollte, daher diese Stellungnahme.)
Sollte man die Texte ändern – das „Heil“ etwa in das oben von Guntram zitierte „Geil“ umwandeln?
Geil! Geil!
Willkommen, Gunther! Geil, Geil!
Geil dir, Gunther.
Geil dir und deiner Braut!
Ach nein! Ich habe vergessen, dass es dann Probleme mit unseren Genderideolgen/INNEN geben würde. Sexismus! Rein ne va plus im Jahr 2015!
Wenn dann noch ein besonders „origineller“ und „kreativer“ Regisseur käme – der sonst eigentlich Theaterstücke inszeniert und kaum Partitur lesen kann – und anfinge, die Musik zu verändern und anstelle des Vorspiels zum 2. Akt Tristan Helene Schneider oder Wurst auftischen würde, so wären alle Wagner – Probleme gelöst.
Diejenigen, die das nicht möchten, können dann immer noch zu hause bleiben und im Netz die alten Wagner-Aufführungen anschauen – oder wie ich, die Partituren am Klavier spielen oder einfach nur lesen oder zu den viel weniger verkrampften Wagner- Inszenierungen ins Ausland reisen…
Richard Wagner?
Zwar – aber – freilich – obwohl – wenigstens – zuweilen – manchmal – keineswegs – dennoch – wenn schon – damals – denn schon – heute – morgen – stets – zweifelsohne – bedenklich zukünftig …
Ja, da hast Du Recht.
Würde gerne noch auf die anderen Wagner – Zitate oben eingehen, aber mir fehlt leider gerade die Zeit – muss Geld verdienen… Rien ne va plus…
Und wann kommen alle „Geiz ist geil“ Stellen bei Saturn?
PS:
[Edit: Bitte angemessene Wortwahl]
In Haydns Schöpfung gibt es eine ganz üble Stelle: In der Arie “ Nun beut die Flur“ heißt es tatsächlich am Ende: „Hier duften Kräuter Balsam aus; hier sproßt den Wunden HEIL, den Wunden HEIL, den Wunden HEIL; hier sproßt den Wunden HEIL.“ Diente Haydn nicht auch am Hof und war also Monarchist? Darf man die Schöpfung noch aufführen und im Unterricht behandeln? Die Antwort: ein klares NEIN!